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Modifikationen des 7. Senates des OLG Nürnberg zu den

Bayerischen Leitlinien (ModBayL, 7. Senat Nürnberg)

(Stand 1.1.2002)

Der 7. Senat des Oberlandesgerichts Nürnberg wendet die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), Stand 1.1.2002, mit folgenden Modifikationen an:

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1.  Zu Nr. 4 SüdL (Wohnwert, Berücksichtigung des Schuldendienstes)

     Geht es um den Wohnvorteil aus einem bereits während der Ehe bewohnten eigenen Heim, ist bei der Ermittlung des Bedarfes (§ 1578 BGB( aus den für dieses Heim während oder vor der Ehe aufgenommenen Darlehen neben den Zinsen auch die Tilgung zu berücksichtigen, soweit insoweit keine objektiv unangemessene Vermögensbildung vorliegt (BGH FamRZ 1995, 869).

Kindesunterhalt

2.  Zu Nr. 11 SüdL (Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder)

     Der Barunterhalt bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle unter Beachtung der Bedarfskontrollbeträge. Der so und unter Anwendung der Nr. 13 der SüdL ermittelte Unterhalt ist auch der für die Berechnung des Ehegattenunterhaltes maßgebliche »Tabellenbetrag« (vgl. Nr. 16 b der SüdL).

3.  Zu Nr. 13 SüdL (Abweichung von Musterfamilie)

     Bei Abweichungen von der Musterfamilie (Unterhaltspflichten gegenüber einem Ehegatten und zwei minderjährigen Kindern) können - vorbehaltlich der Wahrung der Bedarfskontrollbeträge - die Zu- bzw. Abschläge grundsätzlich in der Weise vorgenommen werden, dass für jeden wegfallenden bzw. hinzutretenden Unterhaltsberechtigten um eine Gruppe höher bzw. niedriger gestuft wird.

4.  Zu Nr. 15 b SüdL (Unterhalt volljähriger Kinder mit eigenem Hausstand)

     Eine Abweichung von dem angesetzten Regelbetrag von 600 Euro nach oben kommt in Betracht, wenn der Regelbetrag unter Berücksichtigung der für die eigene Unterkunft anfallenden Kosten im Verhältnis zu dem sich unter Zugrundelegung des Bemessungseinkommens gemäß Nr. 15 a SüdL aus Stufe 4 der Düsseldorfer Tabelle ergebenden Unterhalt unangemessen niedrig wäre.

5.  Zu Nr. 15 d SüdL (Haftung der Eltern bei anteiliger Barunterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern)

     Bei der Ermittlung der Nettoeinkommen der Eltern sind diese auch um vorrangige Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen und diesen in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten volljährigen Kindern zu bereinigen.

Geht es um die Haftung gegenüber volljährigen Kindern, die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, ist, wenn bei Abzug eines Sockelbetrages in Höhe des angemessenen Selbstbehaltes (1.000 Euro / 890 Euro) der Kindesunterhalt nicht vollständig bezahlt werden kann, ein Sockelbetrag in Höhe des notwendigen Selbstbehaltes (840 Euro / 730 Euro) anzusetzen.

Ehegattenunterhalt

6.  Zu Nr. 16 b Satz 3, 17 BayL (Unterhaltsbedarf und Anspruch bei prägenden Erwerbseinkommen beider Ehegatten)

     Der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten errechnet sich aus 50 % der Summe der jeweils um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Einkünfte beider Ehegatten zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Bei der Ermittlung des Anspruchs ist das prägende Einkommen des Unterhaltsberechtigten vor dem Abzug vom Bedarf nicht um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigen.

Rechenbeispiel:

     Einkünfte aus (um Erwerbsaufwand im Sinn der Nr. 10 b BayL bereinigten) Erwerbseinkommen Mann 1.800 EURO und Frau 900 EURO.

 

1.800 EURO (Einkommen Mann)

– 180 EURO (Erwerbstätigenbonus) =

1.620 EURO

 

900 EURO (Einkommen F)

– 90 EURO (Erwerbstätigenbonus) =

810 EURO

 

Summe

2.430 EURO

 

Halbteilung

1.215 EURO

 

Hinzufügung Erwerbstätigenbonus F

90 EURO

 

Unterhaltsbedarf F

1.305 EURO

 

Anrechnung Einkommen F

900 EURO

 

Unterhaltsanspruch F

405 EURO

 

     Für den Abzug zusätzlicher, nicht prägender Erwerbseinkünfte des Unterhaltsberechtigten gilt Nr. 17 SüdL (Abzug Erwerbstätigenbonus von 1/10 vor Anrechnung).

7.  Zu Nr. 16 d SüdL (Vorsorgeunterhalt)

     Der gesondert geltend gemachte Altersvorsorgeunterhalt ist mit Hilfe der Bremer Tabelle, fortgeführt von Gutdeutsch zu berechnen.

     Dabei ist grundsätzlich zunächst der ohne Verpflichtung zum Altersvorsorgeunterhalt geschuldete (vorläufige) Elementarunterhalt festzustellen. Einkünfte des Berechtigten, die zu keiner Altersvorsorge führen, bleiben unberücksichtigt.

     Hierzu kommt ein Zuschlag entsprechend der jeweils gültigen Bremer Tabelle. Von dieser Bruttobemessungsgrundlage wird mit Hilfe des jeweiligen Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) der Vorsorgeunterhalt errechnet. Dieser wird vom bereinigten Nettoeinkommen des Verpflichteten abgezogen; aus dem verbleibenden Betrag wird der endgültige Elementarunterhalt errechnet.

     Die zweistufige Berechnung und der Vorwegabzug des Altersvorsorgeunterhaltes können unterbleiben, wenn und soweit der Verpflichtete über nicht prägendes Einkommen verfügt, das den Mehrbedarf übersteigt, oder wenn und soweit auf den Bedarf nichtprägendes Einkommen des Berechtigten angerechnet wird (vgl. BGH, FamRZ 1999, 372).

8.  Zu Nr. 18 SüdL (Unterhalt wegen Betreuung von Kindern)

Der regelmäßige Beginn der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils mit dem Eintritt des jüngsten Kindes in die dritte Grundschulklasse gilt bei der Betreuung von ein oder zwei Kindern. Bei einer höheren Zahl zu betreuender Kinder kann die Erwerbsobliegenheit später einsetzen.

Selbstbehalte des Verpflichteten

8.  Zu Nr. 20 f SüdL (Selbstbehalt des Verpflichteten gegenüber Ehegatten)

a)  Der eigene eheangemessene Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten ist die erste Haftungsgrenze für den Ehegattenunterhalt. Liegt er höher als der notwendige oder billige Selbstbehalt (vgl. c), hat er insbesondere die Funktion, dass der Verpflichtete über die Grenzen des eigenen eheangemessenen Selbstbehalts hinaus nur nach Billigkeit haftet (für den nachehelichen Unterhalt vgl. § 1581 BGB).

     In der Höhe entspricht der eheangemessene Selbstbehalt des Verpflichteten,

       wenn dieser allein prägende Einkünfte hat, dem Unterhalt des Berechtigten gemäß Nr. 16 b der SüdL, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten,

       wenn beide Ehegatten prägende Einkünfte haben, der Hälfte der Summe der – hinsichtlich der Erwerbseinkünfte beiderseits um den Erwerbstätigenbonus bereinigten – Einkommen, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten (im Rechenbeispiel zu Nr. 6: 1.215 Euro + 180 Euro= 1.395 Euro).

     Nr. 16 c und d SüdL gelten entsprechend.

b)  Als unterste Haftungsgrenze gilt gegenüber dem getrennt lebenden Ehegatten grundsätzlich der notwendige Selbstbehalt gemäß Nr. 20 b SüdL (840 Euro / 730 Euro).

c)  Der geschiedene Ehegatte darf im Verhältnis zum anderen Ehegatten, von Ausnahmefällen (z.B. Unterhaltsberechtigter aus besonderen Gründen ähnlich hilflos und bedürftig wie ein minderjähriges Kind) abgesehen, nicht auf den notwendigen Unterhalt beschränkt werden (vgl. BGH, FamRZ 1990, 260, 265; 1997, 806, 808). Ihm ist im Regelfall ein 50 Euro bis 160 Euro über dem notwendigen Selbstbehalt liegender Betrag zu belassen.

     Dieser »billige Selbstbehalt« stellt im Regelfall auch dann die unterste Haftungsgrenze für den geschiedenen Ehegatten dar, wenn dessen eheangemessener unter dem notwendigen Selbstbehalt und/oder dem billigen Selbstbehalt liegt (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 1996, 352).

9.  Zu Nr. 20 g SüdL (in den Selbstbehalten enthaltene Kosten für Unterkunft)

a)  Unter Kosten für Unterkunft und Heizung sind der Mietzins, umlagefähige Nebenkosten und die Heizungskosten, nicht aber etwa darüber hinausgehende Kosten für Strom und Wasser zu verstehen.

b)  In den Beträgen von 360 Euro bzw. 440 Euro sind Anteile für den reinen Mietzins von 270 Euro bzw. 330 Euro enthalten.

c)  Der im billigen Selbstbehalt (vgl. Nr. 8 c) enthaltene Anteil für Kosten der Unterkunft und Heizung

       beträgt 440 Euro, wenn der billige dem angemessenen Selbstbehalt (1.000 Euro / 890 Euro)entspricht,

       ist durch eine entsprechende Erhöhung des Betrages von 360 Euro (für den notwendigen Selbstbehalt von 840 Euro / 730 Euro) zu bestimmen, wenn der billige unter dem angemessenen Selbstbehalt liegt.

Mangelfälle

10.       Zu Nr. 21 SüdL

     Eine Mangelfallberechnung nach Nr. 21 SüdL kommt nur dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige sowohl den Kindern als auch dem Ehegatten bis zum notwendigen Selbstbehalt haftet.

     Der Einsatzbetrag minderjähriger Kinder bemisst sich nach dem maßgeblichen Einkommen des Unterhaltspflichtigen unter Anwendung des Bedarfskontrollbetrages und damit in der Regel nach der Einkommensgruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle (Variante c der SüdL).

     Der Einsatzbetrag des Ehegatten ist grundsätzlich entsprechend Nr. 16 und 17 der SüdL unter Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu ermitteln. Der Vorwegabzug des Kindesunterhalts kann unterbleiben, wenn sich daraus ein Missverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten ergibt (BGH FamRZ 1999, 367, 368).

Rechenbeispiel:

     Der Verpflichtete hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.400 EURO. Unterhaltsberechtigt sind eine getrennt lebende nicht erwerbstätige Ehefrau (F) und zwei minderjährige Kinder in der 1. und 2. Altersstufe (K1 und K2), die von der Frau betreut werden. Das Kindergeld wird an F ausgezahlt.

     a)    Einsatzbeträge der Kinder

            K1: 188 EURO, K2: 228 EURO (gemäß Einkommensgruppe 1)

     b)    Einsatzbetrag der Ehefrau

            1.400 EURO – 188 EURO – 228 EURO = 984 EURO – 98 EURO

       (Erwerbstätigenbonus) = 886 EURO : 2 = 443 EURO.

          Ein korrekturbedürftiges Missverhältnis der Einsatzbeträge von F einerseits und K1 und K2 andererseits liegt nicht vor. Der Einsatzbetrag für F kann sich durch trennungsbedingten Mehrbedarf erhöhen.

     c)    Summe der Ansprüche aller Beteiligten

            188 EURO + 228 EURO + 443 EURO = 859 EURO

     d)    Verteilungsmasse

            1.400 EURO – 840 EURO = 560 EURO

     e)    Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche

            Kürzungsfaktor: 560 EURO / 859 EURO x 100 = 65,2 %

            F = 443 EURO x 65,2 % = 289 EURO

            K1 = 188 EURO x 65,2 % = 122 EURO

            K2 = 228 EURO x 65,2 % = 149 EURO

     f)  Eine Anrechnung von Kindergeld auf den Kindesunterhalt unterbleibt gemäß § 1612 b Abs. 5 BGB.

11.       Haftet der geschiedene, unterhaltspflichtige Ehegatte dem anderen Ehegatten nur bis zur Grenze des billigen Selbstbehaltes (vgl. Nr. 8 c), so ist grundsätzlich

       zunächst die nach Abzug des billigen Selbstbehalts verbleibende Verteilungsmasse auf alle gleichrangig Unterhaltsberechtigten anteilig im Verhältnis ihres jeweils mit eigenen Einkünften nicht gedeckten Bedarfs und

       anschließend die – allein für den Kindesunterhalt einzusetzende – Differenz zwischen dem billigen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt anteilig im Verhältnis der zunächst ermittelten Bedarfssätze auf die Kinder bis zur Grenze des diesen jeweils zustehenden Regelbedarfs zu verteilen.

     Ob auf den so ermittelten Unterhalt der Kinder Kindergeld angerechnet wird, richtet sich nach § 1612 b Abs. 1, Abs. 5 BGB.

Hinweis:

Der 7. Senat des OLG Nürnberg ist für die Amtsgerichtsbezirke Nürnberg, Neumarkt i.d.OPf., Neustadt a.d.Aisch, Schwabach und Straubing zuständig.