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Die "Kölner Unterhaltsleitlinien" sind von den Richtern der Familiensenate des OLG Köln erarbeitet worden. Ziel der "Leitlinien" ist eine in praktisch bedeutsamen Unterhaltsrechtsfragen möglichst einheitliche Rechtsprechung. Die "Leitlinien" können den Richter nicht binden. Sie sollen die angemessene Lösung des Einzelfalls - das gilt auch für die "Tabellen"- Unterhaltssätze - nicht antasten.

 

 

A. 

Bedarf

 

 

I. 

Eheliche Kinder

 

 

1.

Tabelle

 

 

 

Die Senate wenden ab 01.01.1996 die Sätze der Düsseldorfer Tabelle in der Fassung vom 01.01.1996 als Regelsätze zur Bemessung des Unterhalts minderjähriger ehelicher Kinder an.

 

 

 

Anmerkung zur Tabelle (teilweise von den Düsseldorfer Anmerkungen abweichend):

 

 

 

Monatliche Unterhaltsbeträge, bezogen auf einen gegenüber einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhaltsverpflichteten: Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind Ab- oder Zuschläge in Höhe eines Zwischenbetrages oder durch Einstufung in eine niedrigere/höhere Gruppe angemessen.

 

Bei überdurchschnittlich hoher Unterhaltslast ist Nr. 3 zu beachten.

 

 

2.

Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltsverpflichteten ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen Unterhaltsverpflichteten und Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung des Ehegattenunterhalts unterschritten, ist der Tabellenbetrag in der Regel einer niedrigeren Gruppe zu entnehmen oder ein Zwischenbetrag in Ansatz zu bringen.

 

 

3.

In Mangelfällen gelten die Nr. 49 und 50.

 

 

4.

Wegen eines ausbildungs- oder berufsbedingten Mehrbedarfs vgl. Nr. 21.

 

 

5.

In den Tabellenbeträgen sind nicht enthalten:

 

 

 

- Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit das Kind nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung schon mitversichert ist,

 

- erhöhter Bedarf, z. B. Berufsausbildungskosten,

 

- Sonderbedarf (§ 1613 II BGB).

 

6.

Kinderbezogene Zuwendungen an Eltern

 

 

 

Kindergeld ist kein Kindeseinkommen. Es ist grundsätzlich auch kein unterhaltspflichtiges Elterneinkommen; es dient der Entlastung der Eltern und der Familienförderung. Der nicht betreuende Elternteil muss seinen Anteil am Kindergeld jedoch für den Kindesunterhalt verwenden, wenn er nach seinem Einkommen nicht leistungsfähig ist. Kindergeld wird in der Regel zur Hälfte zwischen dem betreuenden und dem barunterhaltspflichtigen Elternteil aufgeteilt. Die Verrechnung geschieht aus Gründen der Vereinfachung über den Kindesunterhalt. Bei volljährigen Kindern ist das Kindergeld bedarfsdeckend anzurechnen, soweit es dem Kind zugewendet wird.

 

 

 

Wird das Kindergeld an den betreuenden Elternteil gezahlt, kann der barunterhaltspflichtige Elternteil seinen Kindergeldanteil vom Kindesunterhalt abziehen. Bezieht er selbst das Kindergeld, muss er den Anteil des anderen Elternteils zusätzlich zum Unterhalt zahlen. Sind beide Eltern barunterhaltspflichtig, ist das Kindergeld zwischen ihnen nach dem Verhältnis ihrer geschuldeten Unterhaltsleistungen aufzuteilen. Kindergeld, das für mehrere gemeinschaftliche Kinder gewährt wird, ist auf alle Kinder gleichmäßig aufzuteilen. Zählkindervorteile für nicht gemeinschaftliche Kinder bleiben unberücksichtigt. Ein Kind kann nicht Auszahlung eines seinetwegen entstehenden Zählkindervorteils verlangen, wenn ein Unterhaltsanspruch ansonsten mangels Leistungsfähigkeit nicht besteht.

 

 

7.

Kinderzuschüsse und Kinderzulagen zur Rente sind, wenn die Gewährung des Kindergeldes entfällt

 

65 I EStG), in dessen Höhe wie Kindergeld zu behandeln. Im übrigen gehören sie zum Einkommen.

 

 

8.

Volljährige Kinder, die außerhalb des Elternhauses leben. In der Regel beträgt der Bedarf eines Studenten oder sonstigen Auszubildenden 1050 DM. Darin ist eine Warmmiete (Miete zuzüglich umlagefähiger Nebenkosten und Heizkosten) von 450 DM enthalten.

 

 

 

Die Höhe des weitergehenden Bedarfs richtet sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen § 1610 BGB). Für sie ist die Lebensstellung der Eltern maßgebend, soweit das Kind noch keine eigene wirtschaftliche Existenzgrundlage hat.

 

 

9.

Volljährige Kinder im Eltern- (Elternteil- )Haushalt. Als Anhaltspunkt gilt der als 4. Altersgruppe fortgeschriebene Tabellenunterhalt (Tabellenbetrag der 3. Altersstufe zuzüglich Differenz zur 2. Altersstufe). Vgl. im übrigen Nr. 4, 6, 7 und 21.

 

 

 

II. 

Barunterhaltspflicht beider Eltern

 

 

10.

Unterhalt für minderjähriges Kind

 

 

 

Der das Kind betreuende Elternteil ist im allgemeinen nicht barunterhaltspflichtig. Der betreuende Elternteil ist dann zum Teil barunterhaltspflichtig, wenn sein Einkommen das Einkommen des nicht betreuenden Elternteils erheblich übersteigt. Ferner kann der betreuende Elternteil in angemessenem Umfang barunterhaltspflichtig sein, wenn der angemessene Bedarf (1.800,- - DM) des anderen Elternteils bei Leistung des Unterhalts gefährdet wäre (§ 1603 II S. 2 BGB) und dem betreuenden Elternteil nach Abzug des Kindesunterhalts 1800 DM zum eigenen Unterhalt verbleiben. Für die Höhe des Unterhalts maßgeblich ist das Einkommen des das Kind nicht betreuenden Elternteils. Das Einkommen des das Kind betreuenden Elternteils bleibt insoweit regelmäßig außer Betracht.

 

 

 

Sind beide Eltern barunterhaltspflichtig, so richtet sich die Eingruppierung nach der Summe der anrechnungsfähigen Nettoeinkommen.

 

 

11.

Unterhalt für volljähriges Kind

 

 

 

Beide Eltern schulden Unterhalt nach dem Verhältnis ihrer beiderseitigen den angemessenen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen. Nr. 10 III gilt entsprechend.

 

 

 

Naturalunterhaltsleistungen des Elternteils, bei dem das volljährige Kind lebt, sind mit ihrem Wert zu berücksichtigen. Der Wert ist konkret - ggf. gem. § 287 ZPO - zu ermitteln.

 

 

 

Ein Elternteil darf bei der Unterhaltsbemessung nach den zusammengerechneten Einkommen der Eltern mit keinem höheren Unterhaltsanteil belastet werden, als er sich bei Berechnung nur nach seinem Einkommen ergäbe.

 

 

 

III. 

Ehegattenunterhalt

 

 

 

- Allgemeines

 

 

12.

Zweck des Ehegattenunterhalts ist die Bedarfsdeckung gemäß den ehelichen Lebensverhältnissen (grundsätzlich maßgebend dafür ist der Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung zuzüglich konkreten trennungsbedingten Mehrbedarfs). Wirtschaftliche Veränderungen nach der Trennung prägen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht mehr, wenn sie auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwicklung beruhen. Veränderungen nach Rechtskraft der Scheidung sind beachtlich, wenn ihr Grund zuvor gelegt und mit ihnen zur Zeit der Scheidung zu rechnen war.

 

 

13.

Der Bedarf besteht in der Regel in der Hälfte des gemeinsamen, die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkommens und der sonstigen Vorteile (ehelicher Lebensstandard). Bei hohen Einkommen ist der Bedarf konkret zu ermitteln.

 

 

 

Maßgebend ist, was den Eheleuten für ihre eigenen Bedürfnisse (der Kinderaufwand ist zu berücksichtigen) zur Verfügung stand. Der Fortfall des Kindesunterhalts nach Trennung und Scheidung erhöht in der Regel den Bedarf des berechtigten Ehegatten.

 

 

 

Trennungsbedingte Verminderungen des Nettoeinkommens durch Änderung der Steuerklasse sind zu berücksichtigen. Es obliegt aber in der Regel jedem Ehegatten, Steuervorteile auszuschöpfen.

 

 

 

- Getrennt lebende Ehegatten

 

 

14.

Der Unterhaltsanspruch bemißt sich, sofern nicht konkret zu ermitteln (s. Nr. 13) nach einer Quote des bereinigten Nettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten bis zur Grenze von dessen Mindestselbstbehalt. Zur Berechnung des unterhaltspflichtigen Einkommens. Nr. 34 bis 46. Insbesondere ist zu beachten:

 

 

 

Vorweg ist vom unterhaltspflichtigen Einkommen in der Regel der Unterhalt für gemeinsame (auch volljährige) Kinder (ohne Kindergeldabzug) abzuziehen, wenn eine Mangelberechnung (s. dazu Nr. 49 f.) ausscheidet.

 

 

 

Betreut der Barunterhaltspflichtige ein gemeinsames Kind, sind auch Betreuungskosten in angemessener Weise abzuziehen.

 

 

 

Bei Anwendung der Differenzmethode sind das bereinigte Nettoeinkommen des Unterhaltsberechtigten und sonstige bedarfsdeckende geldwerte Vorteile vorweg vom Einkommen des Unterhaltsverpflichteten abzuziehen.

 

 

 

Bei Anwendung der Anrechnungsmethode sind sie von der Unterhaltsquote abzuziehen; in diesem Fall ist der Abzugsbetrag, außer bei ohne Arbeit erzielten Einkommen, vor dem Abzug um 1/7 entsprechend Nr. 15 (1/7 Mehranteil des arbeitenden Unterhaltsverpflichteten) zu kürzen.

 

 

 

Erzielt der Unterhaltsberechtigte Einkommen aus unzumutbarer Arbeit, richtet sich das Maß der Anrechenbarkeit gemäß § 1577 BGB nach Billigkeit entsprechend den Umständen des Einzelfalls (vgl. Nr. 35).

 

 

 

Der Unterhalt wird stets begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB) zuzüglich etwaigen trennungsbedingten Mehrbedarfs.

 

15.

Die Quote des angemessenen Unterhalts beträgt zu Lasten des unterhaltspflichtigen erwerbstätigen Ehegatten 3/7 bis zur Grenze seines notwendigen Selbstbehalts. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge und Vorsorgeunterhalt sind darin nicht enthalten. Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, soweit nicht in der gesetzlichen Familienversicherung enthalten, und Vorsorgeunterhalt sind zuvor vom Nettoeinkommen abzuziehen.

 

 

16.

Der nicht erwerbstätige Ehegatte schuldet im Prinzip 50 % bis zur Grenze seines notwendigen Eigenbedarfs und unter Beachtung seiner etwaigen Mehrbedürfnisse.

 

 

17.

Konkret belegter Mehrbedarf des Unterhaltsverpflichteten und - berechtigten infolge von Krankheit, altersbedingter körperlicher oder geistiger Behinderung oder sonstiger die Lebensführung erschwerender Umstände ist vorweg vom Einkommen abzuziehen. Dies gilt nicht, wenn auch ohne Abzug oder Hinzurechnung der Mehrbedarf aus der Quote in angemessener Weise gedeckt werden kann.

 

 

18.

Nicht zumutbar ist Erwerbstätigkeit - im Rahmen des § 1361 II BGB - in der Regel schon bei nur einem Kind unter 8 Jahren bzw. mehreren Kindern unter 14 Jahren.

 

 

 

- Geschiedene Ehegatten

 

 

19.

Grundsätzlich muss jeder Ehegatte nach rechtskräftiger Scheidung selbst für seinen Unterhalt sorgen, es sei denn, er "kann" das nicht (§ 1569 BGB).

 

 

 

Besteht gemäß §§ 1570 ff. BGB ein Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten, gelten Nr. 14 bis 18 und 46 entsprechend.

 

 

 

Voller Unterhalt wegen Kindesbetreuung (§ 1570 BGB) kann in aller Regel jedenfalls verlangt werden bei

 

 

 

- einem Kind unter 8 Jahren,

 

- mehreren Kindern unter 14 Jahren.

 

 

 

Arbeitet der betreuende Elternteil dennoch, so ist von seinem Einkommen nur ein zumutbarer Teil nach Maßgabe der Regelung des § 1577 II BGB anzurechnen. Einkünfte, die den vollen Unterhalt im Sinne von §§ 1577 II, 1578 BGB übersteigen, sind nach Billigkeit unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles anzurechnen.

 

 

 

IV. 

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten

 

 

20.

Nettoeinkommen aus zumutbarer Erwerbstätigkeit oder billigerweise anrechenbares Einkommen aus unzumutbarer Arbeit (s. Nr. 34 bis 44).

 

 

21.

Ausbildungs- Nettovergütung (= Bruttovergütung abzüglich Steuern und Sozialabgaben) abzüglich berufs- und ausbildungsbedingter Mehraufwendungen und etwaiger sonstiger im Vergleich zu gleichaltrigen Schülern bestehender Mehraufwendungen. Der Mehraufwand kann bei hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten pauschal mit 150 DM angesetzt werden. Die verbleibende Ausbildungsvergütung ist jedenfalls bei volljährigen Kindern in vollem Umfang bedarfsmindernd anzurechnen.

 

 

22.

Endgültige BAföG- Leistungen, auch BAföG- Darlehen, ebenso Berufsausbildungsbeihilfe und Umschulungsgeld.

 

 

23.

Arbeitslosengeld, Krankengeld, Mutterschaftsgeld.

 

 

24.

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe in Sonderfällen gem. Nr. 31.

 

 

25.

Renten jeder Art unter Beachtung von § 1610 a BGB.

 

 

26.

Wohngeld, soweit es unter Berücksichtigung der konkreten Mietbelastung nicht zur Deckung übermäßiger Mietbelastung verwendet werden muss.

 

 

 

Mietfreies Wohnen im eigenen Heim, wenn und soweit der Wohnvorteil den auf das Heim bezogenen Schuldendienst (Zins und in der Regel Tilgung) sowie die verbrauchsunabhängigen Nebenkosten übersteigt. Der Wohnvorteil entspricht nicht ohne weiteres der Marktmiete. Angemessen ist vielfach eine ersparte Miete von etwa einem Drittel der zum Lebensunterhalt zur Verfügung stehenden Mittel.

 

 

27.

Entgelt für Pflegeleistungen, soweit das angemessen ist.

 

 

28.

Erziehungsgeld, soweit seine Gewährung gem. § 9 BErzGG Unterhaltsverpflichtungen berühren kann.

 

 

29.

Blindengeld unter Berücksichtigung des § 1610 a BGB.

 

 

 

V. 

Nicht anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten

 

 

30.

Freiwillige Zuwendungen Dritter sind nicht anrechenbar, wenn sie dem Unterhaltsberechtigten zusätzliches Einkommen gewähren sollen. Dafür spricht eine Vermutung.

 

 

31.

Arbeitslosenhilfe ist kein anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten, soweit der Unterhaltsanspruch wegen ihrer Gewährung übergeleitet ist oder noch übergeleitet werden kann (vgl. Nr. 24).

 

 

 

Sozialhilfe ist kein anrechenbares Einkommen. Jedoch kann die Geltendmachung von Unterhalt durch den Hilfeempfänger treuwidrig sein, wenn er infolge des Ausschlusses des Anspruchsübergangs (§ 91 I S. 3, II S. 1 und 2 BSHG) insgesamt zusammen mit dem Unterhalt mehr als seinen Bedarf erhalten würde.

 

 

32.

Geringer Verdienst aus Nebenarbeiten, insbesondere aus Werkstudenten- und Schülerarbeit.

 

 

33.

Im übrigen gelten die Nr. 34 bis 44 entsprechend.

 

 

 

Einkommen aus unzumutbarer Arbeit (z. B. unzumutbare Arbeit neben Kinderbetreuung) ist nach den Regeln des § 1577 II BGB anrechenbar. Der Maßstab entspricht grundsätzlich dem für den Verpflichteten geltenden nach Nr. 35.

 

 

 

B. 

Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten

 

 

I.  

Anrechenbares (= bereinigtes) und nicht anrechenbares Einkommen  

(s. auch Nr. 20 bis 33)

 

 

34.

Arbeitseinkommen für normale Arbeitsbemühung

 

 

 

Normales Arbeitsentgelt jeder Art ist anrechenbar, auch soweit es in Sachbezügen oder ähnlichen Zuwendungen (z. B. verbilligter Einkauf, verbilligtes Essen, verbilligtes Wohnen usw.) besteht, auch Bezüge aus politischer Tätigkeit, soweit nach Abzug des nach den Umständen erforderlichen Aufwands (§287 ZPO) Überschüsse verbleiben. Dazu gehören insbesondere auch: Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Ortszuschlag, Ministerialzulage, Auslandszulagen (s. Nr. 36). Entgelt für die Versorgung anderer (z. B. verdienender Kinder, anderer Verwandter, von Lebensgefährten), Abfindungen, Erschwerniszulagen. Leistungsprämien und - zulagen (wenn berufsüblich), Jubiläumszuwendungen, Gewinnbeteiligung, Sonn- und Feiertagszuschläge, wenn Arbeit an Sonn- und Feiertagen (auch Schichtarbeit) berufstypisch oder betriebsbedingt.

 

 

35.

Arbeitseinkommen aus zusätzlicher Arbeitsbemühung

 

 

 

Einkommen aus Überstunden und Mehrarbeit sind anrechenbar, wenn geringfügig, berufstypisch oder betriebsbedingt, im übrigen sind sie nach Billigkeit anrechenbar (s. folgenden Absatz).

 

 

 

Einkünfte aus Nebentätigkeit oder Zweitarbeit: Die Erwerbsobliegenheit wird grundsätzlich durch Arbeit im üblichen Tarifumfang hinreichend erfüllt. Ob und in welchem Umfang tatsächlich erzieltes Einkommen aus unzumutbarer Mehrarbeit anrechenbar ist, ist nach Billigkeit entsprechend den Umständen des Einzelfalls (z. B. hohe Schuldenbelastung, Sicherung des Mindestbedarfs, übermäßige Arbeitsleistung auch des Berechtigten, große Zahl Unterhaltsberechtigter) zu entscheiden.

 

 

36.

Spesen sind voll dem unterhaltspflichtigen Einkommen zuzurechnen, wenn sie tatsächlich verschleiertes Arbeitseinkommen sind. In jedem Fall ist die Eigenersparnis Einkommen. Im übrigen ist für die Nichtanrechnung als Einkommen der konkrete vom Spesenempfänger darzulegende und ggf. nach §287 ZPO zu schätzende Mehraufwand maßgebend. Für Auslösungen, Trennungsgelder, Trennungsentschädigung, Montageprämien u. a. gilt Abs. 1 entsprechend.

 

 

 

Auslandszulagen, z. B. im diplomatischen Dienst, sind in Höhe des "Kaufkraftausgleichs" nicht, in Höhe des "Auslandszuschlags" aber dem unterhaltspflichtigen Einkommen zuzurechnen, es sei denn, der Unterhaltsverpflichtete bewiese konkret auch insoweit einen Mehrbedarf.

 

37.

Einkommen Nichtarbeitender

 

Anrechenbar sind:

 

 

 

- Abfindungen in angemessener Verteilung auf ihrer Zweckbestimmung entsprechende Zeiträume,

 

- Vermögenseinkommen,

 

- Bezüge bei Krankheit (Lohnfortzahlung, Krankengeld),

 

- Streikgeld,

 

- Arbeitslosengeld, Kurzarbeitergeld, Schlechtwettergeld, Arbeitslosenhilfe,

 

- Renten jeder Art unter Berücksichtigung des § 1610 a BGB; Pensionen und sonstige Ruhestands- oder Nichtarbeitsbezüge,

 

- Kinderzuschüsse und Kinderzulagen bei Renten, soweit nicht ganz oder teilweise kindergeldgleich (vgl. Nr. 7).

 

 

 

Nicht anrechenbar sind:

 

 

 

- freiwillige Zuwendungen Dritter, wenn sie den Unterhaltsverpflichteten in bezug auf die Unterhaltspflicht entlasten sollen, wofür eine Vermutung spricht.

 

 

38.

Nicht anrechenbare sozialstaatliche Zuwendungen

 

- Sozialhilfe,

 

- Kindergeld,

 

- etwaige Zusatzleistungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage sind dem Pflichtigen zu belassen, während vermögenswirksame Leistungen selbst das Einkommen nicht vermindern.

 

 

39.

Anrechenbare sozialstaatliche Zuwendungen

 

- Wohngeld entsprechend Nr. 26,

 

- endgültige BAföG- Leistungen, BAföG- Darlehen, Berufsausbildungsbeihilfe, Umschulungsgeld,

 

- Entgeld für Pflegeleistungen, soweit dies angemessen ist,

 

- Blindengeld unter Berücksichtung des § 1610 a BGB,

 

- Erziehungsgeld nach Maßgabe des § 9 BErzGG.

 

 

40.

Steuervorteile sind im allgemeinen unterhaltspflichtiges Einkommen, auch wenn sie nur aufgrund neuer Familienverhältnisse des Verpflichteten entstehen. Steuervorteile als Folge unterhaltsrechtlich unbeachtlichen Aufwands sind kein unterhaltspflichtiges Einkommen.

 

 

 

Den Unterhaltsverpflichteten trifft, soweit es im Ergebnis seine Leistungsfähigkeit nennenswert erhöht, die Obliegenheit, Steuervergünstigungen (insbesondere "Realsplitting" nach § 10 I Nr. 1 EStG) in Anspruch zu nehmen. Der Unterhaltsberechtigte hat darin einzuwilligen und auf Anfordern die steuerlich erforderlichen Formulare zu unterzeichnen, wenn der Verpflichtete erklärt, ihn von daraus folgenden Nachteilen freizustellen. Die Einwilligung darf nicht von der Beteiligung an den Steuervorteilen abhängig gemacht werden.

 

 

 

II. 

Abzüge von Bruttoeinkommen

 

 

41.

Steuern, insbesondere Einkommen- , Lohn- , Kirchensteuern, und zwar nach der dem Familienstand und ggf. der Einkommensquote des Verpflichteten und dessen Ehegatten wirtschaftlich angemessenen Steuerklasse. Maßgebend ist jeweils die effektive Jahres- Steuerschuld unter Berücksichtigung erzielbarer Steuervergünstigungen.

 

 

42.

Gesetzliche Vorsorgeaufwendungen für Krankheit, Pflege, Erwerbsunfähigkeit, Alter, Arbeitslosigkeit, freiwillige Vorsorgeaufwendungen in angemessener Höhe; soweit Ersatz für gesetzliche, mindestens in deren Höhe.

 

 

43.

Beruflich notwendige Aufwendungen, z. B. Fahrtkosten und Arbeitsmittel, übliche Beiträge zu berufsständischen Verbänden und ähnlichen Organisationen. Der Aufwand ist konkret darzulegen und zu belegen. Für Pkw- Kosten können in der Regel die Kostenansätze gem. § 9 III Nr. 2 ZuSEG (0,40 DM) herangezogen werden.

 

 

44.

Schulden in angemessenen Tilgungsraten (ggf. Tilgungsstreckung), insbesondere:

 

 

 

- Einvernehmlich während der Ehe begründete und nicht zumutbare abzulösende, z. B. für Hausrat- und Wohnungsbeschaffung. Die Einvernehmlichkeit der Begründung von Schulden in der Zeit ehelichen Zusammenlebens wird vermutet.

 

- Notwendige Kosten für Scheidung und Folgesachen des § 621 Nr. 1 und 6 ZPO.

 

- Außerordentliche notwendige Aufwendungen für Beruf und Hausstand unter Berücksichtigung der nach den Lebensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten üblichen und zumutbaren Gepflogenheiten der Kreditbeschaffung und einer möglichen Hausratsteilung.

 

- Rechtlich vorrangige Unterhaltsverbindlichkeiten.

 

- Sonstige notwendige außerordentliche Aufwendungen.

 

 

 

III. 

Eigenbedarf des Unterhaltsverpflichteten (= Selbstbehalt)

 

 

45.

Mindestbedarf (notwendiger Selbstbehalt) bei Ansprüchen minderjähriger Kinder und getrenntlebender Ehegatten

 

 

 

Für erwerbstätige Unterhaltsverpflichtete:

 

1500 DM, darin sind 650 DM Warmmiete (s. oben Nr. 8) enthalten (Erhöhung des Selbstbehalts, wenn konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung dieser Mietkosten dargelegt und nachgewiesen ist).

 

 

 

Für nicht erwerbstätige Unterhaltsverpflichtete:

 

1300 DM (Warmmiete wie erwerbstätige Unterhaltsverpflichtete).

 

 

46.

Angemessener Bedarf (angemessener Selbstbehalt) gegenüber volljährigen Kindern: mindestens 1800 DM (darin sind 800 DM für Warmmiete - s. Nr. 8 - enthalten); dieser Betrag gilt gegenüber geschiedenen Ehegatten nur nach Maßgabe des § 1581 BGB.

 

 

 

 

IV. 

Eigenbedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten

 

 

47.

Notwendiger Bedarf:

 

Für erwerbstätige Unterhaltsberechtigte:

1500 DM

 

 

 

 

Für nicht erwerbstätige Unterhaltsberechtigte:

1300 DM

 

Unterhaltsansprüche von Ehegatten richten sich jedoch nur nach den ehelichen Lebensverhältnissen (s. Nr. 12, 13).

 

Bei Haushaltsgemeinschaft mit dem Unterhaltsverpflichteten sind 650 DM Warmmiete abzuziehen.

 

 

48.

Angemessener Bedarf:

1800 DM

 

 

 

Bei Haushaltsgemeinschaft mit dem Unterhaltsverpflichteten sind davon

800 DM Warmmiete abzuziehen.

 

 

 

C. 

Mangelfälle

 

 

49.

Reicht das Einkommen zur Deckung des notwendigen Bedarfs des Unterhaltsverpflichteten und der gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus (echte Mangelfälle), ist die nach Abzug des notwendigen Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltsverpflichteten verbleibende Teilungsmasse auf die Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Bedarfssätze (Kindesunterhalt gem. Gruppe 1: Ehegattenunterhalt gem. Nr. 47) zu verteilen.

 

 

50.

Das Kindergeld ist bis zur Deckung des Mindestbedarfs in die Verteilungsmasse einzubeziehen.