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Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Bayern [BayL] - OLG Bamberg, München und Nürnberg - (Stand: 01.07.1999)

 

Die Familiensenate der Bayerischen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Der 7. Senat des OLG Nürnberg wendet diese Leitlinien mit Modifikationen an, die gesondert veröffentlicht werden.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

 

1.

Geldeinkünfte:

a)

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie anderer Zulagen.

b)

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen, werden sie auf das Kalenderjahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

c)

Überstundenvergütungen werden in der Regel dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das im Beruf des Pflichtigen übliche Maß nicht überschreiten.

d)

Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

2.

Zum Einkommen gehören auch:

a)

Arbeitslosengeld und Krankengeld,

b)

Arbeitslosenhilfe beim Verpflichteten, beim Berechtigten nur, soweit der Unterhaltsanspruch nicht mehr übergeleitet werden kann oder feststeht, dass er nicht übergeleitet werden wird,

c)

Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt,

d)

BAföG- Leistungen mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden,

e)

Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG,

f)

Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Unfall- und Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; handelt es sich um Sozialleistungen nach § 1610a BGB, wird vermutet, dass sie durch Aufwendungen aufgezehrt werden,

g)

der Anteil des Pflegegelds (auch aus der Pflegeversicherung) bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden.

3.

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers,

 

z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

4.

Wohnwert:

 

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

 

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst (Zins und Tilgung, vgl. Nr. 10 f) und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

 

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

5.

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

6.

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 500 bis 1.000 DM.

7.

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) können als Einkommen angesetzt werden, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

8.

Kein Einkommen sind Sozialhilfe und Leistungen aus dem UVG

 

Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann jedoch treuwidrig sein, wenn sie eine doppelte Befriedigung zur Folge hätte.

9.

Kindergeld:

 

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet. Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen.

10.

Bereinigtes Einkommen:

a)

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoein- kom- men).

b)

Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von

 

5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im einzelnen darzulegen.

c)

Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 9 Abs.  3 Satz 1 ZSEG anzuwendende Betrag (derzeit 0,40 DM) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden.

d)

Bei einem Auszubildenden sind mindestens 90 DM als ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen.

e)

Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreu- ung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist.

f)

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen.

 

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.

 

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

g)

Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. Nr. 15d, 16d), ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

h)

Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

 

 

 

Kindesunterhalt

11.

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle unter Beachtung der Bedarfskontrollbeträge. Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

 

Der Bedarfskontrollbetrag soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigen Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung des Ehegattenunterhalts unterschritten, ist der Tabellenbetrag derjenigen niedrigeren Gruppe anzusetzen, deren Bedarfskontrollbetrag nicht mehr unterschritten wird.

 

 

Düsseldorfer Tabelle

(Stand 01.07.1999)

 

 

 

 

Altersstufen in Jahren

(vgl. § 1612a

Abs. 3 BGB)

 

 

 

Anrechenbares

Einkommen

des Unterhalts-

pflichtigen

0- 5

6- 11

12- 17

ab 18

Vom-

hun-

dert-

satz

Bedarfs-

kontroll-

betrag

 

  1.

bis 2400

355

431

510

589

100

1300/1500

 

  2.

2400- 2700

380

462

546

631

107

1600

 

  3.

2700- 3100

405

492

582

672

114

1700

 

  4.

3100- 3500

430

522

618

713

121

1800

 

  5.

3500- 3900

455

552

653

754

128

1900

 

  6.

3900- 4300

480

582

689

796

135

2000

 

  7.

4300- 4700

505

613

725

837

142

2100

 

  8.

4700- 5100

533

647

765

884

150

2200

 

  9.

5100- 5800

568

690

816

943

160

2350

 

10.

5800- 6500

604

733

867

1002

170

2500

 

11.

6500- 7200

639

776

918

1061

180

2650

 

12.

7200- 8000

675

819

969

1120

190

2800

 

13.

über 8000

nach den Umständen des Falles

 

 

 

 

Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe entsprechen dem Regelbetrag nach der Regelbetrags- VO für den Westteil der Bundesrepublik (Art.  2 des Kindesunterhaltsgesetzes vom 06.04.1998, BGBl I S. 668). Der Vomhundertsatz drückt die Steigerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Regelbetrag (= 1. Einkommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des Regelbetrags mit dem Vomhundertsatz errechneten Richtsätze sind entsprechend § 1612a Abs.  2 BGB aufgerundet.

12.

Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitver- sichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

13.

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat.

 

Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen. Durch Abschläge soll der Mindestbedarf nach der untersten Einkommensgruppe nicht unterschritten werden.

14.

Unterhalt Minderjähriger:

a)

Der Betreuungsunterhalt i.S. des § 1606 Abs.  3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt. Deshalb wird ein Einkommen des Kindes bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

b)

Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet. Im letzteren Fall kann jedoch nach der »Hausmann«- Rechtsprechung eine Haftung aufgrund des Gleichrangs der Unterhaltsansprüche in Betracht kommen.

c)

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs.  3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf. Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

15.

Unterhalt Volljähriger:

a)

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle.

 

Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr.  20d), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 13) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt d). Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

b)

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 1.120 DM (ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung).

 

Von dem Regelbedarf kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit nach oben oder nach unten abgewichen werden.

c)

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG- Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr.  10 d) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt Nr.  5.

d)

Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs.  3 S. 1 BGB das Nettoeinkommen jedes Elternteils um berufsbedingte Aufwendungen, berücksichtigungsfähige Schulden und Unterhalt minderjähriger Kinder (§ 1606 Abs.  3 Satz 2 BGB) zu bereinigen. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag von 1.800 DM abzuziehen.

 

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs.  3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

 

Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2)

 

abzüglich 1800 DM mal Restbedarf (R), geteilt durch die Summe der Nettoeinkünfte beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 3.600 (= 1.800 + 1.800) DM.

 

Haftungsanteil 1 = (N1 - 1.800) x R : (N1 + N2 - 3.600).

 

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

 

Beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.600 DM (vgl. Nr. 20b), so tritt dieser an die Stelle des Betrags von 1.800 DM.

 

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs.  2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (1.500 DM/1.300 DM) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

 

 

 

Ehegattenunterhalt:

16.

Unterhaltsbedarf:

a)

Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden.

b)

Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90% zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 als Arbeitsanreiz/Erwerbstätigenbonus).

 

Die Quote (Unterhaltsbedarf) beträgt 50 % des so errechneten Einkommens des Pflichtigen, wenn er Alleinverdiener ist.

 

Haben beide Ehegatten Einkommen, so beträgt der Unterhaltsbedarf 50 % der Summe der Einkünfte beider Ehegatten.

c)

Konkret geltend gemachter trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden.

d)

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vorab um diesen Unterhalt (bei Minderjährigen des Tabellenbetrags) bereinigt.

 

Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr.  5 entsprechend.

e)

Werden Altersvorsorge- , Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

17.

Bedürftigkeit (Restbedarf):

 

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei Erwerbseinkünfte um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern sind.

18.

Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes:

 

In der Regel besteht eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten nicht, bis bei ein oder zwei Kindern das jüngste Kind in die dritte Grundschulklasse kommt. Ab Beginn der dritten Grundschulklasse bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht in der Regel eine Obliegenheit zur Teilzeitbeschäftigung, danach zur Ganztagstätigkeit. Davon kann im Einzelfall abgewichen werden, vor allem bei mehreren Kindern oder bei Fortsetzung einer bereits vor Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit.

19.

In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

 

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

20.

Selbstbehalt des Verpflichteten:

a)

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen, dem angemessenen, dem eheangemessenen sowie dem billigen Selbstbehalt.

b)

Der notwendige Selbstbehalt gilt in allen Fällen der Inanspruchnahme als unterste Grenze. Er beträgt:

 

- beim Erwerbstätigen 1500 DM;

 

- beim Nichterwerbstätigen 1300 DM.

c)

Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs.  2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern gilt im allgemeinen der notwendige Selbstbehalt.

d)

Im übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

 

Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern, Enkeln und der Mutter/dem Vater eines nichtehelichen Kindes:

 

- beim Erwerbstätigen 1800 DM;

 

- beim Nichterwerbstätigen 1600 DM.

 

Gegenüber Eltern beträgt er:

 

- beim Erwerbstätigen 2250 DM;

 

- beim Nichterwerbstätigen 2000 DM.

 

Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 1750 DM angesetzt.

e)

Der jeweilige Selbstbehalt kann unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch den Ehegatten gedeckt ist.

f)

Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt.

 

Er entspricht dem angemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten (Nr.  16) zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§ 1581 BGB). Im allgemeinen kommt eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt nur bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

g)

Im notwendigen Selbstbehalt (1500 DM/1300 DM) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 650 DM, im angemessenen Selbstbehalt (1800 DM/1600 DM bzw. 2250 DM/

 

2000 DM) in Höhe von 800 DM, im Familienbedarf bei Ansprüchen der Eltern gegen verheiratete Kinder (2250 + 1750, vgl. d) in Höhe von 1400 DM enthalten. Der Selbstbehalt erhöht sich, wenn konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung dieser Wohnkosten dargelegt ist.

 

Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. im übrigen Nr.  2 c).

 

Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen.

21.

Mangelfälle:

 

Reicht nach Anwendung des Bedarfskontrollbetrags das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht aus, so bemessen sich der Einsatzbetrag minderjähriger Kinder im Mangelfall nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle, der Einsatzbetrag für den Ehegatten nach seinem Restbedarf nach Nr. 17.

 

Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

 

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b BGB.

 

Die Kürzung, die dem Vomhundertsatz nach § 1612a Abs.  2 BGB entspricht, berechnet sich nach der Formel:

 

Vhs = V : S x 100

 

Der proportional gekürzte Unterhalt ergibt sich aus der Multiplikation des Einsatzbetrags mit dem Vomhundertsatz.

 

Vhs = Vomhundertsatz

 

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten

 

V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt)

 

Rechenbeispiel:

 

Der Verpflichtete hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2700 DM.

 

Unterhaltsberechtigt sind eine nicht erwerbstätige Ehefrau (F) und zwei minderjährige Kinder in der 1. und 2. Altersstufe (K1 und K2), die von der Frau betreut werden. Das Kindergeld beträgt 500 DM (250 DM + 250 DM) und wird an F ausgezahlt.

a)

Einsatzbeträge der Kinder

 

K1: 355 DM; K2: 431 DM (gemäß Einkommensgruppe 1)

b)

Einsatzbetrag der Ehefrau (F)

 

2700 DM - 355 DM - 431 DM = 1914 DM

 

1914 DM - 191 DM (10% Erwerbstätigenbonus) = 1723 DM

 

1723 DM : 2 = 862 DM

 

Dieser Betrag kann sich durch trennungsbedingten Mehrbedarf erhöhen.

c)

Summe der Ansprüche aller Berechtigten

 

355 DM + 431 DM + 862 DM = 1648 DM

d)

Verteilungsmasse

 

2700 DM - 1500 DM = 1200 DM

e)

Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche

 

Vhs: 1200/1648 x 100 = 72,8 % (§ 1612a Abs. 2 BGB)

 

F   = 862 x 72,8 % = 627 DM

 

K1 =  355 x 72,8 % = 259 DM

 

K2 =  431 x 72,8 % = 314 DM

f)

Der Kindesunterhalt wurde gekürzt um

 

K1   355 DM - 259 DM =  96 DM

 

K2   431 DM - 314 DM = 117 DM

 

Die Kindergeldanrechnung erfolgt deshalb

 

beim 1. Kind in Höhe von 125 DM -   96 DM = 29 DM,

 

beim 2. Kind in Höhe von 125 DM - 117 DM =   8 DM.

g)

F erhält damit 628 DM, K1 72,8 % des Regelbetrags der 1. Altersstufe abzüglich 29 DM Kindergeld, also derzeit 230 DM, K2 72,8 % des Regelbetrags der 2. Altersstufe, also derzeit 314 DM abzüglich 8 DM Kindergeld, also derzeit 306 DM.

h)

Da sich der Vomhundertsatz des Regelbetrags im Mangelfall bei Änderung der Altersstufe verändert, wird er i.d.R. nur nach der aktuellen Altersstufe tenoriert.

 

Sonstiges

22.

Der Bedarf der Mutter/des Vaters eines nichtehelichen Kindes nach § 1615l BGB bemißt sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 1300 DM.

23.

Unterhaltsvereinbarungen:

 

Unterhaltsvereinbarungen regeln im Zweifel lediglich den gesetzlichen Unterhalt.

24.

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle DM aufzurunden.

 

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

 

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Bayern [BayL] - OLG Bamberg, München und Nürnberg -

(Stand: 1.7.1998)

Die Familiensenate der Bayerischen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Der 7. Senat des OLG Nürnberg wendet diese Leitlinien mit Modifikationen an, die am Ende dieser Datei verzeichnet sind.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.7.1998) ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

 

1.

Geldeinkünfte:

a)

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie anderer Zulagen.

b)

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen, werden sie auf das Kalenderjahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

c)

Überstundenvergütungen werden in der Regel dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das im Beruf des Pflichtigen übliche Maß nicht überschreiten.

d)

Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

 

 

2.

Zum Einkommen gehören auch:

a)

Arbeitslosengeld und Krankengeld,

b)

Arbeitslosenhilfe beim Verpflichteten, beim Berechtigten nur, soweit der Unterhaltsanspruch nicht mehr übergeleitet werden kann oder feststeht, dass er nicht übergeleitet werden wird,

c)

Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt,

d)

BAföG- Leistungen mit Ausnahmen von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden,

e)

Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG,

f)

Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Unfall- und Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; handelt es sich um Sozialleistungen nach § 1610 a BGB, wird vermutet, dass sie durch Aufwendungen aufgezehrt werden,

g)

der Anteil des Pflegegelds (auch aus der Pflegeversicherung) bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden.

 

 

3.

Geldwerte Zuwendungen:

 

aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

 

4.

Wohnwert:

 

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln.

 

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst (Zins und Tilgung, vgl. Nr. 10 f) und die verbrauchsunabhängigen Hauslasten (wie Grundsteuer, Brandversicherung, Haushaftpflicht, nicht jedoch etwa Heizung, Strom, Gas, Wasser) übersteigt. Auszugehen ist vom Mietwert. Soweit der angemessene Wohnwert geringer ist, kann er wie folgt berechnet werden:

 

-

Beim Berechtigten bis 1/3 seines Unterhaltsbedarfs (Nr. 16) zuzüglich seines Erwerbstätigenbonus,

 

-

beim Verpflichteten bis 1/3 des diesem nach Abzug seiner Unterhaltsverpflichtungen verbleibenden Einkommens.

 

Soweit eine bessere Verwertung (Vermietung oder Verkauf) zumutbar ist, wird statt dessen der volle Mietwert angesetzt.

 

 

5.

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

 

 

6.

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 500 bis 1.000 DM.

 

 

7.

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) können als Einkommen angesetzt werden, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

 

 

8.

Kein Einkommen sind Sozialhilfe und Leistungen aus dem Unterhaltsvorschußgesetz. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann jedoch treuwidrig sein, wenn sie eine doppelte Befriedigung zur Folge hätte.

 

 

9.

Kindergeld:

a)

Das Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet. Es wird nach § 1612 b BGB ausgeglichen.

 

 

10.

Bereinigtes Einkommen:

a)

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

b)

Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im einzelnen darzulegen.

c)

Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 9 Abs. 3 Satz 1 ZSEG anzuwendende Betrag (derzeit - Stand: 1.7.1998 - 0,40 DM) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden.

d)

Bei einem Auszubildenden sind mindestens 90 DM als ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen.

e)

Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist.

f)

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen. Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen. Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

g)

Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. Nr. 15 d, 16 d), ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

h)

Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

 

 

 

Kindesunterhalt

 

 

11.

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle [Stand: 1.7.1998 s. vorst. OLG Düsseldorf (Tabelle '98)]. unter Beachtung der Bedarfskontrollbeträge. Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

 

Der Bedarfskontrollbetrag soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung des Ehegattenunterhalts unterschritten, ist der Tabellenbetrag derjenigen niedrigeren Gruppe anzuwenden, deren Bedarfskontrollbetrag nicht mehr unterschritten wird.

 

Die Richtsätze der I. Einkommensgruppe entsprechen dem Regel- betrag nach der RegelbetragsVO für den Westteil der Bundesrepublik (Art. 2 KindUG vom 6.4.1998, BGBl I S. 666). Der Vomhundertsatz drückt die Steigerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Regelbetrag (- 1. Einkommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des Regelbetrags mit dem Vomhundertsatz errechneten Richtsätze sind entsprechend § 1612 a Abs. 2 BGB aufgerundet. Die Beträge der 6. Einkommensgruppe sind geringfügig niedriger festgesetzt als die sich rechnerisch ergebenden Beträge, damit die Übereinstimmung mit der für das Beitrittsgebiet geltenden Berliner Tabelle (Stand: 1.7.1998 s. vorst. KG Berlin - Berliner Tabelle ab 1. Juli 1998 als Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle) gewährt bleibt.

 

 

12.

Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

 

 

13.

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmenDurch Abschläge soll der Mindestbedarf nach der untersten Einkommensgruppe nicht unterschritten werden.

 

 

14.

Unterhalt Minderjähriger:

a)

Der Betreuungsunterhalt i.S. des § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt. Deshalb wird ein Einkommen des Kindes bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

b)

Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils, oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet. Im letzteren Fall kann jedoch nach der »Hausmann«- Rechtsprechung eine Haftung auf Grund des Gleichrangs der Unterhaltsansprüche in Betracht kommen.

c)

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf. Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

 

 

15.

Unterhalt Volljähriger:

a)

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 20 d), ist der Bedarf des Kindes in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 13) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt d). Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

b)

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 1.100 DM (ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung). Von dem Regelbedarf kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit nach oben oder nach unten abgewichen werden.

c)

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG- Darlehen, Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10 d) angerechnt. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt Nr. 5.

d)

Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB das Nettoeinkommen jedes Elternteils um berufsbedingte Aufwendungen, berücksichtigungsfähige Schulden und Unterhalt minderjähriger Kinder (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) zu bereinigen. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag von 1.800 DM abzuziehen.

 

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

 

Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1.800 DM mal Restbedarf (R), geteilt durch die Summe der Nettoeinkünfte beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 3.600 (= 1.800 + 1.800) DM.

 

Haftungs- anteil 1 = (N1 - 1.800) x R : (N1 + N2 - 3.600).

 

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z. B. behindertes Kind) wertend verändert werden. Beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.600 DM (vgl. Nr. 20 b), so tritt dieser an die Stelle des Betrags von 1.800 DM.

 

 

 

Ehegattenunterhalt

 

 

16.

Unterhaltsbedarf:

a)

Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden.

b)

Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 als Arbeitsanreiz/Erwerbs- tätigenbonus).

 

Die Quote (Unterhaltsbedarf) beträgt 50 % des so errechneten Einkommens des Pflichtigen, wenn er Alleinverdiener ist. Haben beide Ehegatten Einkommen, so beträgt der Unterhaltsbedarf 50 % der Summe der Einkünfte beider Ehegatten.

c)

Konkret geltendgemachter trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden.

d)

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vorab um diesen Unterhalt (bei Minderjährigen den Tabellenbetrag) bereinigt. Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 5 entsprechend.

e)

Werden Altersvorsorge- , Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen, wenn sonst der eheangemessene Selbstbehalt (Nr. 20 e) gefährdet wäre. Andernfalls sind sie aus dem nicht verteilten (nicht prägenden) Einkommen zu leisten.

 

 

17.

Bedürftigkeit (Restbedarf):

 

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei Erwerbseinkünfte noch um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern sind.

 

 

18.

Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes:

 

In der Regel besteht eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten nicht, bis bei ein oder zwei Kindern das jüngste Kind in die dritte Grundschulklasse kommt. Ab Beginn der dritten Grundschulklasse bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht in der Regel eine Obliegenheit zur Teilzeitbeschäftigung, danach zur Ganztagstätigkeit. Davon kann im Einzelfall abgewichen werden, vor allem bei mehreren Kindern oder bei Fortsetzung einer bereits vor Trennung ausgeübten Tätigkeit.

 

 

19.

In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

 

 

 

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

 

 

20.

Selbstbehalt des Verpflichteten:

a)

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen, dem angemessenen, dem eheangemessenen sowie dem billigen Selbstbehalt.

b)

Der notwendige Selbstbehalt gilt in allen Fällen der Inanspruchnahme als unterste Grenze. Er beträgt

 

-

beim Erwerbstätigen 1.500 DM;

 

-

beim Nichterwerbstätigen 1.300 DM.

c)

Gegenüber minderjährigen Kindern gilt im allgemeinen der notwendige Selbstbehalt.

d)

Im übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt. Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern, Enkeln und der Mutter/dem Vater eines nichtehelichen Kindes

 

-

beim Erwerbstätigen 1.800 DM;

 

-

beim Nichterwerbstätigen 1.600 DM.

 

Gegenüber Eltern beträgt er

 

-

beim Erwerbstätigen 2.250 DM;

 

-

beim Nichterwerbstätigen 2.000 DM.

 

Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 1.750 DM angesetzt.

e)

Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt. Er entspricht dem angemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten (Nr. 16) zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§ 1581 BGB). Im allgemeinen kommt eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt nur bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

f)

Im notwendigen Selbstbehalt (1.500 DM/1.300 DM) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 650 DM, im angemessenen Selbstbehalt (1.800 DM/ 1.600 DM bzw. 2.250 DM/2.000 DM) in Höhe von 800 DM. Im Familienbedarf bei Ansprüchen der Eltern gegen verheiratete Kinder (2.250 DM - 1.750 DM vgl. d) in Höhe von 1.100 DM enthalten. Der Selbstbehalt erhöht sich, wenn konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung dieser Wohnkosten dargelegt ist. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. im übrigen Nr. 2 c). Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen.

 

21.

Mangelfälle:

 

Reicht nach Anwendung des Bedarfskontrollbetrags das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht aus, so bemessen sich der Einsatzbetrag minderjähriger Kinder im Mangelfall nach Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle, der Einsatzbetrag für den Ehegatten nach seinem Restbedarf nach Nr. 17.

 

Der Einsatzbetrag minderjähriger Kinder bemißt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle. Für das Kindergeld gilt Nr. 9 b. Der Einsatzbetrag für den Ehegatten ergibt sich aus seinem Restbedarf nach Nr.17.

 

Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

 

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612 b BGB.

 

Die Kürzung, die den Vomhundertsatz nach § 1612 a Abs. 2 BGB entspricht, berechnet sich nach der Formel:

 

Vhs = V : S x 100

 

Der proportional gekürzte Unterhalt ergibt sich aus der Multiplikation des Einsatzbetrags mit dem Vomhundertsatz.

 

Vhs = Vomhundertsatz

 

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten

 

V = Verteilungsmasse [Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt]).

 

Rechenbeispiel:

 

Der Verpflichtete hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 2.700 DM. Unterhaltsberechtigt sind eine nicht erwerbstätige Ehefrau (F) und zwei minderjährige Kinder in der 1. und 2. Altersstufe (K1 und K2), die von der Frau betreut werden. Das Kindergeld beträgt 440 DM (220 DM + 220 DM) und wird an F ausgezahlt.

a)

Einsatzbeträge der Kinder:

 

K1: 349 DM, K2: 424 DM (gemäß Einkommensgruppe 1).

b)

Einsatzbetrag der Ehefrau (F):

 

2.700 DM - 349 DM - 424 DM = 1.927 DM

 

1.927 DM - 193 DM (10 % Erwerbstätigenbonus) = 1.734 DM

 

1.734 DM : 2 = 867 DM.

 

Dieser Betrag kann sich durch trennungsbedingten Mehrbedarf erhöhen.

c)

Summe der Ansprüche aller Berechtigten:

 

349 DM + 424 DM + 867 DM = 1.640 DM.

d)

Verteilungsmasse:

 

2.700 DM - 1.500 DM = 1.200 DM

e)

Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:

 

Vhs 1.200/1.640 DM x 100 = 73,1 % (§ 1612 a Abs. 2 BGB)

 

F = 867 DM x 73,1 % = 634 DM

 

K1 = 349 DM x 73,1 % = 256 DM

 

K2 = 424 DM x 73,1 %= 310 DM

f)

Der Kindesunterhalt wurde gekürzt um:

 

K1 349 DM - 256 DM = 93 DM;

 

K2 424 DM - 310 DM = 114 DM.

 

Die Kindergeldanrechnung erfolgt deshalb nur beim 1. Kind in Höhe von 17 DM (110 DM - 93 DM).

g)

F erhält damit 631 DM. K1 73,1 % des Regelbetrags der 1. Altersstufe abzüglich 17 DM Kindergeld, also derzeit 239 DM. K 2 73,1 % des Regelbetrags der 2. Altersstufe, also derzeit 310 DM.

h)

Da sich der Vomhundertsatz des Regelbetrags im Mangelfall bei Änderung der Altersstufe verändert, wird er in der Regel nur nach der aktuellen Altersstufe tenoriert.

 

 

 

Sonstiges

 

 

22.

Der Bedarf der Mutter/des Vaters eines nichtehelichen Kindes nach § 1615 l BGB bemißt sich nach der Lebensstellung des betreuuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 1.300 DM.

 

 

23.

Unterhaltsvereinbarungen:

 

Unterhaltsvereinbarungen regeln im Zweifel lediglich den gesetzlichen Unterhalt.

 

 

24.

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle DM zu runden.

 

(Mitgeteilt von der Bayerischen Leitlinienkommission, München)

 

 

 

Modifikationen des 7. Senats des OLG Nürnberg zu den Bayerischen Leitlinien

(Stand: 1. 7. 1998)

 

Der 7. Senat des OLG Nürnberg wendet die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Bayern (Stand: 1. 7. 1998) mit folgenden Modifikationen an:

 

I.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

 

1.

Zu Nr. 4 der Bayerischen Leitlinien (Wohnwert, Berücksichtigung des Schuldendienstes)

 

a)

Die Zumutbarkeit einer Vermietung oder eines Verkaufes des eigenen Heimes und damit der Ansatz des vollen Mietwertes bei der Bedarfsermittlung, der bedarfsmindernden Anrechnung eines Wohnvorteils und der Leistungsfähigkeit ist in der Tendenz für die Zeit nach der Rechtskraft einer Scheidung zu bejahen.

 

b)

Bei der Anrechnung eines Wohnvorteils bzw. des Schuldendienstes gem. § 1577 I BGB auf seiten des unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehegatten aus einem in dessen Alleineigentum stehenden Eigenheim ist vom Schuldendienst grundsätzlich nur der Zinsaufwand, nicht aber die Tilgung zu berücksichtigen (BGH, NJW 1998, 753 = FamRZ 1998, 87 .

 

 

 

II.

Kindesunterhalt

 

2.

Zu Nr. 13 der Bayerischen Leitlinien (Abweichung von Musterfamilie)

 

 

Bei Abweichungen von der Musterfamilie (Unterhaltspflichten gegenüber einem Ehegatten und zwei minderjährigen Kindern) können - vorbehaltlich der Wahrung der Bedarfskontrollbeträge - die Zu- bzw. Abschläge grundsätzlich in der Weise vorgenommen werden, dass für jeden wegfallenden bzw. hinzutretenden Unterhaltsberechtigten um eine Gruppe höher bzw. niedriger gestuft wird.

 

3.

Zu Nr. 15 d der Bayerischen Leitlinien (Haftung der Eltern bei anteiliger Barunterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern)

 

 

Geht es um die Haftung gegenüber volljährigen Kindern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, ist, wenn bei Abzug eines Sockelbetrages in Höhe des angemessenen Selbstbehaltes (1800 DM/1600 DM) der Kindesunterhalt nicht vollständig bezahlt werden kann, ein Sockelbetrag in Höhe des notwendigen Selbstbehaltes (1500 DM/1300 DM) anzusetzen.

 

 

 

III.

Ehegattenunterhalt

 

4.

Zu Nr. 16 b, S. 3, 17 der Bayerischen Leitlinien (Unterhaltsbedarf und Anspruch bei prägenden Erwerbseinkommen beider Ehegatten)

 

 

Bei Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten errechnet sich aus 50% der Summe der jeweils um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Einkünfte beider Ehegatten zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Bei der Ermittlung des Anspruchs ist das prägende Einkommen des Unterhaltsberechtigten vor dem Abzug vom Bedarf nicht um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigen.

 

 

Rechenbeispiel:

 

 

Einkünfte aus (um Erwerbsaufwand i.S. der Nr. 10 b der Bayerischen Leitlinien bereinigten) Erwerbseinkommen Mann (M) 3600 DM und Frau (F) 1800 DM.

 

 

3600 DM (Einkommen M) - 360 DM

 

 

(Erwerbstätigenbonus) =

3240 DM

 

1800 DM (Einkommen F) - 180 DM

 

 

(Erwerbstätigenbonus) =

1620 DM

 

Summe

4860 DM

 

Halbteilung

2430 DM

 

Hinzufügung Erwerbstätigenbonus F

180 DM

 

Unterhaltsbedarf F

2610 DM

 

Anrechnung Einkommen F

1800 DM

 

Unterhaltsanspruch F

810 DM

 

Für den Abzug zusätzlicher, nicht prägender Erwerbseinkünfte des Unterhaltsberechtigten gilt Nr. 17 der Bayerischen Leitlinien (Abzug Erwerbstätigenbonus von 1/10 vor Anrechnung).

 

5.

Zu Nr. 16 e der Bayerischen Leitlinien (Vorsorgeunterhalt)

 

 

Der gesondert geltend gemachte Vorsorgeunterhalt ist mit Hilfe der Bremer Tabelle, fortgeführt von Gutdeutsch (für das Jahr 1998, vgl. FamRZ 1998, 349), und des jeweils geltenden Beitragssatzes für die gesetzliche Rentenversicherung zu berechnen.

 

 

 

IV.

Selbstbehalte des Verpflichteten

 

6.

Zu Nr. 20 b, d der Bayerischen Leitlinien (Differenzen zwischen Selbstbehalten für Erwerbstätige und Nichterwerbstätige)

 

 

Die Differenz von 200 DM beim notwendigen Selbstbehalt dient dem Arbeitsanreiz und dem Ausgleich allgemeiner wirtschaftlicher Nachteile des Erwerbstätigen, abweichend von der bisher geltenden Nürnberger Tabelle aber nicht dem Ausgleich berufsbedingter Aufwendungen im Sinn der Nr. 10 b der Bayerischen Leitlinien. Dies gilt auch für die entsprechenden Differenzen in den sonstigen Selbstbehalten des Erwerbstätigen und des Nichterwerbstätigen in Nr. 20 d der Bayerischen Leitlinien.

 

7.

Zu Nr. 20 e der Bayerischen Leitlinien (Selbstbehalt des Verpflichteten gegenüber Ehegatten

 

a)

Der eigene eheangemessene Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten ist die erste Haftungsgrenze für den Ehegattenunterhalt. Liegt er höher als der notwendige oder billige Selbstbehalt (vgl. c), hat er insbesondere die Funktion, dass der Verpflichtete über die Grenzen des eigenen eheangemessenen Selbstbehalts hinaus nur nach Billigkeit haftet (für den nachehelichen Unterhalt vgl. § 1581 BGB).

 

 

In der Höhe entspricht der eheangemessene Selbstbehalt des Verpflichteten,

 

 

-

wenn dieser allein prägende Einkünfte hat, dem Unterhalt des Berechtigten gem. Nr. 16 b der Bayerischen Leitlinie, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten,

 

 

-

wenn beide Ehegatten prägende Einkünfte haben, der Hälfte der Summe der - hinsichtlich der Erwerbseinkünfte beiderseits um den Erwerbstätigenbonus bereinigten - Einkommen, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten (im Rechenbeispiel zu Nr. 4: 2430 DM + 360 DM = 2790 DM=.

 

 

Nr. 16 c und d der Bayerischen Leitlinien gelten entsprechend.

 

b)

Als unterste Haftungsgrenze gilt gegenüber dem getrennt lebenden Ehegatten grundsätzlich der notwendige Selbstbehalt gemäß Nr. 20 b Bayerischen Leitlinie (1500 DM/1300 DM).

 

c)

Der geschiedene Ehegatten darf im Verhältnis zum anderen Ehegatten, von Ausnahmefällen (Unterhaltsberechtigter aus besonderen Gründen ähnlich hilflos und bedürftig wie ein minderjähriges Kind) abgesehen, nicht auf den notwendigen Unterhalt beschränkt werden (vgl. BGH, NJW 1990, 1172 = FamRZ 1990, 260 [265]; BGH, NJW 1997, 1419 = FamRZ 1997, 806 . Ihm ist im Regelfall ein 100 DM bis 300 DM über dem notwendigen Selbstbehalt liegender Betrag zu belassen.

 

 

Dieser "billige Selbstbehalt" stellt im Regelfall auch dann die unterste Haftungsgrenze für den geschiedenen Ehegatten dar, wenn dessen eheangemessener unter dem notwendigen Selbstbehalt und/oder dem billigen Selbstbehalt liegt (vgl. OLG Nürnberg, NJW- RR 1996, 770 = FamRZ 1996, 352).

 

8.

Zu Nr. 20f der Bayerischen Leitlinien (in den Selbstbehalten enthaltene Kosten für Unterkunft)

 

a)

Unter Kosten für Unterkunft und Heizung sind der Mietzins, umlagefähige Nebenkosten und die Heizungskosten, nicht aber etwa darüber hinausgehende Kosten für Strom und Wasser zu verstehen.

 

b)

In den Beträgen von 650 DM bzw. 800 DM sind Anteile für den reinen Mietzins von 500 DM bzw. 625 DM enthalten.

 

c)

Der im billigen Selbstbehalt (vgl. Nr. 7 c) enthaltene Anteil für Kosten der Unterkunft und Heizung

 

 

-

beträgt 800 DM, wenn der billige dem angemessenen Selbstbehalt (1800 DM/1600 DM) entspricht,

 

 

-

ist durch eine entsprechende Erhöhung des Betrages von 650 DM (für den notwendigen Selbstbehalt von 1500 DM/1300 DM) zu bestimmen, wenn der billige unter dem angemessenen Selbstbehalt liegt, bei einem billigen Selbstbehalt für den Erwerbstätigen von 1650 DM etwa auf 650 DM * (800 DM - 650 DM = 150 DM x 1/2=) 75 DM = 725 DM.

 

 

 

V.

Mangelfälle

 

9.

Zu Nr. 21 der Bayerischen Leitlinien

 

 

Eine Mangelfallberechnung nach Nr. 21 der Bayerischen Leitlinien kommt nur dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige sowohl den Kindern als auch dem Ehegatten bis zum notwendigen Selbstbehalt haftet.

 

 

Nach dem vorgeschlagenen Berechnungsschema verbleibt dem Unterhaltspflichtigen, fall es in Anwendung des § 1612 b I, V BGB zu einer Kindergeldanrechnung kommt, ein über den notwendigen Selbstbehalt hinausgehender Betrag in Höhe des angerechneten Kindergeldes (im Rechenbeispiel zu Nr. 21 der Bayerischen Leitlinien 178 DM).

 

 

Dieser Betrag kann in der Regel dem Anspruch des unterhaltsberechtigen Ehegatten zugeschlagen werden, wenn und soweit dieser ansonsten unter seinem ungekürzten Bedarf bleiben würde.

 

 

Im Rechenbeispiel zu Nr. 21 der Bayerischen Leitlinien kann demgemäß der Anspruch von F um 17 DM auf (634 DM + 17 DM =) 651 DM (867 DM ungekürzter Bedarf) erhöht werden.

 

10.

Haftet der geschiedene, unterhaltspflichtige Ehegatte dem anderen Ehegatten nur bis zur Grenze des billigen Selbstbehalts (vgl. Nr. 7 c), so ist grundsätzlich

 

 

-

zunächst die nach Abzug des billigen Selbstbehalts verbleibende Verteilungsmasse auf alle gleichrangig Unterhaltsberechtigten anteilig im Verhältnis ihres jeweils mit eigenen Einkünften nicht gedeckten Bedarfs und

 

 

-

anschließend die - allein für den Kindesunterhalt einzusetzende - Differenz zwischen dem billigen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt anteilig im Verhältnis der zunächst ermittelten Bedarfssätze auf die Kinder bis zur Grenze des diesen jeweils zustehenden Regelbedarfs zu verteilen.

 

 

Ob auf den so ermittelten Unterhalt der Kinder Kindergeld angerechnet wird, richtet sich nach § 1612 b I, V BGB.

 

11.

Die Bayerischen Leitlinien mit den vorstehenden Modifikationen des 7. Senats des OLG Nürnberg gelten für Ansprüche, die die Zeit ab 1. 7. 1998 betreffen. Auf Ansprüche für die Zeit bis 30. 6. 1998 wird die Nürnberger Tabelle angewendet.

 

 

 

(Fundstelle: NJW 1998, 2039 = FamRZ  1998, 885)