Süddeutsche OLG: Unterhaltsrechtliche Leitlinien (Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken) – SüdL – (Stand: 01.07.2007)
Vorbemerkung zur aktuellen Fassung der SüdL
Die Familiensenate der Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken geben gemeinsam unterhaltsrechtliche Leitlinien (die sogenannten Süddeutschen Leitlinien) als Anwendungshilfen zur Bemessung des Unterhalts heraus.
Da die zum 1. Juli 2007 erwartete Unterhaltsreform bislang nicht verabschiedet ist, wird eine Neufassung der Süddeutschen Leitlinien erst beschlossen werden, wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Bis dahin gelten die Süddeutschen Leitlinien in der Fassung vom 1. Juli 2005 weiter.
Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf aber in Folge der Neufassung der Regelbetragsverordnung die Unterhaltstabelle (Düsseldorfer Tabelle) zum 1. Juli 2007 neu gefasst hat, haben sich die Senate darauf verständigt, ab 1. Juli 2007 die Bedarfs- und Selbstbehaltswerte der neuen Düsseldorfer Tabelle anzuwenden.
Die Düsseldorfer Tabelle nennt folgende Bedarfssätze:
Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt)
– gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern, |
|
– gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, |
beträgt in der Regel beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770 €, beim erwerbserwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 900 €.
Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 640 €. Hierin sind bis 270 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden.
Monatlicher Eigenbedarf (Selbstbehalt) gegenüber dem getrennt lebenden und dem geschiedenen Berechtigten in der Regel:
unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig |
1.000 € |
Monatlicher Eigenbedarf (Existenzminimum) des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs in der Regel:
1. falls erwerbstätig: |
900 € |
2. falls nicht erwerbstätig: |
770 € |
Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern in der Regel:
1. falls erwerbstätig: |
650 € |
2. falls nicht erwerbstätig: |
560 € |
Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern in der Regel:
falls erwerbstätig oder nicht erwerbstätig: |
800 € |
Ergänzende Hinweise:
Die Familiensenate der Süddeutschen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien seit dem Jahr 2002 als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Leitlinien richten sich nicht nur an Gerichte, die über Unterhaltsansprüche entscheiden sollen, sondern sind auch als Hilfestellung für Jugendämter und Rechtsanwälte bei der Beratung ihrer Mandanten in Unterhaltsfragen gedacht.
Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL) – Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken – (Stand: 01.07.2005)
Die Familiensenate der Süddeutschen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist.
Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.
Unterhaltsrechtliches Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandtenoder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht. Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
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2. Sozialleistungen
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3. Kindergeld Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Nr. 14). |
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4. Geldwerte Zuwendungen Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. |
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5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt. |
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6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200–550 €. |
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7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. |
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8. Freiwillige Zuwendungen Dritter Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. |
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9. Fiktives Einkommen Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein. |
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10. Bereinigung des Einkommens
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Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.
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12. Minderjährige Kinder
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13. Volljährige Kinder
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14. Verrechnung des Kindergeldes Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen. Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612b Abs. 5 BGB siehe Verrechnungstabelle Anhang 2. |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
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16. Bedürftigkeit Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist (vgl. Rechenbeispiel Anlage 3 Nr. 3.1). |
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17. Erwerbsobliegenheit
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Weitere Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche nach § 1615l BGB Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 €. Ergänzend wird auf BGH, FamRZ 2005, 442 verwiesen. |
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19. Elternunterhalt Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9). |
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20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. |
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Verpflichteten
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22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
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23. Mangelfall
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1) |
Satz 3 wendet OLG Karlsruhe nicht an, vgl. BGH, FamRZ 2003, 363; 2005, 347. |
Sonstiges
24. Rundung Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden. |
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25. Ost-West-Fälle Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltsätzen. |
Anhang
1. Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.2007)
Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen (Anm. 3, 4) |
Vomhundertsatz der Regelbeträge |
Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6) |
|||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
||||||
1. |
|
bis |
1300 |
202 |
245 |
288 |
389 |
100 |
770/900 |
2. |
1300 |
– |
1500 |
217 |
263 |
309 |
389 |
107 |
950 |
3. |
1500 |
– |
1700 |
231 |
280 |
329 |
389 |
114 |
1000 |
4. |
1700 |
– |
1900 |
245 |
297 |
349 |
401 |
121 |
1050 |
5. |
1900 |
– |
2100 |
259 |
314 |
369 |
424 |
128 |
1100 |
6. |
2100 |
– |
2300 |
273 |
331 |
389 |
447 |
135 |
1150 |
7. |
2300 |
– |
2500 |
287 |
348 |
409 |
471 |
142 |
1200 |
8. |
2500 |
– |
2800 |
303 |
368 |
432 |
497 |
150 |
1250 |
9. |
2800 |
– |
3200 |
324 |
392 |
461 |
530 |
160 |
1350 |
10. |
3200 |
– |
3600 |
344 |
417 |
490 |
563 |
170 |
1450 |
11. |
3600 |
– |
4000 |
364 |
441 |
519 |
596 |
180 |
1550 |
12. |
4000 |
– |
4400 |
384 |
466 |
548 |
629 |
190 |
1650 |
13. |
4400 |
– |
4800 |
404 |
490 |
576 |
662 |
200 |
1750 |
|
|
über |
4800 |
nach den Umständen des Falles |
2. Kindergeldverrechnungstabelle (Stand: 01.07.2007)
Kind |
Gruppe der DT |
1. Altersstufe |
2. Altersstufe |
3. Altersstufe |
||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. bis 3. Kind |
1 [bis 1.300] |
202 – |
6 |
= 196 |
245 – |
0 |
= 245 |
288 – |
0 |
= 288 |
ab 4. Kind |
1 [bis 1.300] |
202 – |
18,50 |
= 183,50 |
245 – |
3,50 |
=241,50 |
288 – |
0 |
= 288 |
1. bis 3. Kind |
2 [1.300 – 1.500] |
217 – |
21 |
= 196 |
263 – |
9 |
= 254 |
309 – |
0 |
= 309 |
ab 4. Kind |
2 [1.300 – 1.500] |
217 – |
33,50 |
= 183,50 |
263 – |
21,50 |
= 241,50 |
309 – |
9,50 |
= 299,50 |
1. bis 3. Kind |
3 [1.500 – 1.700] |
231 – |
35 |
= 196 |
280 – |
26 |
= 254 |
329 – |
17 |
= 312 |
ab 4. Kind |
3 [1.500 – 1.700] |
231 – |
47,50 |
= 183,50 |
280 – |
38,50 |
= 241,50 |
329 – |
29,50 |
= 299,50 |
1. bis 3. Kind |
4 [1.700 – 1.900] |
245 – |
49 |
= 196 |
297 – |
43 |
= 254 |
349 – |
37 |
= 312 |
ab 4. Kind |
4 [1.700 – 1.900] |
245 – |
61,50 |
= 183,50 |
297 – |
55,50 |
= 241,50 |
349 – |
49,50 |
= 299,50 |
1. bis 3. Kind |
5 [1.900 – 2.100] |
259 – |
63 |
= 196 |
314 – |
60 |
= 254 |
369 – |
57 |
= 312 |
ab 4. Kind |
5 [1.900 – 2.100] |
259 – |
75,50 |
= 183,50 |
314 – |
72,50 |
= 241,50 |
369 – |
69,50 |
= 299,50 |
1. bis 3. Kind |
6 [2.100 – 2.300] |
273 – |
77 |
= 196 |
331 – |
77 |
= 254 |
389 – |
77 |
= 312 |
ab 4. Kind |
6 [2.100 – 2.300] |
273 – |
89,50 |
= 183,50 |
331 – |
89,50 |
= 241,50 |
389 – |
89,50 |
= 299,50 |
3. Rechenbeispiele (zur DT, Stand: 01.07.2005)
3.1 Additionsmethode
Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 2000 € sowie Zinseinkünfte von 300 €. Seine Ehefrau F hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.000 €. Sämtliche Einkünfte sind prägend. Anspruch der F?
Bedarf : 1/2 (9/10 x 2.000 € + 300 € + 9/10 x 1.000 € ) = 1.500 €
Höhe : 1.500 € – 9/10 x 1.000 € = 600 €
3.2 Mangelfall
Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.750 €. Unterhaltsberechtigt sind seine nicht erwerbstätige Ehefrau F und die beiden minderjährigen Kinder K1 (4 Jahre) und K2 (7 Jahre), die von F betreut werden. Das Kindergeld von 308 € wird an F ausbezahlt.
Unterhaltsberechnung gemäß Nr. 23.2)
K1 : 204 €; K2 : 247 €;
F : 1.750 – 204 – 247 = 1.299 €;
1/2 aus 9/10 x 1.299 = 585 €
Leistungsfähigkeit M 1.750 – 204 – 247 –585 = 714 €, d.h. Mangelfall
Einsatzbeträge:
K1 276 €; K2 334 €; F 770 €
Verteilungsmasse:
1.750 € – 890 € = 860 €
Summe der Einsatzbeträge:
276 € + 334 € + 770 € = 1.380 €
Prozentuale Kürzung:
860 : 1.380 x 100 = 62,3 %
Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:
K1 : 276 € x 62,3 % = 172 €;
K2 : 334 € x 62,3 % = 208 €;
F : 770 € x 62,3 % = 480 €.
Der Kindesunterhalt entspricht 84,1 % des Regelbetrages (= 62,3 % x 1,35).
Keine Kindergeldverrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB und keine Ergebniskorrektur.
|
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2) |
Nach OLG Karlsruhe: Einsatz der Tabellenbeträge (vgl. Fn. zu Nr. 23.1) |
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