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Süddeutsche OLG: Süddeutsche Leitlinien

Süddeutsche OLG: Unterhaltsrechtliche Leitlinien (Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken) – SüdL – (Stand: 01.07.2007)

Vorbemerkung zur aktuellen Fassung der SüdL

Die Familiensenate der Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken geben gemeinsam unterhaltsrechtliche Leitlinien (die sogenannten Süddeutschen Leitlinien) als Anwendungshilfen zur Bemessung des Unterhalts heraus.

Da die zum 1. Juli 2007 erwartete Unterhaltsreform bislang nicht verabschiedet ist, wird eine Neufassung der Süddeutschen Leitlinien erst beschlossen werden, wenn das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen ist. Bis dahin gelten die Süddeutschen Leitlinien in der Fassung vom 1. Juli 2005 weiter.

Nachdem das Oberlandesgericht Düsseldorf aber in Folge der Neufassung der Regelbetragsverordnung die Unterhaltstabelle (Düsseldorfer Tabelle) zum 1. Juli 2007 neu gefasst hat, haben sich die Senate darauf verständigt, ab 1. Juli 2007 die Bedarfs- und Selbstbehaltswerte der neuen Düsseldorfer Tabelle anzuwenden.

Die Düsseldorfer Tabelle nennt folgende Bedarfssätze:

Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt)

– gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern,

– gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden,

beträgt in der Regel beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770 €, beim erwerbserwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 900 €.

Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 640 €. Hierin sind bis 270 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden.

Monatlicher Eigenbedarf (Selbstbehalt) gegenüber dem getrennt lebenden und dem geschiedenen Berechtigten in der Regel:

unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig

1.000 €

Monatlicher Eigenbedarf (Existenzminimum) des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs in der Regel:

1. falls erwerbstätig:

900 €

2. falls nicht erwerbstätig:

770 €

Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern in der Regel:

1. falls erwerbstätig:

650 €

2. falls nicht erwerbstätig:

560 €

Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern in der Regel:

falls erwerbstätig oder nicht erwerbstätig:

800 €

Ergänzende Hinweise:



Die Familiensenate der Süddeutschen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien seit dem Jahr 2002 als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Die Leitlinien richten sich nicht nur an Gerichte, die über Unterhaltsansprüche entscheiden sollen, sondern sind auch als Hilfestellung für Jugendämter und Rechtsanwälte bei der Beratung ihrer Mandanten in Unterhaltsfragen gedacht.

Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL) – Oberlandesgerichte Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken – (Stand: 01.07.2005)

Die Familiensenate der Süddeutschen Oberlandesgerichte verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten­oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht. Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts-und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5 Bei Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7 Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.

1.8 Sonstige Einnahmen, z.B. Trinkgelder.

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld.

2.2 Arbeitslosengeld II (nach dem SGB II) beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II kein Einkommen, es sei denn die Nichtberücksichtigung der Leistungen ist in Ausnahmefällen treuwidrig (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843; 2001, 619); nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen.

2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG.

2.6 Unfallrenten.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten­und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; § 1610a BGB ist zu beachten.

2.8 Der Anteil des Pflegegelds bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 4143 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10/11 Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH, FamRZ 1999, 843 bzw. 2001, 619).

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200–550 €.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1 Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, so sind sie im einzelnen darzulegen. Bei beschränkter Leistungsfähigkeit kann im Einzelfall mit konkreten Kosten gerechnet werden.

10.2.2 Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG anzuwendende Betrag (derzeit 0,30 €) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Damit sind i.d.R. Anschaffungskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden (für jeden Mehrkilometer in der Regel 0,20 €).

10.2.3 Bei einem Auszubildenden sind i.d.R. 90 € als ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen.

10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Außerdem kann ein Kinderbetreuungsbonus angesetzt werden. Hinsichtlich des Betreuungsbonus wird auf BGH, FamRZ 2005, 442 verwiesen.

10.4 Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen. Zur Obliegenheit, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten vgl. BGH, FamRZ 2005, 608.

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen.

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

10.5 Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. Nr. 13.3, 15.2), ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

10.6 Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

11.1 Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

11.2 Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.

Zur Eingruppierung können auch die Bedarfskontrollbeträge herangezogen werden.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB).

12.2 Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3 Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

12.4 Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Nr. 13.3).

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1 Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle.

Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3.1), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

13.1.2 Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 640 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 270 €), ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2 Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 III 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1.100 €) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1.100 € mal (Rest-)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 2.200 (= 1.100 + 1.100) €.

Haftungsanteil 1 = (N1 – 1.100) x R : (N1 + N2 – 2.200).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs. 2 Sart 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (770 €/890 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen.

Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612b Abs. 5 BGB siehe Verrechnungstabelle Anhang 2.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden. Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen als prägend (BGH, FamRZ 2001, 986).

15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Tabellenbetrag) bereinigt (vgl. auch Nr. 23.1, 2. Absatz). Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3 (BGH, FamRZ 2001, 350).

15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4 Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist (vgl. Rechenbeispiel Anlage 3 Nr. 3.1).

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Bei Betreuung eines Kindes besteht in der Regel eine Erwerbsobliegenheit des berechtigt betreuenden Ehegatten erst, wenn das jüngste Kind in die dritte Grundschulklasse kommt. Ab Beginn der dritten Grundschulklasse bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres des jüngsten Kindes besteht in der Regel eine Obliegenheit zur teilweisen, danach zur vollen Erwerbstätigkeit. Davon kann abgewichen werden, vor allem bei mehreren Kindern oder bei Fortsetzung einer bereits vor Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit.

17.2. In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 €. Ergänzend wird auf BGH, FamRZ 2005, 442 verwiesen.

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2 Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern gilt im allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der Inanspruchnahme.

Er beträgt

-

beim Nichterwerbstätigen 770 €,

-

beim Erwerbstätigen 890 €.

Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 360 € enthalten.

21.3 Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern und Enkeln 1.100 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.3.2 Gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615l BGB ist der Selbstbehalt in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt des Volljährigen nach § 1603 Abs. 1 BGB und dem notwendigen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 2 BGB liegt (BGH, FamRZ 2005, 304), in der Regel mit 1000 €.

21.3.3 Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 1.400 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.4 Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt (= Eigenbedarf). Er entspricht dem angemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten (Nr. 15) zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§ 1581 BGB; vgl. dazu auch Nr. 21.3.2 und BGH, FamRZ 2004, 1357). Eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt kommt insbesondere bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

21.5.1 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

21.5.2 Wird konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung der in den einzelnen Selbstbehalten enthaltenen angeführten Wohnkosten dargelegt, erhöht sich der Selbstbehalt. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Ist bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kindern der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 560 €, und wenn dieser erwerbstätig ist, 650 € angesetzt.

22.2 Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder der Unterhaltspflichtige verheiratet, wird für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 800 € angesetzt.

22.3 Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.050 € angesetzt. Im Familienbedarf von 2.450 € (1.400 + 1.050 € ) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 800 € enthalten.

23. Mangelfall

23.1 Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht . Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Tabellenbetrag, für den getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten seinem Restbedarf (Nr. 15, 16). Dabei kann der Kindesunterhalt aus Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle entnommen werden.1)

Der Vorwegabzug des Kindesunterhalts beim getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten kann unterbleiben, soweit sich daraus ein Missverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten ergibt. Dieses Missverhältnis ist zu bejahen, wenn beim Ehegatten ein Bedarf bei Nichterwerbstätigen von 560 €, bei Erwerbstätigen von 650 € unterschritten ist. Dies wird regelmäßig zum Mangelfall führen.

23.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1 bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle,

23.2.2 bei getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten bei Nichterwerbstätigen auf 770 €, bei Erwerbstätigen auf 890 €,

23.2.3 bei mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten auf die Beträge gemäß Nr. 22.1(560 €/ 650 €). Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

23.3 Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

Die prozentuale Kürzung berechnet sich nach der Formel:

K = V : S x 100

K = prozentuale Kürzung

S = Summe der Einsatzbeträge aller Berechtigten V = Verteilungsmasse (Einkommen des Verpflichteten abzüglich Selbstbehalt)

Der proportional gekürzte Unterhalt ergibt sich aus der Multiplikation mit dem Einsatzbetrag.

Ist für minderjährige Kinder eine Unterhaltsfestsetzung nach § 1612a Abs.1 BGB als Vomhundertsatz beantragt, so ist K mit 1,35 zu multiplizieren.

23.4 Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b BGB.

23.5 Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

23.6 Rechenbeispiel zum absoluten Mangelfall, vgl. Anlage 3 Nr. 3.2.


1)

Satz 3 wendet OLG Karlsruhe nicht an, vgl. BGH, FamRZ 2003, 363; 2005, 347.

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

25. Ost-West-Fälle

Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltsätzen.

Anhang

1. Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.2007)

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen (Anm. 3, 4)

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 3 BGB)

Vomhundertsatz der Regelbeträge

Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6)

0–5

6–11

12–17

ab 18

1.

 

bis

1300

202

245

288

389

100

770/900

2.

1300

1500

217

263

309

389

107

950

3.

1500

1700

231

280

329

389

114

1000

4.

1700

1900

245

297

349

401

121

1050

5.

1900

2100

259

314

369

424

128

1100

6.

2100

2300

273

331

389

447

135

1150

7.

2300

2500

287

348

409

471

142

1200

8.

2500

2800

303

368

432

497

150

1250

9.

2800

3200

324

392

461

530

160

1350

10.

3200

3600

344

417

490

563

170

1450

11.

3600

4000

364

441

519

596

180

1550

12.

4000

4400

384

466

548

629

190

1650

13.

4400

4800

404

490

576

662

200

1750

 

 

über

4800

nach den Umständen des Falles

2. Kindergeldverrechnungstabelle (Stand: 01.07.2007)

Kind

Gruppe der DT

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1. bis 3. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

6

= 196

245 –

0

= 245

288 –

0

= 288

ab 4. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

18,50

= 183,50

245 –

3,50

=241,50

288 –

0

= 288

1. bis 3. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

21

= 196

263 –

9

= 254

309 –

0

= 309

ab 4. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

33,50

= 183,50

263 –

21,50

= 241,50

309 –

9,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

35

= 196

280 –

26

= 254

329 –

17

= 312

ab 4. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

47,50

= 183,50

280 –

38,50

= 241,50

329 –

29,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

49

= 196

297 –

43

= 254

349 –

37

= 312

ab 4. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

61,50

= 183,50

297 –

55,50

= 241,50

349 –

49,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

63

= 196

314 –

60

= 254

369 –

57

= 312

ab 4. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

75,50

= 183,50

314 –

72,50

= 241,50

369 –

69,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

77

= 196

331 –

77

= 254

389 –

77

= 312

ab 4. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

89,50

= 183,50

331 –

89,50

= 241,50

389 –

89,50

= 299,50

3. Rechenbeispiele (zur DT, Stand: 01.07.2005)

3.1 Additionsmethode

Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 2000 € sowie Zinseinkünfte von 300 €. Seine Ehefrau F hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.000 €. Sämtliche Einkünfte sind prägend. Anspruch der F?

Bedarf : 1/2 (9/10 x 2.000 € + 300 € + 9/10 x 1.000 € ) = 1.500 €

Höhe : 1.500 € – 9/10 x 1.000 € = 600 €

3.2 Mangelfall

Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.750 €. Unterhaltsberechtigt sind seine nicht erwerbstätige Ehefrau F und die beiden minderjährigen Kinder K1 (4 Jahre) und K2 (7 Jahre), die von F betreut werden. Das Kindergeld von 308 € wird an F ausbezahlt.

Unterhaltsberechnung gemäß Nr. 23.2)

K1 : 204 €; K2 : 247 €;

F : 1.750 – 204 – 247 = 1.299 €;

1/2 aus 9/10 x 1.299 = 585 €

Leistungsfähigkeit M 1.750 – 204 – 247 –585 = 714 €, d.h. Mangelfall

Einsatzbeträge:

K1 276 €; K2 334 €; F 770 €

Verteilungsmasse:

1.750 € – 890 € = 860 €

Summe der Einsatzbeträge:

276 € + 334 € + 770 € = 1.380 €

Prozentuale Kürzung:

860 : 1.380 x 100 = 62,3 %

Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:

K1 : 276 € x 62,3 % = 172 €;

K2 : 334 € x 62,3 % = 208 €;

F : 770 € x 62,3 % = 480 €.

Der Kindesunterhalt entspricht 84,1 % des Regelbetrages (= 62,3 % x 1,35).

Keine Kindergeldverrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB und keine Ergebniskorrektur.


2)

Nach OLG Karlsruhe: Einsatz der Tabellenbeträge (vgl. Fn. zu Nr. 23.1)