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OLG Köln: Leitlinien

OLG Köln: Unterhaltsleitlinien (Stand: 01.07.2007)

Die Familiensenate des OLG Köln verwenden diese Leitlinien für den Regelfall, um eine in praktisch bedeutsamen Unterhaltsfragen möglichst einheitliche Rechtsprechung zu erreichen. Die Leitlinien können die Richter nicht binden. Sie sollen die angemessene Lösung des Einzelfalls – das gilt auch für die „Tabellen-Unterhaltssätze“ – nicht antasten.

Die Leitlinien folgen der Düsseldorfer Tabelle und den Süddeutschen Leitlinien, weichen jedoch in Einzelfragen davon ab.

I. Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr verteilt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (i.d.R. mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten. Ob und in welchem Umfang weitergehende Einkünfte durch Überstunden, aus Nebentätigkeit oder Zweitarbeit anrechenbar sind, ist nach Billigkeit nach den Umständen des Einzelfalls (hohe Schuldenbelastung, Sicherung des Mindestbedarfs) zu entscheiden.

1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen.

1.5 Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7 Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.

1.8 Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder).

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld.

2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 1932 SGB II) beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Leistungen nach dem SGB II kein Einkommen (Ausnahme: befristeter Zuschlag nach Bezug von Arbeitslosengeld gem. § 24 SGB II).

2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehn gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Erziehungsgeld nur in den Ausnahmefällen nach § 9 Satz 2 BErzGG und Elterngeld nach § 11 BEEG.

2.6 Unfallrenten.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen, jeweils nach Abzug des Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; § 1610a BGB ist zu beachten.

2.8 Anteil des Pflegegelds der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9. In der Regel Leistungen nach §§ 4143 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10/11 Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein.

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet (vgl. Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst (Zins und beim Trennungsunterhalt in der Regel auch Tilgung), erforderliche Instandhaltungskosten sowie die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Rechtskraft der Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen. Bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen können in der Regel 200–550 € angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind nur als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzuziehen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen abziehen.

10.2.1 Eine Pauschale von 5 % wird in der Regel nicht gewährt, sondern die berufsbedingten Aufwendungen sind im Einzelnen darzulegen.

10.2.2 Für notwendige Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG anzuwendende Betrag (derzeit 0, 30 €) pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden. Damit sind i.d.R. Anschaffungskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden (für die Mehrkilometer i.d.R. 0,20 €). Eine Verweisung auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel kommt nach Billigkeit in Betracht, insbesondere wenn der Mindestunterhalt nicht geleistet werden kann.

10.2.3 Bei einem Auszubildenden sind in der Regel 90 € als ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen.

10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich wird. Außerdem kann ein Kinderbetreuungsbonus angesetzt werden.

10.4 Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplans in angemessenen Raten erfolgen. Es kann die Obliegenheit bestehen, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten.

-

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind nur eheprägende Schulden abzuziehen.

-

Bei Verwandtenunterhalt sowie bei der Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind die Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

10.5 Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. 15.2), ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

10.6 Leistungen nach den Vermögensbildungsgesetzen sind nicht vom Einkommen abzuziehen, andererseits erhöhen vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers und Sparzulagen nicht das Einkommen.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhundertsatz des Regelbetrags geltend gemacht werden.

11.1 Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Studiengebühren und keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Kosten zu bereinigen.

11.2. Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat.

Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere Gruppen vorzunehmen.

Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Eigenbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichtigung auch des Ehegattenunterhalts unterschritten, ist der Tabellenbetrag derjenigen niedrigeren Gruppe anzusetzen, deren Bedarfskontrollbetrag nicht mehr unterschritten wird.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), oder der eigene angemessene Unterhalt (1.100 €) des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB), und dem betreuenden Elternteil verbleiben nach Abzug des Kindesunterhalts 1.100 € zum eigenen Unterhalt.

12.2 Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3 Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwands wertend verändert werden.

12.4 Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Nr. 13.3).

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1 Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle.

Sind beide Eltern leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3.1), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

13.1.2 Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 640 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 270 €) ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2 Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1.100 €) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1.100 € mal (Rest-)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 2.200 (= 1.100 + 1.100) €.

Haftungsanteil 1 = (N1 – 1.100) x R : (N1 + N2 – 2.200).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (770 €/900 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen. Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612b Abs. 5 BGB siehe Verrechnungstabelle Anhang 2.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden. Bei Aufnahme oder Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung ist das (Mehr)einkommen als Surrogat der Haushaltsführung und damit als prägend anzusehen.

15.2 Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Tabellenbetrag) bereinigt (vgl. auch Nr. 23.1).

15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4 Werden Altervorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf ist nur zu berücksichtigen, wenn die Abzugsmethode hinsichtlich nicht prägender Einkommensteile angewandt wird.

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus (1/7) zu vermindern ist.

17. Erwerbsobliegenheit

Sie richtet sich nach der Dauer der Ehe, Alter und Zahl der betreuungsbedürftigen Kinder (vgl. Nr. 17.1), auch der nicht gemeinschaftlichen. Die Maßstäbe sind beim Trennungsunterhalt tendenziell großzügiger, niemals aber strenger als beim nachehelichen Unterhalt.

17.1 Unzumutbar ist eine Erwerbstätigkeit wegen Betreuung gemeinschaftlicher Kinder (§ 1570 BGB) in der Regel bei:

-

einem Kind unter 8 Jahren (bis Ende des 2. Schuljahrs)

-

mehreren Kindern unter 14 Jahren.

Eine Obliegenheit zu Teilerwerbstätigkeit besteht in der Regel bei:

-

einem Kind zwischen 8 und unter 15 Jahren

-

mehreren Kindern zwischen 14 und unter18 Jahren.

Danach besteht in der Regel eine Obliegenheit zur Vollerwerbstätigkeit.

17.2 In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 €.

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§§ 1603 Abs. 1, 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2 Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt)

-

gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern

-

gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden,

beträgt beim nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770 €, beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 900 €. Hierin sind 360 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten.

21.3.1 Der angemessene Selbstbehalt beträgt in der Regel gegenüber anderen volljährigen Kindern 1.100 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.3.2 Gegenüber getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten und Anspruchsberechtigten nach § 1615l BGB beträgt der Selbstbehalt in der Regel 1.000 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.4 Der erhöhte angemessene Selbstbehalt gegenüber den Eltern beträgt mindestens monatlich 1.400 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechungsfrei bleibt. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 450 € enthalten.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

21.5.1 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

21.5.2 Wird konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung der in den einzelnen Selbstbehalten enthaltenen Wohnkosten dargelegt, erhöht sich der Selbstbehalt. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Ist bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Kinder der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 560 €, und wenn dieser erwerbstätig ist, 650 € angesetzt.

22.2 Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder und Enkel der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 800 € angesetzt.

22.3 Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1050 € angesetzt. Im Familienbedarf von 2.450 € (1.450 + 1.050 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 800 € enthalten.

23. Mangelfall

23.1 Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht. Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Tabellenbetrag, für den getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten seinem Restbedarf (Nr. 15, 16).

Die Mangelfallberechnung kann unterbleiben, wenn unter Berücksichtigung des Zahlbetrags nach Kindergeldverrechnung der notwendige Selbstbehalt gewahrt bleibt.

Der Vorwegabzug des Kindesunterhalts beim getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten kann unterbleiben, soweit sich daraus ein Missverhältnis zum wechselseitigen Bedarf der Beteiligten ergibt. Dieses Missverhältnis ist zu bejahen, wenn beim Ehegatten ein Bedarf bei Nichterwerbstätigen von 560 €, bei Erwerbstätigen von 650 € unterschritten ist. Dies wird regelmäßig zum Mangelfall führen.

23.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1 bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle,

23.2.2 bei getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten bei Nichterwerbstätigen auf 770 €, bei Erwerbstätigen auf 900 €,

23.2.3 bei mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten auf die Beträge gemäß Nr. 22.1 (560 €/650 €).

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

23.3 Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

23.4 Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b BGB.

23.5 Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

25. Ost-West-Fälle

Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbehaltssätzen.

Wegen der unterschiedlichen Selbstbehalte gegenüber minderjährigen Kindern und Ehegatten empfiehlt es sich, die Mangelfallberechnung mit dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten zu beginnen. Dadurch ergibt sich ein endgültiger Ehegattenunterhalt. Der Kindesunterhalt ist um die Differenz zwischen dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern und dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten verhältnismäßig entsprechend dem Unterhaltsbedarf der Kinder bis zum Regelbetrag zu erhöhen.

 

Beispiel:

Bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (M): 1.500 €. Unterhalt für zwei unterhaltsberechtigte Kinder im Alter von 4 Jahren (K1) und 8 Jahren (K2), die bei der ebenfalls unterhaltsberechtigten geschiedenen, nicht erwerbstätigen Ehefrau und Mutter (F) leben. F bezieht das Kindergeld.



Eigenbedarf des M gegenüber dem Ehegatten: 1.000 €,

Verteilungsmasse: 1.500 € – 1.000 € = 500 €,

Summe der Einsatzbeträge der Unterhaltsberechtigten:

273 € (K 1) + 331 € (K 2) + 770 € (F) = 1.374 €.



Unterhalt:

K 1:

273 x 500 : 1.374 =

99,35 €

K 2:

331 x 500 : 1.374 =

120,45 €

F:

770 x 500 : 1.374 =

280,20 €.

Aufstockung des Kindesunterhalts:



Rest 100 € (1.000 € – 900 €)

Bedarf K1 und K2 (273 € + 331 €) = 604 €

K1: 273 x 100 : 604 = 45,20 €

K2: 331 x 100 : 604 = 54,80 €



Geschuldeter Unterhalt:



für F:

280,20 €

für K 1:

144,55 €

für K 2:

175,25 €

Eine Korrektur dieser Beträge ist nicht veranlasst.

Kindergeld wird nicht angerechnet (§ 1612b Abs. 5 BGB).

Anhang

Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.2007)

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen (Anm. 3, 4)

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 3 BGB)

Vomhundertsatz der Regelbeträge

Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6)

0–5

6–11

12–17

ab 18

1.

 

bis

1300

202

245

288

389

100

770/900

2.

1300

1500

217

263

309

389

107

950

3.

1500

1700

231

280

329

389

114

1000

4.

1700

1900

245

297

349

401

121

1050

5.

1900

2100

259

314

369

424

128

1100

6.

2100

2300

273

331

389

447

135

1150

7.

2300

2500

287

348

409

471

142

1200

8.

2500

2800

303

368

432

497

150

1250

9.

2800

3200

324

392

461

530

160

1350

10.

3200

3600

344

417

490

563

170

1450

11.

3600

4000

364

441

519

596

180

1550

12.

4000

4400

384

466

548

629

190

1650

13.

4400

4800

404

490

576

662

200

1750

 

 

über

4800

nach den Umständen des Falles

2. Kindergeldverrechnungstabelle (Stand: 01.07.2007)

Kind

Gruppe der DT

1. Altersstufe

2. Altersstufe

3. Altersstufe

1. bis 3. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

6

= 196

245 –

0

= 245

288 –

0

= 288

ab 4. Kind

1 [bis 1.300]

202 –

18,50

= 183,50

245 –

3,50

=241,50

288 –

0

= 288

1. bis 3. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

21

= 196

263 –

9

= 254

309 –

0

= 309

ab 4. Kind

2 [1.300 – 1.500]

217 –

33,50

= 183,50

263 –

21,50

= 241,50

309 –

9,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

35

= 196

280 –

26

= 254

329 –

17

= 312

ab 4. Kind

3 [1.500 – 1.700]

231 –

47,50

= 183,50

280 –

38,50

= 241,50

329 –

29,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

49

= 196

297 –

43

= 254

349 –

37

= 312

ab 4. Kind

4 [1.700 – 1.900]

245 –

61,50

= 183,50

297 –

55,50

= 241,50

349 –

49,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

63

= 196

314 –

60

= 254

369 –

57

= 312

ab 4. Kind

5 [1.900 – 2.100]

259 –

75,50

= 183,50

314 –

72,50

= 241,50

369 –

69,50

= 299,50

1. bis 3. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

77

= 196

331 –

77

= 254

389 –

77

= 312

ab 4. Kind

6 [2.100 – 2.300]

273 –

89,50

= 183,50

331 –

89,50

= 241,50

389 –

89,50

= 299,50