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OLG Naumburg: Leitlinien

OLG Naumburg: Unterhaltsrechtliche Leitlinien (Stand: 01.07.2007)

Vorbemerkung

Im Hinblick auf die am 1. Juli 2007 in Kraft tretende Neufassung der Regelbetrag-Verordnung ist die Naumburger Unterhaltstabelle aktualisiert worden. Im Übrigen bleibt es vorerst, allenfalls bis zur geplanten Reform des Unterhaltsrechts, bei den bisherigen Unterhaltsleitlinien (Stand: 01.07.2005).

Naumburger Unterhaltstabelle ab 01.07.2007

(Anhang zu Nr. 11 Leitlininien)

Altersstufen in Jahren

1612a Abs. 3 BGB)

1. Altersstufe:

0–5

(Geburt bis 6. Geburtstag)

2. Altersstufe:

6–11

(6. bis 12. Geburtstag)

3. Altersstufe:

12–17

(12. bis 18. Geburtstag)

4. Altersstufe:

ab 18

(wenn im Elternhaushalt lebend)

Prozentsatz Ost der Regelbeträge

Prozentsatz West der Regelbeträge

Nettoeinkommen des Bartunterhaltspflichtigen

Alle Beträge in Euro

Gruppe

a)

 

bis

1.000

186

226

267

361

100

 

b)

1.000

1.150

194

236

278

361

 

 

 

 

ab

1.150

wie Düsseldorfer Tabelle (aber ohne Bedarfskontrollbetrag)

Gruppe

1

 

bis

1.300

202

245

288

389

 

100

2

1.300

1.500

217

263

309

389

 

107

3

1.500

1.700

231

280

329

389

 

114

4

1.700

1.900

245

297

349

401

 

121

5

1.900

2.100

259

314

369

424

 

128

6

2.100

2.300

273

331

389

447

 

135

7

2.300

2.500

287

348

409

471

 

142

8

2.500

2.800

303

368

432

497

 

150

9

2.800

3.200

324

392

461

530

 

160

10

3.200

3.600

344

417

490

563

 

170

11

3.600

4.000

364

441

519

596

 

180

12

4.000

4.400

384

466

548

629

 

190

13

4.400

4.800

404

490

576

662

 

200

 

über

 

4.800

nach den Umständen des Falles

Selbstbehaltssätze ab 01.07.2005:

Ziffer der Leitlinien

 

Betrag

10.2.3

Ausbildungsbedingter Mehrbedarf

85

13.1

Volljährige Kinder mit eigenem Hausstand

590

21.2

Notwendiger Selbstbehalt

 

 

Erwerbstätige Unterhaltsschuldner

820

 

Nicht erwerbstätige Unterhaltsschuldner

710

21.3.1

Volljährige Kinder

 

 

Erwerbstätige Unterhaltsschuldner

1.010

 

Nicht erwerbstätige Unterhaltsschuldner

900

21.3.2

Elternunterhalt

 

 

Erwerbstätige Unterhaltsschuldner

1.300

zzgl. 1/2 des darüber hinausgehenden bereinigten Einkommens

 

Nicht erwerbstätige Unterhaltsschuldner

1.190

21.4

Eheangemessener Selbstbehaltund Ansprüche nach § 1615l

 

 

Erwerbstätige Unterhaltsschuldner

915

 

Nicht erwerbstätige Unterhaltsschuldner

805

Die nach Ziff. 25 der Leitlinien geltenden West-Werte ergeben sich aus der Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.07.2005).

Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Oberlandesgerichts Naumburg (Stand: 01.07.2005)

Die Familiensenate des Oberlandesgerichts Naumburg verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall, um in praktisch bedeutsamen Unterhaltsfragen zu einer möglichst einheitlichen Rechtsanwendung zu gelangen. Die Angemessenheit des Ergebnisses bleibt in jedem Einzelfall zu überprüfen.

Die Leitlinien beruhen formell auf der bundeseinheitlichen Leitlinienstruktur und folgen inhaltlich im Wesentlichen, mit Abweichungen im Detail, den Süddeutschen Leitlinien. Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle – ohne Bedarfskontrollbetrag und vierte Altersstufe – und der Berliner Tabelle als Vortabelle ist als Anlage eingearbeitet. Die Anmerkungen zu den jeweiligen Tabellen werden durch die nachfolgenden Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es sich um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt handelt und ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit und Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht identisch mit dem Einkommen im steuerrechtlichen Sinne.

1. Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte inklusive Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie anderer Zulagen.

1.2 Unregelmäßiges Einkommen

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen, werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3 Überstunden

Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

Unabhängig davon sind sie stets zu berücksichtigen, soweit dies zur Deckung des Mindestunterhalts nach der niedrigsten Einkommensgruppe für minderjährige Kinder und privilegierte volljährige Kinder i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB erforderlich ist.

1.4 Spesen und Auslösungen

Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen.

Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5 Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit

Bei Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Auszugehen ist von den Einnahmen abzüglich notwendiger Ausgaben. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7 Steuererstattungen

Steuererstattungen sind in der Regel im Zahlungsjahr zu berücksichtigen und auf dieses umzulegen. Es besteht die Obliegenheit mögliche Steuervorteile in Anspruch zu nehmen.

1.8 Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder).

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld.

2.2 Arbeitslosenhilfe

Arbeitslosenhilfe ist beim Verpflichteten stets Einkommen und beim Berechtigten jedenfalls solange, bis dessen Unterhaltsansprüche nach Maßgabe des § 203 SGB III durch Anzeige der bewirkten Arbeitslosenhilfe gegenüber dem Unterhaltspflichtigen auf den Bund übergegangen sind.

2.3 Wohngeld

Wohngeld ist grundsätzlich Einkommen (vgl. Nr. 21.5.4), nur insoweit nicht, als es erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG

BAföG-Leistungen zählen zum Einkommen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden. Dies gilt nicht für Vorausleistungen nach den §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Erziehungsgeld

Erziehungsgeld ist nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG als Einkommen zu berücksichtigen.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld u.Ä.

Die Leistungen sind um einen Betrag für tatsächliche Mehraufwendungen zu kürzen: § 1610a BGB und die darauf verweisenden §§ 1578 und 1361 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz BGB sind insoweit zu beachten.

2.8 Pflegegeld

Einkommen ist der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden. Bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 Grundsicherungsgesetz

Beim Verwandtenunterhalt sind in der Regel Bezüge nach dem GSiG (BGBl I 2001, 1310, 1335) als Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu berücksichtigen (vgl. §§ 1 und 2 GSiG).

2.10 Sozialhilfe

Kein Einkommen wegen des Anspruchsübergangs nach § 91 BSHG ist die vom Unterhaltsberechtigten bezogene Sozialhilfe. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH, FamRZ 1999, 843 bzw. 2001, 619).

2.11 Unterhaltsvorschuss

Kein Einkommen sind Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein.

3. Kindergeld

Kindergeld zählt nicht zum Einkommen. Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen.

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst und erforderliche Instandhaltungskosten übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert (Nettokaltmiete). Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann statt dessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; dies gilt nicht im Falle der Haushaltsführung durch einen voll Erwerbstätigen.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen, es sei denn dies entspricht dem Willen des Dritten.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Einkommen können auch bei Arbeitslosigkeit des Unterhaltsverpflichteten aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit erzielbare Einkünfte sein (fiktives Einkommen).

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen

Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale oder liegt ein Mangelfall vor, so sind sie im Einzelnen darzulegen.

10.2.2 Fahrtkosten

Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs kann der nach den Sätzen des § 9 Abs. 3 Nr. 1 ZSEG anzuwendende Betrag (derzeit 0,27 h) pro gefahrenen Kilometer angesetzt werden. Damit sind i. d. R. Anschaffungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden.

10.2.3 Ausbildungsaufwand

Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechung in der Regel um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von 85 h zu kürzen.

10.3 Kinderbetreuung

Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Außerdem kann ein Kinderbetreuungsbonus angesetzt werden.

10.4 Schulden

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten abzuziehen.

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei der Prüfung der Leistungsfähigkeit oder Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

Kann der Unterhaltsgläubiger den Regelbetrag minderjähriger Kinder nicht decken, sind Schulden nur bis zur Höhe des pfändbaren Betrags nach § 850c Abs. 1 Satz 2 ZPO zu berücksichtigen.

10.5 Unterhaltsleistungen

Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen; Unterhaltsleistungen an nachrangige Berechtigte sind angemessen zu berücksichtigen.

10.6 Vermögensbildung

Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

II. Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach einer Unterhaltstabelle, d.h. für die Einkommensgruppen 1 bis 3 nach den Sätzen der – im Anhang abgedruckten und für die vorgeschalteten Einkommensgruppen a und b um die Berliner Tabelle als Vortabelle ergänzten – Düsseldorfer Tabelle (zum Selbstbehalt Nr. 21 und zum Mangelfall Nr. 23).

Bei minderjährigen Kindern kann der Barunterhalt als Festbetrag oder gem. § 1612a BGB als Vomhundertsatz des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung geltend gemacht werden.

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versicherungskosten zu bereinigen.

11.2 Eingruppierung

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind i.d.R. Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere oder höhere Einkommensgruppe vorzunehmen.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Der Betreuungsunterhalt i.S.d. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt. Deshalb wird ein Einkommen des Kindes bei beiden Eltern ggf. Nach Abzug eines ausbildungsbedingten Mehrbedarfs (vgl. 10.2.3) hälftig angerechnet.

12.2 Einkommen des Kindes

Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB). Im letzteren Fall kann jedoch nach der “Hausmann“-Rechtsprechung eine Haftung in Betracht kommen.

Der Verteilungsschlüssel kann ggf. unter Berücksichtigung des zusätzlichen Betreuungsaufwandes eines Elternteils wertend verändert werden.

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet – bei vergleichbarer wirtschaftlicher Lage ist insoweit hinsichtlich Bedarf und Bedürftigkeit des Kindes die Regelung für volljährige Auszubildende und Studenten entsprechend anzuwenden (Nr. 13) –, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (Nr. 13.3).

12.4 Zusatzbedarf

Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Nr. 13.3).

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

13.1.1 Volljährige Schüler

Volljährige Schüler, die noch im Haushalt eines Elternteils wohnen, erhalten den Tabellenbetrag der dritten Altersstufe bis zur Beendigung der allgemeinen Schulausbildung, längstens bis zum 21. Lebensjahr.

13.1.2 Volljährige Auszubildende / Studenten

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 550 h. Darin enthalten sind Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 250 h, jedoch keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung.

Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden. Wohnt der Auszubildende noch bei einem Elternteil ist von einem niedrigeren Betrag auszugehen.

Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3) ist der Bedarf des Kindes in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Anwendung von Nr. 11.2) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3.

13.2 Einkommen des Kindes

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Die anteilige Barunterhaltspflicht beider Elternteile bestimmt sich nach Maßgabe des § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, geht jedoch für den einzelnen Elternteil nicht über den Unterhaltsbetrag hinaus, der sich allein nach seinem Einkommen aus der Unterhaltstabelle ergibt.

Vor der Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB ist das Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1.000 h) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) ./. 1.000 h x (Rest-)Bedarf (R) : durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 2.000 (= 1.000 + 1.000) h.

Haftungsanteil 1 = (N1 ./. 1.000) x R : (N1 + N2 ./. 2.000).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (vgl. Nr. 21.2) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld ist nach Maßgabe des § 1612b BGB auszugleichen.

III. Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen

Bei der Bedarfsbemessung dürfen nur eheprägendes Einkommen und grundsätzlich nur eheprägende Schulden voll berücksichtigt werden. Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen als prägend (BGH, FamRZ 2001, 986).

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 90 % zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/10 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Unterhalt (Tabellenbetrag) bereinigt. Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3 entsprechend (BGH, FamRZ 2001, 350).

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf

Werden Altervorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung stehen, z.B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf

Trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden.

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Erwerbsobliegenheit bei Kindesbetreuung

Die Erwerbsobliegenheit des Ehegatten, der minderjährige Kinder betreut, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei ist insbesondere auf die Zahl der Kinder und deren Alter, auf etwaige Schulprobleme und andere Betreuungsmöglichkeiten abzustellen. Im Allgemeinen kann davon ausgegangen werden, dass eine Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, solange ein Kind noch die Grundschule besucht und dass danach jedenfalls eine Teilzeitbeschäftigung in Betracht kommt.

Geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte über das an sich zumutbare Maß hinaus einer Erwerbstätigkeit nach, so richtet sich die Anrechenbarkeit seines dadurch erzielten Einkommens auf den Unterhaltsanspruch nach § 1577 Abs. 2 BGB.

17.2 Erwerbsobliegenheit bei Trennungsunterhalt

In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

IV. Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615l BGB

Der Bedarf der Mutter oder des Vaters eines nichtehelichen Kindes richtet sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils (§§ 1615l Abs. 3 Satz 1, 1610 BGB).

19. Elternunterhalt

Für die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Eltern gilt ein erhöhter angemessener Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Kindes gem. § 1603 Abs. 1 BGB (vgl. Nr. 21.3.2)

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen nach den GSiG zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Für den Unterhalt bei Getrenntleben der Lebenspartner gilt § 4 LPartG und für den Unterhalt bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft § 16 LPartG.

V. Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

In dem jeweiligen Selbstbehalt sind unterschiedlich hohe Kosten für Unterkunft und Heizung enthalten (vgl. Nr. 21.5.2).

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Der notwendige Selbstbehalt gilt in allen Fällen als unterste Grenze.

Er beträgt

beim Nichterwerbstätigen 675 h im Osten und 730 h im Westen

beim Erwerbstätigen 775 h im Osten und 840 h im Westen.

Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt.

21.3 Angemessener Selbstbehalt

Im Übrigen gilt bei Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1 Volljährige Kinder, Enkel und Ansprüche aus § 1615l BGB

Der angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern, Enkeln und der Mutter oder dem Vater eines nichtehelichen Kindes beträgt 1.000 h. Er kann nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere bei Nichterwerbstätigkeit des Unterhaltsschuldners, herabgesetzt werden.

21.3.2 Elternunterhalt

Gegenüber Eltern beträgt der erhöhte angemessene Selbstbehalt mindestens 1.250 h, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt.

21.4 Eheangemessener Selbstbehalt

Gegenüber Ehegatten gilt grundsätzlich der eheangemessene Selbstbehalt. Er entspricht dem angemessenen Unterhaltsbedarf des Berechtigten (Nr. 15) zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des Unterhaltspflichtigen, darf aber den notwendigen Selbstbehalt nicht unterschreiten. Übersteigt der eheangemessene Selbstbehalt den notwendigen Selbstbehalt und reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, braucht der Geschiedene Unterhalt nur nach Billigkeit zu leisten (§ 1581 BGB). Eine Begrenzung auf den notwendigen Selbstbehalt kommt insbesondere bei Betreuung gemeinschaftlicher minderjähriger Kinder in Betracht.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

21.5.1 Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist.

21.5.2 Im notwendigen Selbstbehalt sind Kosten für Unterkunft und Heizung (Wohnkosten) in Höhe von 360 h, im angemessenen Unterhalt in Höhe von 440 h, im Familienbedarf bei Ansprüchen der Eltern gegen verheiratete Kinder in Höhe von 770 h enthalten. Der Selbstbehalt erhöht sich, wenn konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung dieser Wohnkosten dargelegt ist. Er ermäßigt sich, wenn die Wohnkosten geringer sind.

21.5.3 Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen, Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen.

21.5.4 Besteht für den verpflichteten Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).

22. Bedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1. Minderjährige und privilegierte Kinder

Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten bei Erwerbstätigkeit im Regelfall 565 h im Osten und 615 h im Westen oder, wenn der Ehegatte nicht erwerbstätig ist, 495 h im Osten und 535 h im Westen angesetzt.

22.2 Volljährige Kinder, Enkel, Ansprüche aus § 1615 Abs. 1

Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall als angemessener Selbstbehalt 750 h angesetzt.

22.3 Elternunterhalt

Ist das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten als erhöhter Selbstbehalt mindestens 950 h angesetzt.

Der Familienbedarf beläuft sich damit beim Elternunterhalt auf insgesamt 2.200 h (vgl. Nr. 21.3.2).

23. Mangelfall

23.1 Grundsatz

Reicht der Betrag, der zur Erfüllung mehrerer Unterhaltsansprüche unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Verpflichteten (Nr. 21) zur Verfügung steht (Nr. 1–10), nicht aus, um alle Ansprüche zu erfüllen, so findet, sofern nicht ein Unterhaltsanspruch nach Maßgabe der §§ 1609, 1582, 1615 Abs. 3 Satz 3 BGB vorgeht und ein anderer nur nachrangig Berücksichtigung findet, eine Mangelfallberechnung statt.

23.2 Einsatzbeträge

23.2.1 Minderjährige und privilegierte volljährige Kinder

Konkurrieren lediglich Unterhaltsansprüche mehrerer gleichberechtigter Kinder, so bemisst sich der Einsatzbetrag zur Verteilung des verfügbaren Einkommens des Unterhaltsverpflichteten nach dem Verhältnis der Regelbedarfssätze der Regelbetragverordnung, d.h. nach der niedrigsten Stufe der Tabelle.

Konkurrieren Ansprüche auf Kindesunterhalt mit gleichrangigen Unterhaltsansprüchen eines Ehegatten, ist jeweils als Existenzminimum für die Kinder ein Betrag in Höhe von 135 % des Regelbetrags nach der Regelbetragverordnung und für den unterhaltsberechtigten Ehegatten der notwendige Eigenbedarf (Nr. 21.2 und Nr. 22.1) als Einsatzbetrag in die Mangelfallberechnung einzustellen (BGH, FamRZ 2003, 363).

23.2.2 Getrennt lebender/geschiedener Ehegatte

Für den in einem eigenen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Ehegatten ist im Mangelfall der notwendige Eigenbedarf (Nr. 21.2) als Einsatzbetrag zu berücksichtigen.

23.2.3 Mit dem Pflichtigen zusammenlebender Ehegatte

Für den in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebenden Ehegatten ist im Mangelfall der seiner jeweiligen Lebenssituation entsprechende notwendige Eigenbedarf (Nr. 22.1) als Einsatzbetrag zu berücksichtigen.

23.3 Berechnung

Zwecks Feststellung eines Mangelfalls (Nr. 23.1) sind das verfügbare Einkommen des Verpflichteten als Verteilungsmasse (= unterhaltsrechtliches Einkommen abzüglich Selbstbehalt) und der Gesamtbetrag aller Unterhaltsansprüche gegenüberzustellen. Dabei bemisst sich der Unterhaltsanspruch der Kinder ohne Abzug von Kindergeld nach der jeweiligen Einkommensstufe der Unterhaltstabelle und ist für den unterhaltsberechtigten Ehegatten – soweit sich nicht ein Missverhältnis zu den für die Kinder festgestellten Beträgen ergibt, in welchem Fall der Vorwegabzug des Kindesunterhalts zu unterbleiben hat (BGH, FamRZ 1999, 367, 368 f.) – der Restbedarf nach Maßgabe der Nrn. 15 und 16 in Ansatz zu bringen.

Liegt demnach ein Mangelfall vor, so sind zunächst die im Mangelfall maßgeblichen Einsatzbeträge für die Unterhaltsberechtigten zu ermitteln (Nr. 23.2) und sodann, entsprechend dem Verhältnis der Verteilungsmasse zu der Gesamtheit der Einsatzbeträge, zu kürzen.

23.4 Kindergeldverrechnung

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b BGB.

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist stets auf volle Euro aufzurunden.

25. Ost-West-Fälle

In sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf nach dem Wohnort des Unterhaltsberechtigten, die Leistungsfähigkeit bzw. der Selbstbehalt nach dem – nur in Bezug auf den notwendigen Selbstbehalt noch maßgeblichen (vgl. Nr. 21.2 und Nr. 22.1) – Wohnort des Unterhaltspflichtigen.

26. Unterhaltsvereinbarungen

Unterhaltsvereinbarungen regeln im Zweifel lediglich den gesetzlichen Unterhalt.