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Ergänzungen des 7. Senats des Oberlandesgerichts Nürnberg zu den Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland

Stand 1. 7. 2003, (SüdL, 7. Sen. Nbg)

Der 7. Senat des Oberlandesgerichts Nürnberg wendet die unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL), Stand 1. 7. 2003, mit folgenden Ergänzungen an:

Kindesunterhalt

1.

Zu Nr. 11 SüdL (Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder)

 

Der Barunterhalt bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle unter Beachtung der Bedarfskontrollbeträge. Der so und unter Anwendung der Nr. 11.2 der SüdL ermittelte Unterhalt ist auch der für die Berechnung des Ehegattenunterhaltes maßgebliche „Tabellenbetrag” (vgl. Nr. 15.2 der SüdL).

2.

Zu Nr. 13.1.2 SüdL (Unterhalt volljähriger Kinder mit eigenem Hausstand)

 

Eine Abweichung von dem angesetzten Regelbetrag von 600 EURO nach oben kommt in Betracht, wenn der Regelbetrag unter Berücksichtigung der für die eigene Unterkunft anfallenden Kosten im Verhältnis zu dem Unterhalt unangemessen niedrig ist, der sich unter Zugrundlegung des Bemessungseinkommens gemäß Nr. 13.1.1 SüdL aus Stufe 4 der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

Ehegattenunterhalt

3.

Zu Nr. 15.2, 16 SüdL (Unterhaltsbedarf und Anspruch bei prägenden Erwerbseinkomen beider Ehegatten)

 

Der Bedarf des unterhaltsberechtigten Ehegatten errechnet sich aus 50 % der Summe der jeweils um den Erwerbstätigenbonus bereinigten Einkünfte beider Ehegatten zuzüglich des Erwerbstätigenbonus des unterhaltsberechtigten Ehegatten. Bei der Ermittlung des Anspruchs ist das prägende Einkommen des Unterhaltsberechtigten vor dem Abzug vom Bedarf nicht um den Erwerbstätigenbonus zu bereinigen.

 

Rechenbeispiel:

 

Einkünfte aus (um Erwerbsaufwand im Sinn der Nr. 10.2 SüdL bereinigten) Erwerbseinkommen Mann 1.800 EURO und Frau 900 EURO.

 

1.800 EURO (Einkommen Mann)

 

 

- 180 EURO (Erwerbstätigenbonus)

1.620 EURO

 

900 EURO (Einkommen F)

 

 

- 90 EURO (Erwerbstätigenbonus)

810 EURO

 

Summe

2.430 EURO

 

Halbteilung

1.215 EURO

 

Hinzufügung Erwerbstätigenbonus F

90 EURO

 

Unterhaltsbedarf F

1.305 EURO

 

Anrechnung Einkommen F

900 EURO

 

Unterhaltsanspruch F

405 EURO

 

Für den Abzug zusätzlicher, nicht prägender Erwerbseinkünfte des Unterhaltsberechtigten gilt Nr. 16 SüdL (Abzug Erwerbstätigenbonus von 1/10 vor Anrechnung).

4.

Zu Nr. 17.1 SüdL (Unterhalt wegen Betreuung von Kindern)

 

Der regelmäßige Beginn der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils mit dem Eintritt des jüngsten Kindes in die dritte Grundschulklasse gilt bei der Betreuung von ein oder zwei Kindern. Bei einer größeren Zahl zu betreuender Kinder kann die Erwerbsobliegenheit später einsetzen.

Selbstbehalte des Verpflichteten

5.

Zu Nr. 21.4 SüdL (Selbstbehalt des Verpflichteten gegenüber Ehegatten)

a)

Der eigene eheangemessene Selbstbehalt des unterhaltspflichtigen Ehegatten ist die erste Haftungsgrenze für den Ehegattenunterhalt. Liegt er höher als der notwendige oder billige Selbstbehalt (vgl. c), so hat er insbesondere die Funktion, dass der Verpflichtete über die Grenzen des eigenen eheangemessenen Selbstbehalts hinaus nur nach Billigkeit haftet (für den nachehelichen Unterhalt vgl. § 1581 BGB).

 

In der Höhe entspricht der eheangemessene Selbstbehalt des Verpflichteten,

 

wenn dieser allein prägende Einkünfte hat, dem Unterhalt des Berechtigten gemäß Nr. 15.2 der SüdL, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten,

 

wenn beide Ehegatten prägende Einkünfte haben, der Hälfte der Summe der – hinsichtlich der Erwerbseinkünfte beiderseits um den Erwerbstätigenbonus bereinigten – Einkommen, zuzüglich eines etwaigen Erwerbstätigenbonus des Verpflichteten (im Rechenbeispiel zu Nr. 3: 1.215 EURO + 180 EURO = 1.395 EURO).

 

Nr. 15.4 und 15.5 SüdL gelten entsprechend.

b)

Als unterste Haftungsgrenze gilt gegenüber dem getrennt lebenden Ehegatten grundsätzlich der notwendige Selbstbehalt gemäß Nr. 21.2 SüdL (840 EURO/730 EURO).

c)

Der geschiedene Ehegatte darf im Verhältnis zum anderen Ehegatten, von Ausnahmefällen (z. B. Unterhaltsberechtigter aus besonderen Gründen ähnlich hilflos und bedürftig wie ein minderjähriges Kind) abgesehen, nicht auf den notwendigen Unterhalt beschränkt werden (vgl. BGH, FamRZ 1990, 260, 265; 1997, 806, 808). Ihm ist im Regelfall ein 50 EURO bis 160 EURO über dem notwendigen Selbstbehalt liegender Betrag zu belassen.

 

Dieser „billige Selbstbehalt” stellt im Regelfall auch dann die unterste Haftungsgrenze für den geschiedenen Ehegatten dar, wenn dessen eheangemessener unter dem notwendigen Selbstbehalt und/oder dem billigen Selbstbehalt liegt (vgl. OLG Nürnberg, FamRZ 1996, 352).

6.

Zu Nr. 21.2 und 21.3.1 SüdL (in den Selbstbehalten enthaltene Kosten für Unterkunft)

a)

Unter Kosten für Unterkunft und Heizung sind der Mietzins, umlagefähige Nebenkosten und die Heizungskosten, nicht aber etwa darüber hinausgehende Kosten für Strom und Wasser zu verstehen.

b)

In den Beträgen von 360 EURO/440 EURO sind Anteile für den reinen Mietzins von 270 EURO/330 EURO enthalten.

c)

Der im billigen Selbstbehalt (vgl. Nr. 5 c) enthaltene Anteil für Kosten der Unterkunft und Heizung

 

– beträgt 440 EURO, wenn der billige dem angemessenen Selbstbehalt (1.000 EURO) entspricht,

 

– ist durch eine entsprechende Erhöhung des Betrages von 360 EURO (für den notwendigen Selbstbehalt von 840 EURO/730 EURO) zu bestimmen, wenn der billige unter dem angemessenen Selbstbehalt liegt.

 7.

Zu Nr. 22.1 und 22.2 SüdL (Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten).

 

Die angegebenen Mindestbeträge sind als Mindestbedarfssätze im Sinn der Entscheidung des BGH vom 22.1.2003 (FamRZ 2003, 363, 366, 367) anzusehen. Im übrigen ist der Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten nach den Grundsätzen der Entscheidung des BGH vom 22.1.2003 zu ermitteln.

Mangelfälle

8.

Zu Nr. 23 SüdL

 

Eine Mangelfallberechnung nach Nr. 23 SüdL kommt nur dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige sowohl den Kindern als auch dem Ehegatten bis zum notwendigen Selbstbehalt haftet. Andernfalls gilt Nr. 9.

 

Die in 23.1, vorletzter Satz, SüdL als Maßstab für das Vorliegen eines Missverhältnisses von Ehegatten- und Kindesunterhalt genannten Beträge von 535 Euro/615 Euro sind für den vom Unterhaltspflichtigen getrennt lebenden Ehegatten maßgeblich. Für den mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten ist insoweit auf Beträge von 396 Euro für den Nichterwerbstätigen und 456 Euro für den Erwerbstätigen abzustellen.

9.

Haftet der geschiedene unterhaltspflichtige Ehegatte dem anderen Ehegatten nur bis zur Grenze des billigen Selbstbehaltes (vgl. Nr. 5c), so ist grundsätzlich

 

– zunächst die nach Abzug des billigen Selbstbehalts verbleibende Verteilungsmasse auf alle gleichrangig Unterhaltsberechtigten anteilig im Verhältnis ihres jeweils mit eigenen Einkünften nicht gedeckten Bedarfs und

 

– anschließend die – allein für den Kindesunterhalt einzusetzende – Differenz zwischen dem billigen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt anteilig im Verhältnis der zunächst ermittelten Bedarfssätze auf die Kinder bis zur Grenze des diesen jeweils zustehenden Regelbedarfs zu verteilen.

 

Ob auf den so ermittelten Unterhalt der Kinder Kindergeld angerechnet wird, richtet sich nach § 1612 b I, V BGB.