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BGH - Entscheidung vom 01.07.2010

V ZR 34/10

Normen:
VermG § 30
GBBerG § 8 Abs. 1 S. 1
FGG-RG Art. 111 Abs. 1 S. 1
EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 2
EGBGB Art. 237 § 2
SachenR-DV § 13
ZPO § 544 Abs. 2 S. 3
ZPO a.F. § 545

BGH, Beschluss vom 01.07.2010 - Aktenzeichen V ZR 34/10

DRsp Nr. 2010/13387

Zulassung der Berufung in einem Verfahren über die Grundbuchberichtigung bzgl. der Eigentümerstellung an einem Gemeindewald

Im Rahmen eines Revisionszulassungsverfahrens kann ein Rechtsfehler, der darauf beruht, dass das Berufungsgericht die maßgeblichen Vorschriften des Bundesrechts aus dem Blick verloren hat, nur dann berücksichtigt werden, wenn diese Vorschriften in der Begründung der Beschwerde wenigstens ansatzweise angesprochen werden.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 7. Zivilsenats des Thüringer Oberlandesgerichts in Jena vom 27. Januar 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 206.559 €.

Normenkette:

VermG § 30; GBBerG § 8 Abs. 1 S. 1; FGG -RG Art. 111 Abs. 1 S. 1; EGBGB Art. 233 § 5 Abs. 2 ; EGBGB Art. 237 § 2 ; SachenR -DV § 13 ; ZPO § 544 Abs. 2 S. 3; ZPO a.F. § 545 ;

Gründe

I.

Die beklagte Gemeinde ist auf Grund eines Zuordnungsbescheids als Eigentümerin eines zuvor als Eigentum des Volkes gebuchten Gemeindewalds im Grundbuch eingetragen. Die klagende Waldgenossenschaft meint, das Grundbuch sei unrichtig. In Wirklichkeit stehe ihr das Eigentum an dem Wald, jedenfalls aber ein Nutzungsrecht daran, zu. Das ergebe sich aus einem Nachtrag zu einem Rezess aus dem Jahre 1865. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Rechte durch das Thüringer Gesetz von 1947 aufgehoben worden seien. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht der Grundbuchberichtigungsklage stattgegeben. Die Revision hat es nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt.

II.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

1.

Die Beschwerde hat nicht dargelegt, dass eine Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.

a)

Die von der Beschwerde dazu geltend gemachte Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor. Der Schriftsatz der Beklagten vom 30. Dezember 2009 gab keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Er enthielt kein entscheidungserhebliches neues Vorbringen. Mit der Auslegung des Rezesses und des Thüringer Gesetzes vom 29. Mai 1947 (ThürRegBl. I, 52) hatten sich die Parteien schon in erster Instanz befasst. Einen denkbaren, aber nicht gestellten Antrag der Klägerin nach § 30 VermG hat das Landgericht in dem angefochtenen Urteil behandelt. Auch der Umstand, dass der Wald als Volkseigentum gebucht war, war nicht neu. Das Landgericht hatte dem erwähnten Thüringer Gesetz die Zielsetzung entnommen, gerade solche Wälder in Volkseigentum zu überführen. Die Buchungsunterlage selbst hatte die Klägerin schon als Anlage 1 zur Klageschrift vorgelegt.

b)

Aus den Darlegungen der Beschwerde ergibt sich auch nicht, dass die Entscheidung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar und daher willkürlich falsch ist (Art. 3 Abs. 1 GG ).

aa)

Anders als die Beschwerde meint, leitet das Berufungsgericht das Eigentum der Klägerin nicht unmittelbar aus dem Nachtrag zu dem Rezess von 1865 ab, auf den sich die Klägerin stützt. Sie entnimmt diesem nur, dass die dort als Gerechtigkeitseigentümer bezeichneten Personen eine Eigentumsposition erlangt haben, eine Annahme, von der auch die Beschwerde selbst ausgeht. Das Berufungsgericht nimmt auch nicht an, wie die Beschwerde aber meint, dass das Eigentum der Klägerin durch die Satzung begründet worden sei. Es entnimmt dieser Satzung nur, dass die - nach seinen Feststellungen mit den Gerechtigkeitseigentümern identischen - Mitglieder der Klägerin dieser ihr Eigentum übertragen haben. Was daran willkürlich sein soll, erschließt sich nicht. Entsprechendes gilt für die Auslegung des Thüringer Gesetzes durch das Berufungsgericht, die im Übrigen nach dem gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG -RG noch maßgeblichen § 545 ZPO a.F. nicht revisibel ist.

bb)

An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass das Berufungsgericht die für Altrechtsfälle der vorliegenden Art maßgeblichen Vorschriften des Bundesrechts aus dem Blick verloren und den Fall falsch entschieden hat. Diesen Grund für die Zulassung der Revision hat die Beschwerde nicht, wie geboten, dargelegt.

(1)

Das Berufungsgericht hat übersehen, dass der Klägerin etwa entstandene dingliche Rechte an dem Wald nicht mehr übertragen werden konnten, weil sie nach den einschlägigen Vorschriften zur Bereinigung des Bodenrechts der neuen Bundesländer spätestens mit dem Ablauf des Jahres 2000 kraft Gesetzes untergegangen wären.

Der Wald ist vor dem 3. Oktober 1990 als Eigentum des Volkes gebucht worden. Er ist nach Art. 237 § 2 EGBGB mit dem Ablauf des 30. September 1998 Eigentum derjenigen Stelle geworden, der es nach den Vorschriften über die Zuordnung ehemaligen Volkseigentums zugefallen wäre. Etwas anderes käme nach dieser Vorschrift nur in Betracht, wenn die unmittelbar in dem Rezess angesprochenen Gerechtigkeitseigentümer oder ihre Rechtsnachfolger bis zu diesem Zeitpunkt die Eintragung eines Widerspruchs gegen die Richtigkeit des Grundbuchs erwirkt oder eine Klage gegen die Beklagte oder ihre Rechtsvorgängerin auf Berichtigung des Grundbuchs rechtshängig gemacht hätten. Die Klägerin und ihre Mitglieder haben erst Ende 2001 begonnen, sich außergerichtlich um die Sicherung ihres Eigentums zu bemühen. Das hilfsweise geltend gemachte Nutzungsrecht an dem Wald bestünde ebenfalls nicht mehr, weil es nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GBBerG erloschen wäre. Dazu hätte es nach dieser Vorschrift in Verbindung mit § 13 SachenR -DV und Art. 233 § 5 Abs. 2 EGBGB bis zum Ablauf des 31. Dezember 2000 in einer nach § 209 BGB a.F. zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise gegenüber der Beklagten geltend gemacht werden müssen, was nicht geschehen ist.

(2)

Dieser Rechtsfehler führt aber nicht zur Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Beschwerdeführer muss nämlich nach § 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO die Zulassungsgründe, auf die er die Beschwerde stützt, benennen und zu deren Voraussetzungen substantiiert vortragen (Senat, BGHZ 152, 182 , 185 m.w.N.). Deshalb hätte der aufgezeigte Rechtsfehler nur berücksichtigt werden können, wenn die dem Berufungsgericht aus dem Blick geratenen Vorschriften des Überleitungsrechts in der Begründung der Beschwerde wenigstens ansatzweise angesprochen worden wären (vgl. Senat, Beschl. v. 24. Mai 2007, V ZR 251/06, NJW-RR 2007, 1435 , 1436). Daran fehlt es. Die Beschwerde hat sich nur mit der Auslegung des durch die erwähnten Vorschriften sachlich überholten Thüringer Gesetzes vom 29. Mai 1947 und mit der Antragsfrist nach § 30a VermG befasst, auf die es hier nicht ankommt.

2.

Andere Zulassungsgründe macht die Beschwerde nicht geltend.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO .

Vorinstanz: OLG Jena, vom 27.01.2010 - Vorinstanzaktenzeichen 7 U 504/09
Vorinstanz: LG Mühlhausen, vom 19.05.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 542/03