Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate des OLG Celle
Stand 01.01.2024 |
Die von den Familiensenaten zusammengestellten Leitlinien dienen dem Ziel, die Rechtsprechung der Senate möglichst weitgehend zu vereinheitlichen. Sie werden der Entwicklung des Unterhaltsrechts angepasst und lassen bewusst Raum für weitere Überlegungen und Konkretisierungen. Eine bindende Wirkung kommt ihnen nicht zu.
Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.
Unterhaltsrechtliches Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.
Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen |
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2. Sozialleistungen
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3. Kindergeld Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet (vgl. Nr. 14). |
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4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Überlassung eines Firmenwagens auch zur privaten Nutzung, Zuschüsse im Rahmen der car allowance (BGH, FamRZ 2021, 186) oder freie Kost und Logis sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. In der Regel wird die Überlassung eines Firmenwagens zur privaten Nutzung durch die steuerliche Bewertung mit 1 % des Listenpreises des Fahrzeugs zuzüglich 0,03 % für jeden Kilometer für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zutreffend im Gesamtbruttoeinkommen erfasst, so dass der Sachbezug ausreichend durch die damit verbundene Erhöhung des Nettoeinkommens berücksichtigt ist. |
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5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, notwendige Instandhaltungskosten (BGH, FamRZ 2000, 351; 2017, 519) und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. In diesem Rahmen sind die über den Zinsanteil hinausgehenden Tilgungsleistungen bis zur Höhe des Wohnwerts anzurechnen (BGH, FamRZ 2017, 519; 2018, 1506; 2022, 781). Auszugehen ist von der erzielbaren Miete (objektiver oder voller Wohnwert). Wenn es nicht möglich oder zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver oder angemessener Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder bis zum endgültigen Scheitern der Ehe, etwa bei Zustellung des Scheidungsantrags, in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt (BGH, FamRZ 2008, 963). Die kostenfreie Zurverfügungstellung von Wohnraum wird vorrangig im unterhaltsrechtlichen Verhältnis zwischen den Eltern ausgeglichen (BGH, FamRZ 2022, 1366). |
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6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so kann hierfür ein Einkommen angesetzt werden (BGH, FamRZ 2001, 1693; 2004, 1170). |
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7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben (BGH, FamRZ 2005, 1154; 2014, 1987; 2017, 711). |
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8. Freiwillige Zuwendungen Dritter Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. Soweit jedoch einzelne gleichrangige Kinder mit einer Nichtgeltendmachung oder einer Titulierung ihres Unterhalts in geringerer Höhe – vergleichbar mit freiwilligen Leistungen Dritter – die Zweckrichtung verfolgen, allein dem Unterhaltspflichtigen weitere Einkünfte zu belassen, findet dieses am Anspruch auf Mindestunterhalt weiterer minderjähriger Kinder seine Grenze (BGH, FamRZ 2019, 1415). |
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9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein (BGH, FamRZ 2014, 637; 2014, 1992; 2017, 109). |
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10. Bereinigung des Einkommens
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Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhaltsbedarf minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (vgl. Anhang I). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB geltend gemacht werden.
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12. Minderjährige Kinder
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13. Volljährige Kinder
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14. Verrechnung des Kindergeldes Das Kindergeld wird gem. § 1612b BGB zur Deckung des Barbedarfs verwendet, bei minderjährigen Kindern, die von einem Elternteil betreut werden, zur Hälfte, ansonsten in voller Höhe. |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
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16. Bedürftigkeit Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Erwerbseinkommen um einen Erwerbstätigenbonus vermindert werden kann. Auf einen konkret festgestellten Bedarf – bei guten Einkommensverhältnissen sowie einer eheunabhängigen Lebensstellung – ist eigenes Einkommen ohne Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus bedarfsmindernd anzurechnen (BGH, FamRZ 2012, 192). |
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17. Erwerbsobliegenheit
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Weitere Unterhaltsansprüche
Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er ist auch dann nicht nach dem Einkommen des Pflichtigen zu bemessen, wenn dieser mit dem betreuenden Elternteil zusammengelebt hat (BGH, FamRZ 2008, 1739; 2010, 357). Der Bedarf, der sich auch aus einem Unterhaltsanspruch gegen einen früheren Ehegatten ergeben kann, darf das Existenzminimum für nicht Erwerbstätige (Nr. 21.2) nicht unterschreiten (BGH, FamRZ 2010, 357; 2010, 444). Zur Frage der Berücksichtigung eigener Einkünfte, zu Abzügen und zur Erwerbsobliegenheit gelten die Ausführungen für den Ehegatten entsprechend. |
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19. Elternunterhalt
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20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. |
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt
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22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten |
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23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten
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24. Mangelfall
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Sonstiges
25. Rundung Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro zu runden (beim Kindesunterhalt: § 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB). |
Anhang
I. Düsseldorfer Tabelle (Stand ab 01.01.2024)
Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen |
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Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB)
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Prozentsatz |
Bedarfskontrollbetrag |
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0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
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1. |
bis 2.100 |
480 |
551 |
645 |
689 |
100 |
1.200/1.450 |
2. |
2.101–2.500 |
504 |
579 |
678 |
724 |
105 |
1.750 |
3. |
2.501–2.900 |
528 |
607 |
710 |
758 |
110 |
1.850 |
4. |
2.901–3.300 |
552 |
634 |
742 |
793 |
115 |
1.950 |
5. |
3.301–3.700 |
576 |
662 |
774 |
827 |
120 |
2.050 |
6. |
3.701–4.100 |
615 |
706 |
826 |
882 |
128 |
2.150 |
7. |
4.101–4.500 |
653 |
750 |
878 |
938 |
136 |
2.250 |
8. |
4.501–4.900 |
692 |
794 |
929 |
993 |
144 |
2.350 |
9. |
4.901–5.300 |
730 |
838 |
981 |
1.048 |
152 |
2.450 |
10. |
5.301–5.700 |
768 |
882 |
1.032 |
1.103 |
160 |
2.550 |
11. |
5.701–6.400 |
807 |
926 |
1.084 |
1.158 |
168 |
2.850 |
12. |
6.401–7.200 |
845 |
970 |
1.136 |
1.213 |
176 |
3.250 |
13. |
7.201–8.200 |
884 |
1.014 |
1.187 |
1.268 |
184 |
3.750 |
14. |
8.201–9.700 |
922 |
1.058 |
1.239 |
1.323 |
192 |
4.350 |
15. |
9.701–11.200 |
960 |
1.102 |
1.290 |
1.378 |
200 |
5.050 |
II. Tabelle Zahlbeträge (Stand ab 01.01.2024)
Die folgende Tabelle enthält die sich nach Abzug des Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Seit dem 01.01.2023 beträgt das Kindergeld einheitlich für alle Kinder 250 €.
II. Umrechnung dynamischer Titel und Mangelfall
Wegen der Umrechnung dynamischer Titel über Kindesunterhalt in Mindestunterhalt (§ 36 Nr. 3 Buchst. a)–d) EGZPO) und der Rechenbeispiele zum Mangelfall wird auf die Anmerkungen zu C. und E. der Düsseldorfer Tabelle Stand 01.01.2017 verwiesen.
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