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BSG - Entscheidung vom 29.05.2019

B 8 SO 24/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 29.05.2019 - Aktenzeichen B 8 SO 24/19 B

DRsp Nr. 2019/9415

Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB XII eines Sonderrechtsnachfolgers Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Geklärte Voraussetzungen für die Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.2. Die Voraussetzungen für die Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen sind in der Rechtsprechung des BSG ausreichend geklärt und damit nicht mehr grundsätzlich klärungsbedürftig.

Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 9. Januar 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, werden abgelehnt.

Die Beschwerden der Kläger gegen das bezeichnete Urteil werden als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Die Kläger machen Ansprüche ihrer verstorbenen Mutter auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ) als Sonderrechtsnachfolger geltend.

Die Kläger sind die Söhne der im Oktober 2011 verstorbenen N. (N), die bis zu ihrem Tod von der Beklagten Leistungen nach dem SGB XII erhielt. N lebte mit den Klägern in einer gemeinsamen Wohnung. Nach dem Tod von N legten die Kläger bei der Beklagten Betriebskostennachforderungen ihres Vermieters (vom 20.12.2010 für das Jahr 2009 und vom 19.12.2011 für das Jahr 2010) vor und gaben an, diese erst im April 2012 erhalten zu haben. Die Anträge auf Übernahme der Kosten lehnte die Beklagte ab (Bescheide vom 23.5.2012; Widerspruchsbescheide vom 29.1.2013). Die Klagen, die das Sozialgericht ( SG ) Frankfurt am Main verbunden hat, haben keinen Erfolg gehabt (Urteil des SG vom 14.8.2015; Urteil des Hessischen Landessozialgerichts [LSG] vom 9.1.2019).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil haben die Kläger Beschwerden eingelegt und beantragen, ihnen zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen.

II

Die Anträge auf Bewilligung von PKH sind nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] iVm § 114 Zivilprozessordnung [ZPO]). An einer erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG ) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen.

Der Rechtssache kommt nach Aktenlage und unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ); denn sie wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Voraussetzungen für die Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen sind in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( BSG ) ausreichend geklärt. Die weitere Frage, ob der in der Berufungsinstanz gestellte Feststellungsantrag zulässig war, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen ebenso wenig.

Schließlich ist auch ein Verfahrensmangel nicht ersichtlich. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Es ist nicht erkennbar, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter einen solchen Mangel mit Erfolg geltend machen könnte. Da sich die Zulassung der Revision gegen eine Entscheidung des LSG richtet (§ 160 SGG ), kommen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nur Mängel des Verfahrens vor dem LSG und nicht vor dem SG in Betracht, es sei denn, dass der Verfahrensmangel fortwirkt und damit zugleich einen Mangel des Verfahrens vor dem LSG bildet (vgl nur BSG Beschluss vom 19.1.2011 - B 13 R 211/10 B - RdNr 15 mwN). Insbesondere die von den Klägern gerügte Behandlung der verschiedenen Gesuche wegen der Besorgnis der Befangenheit des Kammervorsitzenden am SG führt nicht zu einem solchen Mangel. Ob das LSG die Klagen zutreffend (wegen Versäumung der Klagefrist) als unzulässig angesehen hat und ob es die Kläger auf diese Rechtsfolge vor seiner Entscheidung ausreichend hingewiesen hat und insofern rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 Grundgesetz [GG]; § 62 SGG ) gewährt hat, kann offenbleiben. Aus den vom LSG ausgeführten Gründen sind die Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen jedenfalls unbegründet, sodass ein Erfolg in der Sache ausgeschlossen ist und die Entscheidung nicht auf einem solchen Verfahrensfehler beruht. Auch die Feststellungsklage ist - ungeachtet der Zulässigkeit der Klageänderung im Berufungsverfahren - aus den vom LSG aufgeführten Gründen jedenfalls unzulässig. Ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör ist auch wegen der Behandlung des Antrags, den Termin zur mündlichen Verhandlung zu verlegen, deshalb nicht erkennbar, weil die Kläger beide an der mündlichen Verhandlung vor dem LSG teilgenommen haben. Die vom LSG ausgesprochene Kostenfolge ist zwar unzutreffend; allein wegen der Kostenentscheidung kann die Revision aber nicht zugelassen werden (vgl § 144 Abs 4 iVm § 165 SGG ; dazu BSG SozR 1500 § 160 Nr 54).

Da den Klägern keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO nicht in Betracht.

Die von den Klägern selbst eingelegten Beschwerden entsprechen nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Sie können beim BSG wirksam nur durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden (§ 73 Abs 4 SGG ). Darauf sind die Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils hingewiesen worden. Die Entscheidung erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG . Da die Kläger behaupten, dass ein fälliger Anspruch auf Geldleistungen von N, mit der sie bis zu ihrem Tod in einem Haushalt gelebt haben, auf sie übergegangen sei, gehören sie zu dem in § 183 Satz 3 SGG genannten Personenkreis.

Vorinstanz: LSG Hessen, vom 09.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 SO 263/15
Vorinstanz: SG Frankfurt/Main, vom 14.08.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 30 SO 49/13