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BGH - Entscheidung vom 08.06.2010

XI ZR 41/09

Normen:
BGB § 242 Ca, Cc
UNÜ Art. II Abs. 2
BGB § 242
BGB § 826
BGB § 830
ZPO a.F. § 577 Abs. 3 österr.
ZPO § 1032 Abs. 1

Fundstellen:
WM 2010, 2032
ZIP 2010, 2512

BGH, Urteil vom 08.06.2010 - Aktenzeichen XI ZR 41/09

DRsp Nr. 2010/18305

Widersprüchliches Verhalten bei Berufung auf eine Formnichtigkeit einer Schiedsabrede bei bewusst unterlassener Unterzeichnung eines entsprechenden Vertragsformulars durch einen ausländischen Broker

Gestaltet ein ausländischer Broker seine Vertragsformulare so, dass seine Unterzeichnung der dort aufgeführten Schiedsabrede nicht vorgesehen ist, kann seinem Vertragspartner, der das Formular zwar selbst unterschrieben hat, sich aber auf die Formnichtigkeit der Schiedsabrede beruft, kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden.

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. Januar 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

UNÜ Art. II Abs. 2; BGB § 242 ; BGB § 826 ; BGB § 830 ; ZPO a.F. § 577 Abs. 3 österr.; ZPO § 1032 Abs. 1 ;

Tatbestand

Der Kläger, ein österreichischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Österreich, verlangt von der Beklagten, einem Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat New Jersey, Schadensersatz für Verluste aus Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen.

Die der New Yorker Börsenaufsicht unterliegende Beklagte arbeitet weltweit mit Vermittlern zusammen, denen sie über eine Online-Plattform den Zugang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften an Börsen in den USA ermöglicht, den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten. Die Vermittler können die Kauf- und Verkaufsorders ihrer Kunden sowie ihre eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System der Beklagten eingeben, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.

Einer dieser Vermittler war im streitgegenständlichen Zeitraum die B. L. S. GmbH (im Folgenden: BLS) mit Sitz in D. , die über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbstständige Finanzdienstleisterin verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und BLS lag ein am 14. Januar 1997 geschlossenes Verrechnungsabkommen ("Fully disclosed clearing agreement") zugrunde. Vor dessen Zustandekommen hatte die Beklagte geprüft, ob BLS über eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügte und ob gegen sie aufsichtsrechtliche Verfahren in Deutschland anhängig waren. Nach Ziffern 2.0 und 12.1 des Verrechnungsabkommens ist die Beklagte unter anderem verpflichtet, für die von BLS geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und hierüber die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. In Ziffer 6 des Abkommens werden BLS umfassend alle aufsichts- und privatrechtlichen Pflichten zur Information der Kunden übertragen. Dort heißt es unter anderem:

"6.1. ... P. ist nicht verpflichtet, Erkundigungen bezüglich der Tatsachen anzustellen, die mit einer von P. für den Korrespondenten [BLS] oder für einen Kunden des Korrespondenten vorgenommenen Ausführung oder Verrechnung verbunden sind. ...

6.3. ... Der Korrespondent ... sagt weiterhin die Einhaltung ... sonstiger Gesetze, Verordnungen oder Bestimmungen zu, die maßgeblich für die Art und Weise und die Umstände sind, die für Konteneinrichtungen oder die Genehmigung von Transaktionen gelten."

Nach Ziffer 17.1.4 des Verrechnungsabkommens sollte allein BLS verantwortlich sein für jede fahrlässige, unlautere, betrügerische oder kriminelle Handlung oder Unterlassung seitens eines ihrer Mitarbeiter oder Agenten. Nach Ziffer 18.4 des Verrechnungsabkommens sollte die Beklagte den Kunden die von BLS angewiesenen Provisionen auf deren Konten belasten und von diesen Beträgen ihre eigene Vergütung abziehen.

Der Kläger schloss im Jahr 2001 nach vorausgegangener telefonischer Werbung mit der - später unter B. & K. GmbH firmierenden - B. GmbH (im Folgenden: B.), die mit der BLS in vertraglicher Verbindung stand, einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Besorgung und Vermittlung von Termingeschäften. Darin verpflichtete sich B. unter anderem zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos bei der Beklagten. Unter der mit "Vergütung" überschriebenen Ziffer 4 dieses Vertrages heißt es unter anderem wie folgt:

"Für den Kunden entstehen die folgenden Transaktionskosten:

Bei Aktienoptionen wird pro Optionskontrakt eine Kommission bis zu USD 125,-- pro Markthandlung, also für Ein- und Ausstieg erhoben. Der Minimum-Auftrag beträgt pro Markthandlung 5 Optionen. Von der Kommission erhält die B. GmbH bis zu USD 101,--pro Option und USD 24,-- verbleiben bei dem kontoführenden Institut.

Die B. GmbH erhebt auf eingehende Beträge eine Managementgebühr von 10 %.

Zusätzlich belasten noch transaktionsabhängige Gebühren von Börsen- und Aufsichtsinstitutionen, die der Kunde in Betracht ziehen muss.

Ein Geschäft kann dabei mehrere Kontrakte umfassen.

Die konkreten Kosten für das von Ihnen beabsichtigte Geschäft werden Ihnen gerne auf Anfrage bekanntgegeben.

Ein Geschäft umfasst mehrere Kontrakte (mindestens fünf), für die Kontraktprovisionen und/oder Gebühren jeweils nach Anzahl der Kontrakte anfallen. ..."

Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages legte B. dem Kläger ein englischsprachiges Vertragsformular der Beklagten ("Option Agreement and Approval Form") vor, das in Ziffer 15 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält und das der Kläger am 27. September 2001 unterzeichnete.

Im Anschluss daran eröffnete die Beklagte für den Kläger ein Transaktionskonto, auf das der Kläger bis zum 25. Februar 2002 insgesamt 427.660 € einzahlte. Die Beklagte übersandte in der Folgezeit turnusmäßig an den Kläger Kontoauszüge, denen sie jeweils ein Merkblatt ("Terms and Conditions") beifügte, das eine vom Vertragsformular abweichende Schiedsklausel mit dem Hinweis der Maßgeblichkeit New Yorker Rechts enthielt. Die im Zeitraum von Ende September 2001 bis Anfang Februar 2005 durchgeführten zahlreichen Terminoptionsgeschäfte des Klägers führten überwiegend und auch in der Summe zu Verlusten. Bei Beendigung der Geschäftsbeziehung Ende August 2005 erhielt der Kläger insgesamt 797,84 € zurück. Den Differenzbetrag von 426.862,16 € zum eingezahlten Kapital zuzüglich Zinsen sowie außergerichtliche Kosten in Höhe von 2.475,20 € macht er mit der Klage geltend, wobei er sein Zahlungsbegehren auf Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Beteiligung der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch B. zusammen mit BLS stützt. Die Beklagte ist dem in der Sache entgegen getreten und hat zudem die fehlende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt sowie unter Berufung auf die Schiedsklausel die Unzulässigkeit der Klage geltend gemacht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und der Beklagten in Anwendung deutschen Rechts wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht (§ 280 Abs. 1 BGB ) die im Wege der Hilfswiderklage geltend gemachten vorprozessualen Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 4.160 € nebst Zinsen zugesprochen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben.

Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren und die Abweisung der Hilfswiderklage weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus § 32 ZPO , weil sich nach dem Klagevorbringen eine bedingt vorsätzliche Beteiligung der Beklagten an einer sittenwidrigen Schädigung (§ 826 BGB ) des Klägers durch die im Inland tätig gewordene B. ergebe. Die Beklagte habe zumindest billigend in Kauf genommen, dass B. den Kläger ohne die erforderliche Aufklärung zur Durchführung hochriskanter Optionsgeschäfte veranlasst habe. Diese Tathandlungen müsse die Beklagte sich zurechnen lassen. Die Einrede der Schiedsvereinbarung greife nicht durch. Die in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel sei nicht wirksam; sie erfülle weder die Formerfordernisse des Art. II Abs. 2 UNÜ noch genüge sie im Hinblick auf die Verbrauchereigenschaft des Klägers der Form des § 577 Abs. 3 der österreichischen Zivilprozessordnung (österr. ZPO ) aF bzw. § 1031 Abs. 5 ZPO .

Die Klage sei indes unbegründet, weil in Anwendung des über Art. 41 EGBGB maßgeblichen deutschen Deliktsrechts der Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung, der gegebenenfalls nicht verjährt wäre, nicht habe. Der Kläger habe gegen die Beklagte insbesondere keinen Schadensersatzanspruch wegen einer gemeinschaftlich begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 826 , 830 BGB ). Zwar spreche einiges für eine sittenwidrige Schädigung des aufklärungsbedürftigen Klägers durch B. wegen unterlassener Risikoaufklärung. Auch habe die Beklagte objektiv einen Tatbeitrag geleistet, indem sie für den Kläger ein Transaktionskonto geführt, B. bzw. BLS den Zugang zur New Yorker Börse eröffnet und über ihr Online-System die Transaktionen ausgeführt habe. Es sei indes nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte Kenntnis von einer unterlassenen bzw. unzureichenden Risikoaufklärung des Klägers durch B. bzw. BLS gehabt habe. Die Beklagte habe sich darauf verlassen dürfen, dass ein von den zuständigen Behörden genehmigtes und überwachtes Finanzdienstleistungsinstitut keine Schädigung seiner Anleger verursache. Auch seien der Beklagten nach ihrem nicht widerlegten Vorbringen die Vereinbarungen zwischen dem Kläger und B. bzw. B. und BLS nicht bekannt gewesen. Ferner hätten der Beklagten keine konkreten Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten der BLS bzw. B. vorgelegen. Das von ihr zur Verfügung gestellte Online-System arbeite vollautomatisch. Die Forderung nach einer Überprüfung der Aufklärungspraxis von Vermittlern durch die Beklagte beinhalte einen Wertungswiderspruch; dies würde bei gestaffelter Einschaltung von Finanzdienstleistungsunternehmen entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Senat BGHZ 147, 343, 353) und der mit § 31e WpHG getroffenen Entscheidung des Gesetzgebers ein zur Kundenaufklärung nicht verpflichtetes kundenferneres Finanzdienstleistungsunternehmen im Ergebnis so stellen, als habe es selbst eine ihm obliegende Kundenbelehrung unterlassen.

II.

A.

Entgegen der Rüge der Revisionserwiderung ist der erkennende Senat zuständig, den vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden. Zwar liegt die primäre Zuständigkeit für die hier streitigen Ansprüche aus unerlaubter Handlung beim VI. Zivilsenat (Geschäftsverteilungsplan 2009 A. I. VI. Zivilsenat 1.). Diese Zuständigkeit ist jedoch nicht maßgeblich, wenn für den in der Revisionsinstanz noch streitigen Teil eines Rechtsstreits überwiegend Fragen aus einem Rechtsgebiet in Betracht kommen, für das ein anderer Senat zuständig ist (Geschäftsverteilungsplan 2009 A. VI. 2. a)). Das ist hier das Börsenrecht, für das der XI. Zivilsenat zuständig ist (Geschäftsverteilungsplan 2009 A. I. XI. Zivilsenat 1. c)). Aus diesem Grund hat der VI. Zivilsenat zahlreiche Parallelverfahren, die bei ihm eingegangen waren, an den XI. Zivilsenat abgegeben, nachdem die Beklagte, die offensichtlich ebenfalls von der Zuständigkeit des XI. Zivilsenats überzeugt war, ausdrücklich darum gebeten hatte.

B.

Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen kann mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung die vorsätzliche Teilnahme der Beklagten an einer durch B. gegenüber dem Kläger begangenen vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht verneint werden.

1.

Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen.

a)

Das Berufungsgericht hat zutreffend die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende (vgl. BGHZ 182, 24 , Tz. 9; Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 17, zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen; BGH, Urteil vom 23. März 2010 - VI ZR 57/09, WM 2010, 928, Tz. 8, jeweils mwN) - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage bejaht. Nach dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vorbringen des Klägers ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß der hier anwendbaren Regelung des § 32 ZPO gegeben, weil der Haupttäter, dem die Beklagte Beihilfe geleistet haben soll, in Deutschland gehandelt hat (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 18 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b)

Der Geltendmachung eines Anspruchs wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung steht die durch die Beklagte erhobene und auf die Schiedsklausel in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen gestützte Einrede des Schiedsvertrages nicht entgegen. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist diese Schiedsklausel formungültig.

aa)

Die Schiedsklausel erfüllt nicht die in Art. II des New Yorker Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (BGBl. 1961 II S. 121; im Folgenden: UNÜ) vorgeschriebene Form, die auch in der - hier gegebenen - Einredesituation des § 1032 Abs. 1 ZPO gewahrt sein muss, wenn die Schiedsabrede - wie hier - zu einem ausländischen Schiedsspruch im Sinne von Art. I Abs. 1 UNÜ führen kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. Juni 1987 - II ZR 124/86, WM 1987, 1153 , 1155; Senatsbeschluss vom 21. September 1993 - XI ZR 52/92, WM 1993, 2121, 2122, jeweils mwN).

(1)

Art. II Abs. 1 UNÜ fordert eine schriftliche Vereinbarung. Darunter ist nach Art. II Abs. 2 UNÜ eine Schiedsklausel in einem Vertrag oder eine Schiedsabrede zu verstehen, sofern der Vertrag oder die Schiedsabrede von den Parteien unterzeichnet oder in Briefen oder Telegrammen enthalten ist, die sie gewechselt haben. Beides ist hier nicht der Fall.

(2)

Die erste Schriftformalternative ist nicht erfüllt, weil der Kontoführungsvertrag, auf dessen Rückseite unter anderem die Schiedsklausel der Beklagten abgedruckt ist, nur von dem Kläger unterzeichnet worden ist und damit nicht das beiderseitige (sog. volle) Schriftformerfordernis wahrt (vgl. dazu Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6678; Zöller/Geimer, ZPO , 28. Aufl., § 1031 Rn. 22 f., jeweils mwN). Auch ein Schriftwechsel im Sinne des Art. II Abs. 2 Alt. 2 UNÜ liegt nicht vor. Ein solcher lässt sich nicht aus der nach Vertragsschluss erfolgten Übersendung des den Kontoauszügen jeweils beigefügten Merkblatts mit der darin befindlichen Schiedsklausel herleiten. Abgesehen davon, dass die Beklagte sich auf diese inhaltlich von Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen abweichende Schiedsklausel nicht berufen hat, befand sie sich nur in dem Merkblatt, das die Beklagte dem Kläger übersandte, mithin nicht in gewechselten Schriftstücken (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201 , 2202).

bb)

Der Kläger verhält sich nicht widersprüchlich, indem er sich auf die Formungültigkeit der Schiedsklausel beruft. Dabei kann dahinstehen, ob das Verbot widersprüchlichen Verhaltens dem UNÜ inhärent ist und es danach einer Partei, die eine Schiedsvereinbarung unterschrieben hat, verwehrt sein kann, unter Hinweis darauf, dass der die Schiedseinrede erhebende Vertragspartner sie selbst nicht unterschrieben hat, die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung geltend zu machen (vgl. Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6698, mwN). Denn dem Kläger kann schon deswegen kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden, weil die Beklagte sich ihrerseits widersprüchlich verhalten hat. Sie hat nicht nur von vornherein im Vertragsformular ein Unterschriftenfeld und damit eine Unterschrift für sich selbst nicht vorgesehen, sondern zusammen mit den Kontoauszügen das Merkblatt "Terms and Conditions" mit einer Schiedsklausel übersandt, die mit der in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen inhaltlich nicht übereinstimmt.

cc)

Schließlich genügt die Schiedsklausel auch nicht den Formvorschriften des nationalen Rechts, dessen Anwendung über den Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII UNÜ) eröffnet ist.

(1)

Dabei kann dahin stehen, ob der Meistbegünstigungsgrundsatz so verstanden werden könnte, dass er - unter Durchbrechung einer Rückverweisung nationalen Rechts auf das UNÜ - unmittelbar auf im Vergleich zu Art. II UNÜ zurückhaltendere nationale Formvorschriften der lex fori verweist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201 , 2203, mwN). Denn die Formalien des danach gegebenenfalls berufenen § 1031 Abs. 5 ZPO , der im Hinblick auf die im Anschluss an das Landgericht durch das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellte Verbrauchereigenschaft des Klägers Anwendung findet, sind vorliegend nicht erfüllt, da insoweit keine geringeren Anforderungen gelten als nach Art. II UNÜ (vgl. Zöller/Geimer, aaO, § 1031 Rn. 5).

(2)

Auch Formvorschriften des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts, das - ebenso wie die zu seiner Ermittlung berufenen nationalen Kollisionsregeln - von der über den Meistbegünstigungsgrundsatz gebotenen Anwendung schiedsfreundlicheren nationalen Rechts umfasst wird (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201 , 2203), sind vorliegend nicht eingehalten.

(a)

Zustandekommen und Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung bemessen sich im Kollisionsfall nach den Regeln des deutschen internationalen Privatrechts (BGHZ 40, 320, 322 f.; 49, 384, 386). Die danach im Streitfall zeitlich noch anwendbaren Art. 27 ff. EGBGB aF (BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201 , 2203) führen zur Geltung des Statuts des Hauptvertrages, mit dem die Schiedsvereinbarung regelmäßig die engste Verbindung im Sinne von Art. 28 Abs. 1 EGBGB aF aufweist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. September 2005 - III ZB 18/05, WM 2005, 2201 , 2203), wenn eine ausdrückliche auf sie bezogene Rechtswahl fehlt.

Das ist hier der Fall. Die Parteien haben in Bezug auf die Schiedsklausel, die keinen bestimmten Schiedsort festlegt, eine Rechtswahl nicht getroffen. Die zwischen den Parteien zustande gekommenen Kontoführungsverträge sehen eine derartige Vereinbarung nicht vor. Auch eine nachträgliche Rechtswahlvereinbarung ist zwischen den Parteien nicht zustande gekommen. Zwar befindet sich in dem letzten Satz des mit "Arbitration Agreement" überschriebenen Abschnitts im Merkblatt "Terms and Conditions" jeweils eine Wahl New Yorker Rechts. Jedoch bezieht sich diese Rechtswahl nur auf die in diesem Abschnitt abgedruckte Schiedsklausel, auf die sich die Beklagte bei der von ihr erhobenen Einrede der Schiedsvereinbarung gerade nicht beruft und die mit der von der Beklagten insoweit geltend gemachten Schiedsklausel in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen auch inhaltlich nicht übereinstimmt.

(b)

Nichts anderes würde sich ergeben, wenn mit der Revisionserwiderung den von der Rechtsprechung abweichenden Stimmen im Schrifttum zu folgen wäre, nach denen das Recht des vereinbarten Schiedsortes auf die Schiedsvereinbarung anzuwenden sein soll (vgl. Reithmann/Martiny/ Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6612, 6620, mwN). Nach der streitgegenständlichen Schiedsvereinbarung kann zwischen mehreren Schiedsorten unterschiedlicher Rechtsordnungen frei gewählt werden, so dass ein bestimmter Schiedsort noch nicht feststeht. Für einen solchen Fall ist auch nach dieser Auffassung das für den Hauptvertrag geltende Recht maßgeblich (vgl. Hausmann, aaO, Rn. 6615, 6627, mwN).

(c)

Das danach maßgebliche und in Ermangelung einer Rechtswahl ebenfalls objektiv anzuknüpfende Statut des Hauptvertrages ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthaltsstaates des Klägers (Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 , Abs. 2 , Art. 35 EGBGB aF), mithin österreichisches Sachrecht. Dessen über Art. 29 Abs. 3 Satz 2 EGBGB aF berufenen Formvorschriften (§ 577 Abs. 3 österr. ZPO aF) hat das Berufungsgericht nicht als erfüllt angesehen. Diese Auslegung ausländischen Rechts durch das Berufungsgericht ist für den Senat gemäß § 560 ZPO in Verbindung mit § 545 ZPO aF sachlich nicht nachprüfbar. Die von der Revisionserwiderung mit Schriftsatz vom 31. Mai 2010 erhobenen Einwände sind nicht durchgreifend. Unter anderem lassen sie bereits die fehlende Deckungsgleichheit von abstrakt statusbezogener Kaufmannseigenschaft und konkret geschäftsbezogener Unternehmereigenschaft (vgl. dazu Palandt/ Ellenberger, BGB , 69. Aufl., § 13 Rn. 3) außer Acht; überdies verkennen sie die in der Einredesituation für die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehende Darlegungs- und Beweislast der Beklagten (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 22, mwN zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen). Insbesondere hat das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 577 Abs. 3 österr. ZPO aF keinen Sachvortrag der Beklagten übergangen. Das für ihre gegenteilige Behauptung angeführte Gutachten der Kanzlei S. enthält zwar unter seiner Ziffer 2 Rechtsausführungen auch zur Form nach § 577 Abs. 3 österr. ZPO aF. Jedoch hat die Beklagte dieses Gutachten im Anschluss an die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht mit Schriftsatz vom 15. Februar 2008 ausdrücklich zu dem dort erörterten - und von der Formwirksamkeit zu unterscheidenden - Gesichtspunkt der subjektiven Schiedsfähigkeit des Klägers nach österreichischem Recht in das Verfahren eingeführt. Auch im Rahmen ihrer weiteren Ausführungen zur Frage der Anwendbarkeit des Art. 29 (Abs. 3 ) EGBGB aF auf Schiedsvereinbarungen hat die Beklagte nur auf die Darstellung der Eingriffsnormen des österreichischen Verbraucherschutzrechts unter Ziffer 3 des Gutachtens Bezug genommen.

2.

Rechtsfehlerhaft ist demgegenüber die Begründung, mit der das Berufungsgericht die Klage, soweit sie auf die Teilnahme der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung (§§ 830 , 826 BGB ) durch B. gestützt wird, als unbegründet abgewiesen hat.

a)

Rechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings, dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt hat (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 29 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen).

b)

Hingegen hält die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen Teilnahme an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung durch B. bzw. BLS gemäß §§ 826 , 830 BGB verneint hat, rechtlicher Überprüfung nicht stand. In diesem Zusammenhang hat das Berufungsgericht eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung wegen unzureichender Risikoaufklärung des Klägers durch B. und eine Beteiligung der Beklagten hieran allenfalls in objektiver Hinsicht für möglich gehalten. Dagegen hat es eine Beteiligung der Beklagten in subjektiver Hinsicht verneint, weil nichts dafür ersichtlich sei, dass die Beklagte Kenntnis von einer unterlassenen bzw. unzureichenden Risikoaufklärung des Klägers durch B. bzw. BLS gehabt habe, und zu einer solchen Annahme auch keinen Anlass gehabt habe. Dies ist bereits im Ansatz rechtsfehlerhaft, weil es, wie der Senat in seinem nach Erlass der Berufungsentscheidung ergangenen Urteil vom 9. März 2010 ( XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 26 f., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) entschieden hat, auf die unzureichende Risikoaufklärung nicht entscheidend ankommt. Denn neben der - hier nicht maßgeblichen - Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen haftet der Vermittler auch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB , wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Einem solchen Vermittler geht es allein darum, hohe Gewinne zu erzielen, indem er möglichst viele Geschäfte realisiert, die für den Anleger aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge chancenlos sind. Sein Geschäftsmodell zielt damit von vornherein ganz bewusst darauf ab, uninformierte, leichtgläubige Menschen unter sittenwidriger Ausnutzung ihres Gewinnstrebens und ihres Leichtsinns als Geschäftspartner zu gewinnen und sich auf deren Kosten zu bereichern.

III.

Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO ). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO ).

Das Berufungsgericht wird unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Urteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, WM 2010, 749 , Tz. 23 ff., zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) und insoweit gegebenenfalls ergänzendem Vortrag der Parteien Feststellungen zu einer Teilnahme der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung des Klägers durch B. bzw. BLS gemäß §§ 826 , 830 BGB zu treffen haben. Dabei entlastet die Regelung in Ziffer 17.1.4 des Verrechnungsabkommens die Beklagte nicht. Durch diese Regelung hat die Beklagte vielmehr gegebenenfalls deutlich zu erkennen gegeben, auch die für BLS tätigen Vermittler - wie hier B. - kontrollfrei "schalten und walten" zu lassen (vgl. dazu Senatsurteil vom 9. März 2010, aaO, Tz. 43).

Von Rechts wegen

Verkündet am 8. Juni 2010

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 16.01.2009 - Vorinstanzaktenzeichen I-16 U 68/08
Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 14.03.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 13 O 190/07
Fundstellen
WM 2010, 2032
ZIP 2010, 2512