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BVerwG - Entscheidung vom 08.08.2005

6 A 1.04

BVerwG, Beschluss vom 08.08.2005 - Aktenzeichen 6 A 1.04

DRsp Nr. 2005/17340

Gründe:

I.

Das Bundesministerium des Innern stellte mit Verfügung vom 10. Januar 2003 fest, dass sich die Tätigkeit des Klägers gegen den Gedanken der Völkerverständigung richte, dass sie Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange befürworte und dass sie eine derartige Gewaltanwendung hervorrufen solle. Die Betätigung des Klägers im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes wurde verboten. Das Vermögen des Klägers wurde beschlagnahmt und zugunsten des Bundes eingezogen. Darüber hinaus wurden nach näherer Anordnung Sachen und Forderungen Dritter beschlagnahmt und eingezogen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem Kläger handele es sich um einen ausländischen Verein im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 des Vereinsgesetzes ( VereinsG ), dessen Tätigkeit sich auf den räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes erstrecke. Der Kläger verbreite im Bundesgebiet Flugblätter und Broschüren sowie Informationen über das Internet. Er führe im Bundesgebiet auch Veranstaltungen durch. Sprachrohr und ideologische Plattform in der Bundesrepublik sei die deutschsprachige Zeitschrift "Explizit". Der Kläger verstoße gegen den Gedanken der Völkerverständigung, weil er dem Staat Israel das Existenzrecht abspreche und antijüdische sowie antizionistische Propaganda verbreite. In Publikationen verneine der Kläger das Recht des Staates Israel auf Existenz und rufe zu dessen Vernichtung auf. Er fordere zum Krieg gegen Israel und zur Tötung von Juden auf. Dies sei Ausdruck seiner ideologischen Grundhaltung, zu der auch der "aktive Jihat" gehöre. Der Kläger agitiere gezielt gegen islamische Staaten und ihre Regierungen, zu deren Sturz er immer wieder aufrufe. Er verfolge seine gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichteten Ziele in aktiv-kämpferischer, aggressiver Weise. Dabei beschränke er sich nicht auf bloße Kritik an bestehenden politischen oder gesellschaftlichen Verhältnissen oder auf schlichtes Ablehnen des friedlichen Zusammenlebens von Staaten und Völkern. Er fordere zum bewaffneten Kampf gegen den Staat Israel, die Juden und die Regierung islamischer Staaten auf. Der Kläger befürworte auch die Anwendung von Gewalt als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange und wolle diese Gewalt hervorrufen.

Der Kläger hat gegen die Verfügung vom 10. Januar 2003 Klage erhoben, die er im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Betätigungsverbot verletze die verfassungsrechtlich verbürgte Religions- oder Bekenntnisfreiheit. Er sei eine Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft und unterliege deshalb dem Schutz des Art. 4 des Grundgesetzes. Nach seinem Selbstverständnis seien seine politischen Ziele religiös motiviert. Seine Tätigkeit richte sich nicht gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Soweit die Beklagte den Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung auf Zitate stütze, die sie der Zeitschrift "Explizit" entnommen habe, sei dem entgegenzuhalten, dass diese Zitate ihm nicht zugerechnet werden könnten. Aus von ihm zu verantwortenden Äußerungen könne ein Verstoß gegen den Gedanken der Völkerverständigung nicht hergeleitet werden. Die einschlägigen Zitate seien vor dem Hintergrund des Palästina-Konfliktes zu sehen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Handeln der israelischen Sicherheitskräfte in den palästinensischen Gebieten. Er wende sich gegen die Existenz des Staates Israel, weil Israel auf islamischem Boden unter schwersten Verbrechen gegen die Menschlichkeit entstanden sei. Auch nach seiner Entstehung breche der israelische Staat das Völkerrecht. Seine, des Klägers, kritische Haltung gegen Israel sei nicht mit gewalttätigen Handlungen gegen den Staat Israel, gegen israelische Staatsangehörige oder gegen Juden verbunden. Dies sei dem Islam fremd. Er richte deshalb seine Propaganda nur gegen den Staat Israel als solchen, nicht gegen Menschen jüdischen Glaubens. Der angefochtenen Verfügung sei auch nicht darin zu folgen, dass er, der Kläger, in aggressiv-kämpferischer Weise dem Gedanken der Völkerverständigung zuwiderhandele. Seine Tätigkeit befürworte auch nicht Gewaltanwendung als Mittel zur Durchsetzung politischer Belange und solle derartige Gewalt auch nicht hervorrufen. Die angefochtene Verfügung erweise sich auch als unverhältnismäßig. Dies sei schon deshalb der Fall, weil er sich auf den Schutz des Art. 4 des Grundgesetzes berufen könne. Die Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens sei rechtswidrig. Schließlich sei die angefochtene Verfügung auch deshalb rechtswidrig, weil vor ihrem Erlass keine Anhörung stattgefunden habe.

Der Kläger beantragt,

die Verfügung der Beklagten vom 10. Januar 2003 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt zur Begründung im Wesentlichen vor: Der Kläger richte sich mit seiner Propaganda und den von ihm verfolgten Zielen gegen den Gedanken der Völkerverständigung. Zweck und Tätigkeit des Klägers liefen der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze der Völker zuwider. Sie seien geeignet, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernsthaft und nachhaltig zu beeinträchtigen. Einen Teil der verbotsrelevanten Propaganda verbreite der Kläger über die Zeitschrift "Explizit". Diese Ausführungen seien ihm zuzurechnen. Aus einer Reihe von Äußerungen und Verhaltensweisen des Klägers ergebe sich das Gesamtbild einer Vereinigung, die mit ihrer Agitation gegen Israel sowie Staaten der westlichen und arabischen Welt, aber auch durch antijüdische Propaganda, gezielt Hass und Feindseligkeiten in ihrer Anhängerschaft hervorrufen wolle. Dies laufe dem Gedanken der Völkerverständigung zuwider. Der Kläger beschränke sich nicht auf bloße Kritik an der Gründung und an der Existenz des Staates Israel. Er spreche vielmehr diesem Staat und der jüdischen Bevölkerung prinzipiell in hetzerischer Art und Weise das Existenzrecht ab und befürworte auch Gewaltanwendung gegen Israel und die israelische Bevölkerung. Der Nahostkonflikt könne nach Auffassung des Klägers nur durch Tötung oder Vertreibung der in Israel lebenden jüdischen Bevölkerung gelöst werden. Der Kläger agitiere nicht nur gegen Israel, sondern auch gegen die Juden im Allgemeinen. Die Verbotsverfügung erweise sich als verhältnismäßig. Der Kläger könne sich nicht auf den verfassungsrechtlichen Schutz der Religions- und Weltanschauungsfreiheit berufen.

II.

Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die vorliegende erstinstanzliche Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO ). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO ). Der Senat sieht sich nicht wegen des Hinweises des Prozessbevollmächtigten des Klägers, eine Stellungnahme zu der Klageerwiderung vom 11. März 2005 sei "in Arbeit", an einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehindert. Der bloße Hinweis auf eine zu erwartende Stellungnahme steht der Bewertung, dass die Sache keine Schwierigkeiten aufweist und eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid sachgerecht ist, nicht entgegen. Für die von dem Kläger beantragte Beiziehung staatsanwaltschaftlicher Akten besteht kein Anlass. Es ist weder von dem Kläger dargetan noch ersichtlich, dass der Inhalt dieser Akten der nachstehenden Würdigung entgegenstehen oder ansonsten entscheidungserhebliche Informationen enthalten könnte.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Verfügung ist rechtmäßig und verletzt deshalb den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO ). Sowohl das Verbot der Tätigkeit des Klägers (1.) als auch die in der Verfügung getroffenen Nebenentscheidungen (2.) sind nicht zu beanstanden.

1. Das gegen den Kläger gerichtete Betätigungsverbot erweist sich in formeller (a) und materieller (b) Hinsicht als fehlerfrei.

a) Verwaltungsverfahrensrechtliche Mängel sind nicht erkennbar. Insbesondere ist nicht zu beanstanden, dass die angefochtene Verfügung vom Bundesministerium des Innern erlassen (aa) und der Kläger vor deren Erlass nicht angehört wurde (bb).

aa) Die Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern ist gegeben.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung des öffentlichen Vereinsrechts ( Vereinsgesetz ) - VereinsG - vom 5. August 1964 (BGBl I S. 593), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. August 2002 (BGBl I S. 3390), ist für das Verbot eines ausländischen Vereins im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG das Bundesministerium des Innern zuständig. Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG gilt für Vereine mit Sitz im Ausland (ausländische Vereine), deren Organisation oder deren Tätigkeit sich auf den räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes erstreckt, § 14 VereinsG entsprechend. § 14 Abs. 1 und Abs. 2 VereinsG regelt die Voraussetzungen, unter denen ein so genannter Ausländerverein verboten werden kann. Liegt ein Verbotsgrund vor und hat der Verein mit Sitz im Ausland im Inland keine Organisation, bezieht sich die Zuständigkeit des Bundesministeriums des Innern nach § 15 Abs. 1 Satz 2 VereinsG auf den Erlass eines Betätigungsverbots im Sinne von § 18 Satz 2 VereinsG . Nach dieser Bestimmung richtet sich das Verbot (§ 3 Abs. 1 VereinsG ) eines Vereins, der im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes keine Organisation hat, gegen seine Tätigkeit in diesem Bereich. Das Betätigungsverbot im Sinne von § 18 Satz 2 VereinsG ist als Vereinsverbot im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 VereinsG anzusehen (vgl. Zwischenurteil vom 21. Januar 2004 - BVerwG 6 A 1.04 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 40 S. 75). Danach lag der Erlass des Betätigungsverbots in der Kompetenz des Bundesministeriums des Innern. In der angefochtenen Verfügung wird angenommen, der Kläger habe seinen Sitz im Ausland und eine Teilorganisation in der Bundesrepublik Deutschland sei nicht bekannt. Dies wird von dem Kläger nicht bestritten. Es ist deshalb nicht zweifelhaft, dass eine Organisation im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes nicht besteht.

bb) Der Verzicht auf eine vorherige Anhörung des Klägers ist rechtmäßig.

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ist vor Erlass eines Verwaltungsaktes, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, dem Betroffenen Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, insbesondere, wenn eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint (§ 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG ). Es genügt, dass die Behörde unter diesen Gesichtspunkten eine sofortige Entscheidung für notwendig halten durfte (stRspr, vgl. z.B. Urteil vom 3. Dezember 2004 - BVerwG 6 A 10.02 - DVBl 2005, 590 , 591 m.w.N.). Die in der angefochtenen Verfügung gegebene Begründung für die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtfertigt auch den Verzicht auf die Anhörung. Zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung wird ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass der Kläger nach der Bekanntmachung der Verbotsverfügung und vor Eintritt der Vollziehbarkeit sein bereits auf Konspiration angelegtes Verhalten intensivieren und seine Tätigkeit in der Bundesrepublik noch stärker abschirmen werde. Deshalb sei es erforderlich, sofort Zugriff auf erreichbare Vermögenswerte zu nehmen. Dem liegt die Befürchtung zugrunde, der Kläger könnte Vermögensgegenstände beiseite schaffen und später zur Fortsetzung der das Verbot rechtfertigenden Tätigkeit verwenden. Diese Erwägung legitimiert auch den Verzicht auf eine Anhörung (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2004, a.a.O.).

b) Das Verbot der Tätigkeit des Klägers erweist sich auch in der Sache als rechtmäßig.

Der Kläger erfüllte zu dem für die gerichtliche Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Verfügung die Voraussetzungen eines Verbotsgrundes, so dass das Betätigungsverbot verfügt werden durfte.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann - wie aufgezeigt - ein ausländischer Verein in entsprechender Anwendung von § 14 VereinsG verboten werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG kann ein Verein u.a. aus den Gründen von Art. 9 Abs. 2 GG verboten werden. Art. 9 Abs. 2 3. Alternative GG bestimmt, dass Vereinigungen, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten sind. Ein ausländischer Verein darf nach § 15 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Satz 1 und § 3 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative VereinsG als verboten behandelt werden, wenn durch Verfügung festgestellt ist, dass er sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet. Danach ist das streitige Betätigungsverbot nicht zu beanstanden. Der uneingeschränkten Anwendung des Verbotsgrundes von § 3 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 3. Alternative GG steht Verfassungsrecht nicht entgegen (aa). Die Tätigkeit des Klägers richtete sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung (bb).

aa) Der Verbotsgrund des Sich-Richtens gegen den Gedanken der Völkerverständigung erfährt hier nicht etwa deshalb eine Einschränkung, weil sich der Kläger auf den verfassungsrechtlichen Schutz von Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften berufen könnte. Der Kläger erfüllt weder die Voraussetzungen einer Religionsgesellschaft noch diejenigen einer Weltanschauungsgemeinschaft.

Das Grundgesetz (Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG , Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV) gewährleistet die religiöse Vereinigungsfreiheit, die die Freiheit umfasst, sich aus gemeinsamem Glauben zu einer Religionsgesellschaft zusammenzuschließen und zu organisieren (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Februar 1991 - 2 BvR 263/86 - BVerfGE 83, 341 >355<). Der Begriff "Religionsgesellschaft" entspricht demjenigen der Religionsgemeinschaft im Sinne von Art. 7 GG (vgl. Urteil vom 23. Februar 2000 - BVerwG 6 C 5.99 - BVerwGE 110, 326 >342<; Ehlers in: Sachs >Hrsg.<, GG , 3. Auflage, Art. 140 Rn. 5; Korioth in: Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG , Art. 137 WRV Rn. 13; Jarass/Pieroth, GG , 7. Auflage, Art. 137 WRV Rn. 1). Der Terminus der Religionsgemeinschaft weist einen engen inhaltlichen Bezug zur religiösen Vereinigungsfreiheit auf (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005 - BVerwG 6 C 2.04 - NJW 2005, 2101 , 2102). Kann sich eine Vereinigung auf die religiöse Vereinigungsfreiheit berufen, ist ein Verbot nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich (vgl. Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 4.02 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 35, S. 35 >37 f.<). Wegen der in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 7 WRV vorgenommenen Gleichstellung der Weltanschauungsgemeinschaften mit den Religionsgesellschaften gilt Entsprechendes für die zuerst genannten Vereinigungen. Der Kläger kann sich aber nicht auf die von der Verfassung gewährleisteten Einschränkungen des Verbots von Religionsgesellschaften und Weltanschauungsgemeinschaften berufen, weil er nicht die Voraussetzungen solcher Vereinigungen erfüllt.

Der Kläger ist keine Religionsgesellschaft. Unter "Religionsgesellschaft" ist ein Verband zu verstehen, der die Angehörigen ein und desselben Glaubensbekenntnisses oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse zur allseitigen Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben zusammenfasst (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005, a.a.O., S. 2102 m.w.N.; Urteil vom 15. Juni 1995 - BVerwG 3 C 31.93 - BVerwGE 99, 1 >3<). Der Begriff der Religionsgesellschaft ist im Kern soziologisch zu verstehen. Er ist nicht bereits dadurch erfüllt, dass Menschen eine religiöse Überzeugung teilen. Mit dem Erfordernis der allseitigen Aufgabenerfüllung werden die Religionsgesellschaften von den religiösen Vereinen abgegrenzt, die sich nur die partielle Pflege des religiösen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005, a.a.O., S. 2102 m.w.N.). Die Voraussetzung der allseitigen Aufgabenerfüllung verlangt, dass sich die Vereinigung (auch) der gemeinsamen Religionsausübung und der damit einhergehenden rituellen Praxis widmet (vgl. Urteil vom 23. Februar 2005, a.a.O., S. 2104). Dies ist bei dem Kläger ausweislich des "Organisationsgesetzes von Hizb-ut-Tahrir" aus dem Jahr 1995 nicht der Fall.

Nach § 2 des Organisationsgesetzes besteht das Ziel des Klägers in der Wiederaufnahme des islamischen Lebens (Buchstabe a), dem Tragen der islamischen Botschaft in die Welt (Buchstabe b) und dem Wachen über das Denken der Gesellschaft und ihr Empfinden (Buchstabe c). § 5 des Organisationsgesetzes regelt die Einzelheiten der Mitgliedschaft. Diese "hängt von der Eignung der Person ab, sich mit dem Block zu verschmelzen". Eine Person ist als Mitglied geeignet, wenn sie das "islamische Überzeugungsfundament" begreift, die "Parteikultur" versteht, die islamischen Verpflichtungen vollzieht und die Ansichten der Partei sowie deren Ideen und Verfassung in Wort und Tat umsetzt (§ 5 Buchstabe b Satz 2 des Organisationsgesetzes). § 3 des Organisationsgesetzes, der sich zu der "Methode der Partei" verhält, enthält keinen Hinweis darauf, dass sich der Kläger (auch) der Ausübung der islamischen Religion in Form der rituellen Praxis widmet. Dies gilt auch für die in § 4 des Organisationsgesetzes enthaltene Beschreibung der "Tätigkeiten der Partei". Eine Tätigkeit des Klägers besteht in der "Ausbildung der Menschen in Lehrkreisen (Halaqat) mit dem Islam" (Buchstabe a Satz 1). Diese Ausbildung erfolgt durch "intensive Unterrichtung in der Parteikultur" (§ 4 Buchstabe a Satz 2). Der Kläger widmet sich darüber hinaus der "kollektive(n) Ausbildung der Menschen (_), um ein allgemeines Bewusstsein über den Islam zu erzeugen" (§ 4 Buchstabe b des Organisationsgesetzes), der "Wahrnehmung der Interessen der Umma" (§ 4 Buchstabe c des Organisationsgesetzes) sowie der "Aufdeckung der Pläne der ungläubigen Staaten und ihrer Agenten unter den Herrschern der Muslime" (§ 4 Buchstabe d Satz 1 des Organisationsgesetzes). Dem Katalog der in § 4 des Organisationsgesetzes aufgeführten Tätigkeiten ist nicht zu entnehmen, dass sich das Handeln des Klägers auch auf die gemeinsame Ausübung der Religion durch seine Mitglieder etwa in Gebetsräumen oder Moscheen erstreckt. Mithin ist nicht erkennbar, dass die Voraussetzungen einer Religionsgesellschaft gegeben sind.

Bei dem Kläger handelt es sich auch nicht um eine Weltanschauungsgemeinschaft im verfassungsrechtlichen Sinn. Religion und Weltanschauung ist gemein, dass sie eine mit der Person der Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft oder zum Ziel des menschlichen Lebens zum Gegenstand haben. Der Unterschied besteht darin, dass die Religion eine den Menschen überschreitende und umgreifende ("transzendente") Wirklichkeit zugrunde legt, während sich die Weltanschauung auf innerweltliche ("immanente") Bezüge beschränkt (vgl. Urteil vom 27. März 1992 - BVerwG 7 C 21.90 - BVerwGE 90, 112 >115<; Urteil vom 14. November 1980 - BVerwG 8 C 12.97 - BVerwGE 61, 152 >154 und 156<). Daran gemessen handelt es sich bei dem Kläger nicht um eine Weltanschauungsgemeinschaft. Wie sich bereits aus dem auszugsweise wiedergegebenen Organisationsgesetz ergibt, ist Grundlage seines Bestehens und seines Wirkens der Islam. Er bezieht sich also auf außerweltliche Kategorien (ohne Religionsgemeinschaft zu sein) und nicht auf innerweltliche Grundlagen, was die Annahme einer Weltanschauungsgemeinschaft hindert.

bb) Die Voraussetzungen des Verbotsgrundes waren erfüllt. Die Tätigkeit des Klägers richtete sich sowohl in objektiver (1) als auch in subjektiver Hinsicht (2) gegen den Gedanken der Völkerverständigung.

(1) Die objektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes lagen vor.

Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 3. Dezember 2004, a.a.O., S. 591) richtet sich eine Vereinigung dann objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn ihre Tätigkeit oder ihr Zweck geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung zu beeinträchtigen. Das ist nicht nur der Fall, wenn Zweck oder Tätigkeit darauf gerichtet ist, das friedliche Zusammenleben der Völker im Sinne von Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG zu stören. Das Verbot, sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung zu richten, beschränkt sich nicht auf eine vereinsrechtliche Konkretisierung des Verbots nach Art. 26 Abs. 1 Satz 1 GG . Es nimmt auch Bezug auf die Idee der friedlichen Verständigung der Völker bei der Lösung ihrer Interessengegensätze. Deshalb richtet sich ein Verein (auch) gegen den Gedanken der Völkerverständigung, wenn sein Zweck oder seine Tätigkeit der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze der Völker zuwiderläuft. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn Gewalt in das Verhältnis von Völkern hineingetragen wird. In einem solchen Fall ist es nicht erforderlich, dass der Verein selbst Gewalt ausübt. Nach der Rechtsprechung des Senats sind von dem Verbotsgrund nicht nur die friedlichen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu fremden Völkern, sondern auch die friedlichen Beziehungen zwischen fremden Völkern erfasst (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2004, a.a.O., S. 591 f.). Der Verbotstatbestand ist nur erfüllt, wenn der Zweck oder die Tätigkeit des Vereins geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen. Die objektiven Voraussetzungen des Verbotsgrundes liegen nicht nur dann vor, wenn der Zweck oder die Tätigkeit des Vereins der friedlichen Überwindung der Interessengegensätze der Völker dadurch zuwiderläuft, dass tatsächlich Gewalt ausgeübt oder tatsächlich ausgeübte Gewalt zwischen den Völkern unterstützt wird (dazu Urteil vom 3. Dezember 2004, a.a.O., S. 591 f.). Ein Verbot kann auch gerechtfertigt sein, wenn ein Verein das Existenzrecht eines Staates dadurch infrage stellt, dass er zu dessen gewaltsamer Beseitigung aufruft. Dies stellt jedenfalls dann eine Beeinträchtigung des friedlichen Zusammenlebens der Völker dar, wenn das Existenzrecht eines Staates vor dem Hintergrund eines Konflikts zwischen zwei Völkern in der Weise verneint wird, dass zur gewaltsamen Beseitigung des Staates oder zur Tötung von Menschen aufgefordert wird. Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des Verbotsgrundes erfüllt sind, ist davon auszugehen, dass sich die Ziele einer Vereinigung in der Regel vor allem ihren Auftritten in der Öffentlichkeit, ihren Publikationen sowie den Äußerungen und der Grundeinstellung ihrer Funktionsträger entnehmen lassen, wobei es bei Publikationen in diesem Zusammenhang nicht auf die presserechtliche Verantwortlichkeit insbesondere des verantwortlichen Redakteurs ankommt, sondern darauf, was der Vereinigung zuzurechnen ist (vgl. Urteil vom 13. April 1999 - BVerwG 1 A 3.94 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 30 S. 4 m.w.N.). Da Vereinigungen erfahrungsgemäß etwaige verbotsrelevante Bestrebungen zu verheimlichen versuchen, wird sich der vereinsrechtliche Verbotstatbestand in der Regel nur aus dem Gesamtbild ergeben, das sich aus einzelnen Äußerungen und Verhaltensweisen zusammenfügt (vgl. Urteil vom 13. April 1999, a.a.O., S. 5). Bei Äußerungen kommt es darauf an, wie sie aus Sicht des Empfängers zu verstehen sind. Der Kläger richtete sich deshalb gegen den Gedanken der Völkerverständigung, weil im Rahmen einer Vielzahl ihm zuzurechnender Äußerungen vor dem Hintergrund des israelisch-palästinensischen Konfliktes zur gewaltsamen Beseitigung des Staates Israel aufgefordert und auf diese Weise der friedlichen Lösung der israelisch-palästinensischen Interessengegensätze entgegengewirkt wurde.

(a) Eine Reihe von Äußerungen, die in der deutschsprachigen Zeitschrift "Explizit" verbreitet wurden und die dem Kläger zuzurechnen sind, beeinträchtigten den Gedanken der Völkerverständigung.

(aa) Im Rahmen von Artikeln, die in der Zeitschrift "Explizit" erschienen, wurde das Existenzrecht Israels verneint und zur gewaltsamen Beseitigung des Staates Israel sowie zur Tötung von Menschen aufgerufen.

Der Artikel "Wie lange noch?" ("Explizit", Ausgabe Nummer 30, März bis Juni 2002, S. 4 ff.) geht auf die politische und militärische Situation in Palästina ein. Ihm ist die Einschätzung vorangestellt, die Muslime empfänden angesichts des militärischen Vorgehens Israels in Palästina Wut, Machtlosigkeit und Lähmung. Der Artikel hat den Anspruch, die Situation in Nahost aus verschiedenen Blickwinkeln zu durchleuchten. In ihm wird in scharfer Form der anlässlich des Gipfeltreffens arabischer Staaten in Beirut im März 2002 verabschiedete saudi-arabische Friedensplan, der im Gegenzug für einen Rückzug Israels aus den seit 1967 besetzten Gebieten die Anerkennung Israels und den Abschluss eines Friedensvertrages vorsah, kritisiert. Darauf folgt Kritik an der palästinensischen Autonomiebehörde und insbesondere an Arafat. Der PLO wird vorgeworfen, ihr Ziel sei nicht die "Befreiung Palästinas, sondern die Abtretung Palästinas im Namen des palästinensischen Volkes an die Juden". Im Anschluss an diese Einschätzung wird eine grundsätzliche Position formuliert: "Als Muslime muss uns klar sein, dass das Problem 'Israel' keine Grenzfrage, sondern eine Existenzfrage ist. Dieser zionistische Fremdkörper im Herzen der islamischen Welt darf unter keinen Umständen bestehen bleiben. (_) Aufs Neue wiederholen wir die unabdingbare islamische Pflicht: Auf die zionistische Aggression in Palästina kann es nur eine Antwort geben: den Jihad. Allah Der Erhabene befiehlt: 'Und tötet sie, wo immer ihr sie zu fassen bekommt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben' (Al-Baqara 2, Aya 191)." Im Folgenden wird die Auffassung vertreten, Israel sei militärisch zu besiegen und die "muslimischen Armeen (hätten) gegen den zionistischen Aggressor noch nie richtig gekämpft".

Die dargestellten Äußerungen enthalten die Aufforderung, die Existenz Israels gewaltsam zu beenden. Sie beziehen sich auf den israelisch-palästinensischen Konflikt und proklamieren die gewaltsame Beseitigung Israels als einzige Lösung des Konflikts und die Vernichtung von Menschenleben. Der Aufruf zum Jihad in dem Artikel stellt eine Aufforderung zur gewaltsamen Beseitigung des Staates Israel dar. Dem Kläger ist zwar einzuräumen, dass im islamischen Sprachgebrauch der Begriff "Jihad" vielschichtig ist. Er meint nicht schlechthin "Heiliger Krieg". Mit dem Begriff wird jede Anstrengung, Bemühung und Stärkung des Islams bezeichnet. Der Begriff bezeichnet das permanente Im-Aufbruch-Sein der islamischen Gemeinschaft und die ständige Abwehrbereitschaft gegen alle Kräfte, die sich der Realisierung der islamischen Gesellschaftsordnung entgegenstellen (vgl. Hunke, Allah ist ganz anders, 1991, S. 42). "Dschihad" ist der allumfassende Einsatz für die Sache Gottes (Allahs) und bedeutet für die Muslime die Pflicht, nach den jeweiligen Möglichkeiten zur Verbreitung des Islams beizutragen und dessen Herrschaftsbereich zu verteidigen und zu vergrößern (vgl. Brockhaus - Die Enzyklopädie, 20. Auflage, Bd. 6, S. 581, Stichwort "Djihad"). Entscheidend ist hier aber, wie aus Empfängersicht im Kontext des Artikels der Begriff zu verstehen ist. Er ist eingebettet in die Aussage, dass Israel auf keinen Fall bestehen bleiben kann, und die Aufforderung, diesen Staat militärisch zu beseitigen. In diesem Zusammenhang kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Aufruf zum Jihad auf die gewaltsame Abschaffung Israels als Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts zielt.

Dies steht im Einklang mit dem Zitat aus dem Koran (Sure 2, 191, "Und tötet sie >_<"). Es kann hier dahinstehen, wie dieses Zitat im ursprünglichen Zusammenhang des Korans zu verstehen ist. Im Kontext des Artikels stellt es eine Aufforderung zum gewaltsamen Vorgehen mit dem Ziel der physischen Vernichtung und Vertreibung dar. Entgegen der Auffassung des Klägers ändert daran nichts, dass das Zitat auf eine Rückgängigmachung einer angeblich zuvor stattgefundenen Vertreibung abzielt. Soweit der Kläger mit Blick auf das hier in Rede stehende Zitat meint, es könne "keinem Zweifel unterliegen, dass moralisch, islam- wie völkerrechtlich auch gewaltsamer Widerstand gegen die Kriegsverbrechen der israelischen Sicherheitskräfte gerechtfertigt war, einschließlich Selbstmordattacken auf Aggressoren", bestätigt dies eher die hier vorgenommene Bewertung des Artikels.

Der Artikel "Fünfzig Jahre - Happy Birthday Israel?" ("Explizit", Ausgabe Nummer 5, April bis Juni 1998, S. 2 ff.) knüpft an das 50-jährige Bestehen des Staates Israel an und stellt dessen Existenzrecht in Frage. In dem Artikel wird dargelegt, dass die Entstehung Israels zu Lasten der Palästinenser einherging mit Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Israel deshalb der Legitimität entbehrt. Israel wird als "ein Verbrechen an der Menschheit" angesehen (S. 3). Dies wird im Folgenden näher ausgeführt und mit den Worten bekräftigt: "Der Staat Israel ist illegitim und illegal und aus islamischer Sicht in Palästina nicht zulässig" (S. 4). Daran schließt sich eine Kritik an der PLO und der jordanischen Staatsführung an. Die Ausführungen schließen mit der Aussage: "Wer den Staat Israel akzeptiert, wendet sich gegen den Befehl Allahs und begeht somit eine schwere Sünde". Es folgt das Zitat eines "Befehl Allahs" aus dem Koran: "Und kämpft auf dem Weg Allahs gegen diejenigen, die gegen euch kämpfen, doch übertretet nicht! Wahrlich Allah liebt diejenigen, die übertreten nicht. Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben" (S. 5). Es kann dahinstehen, ob die aus der behaupteten Illegitimität Israels gefolgerte Verneinung des Existenzrechts des Staates bereits gegen den Gedanken der Völkerverständigung verstößt. Jedenfalls dann, wenn an die Behauptung der Illegitimität die Forderung nach einer gewaltsamen Beseitigung des Staates geknüpft wird, ist der Gedanke der Völkerverständigung beeinträchtigt. Dies ist hier mit Blick auf das Koranzitat ("Und tötet sie >_<") der Fall.

In dem Artikel "Das Komplott" ("Explizit", Ausgabe Nummer 26, Januar bis April 2001, S. 2 ff.) wird angeknüpft an die Ereignisse in der Folge des Besuchs des damaligen israelischen Oppositionsführers Sharon auf dem Tempelberg im September 2000, der die so genannte Al-Aqsa-Intifada auslöste. Das militärische Vorgehen der israelischen Armee gegen Palästinenser wird als Teil eines Komplotts der USA, von Israel und der PLO Arafats sowie weiterer arabischer Machthaber angesehen. Die behauptete Rolle der PLO wird historisch abgeleitet, und es wird die Entwicklung der Al-Aqsa-Intifada aufgezeigt. Im Anschluss daran wird in dem Artikel die Frage aufgeworfen, wie der Islam zum Problem Israel steht. Die einzig "klare Antwort" wird im "Jihad" gesehen (S. 8). Der Jihad wird hier im Sinne des bewaffneten Kampfes verstanden: "In klarer, unmissverständlicher Weise hat Allah, der Erhabene, den Muslimen befohlen, jeder Aggression von Ungläubigen gegen muslimisches Territorium mit der Waffe zu begegnen: 'Und tötet sie, wo ihr sie zu fassen bekommt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben!' (Al-Baqara 2, Aya 191). (_) Wir haben also die göttliche Pflicht bekommen, gegen die Juden zu kämpfen und sie von dort zu vertreiben, von wo sie uns vertrieben haben. Es ist für uns verboten und unter keinen Umständen zulässig, einen dauerhaften Friedensvertrag mit ihnen abzuschließen, indem wir islamisches Territorium an sie abtreten. Das Verbot ist unmissverständlich und unter schwerster Strafandrohung im Qur`an festgeschrieben. Palästina ist nicht nur islamisches Territorium, sondern umfasst auch die Al-Aqsa-Moschee, den drittheiligsten Ort im Islam, zu welchem der Prophet (s.) die Nachtreise unternommen hat. Die Pflicht zu kämpfen obliegt nicht nur den Muslimen in Palästina, sondern allen Muslimen, solange diese Pflicht von den Muslimen dort und jenen, die ihnen territorial am nächsten sind, nicht vollzogen wurde oder erfüllt werden konnte. Denn die Anrede in dem Ayat ist an alle Muslime gerichtet und nicht bloß an eine Gruppe von ihnen. (_) Jeder Friedensvertrag mit den Juden stellt einen Verrat an Allah, seinem Propheten und den Muslimen dar und ist für nichtig zu erklären." (S. 8). Diese unmissverständlichen Ausführungen sprechen für sich. Sie beschränken sich nicht auf die Aufforderung, den Tempelberg zu schützen, sondern enthalten den Aufruf, den Staat Israel gewaltsam zu beseitigen, da er sich auf islamischem Territorium befinde. Ein Friedensvertrag gleich welchen Inhalts mit Israel wird kategorisch als Verrat an dem göttlichen Willen Allahs abgelehnt. Im Text des Artikels wird der Begriff "Jihad" und das Koranzitat "Und tötet sie (_)" nicht etwa in einem übertragenen und möglicherweise gewaltfreien Sinn verwendet, sondern im Sinne der gewaltsamen Abschaffung des Staates Israel und der physischen Vernichtung des jüdischen Volkes als des ethnischen und religiösen Trägers des Staates Israel. Dem Kläger mag eingeräumt werden, dass die Härte des jahrzehntelangen Konflikts zwischen Israel und Palästina zu einer "emotionalen Sichtweise" beiträgt. Die hier in Rede stehenden Ausführungen sind aber nicht unter dem unmittelbaren Eindruck der Ereignisse im September 2000 in der Al-Aqsa-Moschee veröffentlicht worden, sondern erst im Januar 2001. Davon abgesehen vermag auch eine Emotionalisierung die eindeutigen Aussagen nicht zu relativieren.

(bb) Aus einer Reihe von Indizien ergibt sich zweifelsfrei, dass die Zeitschrift "Explizit" und damit die in ihr publizierten Artikel dem Kläger zuzurechnen sind.

Für die Zurechnung spricht die Aussage des F. H. A. anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung am 12. November 2002 im Rahmen des zwischenzeitlich eingestellten Ermittlungsverfahrens. F. H. A. bekundete, seit 1987 Mitglied des Klägers zu sein. Auf die Frage, welche Zeitschriften der Kläger herausgebe, antwortete er u.a., dass auf Deutsch "Explizit" herausgegeben werde.

Ein Indiz für die Zugehörigkeit der Zeitschrift zum Kläger ist, dass zwischen dem im Impressum von "Explizit" Genannten und dem Kläger enge Verbindungen bestanden. In den Ausgaben Nummer 1 vom Januar 1993, Nummer 1 vom März 1997 und Nummer 5 vom April/Mai/Juni 1998 der Zeitschrift ist als Verantwortlicher im Sinne des Presserechts bzw. unter "Impressum u. Abonnementanschrift" jeweils Dr. M. T. angegeben. Dr. T. hat anlässlich einer polizeilichen Durchsuchung seines Hauses am 10. April 2003 bekundet, dass er "seit mindestens fünf Jahren" keine Kontakte mehr zum Kläger unterhalte. Mithin bestätigt er, dass zwischen ihm und dem Kläger Verbindungen bestanden. Dies entspricht den Bekundungen von O. B. M., dem Gründer von Hizb ut-Tahrir in Großbritannien. Im Rahmen eines im März 2004 geführten Interviews erklärte dieser, dass T. dem reformerisch ausgerichteten Lager von Hizb ut-Tahrir in der Bundesrepublik Deutschland angehöre.

Ein weiteres Indiz für die Zuordnung der Zeitschrift "Explizit" zu dem Kläger ist, dass die Publikation von dem in London ansässigen Verlag "Al-Khilafah Publications" herausgegeben wird. Von dem Kläger wird nicht bestritten, dass zurzeit in dem Impressum der Zeitschrift "Al-Khilafah Publications" aufgeführt ist. Die von der Beklagten vorgelegte auszugsweise Ablichtung von Nummer 27 der Zeitschrift (Mai bis Juli 2001) enthält im Impressum einen entsprechenden Hinweis. Eine Reihe von Indizien spricht für eine Verbindung zwischen dem Verlag und dem Kläger, was wiederum die Annahme rechtfertigt, dass die Zeitschrift dem Kläger zuzurechnen ist.

Für eine enge Verbindung streitet der Umstand, dass die Domain "HIZB-UT-TAHRIR.ORG" von "Al-Khilafah Publications" zur Registrierung angemeldet wurde.

Die auf der Website von "Al-Khilafah Publications" verbreitete Liste der vertriebenen Bücher enthält eine Reihe von Schriften, bei denen der Kläger ausdrücklich als Herausgeber aufgeführt ist. Es handelt sich um die Schriften "Dangerous Concepts", "The turbulence of the Stock Markets: Their causes & the Shari'ah rule pertaining of these causes", "The American Campaign to Suppress Islam", "The System of Islam", "Structuring of a Party", "The Economic System of Islam" und " The Social System in Islam". Darüber hinaus finden sich in der Bücherliste Schriften, in deren Titel "Hizb-ut-Tahrir" erwähnt ist, ferner solche, die von dem ehemaligen Führer des Klägers, A.-a. Q. Z. bzw. A-Q. Z., verfasst wurden. Hierbei handelt es sich um die Schriften "Islamic verdict on: Cloning, Human Organ Transplantation, Abortion, Test-tube Babies, Life Support Systems, Life and Death" und "Funds in The Khilafah State". Der Umstand, dass auf der Bücherliste von "Al-Khilafah Publications" eine Reihe von Schriften aufgeführt sind, die dem Kläger zuzuordnen sind, spricht jedenfalls im Zusammenhang mit anderen einschlägigen Indizien dafür, dass "Al-Khilafah Publications" dem Kläger zuzurechnen ist.

Ein gewichtiger Hinweis auf die Zuordnung des Verlags zum Kläger ist, dass auf der Website von "www.war-against-terrorism.info" für "Hizb ut-Tahrir Britain" die Anschrift "Suite 298-56, Gloucester Road, London, SW 7 4 UB UK" angegeben ist. Dabei handelt es sich um die Anschrift von "Al-Khilafah Publications".

Ein weiteres Indiz für eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem Verlag ist die weitgehende Textidentität von Publikationen des Klägers und Artikeln in der Zeitschrift "Explizit". Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass ein Flugblatt des Klägers vom 29. März 2001 nahezu wortidentisch ist mit einem Artikel in "Explizit", Nummer 27, Mai bis Juli 2001, S. 4 ff.

Als ein weiterer Hinweis von Gewicht für eine Verbindung zwischen dem Kläger und dem Verlag erweist sich die personelle Verknüpfung in der Person des S. H. A., dem Repräsentanten des Klägers in der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass A. in der aktuellen Ausgabe Nummer 31 von "Explizit" im Impressum noch vor "Al-Khilafah Publications" aufgeführt war. Auf der Website von "Explizit" und auf Einladungen zu Vorträgen wird A. als Mitherausgeber von "Explizit" bezeichnet. Einladungen zu Vortragsveranstaltungen, die von dem Verlag organisiert wurden, weisen A. als Referenten aus. In einem Schreiben an den Bayerischen Rundfunk vom 18. Juli 2002 bezeichnet sich A. als "Verantwortlicher der Explizit-Redaktion" und weist darauf hin, dass er für den Inhalt der Zeitschrift redaktionell verantwortlich sei.

Die aufgezeigten Umstände lassen jedenfalls in ihrer Gesamtheit keinen Zweifel zu, dass zwischen der Zeitschrift "Explizit" und dem Kläger eine enge Verbindung besteht und dass deshalb die oben erörterten Artikel dem Kläger zuzurechnen sind.

(b) Die Aufforderungen zur gewaltsamen Beseitigung des Staates Israel und zur Tötung von Menschen sind nicht auf die Zeitschrift "Explizit" beschränkt. Auch andere dem Kläger zuzurechnende Äußerungen beeinträchtigen den Gedanken der Völkerverständigung.

Ausweislich eines Wortprotokolls vom 8. August 2002 einer im "Berliner Spreekanal", Aypa-TV, ausgestrahlten Sendung über eine Diskussionsveranstaltung in der Technischen Universität Berlin zum Nahost-Konflikt äußerte sich A. zu Selbstmordanschlägen in Israel wie folgt: "In Deutschland oder einem anderen westlichen Land wären diese Aktionen verboten - denn der Islam lehnt ja Gewalt gegen Zivilisten ab, aber in Israel gibt es keine Zivilisten; alle, Frauen und Männer, sind Teil des Militärs und die Gründung des Staates Israel war ein Akt der Aggression. Jeder, der nach Israel geht und dort lebt, macht sich mitschuldig. Ein Anschlag auf eine Institution, in der sich Erwachsene befinden, ist ein Akt der Selbstverteidigung. Wenn dabei auch Kinder sterben, tragen deren Eltern dafür die Verantwortung, die sich entschieden haben, in Israel zu leben." Diese Ausführungen, in denen A. die physische Vernichtung israelischer Staatsbürger rechtfertigt, sprechen für sich.

In dem von dem Kläger gefertigten "Bericht des Monats April 2002" vom 3. Mai 2002 wird dargelegt, dass die Flugblätter des Klägers zeigen, "dass Israel durch Verhandlungen nicht auszulöschen ist, sondern nur durch den Jihad, um unsere Rechte zurück zu bekommen". Ziel des Klägers ist es also, Israel durch Gewalt zu beseitigen.

Dies kommt auch in den Ausführungen von A. anlässlich einer Veranstaltung an der Technischen Universität Berlin vom 27. Oktober 2002 zum Ausdruck. Dort äußerte er unter anderem: "Israel ist für uns ein Staat der Aggression. Ein Staat der Gewalt, ein Staat des Angriffs. Deswegen sind wir nicht bereit diesen Staat hinzunehmen, mit diesem zionistischen Gebilde einen Frieden zu schließen. Man hat auf dem Blut der Muslime diesen Staat gegründet, durch Aggression, durch Gewalt und wir haben die Pflicht als Muslime, dieses Land wieder zu befreien."

Die Verneinung des Existenzrechts Israels verbunden mit der Aufforderung, diesen Staat mit Gewalt zu beseitigen, ist auch Gegenstand mehrerer Flugblätter des Klägers. So wird in dem Flugblatt vom 29. März 2001 unter anderem dargelegt: "Ganz Palästina, vom Meer bis zum Fluss, ist islamische(s) Territorium. Die Muslime sind dazu verpflichtet, es aus der Herrschaft der Juden zu befreien, selbst wenn es Millionen von Märtyrern kosten sollte."

In dem Flugblatt vom 28. Februar 2002 wird unter anderem ausgeführt: "Die Frage Palästinas ist keine Frage des Abzugs aus dem Gebiet, das sich palästinensische Autonomiebehörde nennt. Es ist auch nicht die Frage des Abzugs aus der West-Bank, dem Gaza-Streifen oder aus Jerusalem. Es ist das jüdische Gebilde an sich, das sich Palästina widerrechtlich angeeignet hat. Die Lösung ist die Entwurzelung dieses jüdischen Gebildes aus dem gesamten Boden Palästinas. So sagt Allah (t.): 'Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und verjagt sie, von wo sie euch verjagt haben' [_].' (2: 191). Jede Anerkennung, jede Verhandlung mit den Juden ist ein Verrat an Allah, Seinem Propheten und an den Gläubigen. Es ist nicht erlaubt, dies zu akzeptieren oder dazu zu schweigen."

Dem Flugblatt vom 31. März 2002 ist das Zitat "Und tötet sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben" vorangestellt. In dem anschließenden Text werden "Märtyreraktionen", mit denen offensichtlich Selbstmordattentate gemeint sind, gerechtfertigt: "Die Märtyreraktionen, die gegenwärtig in Palästina gegen die Juden verübt werden, sind islamisch legitim. Ganz Palästina ist ein Kampf- und Schlachtfeld gleichgültig, ob es sich um das Gebiet handelt, das die Juden seit 1948 oder später gewaltsam vereinnahmt haben."

Einem von Hizb ut-Tahrir auf arabisch verfassten undatierten Text sind die Sätze vorangestellt: "Der Islam verbietet Frieden mit Israel, dies gilt als Verrat. Israel zu bekämpfen und zu beseitigen hingegen ist vom Islam geforderte Pflicht." In dem nachfolgenden Text wird unter anderem dargelegt: "Der Friede mit Israel ist nach dem offenbarten Gesetz verboten, eine große Sünde und ein verheerender Fehler. Ihr versündigt euch schwer, wenn ihr zum Frieden mit den Juden schweigt, so wie dies König Hussein, Arafat, die PLO, Mubarak, Assad und andere arabische und muslimische Herrscher tun. Lasst von dieser Sünde ab und errettet die Umma von dieser Geisel. Setzt euch mit all euren Kräften gemeinsam dafür ein, jene vom Frieden mit Israel abzubringen. Zwingt sie dazu, dass sie den rechten Weg einschlagen, nämlich den, welchen der Islam Israel gegenüber vorschreibt: die Erklärung des Djihad. Israel muss bis zur Vernichtung bekämpft und mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden."

In anderen Schriften wird dem Kalifen die Aufgabe der Vernichtung Israels zugewiesen. So wird in der Schrift "Widerlegung des 'Verfassungsentwurfs für die Republik Sudan von 1998' und Niederlegung eines islamischen Verfassungsentwurfs, entnommen aus dem Koran und der Sunna seines Propheten" vom 27. April 1998 zur Aufgabe des Kalifen unter anderem ausgeführt: "Damit er das jüdische Gebilde zunichte macht und durch den Jihad von den Wurzeln her ausrottet". Dies entspricht den Darlegungen zu den Aufgaben des Kalifen in dem Flugblatt vom 14. Februar 1998: "Damit er den Jihad gegen den Staat der Juden erklärt, um ihn von den Wurzeln her auszumerzen." In dem Flugblatt vom 1. Dezember 2000 wird unter anderem dargelegt: "Die Befreiung Palästinas von dem Dreck der Juden ist nicht die Angelegenheit derjenigen, die mit den Juden verhandelten und sie anerkannten, und nicht die Angelegenheit derjenigen, die Normalisierung der Beziehungen mit den Juden anstreben, sondern ist die Sache der treuen Muslime, und die Aufgabe des Kalifen, der die Angelegenheiten der Muslime nach den islamischen Bestimmungen betreut. Das ist auch die Aufgabe des Kalifatstaates, wenn der wiederhergestellt wird, der zum Jihad aufruft, damit alle Muslime zusammen kämpfen und ihr Blut mit den Mauern der Al-Aksa Moschee vermischt wird. So wird das Land der Muslime mit dem Blut der Muslime getränkt, wie es früher mit dem Blut deren Vorfahren getränkt wurde. So wird das Land von dem Dreck der Juden und deren Kollaborateuren gereinigt."

(c) Der objektive Verbotstatbestand ist auch insoweit erfüllt, als dieser voraussetzt, dass Zweck oder Tätigkeit des Vereins geeignet ist, den Gedanken der Völkerverständigung schwerwiegend, ernst und nachhaltig zu beeinträchtigen.

Die oben wiedergegebenen und dem Kläger zuzurechnenden Äußerungen verdeutlichen, dass dieser vor dem Hintergrund des Konfliktes zwischen dem palästinensischen und dem jüdischen Volk das Existenzrecht Israels verneint, die gewaltsame Abschaffung dieses Staates fordert und zur physischen Vernichtung von Menschenleben auffordert. Die Aussagen überschreiten die Grenzen vereinsrechtlich unschädlicher Kritik bei weitem. Sie beschränken sich nicht etwa auf eine Verneinung der Legitimität eines israelischen Staates, sondern fordern zu seiner gewaltsamen Beseitigung auf. Verlangt ein Verein in einer Vielzahl von schriftlichen und mündlichen Äußerungen vor dem Hintergrund eines Konfliktes zwischen Völkern die gewaltsame Abschaffung eines Staates und die physische Vernichtung von Menschenleben, liegt eine qualifizierte Beeinträchtigung des Gedankens der Völkerverständigung vor.

(2) Die subjektiven Voraussetzungen des Verbotstatbestandes lagen ebenfalls vor.

Ein objektiv gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtetes Verhalten erfüllt dann nicht den Verbotsgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1 3. Alternative VereinsG i.V.m. Art. 9 Abs. 2 3. Alternative GG , wenn es nicht von einem entsprechenden Willen getragen ist (vgl. Urteil vom 3. Dezember 2004, a.a.O., S. 593). Das ist hier nicht der Fall. Die in Rede stehenden Äußerungen sind notwendig Ausdruck einer entsprechenden Auffassung und des Willens, diese kundzutun.

(3) Das Verbot der Tätigkeit des Klägers verletzt nicht das Gebot der Verhältnismäßigkeit und ist auch frei von Ermessensfehlern.

Es kann dahinstehen, ob die Vereinbarkeit mit dem Verhältnismäßigkeitsgebot bereits daraus folgt, dass ein Verbotstatbestand im Sinne von § 9 Abs. 2 GG erfüllt ist, so dass sich unmittelbar aus der Verfassung ergibt, dass die dahingehende Feststellung der Verbotsbehörde nicht unverhältnismäßig sein kann (vgl. Urteil vom 2. Dezember 1980 - BVerwG 1 A 3.80 - BVerwGE 61, 218 >222<; Gerichtsbescheid vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 1 A 4.98 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 31 S. 24 m.w.N.). Auch wenn die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgebots einer besonderen Prüfung unterzogen wird (vgl. Urteil vom 23. März 1971 - BVerwG 1 C 54.66 - BVerwGE 37, 344 >361 f.<), erweist sich das Betätigungsverbot als rechtmäßig. Es verstößt insbesondere nicht gegen das Gebot des milderen Mittels, weil die mit dem Betätigungsverbot verfolgten Zwecke nicht durch eine weniger belastende und gleich wirksame Maßnahme erreicht werden könnten. Insbesondere kommt ein auf den Repräsentanten des Klägers in der Bundesrepublik, S. H. A., bezogenes Verbot der Betätigung nicht in Betracht, weil der Verbotsgrund nicht nur dadurch verwirklicht wurde, dass A. selbst die verbotsbegründenden Äußerungen getätigt hat. Soweit der Kläger die Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes anzweifelt, geht er insbesondere davon aus, ihm stehe der verfassungsrechtliche Schutz der Vereinigungsfreiheit von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zur Seite. Dies ist - wie dargelegt - nicht der Fall. Der Kläger weist mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auch darauf hin, dass seine Tätigkeit in anderen westeuropäischen, demokratischen Ländern keinen staatlichen Einschränkungen unterliege. Dies ist für die Rechtmäßigkeit des Betätigungsverbots indes ohne Bedeutung.

Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte das ihr eingeräumte Ermessen nicht oder nicht ordnungsgemäß ausgeübt hat.

2. Die von der Beklagten getroffenen Nebenentscheidungen sind rechtmäßig.

a) Die Beschlagnahme und Einziehung des Vermögens des Klägers sind nicht zu beanstanden.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VereinsG ist mit dem Verbot in der Regel die Beschlagnahme und die Einziehung des Vereinsvermögens verbunden. Entgegen der Auffassung des Klägers findet die Bestimmung auch Anwendung auf Vereine, die im Sinne von § 18 Satz 2 VereinsG im räumlichen Geltungsbereich des Vereinsgesetzes keine Organisation haben. Aus dem Klammerzusatz in § 18 Satz 2 VereinsG folgt, dass das Betätigungsverbot gegen einen im Geltungsbereich des Vereinsgesetzes keine Organisation aufweisenden ausländischen Verein unter den Voraussetzungen von § 3 Abs. 1 VereinsG ausgesprochen werden kann. Damit ist § 3 Abs. 1 VereinsG insgesamt in Bezug genommen, also auch § 3 Abs. 1 Satz 2 VereinsG . Soweit der Kläger einwendet, es sei nicht nachvollziehbar, dass bei einem im Bundesgebiet keine Organisation aufweisenden Verein Vereinsvermögen vorhanden sein könne, ist dem nicht zu folgen. Es liegt auf der Hand, dass ein Verein auch dann Vermögen im Bundesgebiet haben kann, wenn er dort keine Organisation im vereinsrechtlichen Sinn aufweist. Ob das tatsächlich der Fall ist, ist keine Frage der Beschlagnahme und Einziehung des Vereinsvermögens, sondern eine solche der Vollstreckung der Beschlagnahme- und Einziehungsverfügung.

Die Entscheidung der Beklagten, von einer Einziehung des Vermögens nach § 11 Abs. 4 Satz 1 VereinsG nicht abzusehen, war ermessensfehlerfrei. Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 VereinsG kann die Verbotsbehörde von der Einziehung unter anderem absehen, wenn keine Gefahr besteht, dass Vermögenswerte des Vereins von neuem zur Förderung von Handlungen oder Bestrebungen der in Art. 9 Abs. 2 GG genannten Art verwendet werden. Es ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen, dass diese Voraussetzungen hier gegeben waren, so dass von dem Regelfall der Einziehung auszugehen ist.

b) Die Einziehung von Forderungen Dritter sowie die Beschlagnahme und Einziehung von Sachen Dritter sind ebenfalls rechtmäßig.

Die Einziehung von Forderungen Dritter beruht auf § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 VereinsG . Es ist nicht ersichtlich und wird von dem Kläger auch nicht vorgetragen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Einziehung nicht gegeben sind. Dies gilt gleichermaßen für die Beschlagnahme und Einziehung von Sachen Dritter auf der Grundlage von § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 VereinsG .

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO .

Rechtsbehelfsbelehrung

Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.

Hierfür besteht Vertretungszwang. Jeder Beteiligte muss sich, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst vertreten lassen.

B e s c h l u s s

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 25 000 EUR festgesetzt (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F. i.V.m. § 72 Nr. 1 GKG n.F.).