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Unterhaltsleitlinien der Familiensenate des OLG Köln (Stand: 01.01.2021)

Inhalt

Vorbemerkung 4

Unterhaltsrechtliches Einkommen 4

1 Geldeinnahmen 4

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschließlich Renten und Pensionen 4

1.2 Unregelmäßiges Einkommen 4

1.3 Überstunden 5

1.4 Spesen und Auslösungen 5

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit 5

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen 5

1.7 Steuererstattungen 5

1.8 Sonstige Einnahmen 5

2 Sozialleistungen 5

2.1 Arbeitslosengeld (§§ 136 ff. SGB III), Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGBIII), Krankengeld und Übergangsgeld 5

2.2 Leistungen nach dem SGB II 5

2.3 Wohngeld 6

2.4 BAföG 6

2.5 Erziehungs- und Elterngeld 6

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten 6

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung u.Ä. 6

2.8 Pflegegeld 6

2.9 Grundsicherung beim Verwandtenunterhalt 6

2.10 Sozialhilfe 6

2.11 Unterhaltsvorschuss 6

3 Kindergeld 6

4 Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers 6

5 Wohnwert 7

6 Haushaltsführung 7

7 Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit 7

8 Freiwillige Zuwendungen Dritter 7

9 Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion 7

10 Bereinigung des Einkommens 7

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen 8

10.1.1 Steuern/Splittingvorteil 8

10.1.2 Vorsorgeaufwendungen 8

10.2 Berufungsbedingte Aufwendungen 8

10.2.1 Konkrete Aufwendungen 8

10.2.2 Fahrtkosten 8

10.2.3 Ausbildungsaufwand 8

10.3 Kinderbetreuung 9

10.4 Schulden 9

10.5 Unterhaltsleistungen 9

10.6 Vermögensbildung 9

10.7 Umgangskosten 9

Kindesunterhalt 10

11 Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) 10

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, Studiengebühren 10

11.2 Eingruppierung 10

12 Minderjährige Kinder 10

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt 10

12.2 Einkommen des Kindes 10

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil 10

12.4 Zusatzbedarf 11

13 Volljährige Kinder 11

13.1 Bedarf 11

13.2 Einkommen des Kindes 12

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht 12

14 Verrechnung des Kindergeldes 12

Ehegattenunterhalt 12

15 Unterhaltsbedarf 12

15.1 Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen 12

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus 13

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung 13

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf 14

15.5 Bedarf bei Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen mehrerer Ehegatten und/oder Berechtigter nach § 1615l BGB 14

15.6 Trennungsbedingter Mehrbedarf 15

15.7 Begrenzung und Befristung nach § 1578b BGB 15

16 Bedürftigkeit 16

17 Erwerbsobliegenheit 16

17.1 bei Kindesbetreuung 16

17.2 bei Trennungsunterhalt 17

Weitere Unterhaltsansprüche 17

18 Ansprüche nach § 1615l BGB 17

19 Elternunterhalt 17

20 Lebenspartnerschaft 17

Leistungsfähigkeit und Mangelfall 17

21 Selbstbehalt 17

21.1 Grundsatz 17

21.2 Notwendiger Selbstbehalt 18

21.3 Angemessener Selbstbehalt 18

21.3.1 gegenüber nicht privilegiertem volljährigen Kind 18

21.3.2 gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615l BGB 18

21.3.3 beim Elternunterhalt 18

21.3.4 von Großeltern gegenüber Enkeln 18

21.4 Mindestselbstbehalt gegenüber Ehegatten 18

21.5 Anpassung des Selbstbehalts 19

22 Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten 19

22.1 Bedarf bei Ansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten 19

22.2 Mindestbedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder 19

22.3 Mindestbedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln 19

23 Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten 20

23.1 Bedarf bei Ansprüchen des nachrangigen, geschiedenen Ehegatten 20

23.2 Bedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder 20

23.3 Bedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln 20

24 Mangelfall 20

24.1 Grundsatz 20

24.2 Einsatzbeträge 20

24.3 Berechnung 20

24.4 Angemessenheitskontrolle 21

25 Rundung 21

I. Anhang: Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.01.2021) 21

II. Anhänge: Tabelle Zahlbeträge 21

III. Anhang: Umrechnung nach § 36 Nr. 3 EGZPO für bis zum 31.12.2007 erstellte dynamische Unterhaltstitel über Kindesunterhalt 23

Vorbemerkung

Die Familiensenate des OLG Köln verwenden diese Leitlinien für den Regelfall, um eine in praktisch bedeutsamen Unterhaltsfragen möglichst einheitliche Rechtsprechung zu erreichen. Die Leitlinien können die Richter nicht binden. Sie sollen die angemessene Lösung des Einzelfalls – das gilt auch für die „Tabellen-Unterhaltssätze“ – nicht antasten.

Die Leitlinien folgen der Düsseldorfer Tabelle und den Süddeutschen Leitlinien, weichen jedoch in Einzelfragen davon ab.

Die Leitlinien gelten ab 01.01.2021. Gegenüber den ab dem 01.01.2020 geltenden Leitlinien ergeben sich Änderungen in den Nr. 11, 10.2.2 und 21.3.3 sowie den Anhängen I. und II.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

1 Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschließlich Renten und Pensionen

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Unregelmäßiges Einkommen

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr verteilt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (i.d.R. mehrere Jahre) zu verteilen.

Eine zusätzlich zu dem in unveränderter Höhe bezogenen Einkommen erhaltene Abfindung bleibt jedenfalls für den Ehegattenunterhalt unberücksichtigt (BGH, Urt. v. 02.06.2010 – XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311). Im Übrigen ist eine Abfindung bis zur Höchstgrenze des Bedarfs aufgrund des früheren Einkommens grundsätzlich für den Unterhalt zu verwenden (BGH, Urt. v. 28.03.2007 – XII ZR 163/04, FamRZ 2007, 983, v. 02.06.2010 – XII ZR 138/08, FamRZ 2010, 1311 und v. 08.04.2012 – XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040, teilweise Aufgabe von BGH, Urt. v. 29.01.2003 – XII ZR 92/01, FamRZ 2003, 590).

Ob eine Aufstockung bis zum bisherigen Einkommen geboten ist und der bisherige Lebensstandard vollständig aufrechterhalten werden muss oder ob eine nur teilweise Aufstockung angemessen ist, um die Abfindung auf einen längeren Zeitraum zu verteilen, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, insbesondere auch nach der vom Unterhaltspflichtigen zu erwartenden weiteren Einkommensentwicklung (BGH, Urt. v. 08.04.2012 – XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040).

1.3 Überstunden

Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten. Ob und in welchem Umfang weitergehende Einkünfte durch Überstunden, aus Nebentätigkeit oder Zweitarbeit anrechenbar sind, ist nach Billigkeit nach den Umständen des Einzelfalls (Höhe der Einkünfte, hohe Schuldenbelastung, Sicherung des Mindestbedarfs, Alter, beidseitige wirtschaftliche Verhältnisse) zu entscheiden (vgl. BGH, Urt. v. 31.10.2012 – XII ZR 30/10).

1.4 Spesen und Auslösungen

Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten i.d.R. als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen.

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

Bei der Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbständigen ist i.d.R. der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen. Für die Vergangenheit ist i.d.R. auf das tatsächlich erzielte Jahreseinkommen abzustellen; Durchschnittsberechnungen für den gesamten Unterhaltszeitraum oder für einzelne Unterhaltszeiträume sind möglich.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

1.7 Steuererstattungen

Steuerzahlungen oder Erstattungen sind i.d.R. im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen.

1.8 Sonstige Einnahmen

Sonstige Einnahmen (z.B. Trinkgelder, Krankenhaustagegeld).

2 Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§§ 136 ff. SGB III), Insolvenzgeld (§§ 165 ff. SGB III), Krankengeld und Übergangsgeld

Diese Leistungen sind Einkommen.

2.2 Leistungen nach dem SGB II

Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (§§ 1923 SGB II) sind Einkommen beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Leistungen nach dem SGB II kein Einkommen. Soweit ein Übergang des Anspruchs auf den Träger der Leistungen nach § 33 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen ist (auch bei fiktivem Einkommen), können Unterhaltsforderungen eines Leistungsempfängers für die Vergangenheit treuwidrig sein (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843).

2.3 Wohngeld

Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG

BAföG-Leistungen sind Einkommen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Erziehungs- und Elterngeld

Elterngeld nach § 1 BEEG ist als Einkommen zu behandeln; für den Mindestbetrag von monatlich 300 € bzw. 150 € bei verlängertem Bezug gilt dies nur ausnahmsweise (§ 11 Satz 4 BEEG).

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten

Unfall- und Versorgungsrenten sowie Übergangsgelder aus der Unfall- und Rentenversicherung sind Einkommen; §§ 1610a, 1578a BGB sind zu beachten.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung u.Ä.

Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen, jeweils nach Abzug des Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen, sind Einkommen; §§ 1610a, 1578a BGB sind zu beachten.

2.8 Pflegegeld

Leistungen der Pflegeversicherung sind nur ausnahmsweise als Einkommen der Pflegeperson zu berücksichtigen, § 13 Abs. 6 SGB XI. Berücksichtigungsfähiges Pflegegeld nach § 13 Abs. 6 SGB XI oder Pflegegeld nach anderen Rechtsvorschriften ist Einkommen der Pflegeperson höchstens mit dem Anteil, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden.

2.9 Grundsicherung beim Verwandtenunterhalt

In der Regel sind Leistungen nach §§ 4143 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt Einkommen, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10 Sozialhilfe

Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfeleistungen nach SGB XII. Für den Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 94 Abs. 3 SGB XII gilt Nr. 2.2 entsprechend.

2.11 Unterhaltsvorschuss

Leistungen nach dem UVG sind nicht als Einkommen zu bewerten. Für den Ausschluss des Anspruchsübergangs nach § 7 UVG gelten die Ausführungen unter Nr. 2.2 entsprechend.

3 Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet.

4 Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. Die hierfür steuerlich in Ansatz gebrachten Beträge bieten einen Anhaltspunkt für die Bewertung des geldwerten Vorteils (für Firmenwagen: 1 % des Bruttolistenpreises zzgl. 0,03 % des Bruttolistenpreises je Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte).

5 Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten sowie nicht umlagefähige Kosten i.S.v. § 556 Abs. 1 BGB, §§ 1, 2 BetrKV übersteigt (zur Berücksichtigung von Tilgungsleistungen vgl. BGH, Beschl. v. 18.01.2017, FamRZ 2017, 519).

Auszugehen ist vom vollen Mietwert (objektiver Wohnwert). Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Zustellung des Scheidungsantrags in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt (BGH, Urt. v. 05.03.2008 – XII ZR 22/06, FamRZ 2008, 963, 965; Urt. v. 31.10.2012 – XII ZR 30/10).

6 Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen. Bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen können i.d.R. 200–550 € angesetzt werden.

7 Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8 Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind nur als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9 Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte, ggf. unter Berücksichtigung pauschaler berufsbedingter Kosten (BGH, Urt. v. 03.12.2008 – XII ZR 182/06, FamRZ 2009, 314, 317), sein.

Erzielbare Einkünfte sind im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt und der persönlichen Eigenschaften des Erwerbspflichtigen, namentlich Alter, Ausbildung, Berufserfahrung, Gesundheitszustand, Geschlecht, zu ermitteln und setzen auch bei Inanspruchnahme auf den Mindestunterhalt durch ein minderjähriges Kind eine objektiv feststellbare reale Beschäftigungschance voraus (BVerfG, 1. Senat 2. Kammer, Beschl. v. 11.03.2010 – 1 BvR 3031/08, FamRZ 2010, 793).

10 Bereinigung des Einkommens

Das nach Nr. 1–9 ermittelte Einkommen ist wie folgt zu bereinigen:

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzuziehen (Nettoeinkommen).

Steuern/Splittingvorteil

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags bei Fahrtkosten, für unstreitigen oder titulierten Unterhalt).

Vorsorgeaufwendungen

Vom Einkommen sind ferner Aufwendungen für Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung abzuziehen.

Im Rahmen der Altersvorsorge können über die Aufwendungen zur Grundversorgung (primäre Altersvorsorge) hinaus in angemessenem Umfang auch tatsächlich geleistete Zahlungen für eine zusätzliche private Altersvorsorge (sekundäre Altersvorsorge) angesetzt werden. Für die primäre Altersvorsorge können Personen, die nicht der gesetzlichen Versicherungspflicht unterliegen, i.d.R. etwa 20 % des Bruttoeinkommens ansetzen, sofern die Aufwendungen tatsächlich erfolgen und die Altersvorsorge nicht bereits auf andere Weise gesichert ist. Für die sekundäre Altersvorsorge ist i.d.R. beim Ehegattenunterhalt und – wenn der Mindestbedarf gedeckt ist – beim Kindesunterhalt ein Betrag i.H.v. 4 %, bei Eltern- und Enkelunterhalt i.H.v. 5 % des Bruttoeinkommens angemessen.

10.2 Berufungsbedingte Aufwendungen

Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen abzuziehen.

Konkrete Aufwendungen

Eine Pauschale von 5 % wird i.d.R. nicht gewährt, sondern die berufsbedingten Aufwendungen sind im Einzelnen darzulegen.

Fahrtkosten

Für notwendige Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs können 0,30 € pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden. Damit sind i.d.R. Anschaffungs- und Betriebskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden (für die Mehrkilometer i.d.R. 0,20 €). Daneben sind weitere Kosten (etwa für Kredite oder Reparaturen) regelmäßig nicht absetzbar. Eine Verweisung auf die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel kommt nach Billigkeit in Betracht, insbesondere wenn der Mindestunterhalt nicht geleistet werden kann.

Ausbildungsaufwand

Bei einem Auszubildenden sind i.d.R. 100 € als pauschaler ausbildungsbedingter Aufwand abzuziehen, unabhängig davon, ob er im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebt. Höherer Aufwand (auch Fahrtkosten) ist konkret nachzuweisen.

10.3 Kinderbetreuung

Kinderbetreuungskosten und damit zusammenhängende Aufwendungen sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich wird. Der pauschale Abzug eines Betreuungsbonus kommt dagegen nicht in Betracht (BGH, Urt. v. 21.04.2010 – XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050).

10.4 Schulden

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zinsen und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplans in angemessenen Raten erfolgen.

Im Verhältnis zu minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern besteht grundsätzlich die Obliegenheit zur Einleitung der Verbraucherinsolvenz (BGHZ 162, 234), nicht aber gegenüber sonstigen Unterhaltsberechtigten (BGH, Urt. v. 12.12.2007 – XII ZR 23/06, FamRZ 2008, 497).

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind nur eheprägende Schulden abzuziehen. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (BGH, Urt. v. 07.12.2011 – XII ZR 151/09, FamRZ 2012, 281).

Bei Verwandtenunterhalt sowie bei der Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind die Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen.

10.5 Unterhaltsleistungen

Unterhaltsleistungen für vorrangig Berechtigte sind beim Verpflichteten zur Ermittlung der Leistungsfähigkeit vorweg mit dem Zahlbetrag abzuziehen. Leistet der Berechtigte einem nicht gemeinsamen minderjährigen oder privilegierten volljährigen Kind Barunterhalt, so ist auch dieser mit dem nach seinen Einkommensverhältnissen maßgeblichen Zahlbetrag abzugsfähig. Im Übrigen richtet sich die Abzugsfähigkeit von Unterhaltsleistungen nach den Umständen des Einzelfalls.

10.6 Vermögensbildung

Bei vermögenswirksamen Leistungen nach den Vermögensbildungsgesetzen sind die Arbeitgeberleistung und die Arbeitnehmersparzulage nicht als unterhaltsrechtliches Einkommen zu werten. Eine weitergehende Arbeitnehmerleistung ist vom Einkommen abzuziehen, wenn sie als angemessene Vorsorgeaufwendung (Nr. 10.1.2) anerkannt werden kann. Im Übrigen sind vermögensbildende Aufwendungen im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

10.7 Umgangskosten

Kosten der Ausübung des Umgangsrechts, die deutlich über den verbleibenden Anteil am Kindergeld (vgl. Nr. 14) hinausgehen, können durch einen – teilweisen – Abzug vom Einkommen oder eine Erhöhung des Ehegattenselbstbehalts berücksichtigt werden (BGH, Urt. v. 17.06.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391, 1396).

Kindesunterhalt

11 Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anhang I). Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe der ersten drei Altersstufen entsprechen dem Mindestbedarf gem. § 1612a Abs. 1 BGB (vgl. BGBl I 2015, 2188) i.d.F. der Dritten Verordnung zur Änderung der Mindestunterhaltsverordnung v. 03.11.2020 (BGBl I, 2344). Die Bedarfssätze der vierten Altersstufe – ab 18 Jahren – errechnen sich auf der Grundlage von 125 % des Mindestbedarfs. Bei minderjährigen Kindern kann der Barunterhalt als Festbetrag oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge, Studiengebühren

Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind. Ist dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert, so sind die Beiträge zusätzlich zu zahlen. Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche Versicherungskosten zu bereinigen. In den Tabellenbeträgen sind auch Studiengebühren nicht enthalten.

11.2 Eingruppierung

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige zwei Berechtigten, ohne Rücksicht auf den Rang, Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere Gruppen angemessen sein. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, setzt sich der Vorrang der Kinder nach § 1609 Nr. 1 BGB durch (Nr. 24).

12 Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil i.d.R. keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils und der eigene angemessene Unterhalt (1.400 €) des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB).

12.2 Einkommen des Kindes

Einkommen des Kindes wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Sind bei auswärtiger Unterbringung oder bei Praktizierung eines echten Wechselmodells (Betreuung 50 : 50) beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (BGH, Beschl. v. 11.01.2017 – XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437; Berechnung siehe Nr. 13.3). Der Unterhaltsbedarf umfasst auch die infolge des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten. Der dem Kind von einem Elternteil während dessen Betreuungszeiten im Wechselmodell geleistete Naturalunterhalt ist als (teilweise) Erfüllung des Unterhaltsanspruchs zu berücksichtigen.

Bei auswärtiger Unterbringung kann der Verteilungsschlüssel unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwands wertend verändert werden.

12.4 Zusatzbedarf

Bei Zusatzbedarf (Prozess-/Verfahrenskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Nr. 13.3). Beiträge für Kindereinrichtungen stellen mit Ausnahme der Verpflegungskosten ebenfalls Mehrbedarf des Kindes dar (BGH, Urt. v. 26.11.2008 – 65/07, FamRZ 2009, 962). Sonstiger Betreuungsbedarf ist nur dann Mehrbedarf des Kindes, wenn er über den Umfang der von dem betreuenden Elternteil ohnehin geschuldeten Betreuung hinausgeht und eine besondere Förderung des Kindes in staatlichen Kindergärten, Kindertagesstätten oder Horten oder in vergleichbaren privaten Einrichtungen betrifft. Wird die Betreuung eines Kindes durch Dritte hingegen allein infolge der Berufstätigkeit des betreuenden Elternteils erforderlich, so stellen die Betreuungskosten keinen Mehrbedarf des Kindes dar, sondern gehören zur allgemeinen Betreuung, die vom betreuenden Elternteil im Gegenzug zur Barunterhaltspflicht des anderen allein zu leisten ist. Dafür entstehende Betreuungskosten können lediglich als berufsbedingte Aufwendungen des betreuenden Elternteils Berücksichtigung finden (BGH, Beschl. v. 04.10.2017 – XII ZB 55/17, FamRZ 2018, 23).

13 Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. Sind beide Eltern leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3.1), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne Höhergruppierung oder Herabstufung) zu bemessen. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt i.d.R. monatlich 860 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 375 €) ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern nach oben abgewichen werden.

Für die Haftungsquote gilt in beiden Fällen Nr. 13.3.

13.2 Einkommen des Kindes

Auf den Unterhaltsbedarf werden das Kindergeld (Nr. 14) sowie Einkünfte des Kindes, auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl. Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht

Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Hiervon ist bei Unterhaltsansprüchen nicht privilegierter volljähriger Kinder ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1.400 €) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzgl. 1.400 € mal (Rest-)Bedarf gemäß Nr. 13.1/13.2 (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzgl. 2.800 (= 1.400 + 1.400) €.

Haftungsanteil Elternteil 1 = (N1 – 1.400) x R / (N1 + N2 – 2.800).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (960 €/1.160 €) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

14 Verrechnung des Kindergeldes

Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612b BGB auf den Tabellenunterhalt anzurechnen, vgl. Anhang Tabelle Zahlbeträge.

Ehegattenunterhalt

15 Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen

Der Unterhaltsbedarf richtet sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Nacheheliche Entwicklungen wirken sich auf die Bedarfsbemessung nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, wenn sie auch bei fortbestehender Ehe eingetreten wären oder in anderer Weise in der Ehe angelegt oder mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten waren (BGH, Urt. v. 07.12.2011 – XII ZR 151/09, FamRZ 2012, 281).

Bei Aufnahme oder Ausdehnung einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung ist das (Mehr-)Einkommen, welches der Berechtigte erzielt oder pflichtwidrig zu erzielen unterlässt, als Surrogat der Haushaltsführung anzusehen (BGH, Urt. v. 07.12.2011 – XII ZR 151/09, FamRZ 2012, 281; BGH, Beschl. v. 25.09.2019 – XII ZB 25/19).

Nachrangige Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder sind bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs des Ehegatten zu berücksichtigen, wenn sie eheprägende Verbindlichkeiten darstellen (BGH, Urt. v. 31.10.2012 – XII ZR 30/10).

Ohne Auswirkung auf den Unterhaltsbedarf sind nacheheliche Entwicklungen, die keinen Anknüpfungspunkt in der Ehe haben, wie die Unterhaltspflicht gegenüber einem neuen Ehegatten, der Splittingvorteil aus der neuen Ehe, sonstige von der neuen Ehe abhängige Einkommenszuschläge, der Vorteil des Zusammenlebens in der neuen Ehe und die Unterhaltspflicht für ein nachehelich geborenes Kind (BGH, Urt. v. 07.12.2011 – XII ZR 151/09, FamRZ 2012, 281).

Übersteigt der so ermittelte Bedarf des Berechtigten den Betrag, der dem Verpflichteten für den eigenen Unterhalt verbleibt (relativer Mangelfall), führt dies zur Kürzung des Unterhalts des Berechtigten und des individuellen Selbstbehalts des Verpflichteten. Ist für den Unterhaltsberechtigen die Untergrenze seines eigenen Selbstbehalts erreicht (absoluter Mangelfall), ist der Unterhalt des Berechtigten entsprechend der in § 1609 BGB geregelten Rangfolge und bei Gleichrang anteilig zu kürzen (BGH, Urt. v. 07.12.2011 – XII ZR 151/09, FamRZ 2012, 281).

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch tatsächliche und fiktive Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksichtigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom gemäß Nr. 10 bereinigten Nettoeinkommen).

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Macht der Unterhaltsberechtigte – vor Abzug seines eigenen Einkommens – einen Elementarbedarf von über 5.500 € geltend, so hat er seinen Bedarf konkret darzulegen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.11.2017 – XII ZB 503/16, FamRZ 2018, 260).

Er kann seinen Bedarf konkret dadurch berechnen, dass er diejenigen Positionen benennt, die während des ehelichen Zusammenlebens nicht für die allgemeine Lebensführung verwendet wurden (z.B. Sparrate, anderweitige Vermögensbildung), und den sich daraus ergebenden Quotenunterhalt geltend machen.

Alternativ kann er auch die nach den ehelichen Lebensverhältnissen maßgeblichen Bedarfspositionen im Einzelnen darlegen. Die Höhe des Elementarunterhalts wird dabei durch den Quotenunterhalt gemäß Nr. 15.2 begrenzt.

Beispiel:

M erzielt ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Monatsnettoeinkommen von 20.000 €. F macht Trennungsunterhalt geltend. Sie reklamiert für sich einen Bedarf von 6.000 €. Diesen Bedarf kann sie wie folgt darlegen:

Alternative 1:

F legt dar, dass während der Ehe von den 20.000 € monatlich 6.000 € gespart wurden und der Rest von 14.000 € für die allgemeine Lebensführung verwendet worden ist.

Konkrete Bedarfsberechnung: (20.000 € – 6.000 €) x 3/7 = 6.000 €

Alternative 2:

F legt die einzelnen Positionen ihres Elementarbedarfs dar, z.B. für

-

Wohnen 2.000 €

-

Lebensmittel 1.000 €

-

Friseur 100 €

-

Autokosten 400 €

-

Urlaub 1.000 €

-

Kosmetik 100 €

-

Kleidung 800 €

-

Restaurantbesuche 200 €

-

Kommunikation (Handy, Zeitung) 200 €

-

Golf 200 €

-

Gesamt 6.000 €

Unterhaltsbegrenzung: 20.000 € x 3/7 = 8.572 €. Die geforderten 6.000 € liegen unter diesem Grenzbetrag.

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf

Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Wegen des Vorrangs des Elementarunterhalts besteht ein Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt nur insoweit, als das Existenzminimum des Berechtigten (Nr. 23.2) gesichert ist.

Der Altersvorsorgeunterhalt ist regelmäßig nach der Bremer Tabelle zweistufig zu berechnen. Bei besonders günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen kommt eine einstufige Berechnung in Betracht. Der Altersvorsorgeunterhalt ist nicht auf den Höchstbetrag nach Maßgabe der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung beschränkt (BGH, Urt. v. 25.10.2006 – XII ZR 141/04, FamRZ 2007, 117).

15.5 Bedarf bei Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen mehrerer Ehegatten und/oder Berechtigter nach § 1615l BGB

Bei Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen des geschiedenen Ehegatten und des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden (neuen) Ehegatten bemisst sich der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen ohne Berücksichtigung der nachehelichen Entwicklungen (vgl. Nr. 15.1).

Die unterschiedliche Rangfolge der Ansprüche (§ 1609 Nr. 2, 3 BGB) ist erst im Rahmen der Prüfung der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei Berechtigten nach § 1615l BGB, es sei denn, ihr Bedarf (Nr. 18) ist geringer.

15.6 Trennungsbedingter Mehrbedarf

Trennungsbedingter Mehrbedarf bleibt i.d.R. außer Betracht (BGH, Urt. v. 18.11.2009 – XII ZR 65/09, FamRZ 2010, 111).

15.7 Begrenzung und Befristung nach § 1578b BGB

Aus § 1578b BGB ergibt sich, dass die Herabsetzung wie auch die Befristung des Unterhalts nicht die Regel, sondern die Ausnahme darstellt (BGH, Urt. v. 04.08.2010 – XII ZR 7/09, FamRZ 2010, 1633).

Ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt ist nach § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf, nicht jedoch geringer als 960 €, herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Nach § 1578b Abs. 2 Satz 1 BGB ist ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre (BGH, Urt. v. 20.10.2010 – XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059).

Bei der Billigkeitsprüfung nach § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB ist vorrangig zu berücksichtigen, ob ehebedingte Nachteile eingetreten sind. Diese stehen schon deshalb regelmäßig einer Befristung des nachehelichen Unterhalts entgegen, weil der Unterhaltsberechtigte dann seinen eigenen angemessenen Unterhalt nicht selbst erzielen kann. Fehlen ehebedingte Nachteile, so ist über eine Herabsetzung auf den angemessenen Lebensbedarf im Wege einer umfassenden Billigkeitsabwägung zu entscheiden, bei der auch eine über die Kompensation ehebedingter Nachteile hinausgehende nacheheliche Solidarität zu berücksichtigen ist. Die Ehedauer, bei der auf die Zeit von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags abzustellen ist, gewinnt durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht, die insbesondere durch Aufgabe einer eigenen Erwerbstätigkeit wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder oder der Haushaltsführung eintritt (BGH, Urt. v. 06.10.2010 – XII ZR 202/08, FamRZ 2010, 1971). Im Rahmen der Abwägung nach § 1578b BGB findet eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens nicht statt (BGH, Urt. v. 20.10.2010 – XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059).

Im Rahmen der Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des Unterhalts ist der Unterhaltspflichtige für die Tatsachen darlegungs- und beweisbelastet, die für eine Befristung sprechen. Hinsichtlich der Tatsache, dass ehebedingte Nachteile nicht entstanden sind, trifft den Unterhaltsberechtigten aber nach den Regeln zum Beweis negativer Tatsachen eine sogenannte sekundäre Darlegungslast. Der Unterhaltsberechtigte muss die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert bestreiten und seinerseits darlegen, welche konkreten ehebedingten Nachteile entstanden sein sollen. Erst wenn das Vorbringen des Unterhaltsberechtigten diesen Anforderungen genügt, müssen die vorgetragenen ehebedingten Nachteile vom Unterhaltspflichtigen widerlegt werden (BGH, Urt. v. 24.03.2010 – XII ZR 175/08, FamRZ 2010, 875).

Der Unterhaltsberechtigte kann im Einzelfall seiner – sekundären – Darlegungslast genügen, wenn er vorträgt, dass in dem von ihm erlernten Beruf Gehaltssteigerungen in einer bestimmten Höhe mit zunehmender Berufserfahrung bzw. Betriebszugehörigkeit üblich sind (BGH, Urt. v. 20.10.2010 – XII ZR 53/09, FamRZ 2010, 2059).

16 Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte, die der Berechtigte erzielt oder pflichtwidrig zu erzielen unterlässt, sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus (1/7) zu vermindern ist.

17 Erwerbsobliegenheit

17.1 bei Kindesbetreuung

Es besteht bei der Betreuung von Kindern nach Vollendung des dritten Lebensjahres die Obliegenheit, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, solange keine kind- oder elternbezogenen Gründe i.S.d. § 1570 BGB diese Erwerbsobliegenheit einschränken (BGH, Urt. v. 18.03.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; Urt. v. 17.06.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391 und Urt. v. 21.04.2010 – XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050).

Im Rahmen der Billigkeitsentscheidung über eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts aus kindbezogenen Gründen (§ 1570 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB) ist stets zunächst der individuelle Umstand zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Kindesbetreuung auf andere Weise gesichert ist oder in kindgerechten Betreuungseinrichtungen gesichert werden könnte. Mit der Neugestaltung des nachehelichen Betreuungsunterhalts in § 1570 BGB hat der Gesetzgeber für Kinder ab Vollendung des dritten Lebensjahres den Vorrang der persönlichen Betreuung aufgegeben (BGH, Urt. v. 18.03.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; Urt. v. 17.06.2009 – XII ZR 102/08, FamRZ 2009, 1391; Urt. v. 21.04.2010 – XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050 und Urt. v. 08.04.2012 – XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040).

Eine Erwerbstätigkeit kann auch aus Gründen der nachehelichen Solidarität unbillig erscheinen. Das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung gewinnen bei längerer Ehedauer oder Aufgabe der Erwerbstätigkeit zur Erziehung gemeinsamer Kinder weiter an Bedeutung (ehebezogene Gründe, § 1570 Abs. 2 BGB, vgl. BGH, Urt. v. 15.09.2010 – XII ZR 20/09, FamRZ 2010, 1880). Zur Beurteilung einer überobligationsmäßigen Belastung im Rahmen der Verlängerung des Betreuungsunterhalts ist auch der Aspekt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil zu berücksichtigen (BGH, Urt. v. 18.03.2009 – XII ZR 74/08, FamRZ 2009, 770; v. 16.07.2008 – XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739; v. 21.04.2010 – XII ZR 134/08, FamRZ 2010, 1050 und v. 08.04.2012 – XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040).

Die Darlegungs- und Beweislast für die Umstände, die einer vollen oder teilweisen Erwerbsobliegenheit entgegenstehen, trifft den betreuenden Elternteil. Dies gilt auch, wenn ein Titel über den Basisunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB abgeändert werden soll. An die für eine Verlängerung des Betreuungsunterhalts insbesondere aus kindbezogenen Gründen erforderlichen Darlegungen sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen (BGH, Urt. v. 15.06.2011 – XII ZR 94/09, FamRZ 2011, 1375; Urt. v. 08.04.2012 – XII ZR 65/10, FamRZ 2012, 1040).

Der Titel über den zeitlichen Basisunterhalt nach § 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB ist grundsätzlich nicht zu befristen. Eine Befristung des Titels über Betreuungsunterhalt im Übrigen kommt nicht in Betracht, eine Begrenzung vom eheangemessenen auf den angemessenen Unterhalt nach der eigenen Lebensstellung kann unter Berücksichtigung des Kindeswohls aus Gründen der Billigkeit erfolgen (BGH, Urt. v. 06.05.2009 – XII ZR 114/08, FamRZ 2009, 1124).

17.2 bei Trennungsunterhalt

In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Unterhaltsansprüche

18 Ansprüche nach § 1615l BGB

Der Bedarf des nach § 1615l Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB unterhaltsberechtigten Elternteils bemisst sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes erreicht hätte (BGH, Beschl. v. 10.06.2015 – XII ZB 251/14, BGHZ 205, 342, FamRZ 2015, 1369). Der Bedarf kann nicht von dem ggf. höheren Einkommen des Unterhaltspflichtigen abgeleitet werden, auch dann nicht, wenn die Kindeseltern längere Zeit zusammengelebt haben (BGH, Urt. v. 16.07.2008 – XII ZR 109/05, FamRZ 2008, 1739). Dem Berechtigten ist jedoch jedenfalls ein Bedarf zuzubilligen, der nicht unter dem Existenzminimum liegt und mit dem notwendigen Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen von gegenwärtig 960 € angesetzt werden kann (BGH, Urt. v. 16.12.2009 – XII ZR 50/08, FamRZ 2010, 357). Hinsichtlich der Erwerbsobliegenheit gelten die Grundsätze unter Nr. 17.1 entsprechend.

19 Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9.).

20 Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 5, 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21 Selbstbehalt

Dem Unterhaltspflichtigen muss nach Abzug der Unterhaltsansprüche der Selbstbehalt (Eigenbedarf) verbleiben.

21.1 Grundsatz

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) sowie dem eheangemessenen Selbstbehalt (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB; BGH, Urt. v. 15.03.2006 – XII ZR 30/04, FamRZ 2006, 683).

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Der notwendige Selbstbehalt (Eigenbedarf) beträgt gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern und gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden,

– beim nichterwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 960 €,

– beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 1.160 €.

Hierin sind 430 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten.

21.3 Angemessener Selbstbehalt

Der angemessene Selbstbehalt beträgt:

gegenüber nicht privilegiertem volljährigen Kind

i.d.R. 1.400 €. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 550 € enthalten.

Nach Verlust einer bereits erlangten wirtschaftlichen Selbständigkeit des Kindes beträgt der angemessene Selbstbehalt 2.000 € (vgl. BGH, Urt. v. 18.01.2012 – XII ZR 15/10, FamRZ 2012, 530, und v. 18.07.2012 – XII ZR 91/10, FamRZ 2012, 1553).

gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615l BGB

1.280 €, falls erwerbstätig, 1.180 €, falls nicht erwerbstätig (vgl. Nr. 21.4). Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 490 € enthalten.

beim Elternunterhalt

Dem Unterhaltspflichtigen ist der angemessene Eigenbedarf zu belassen. Bei dessen Bemessung sind Zweck und Rechtsgedanken des Gesetzes zur Entlastung unterhaltspflichtiger Angehöriger in der Sozialhilfe und in der Eingliederungshilfe (Angehörigen-Entlastungsgesetz) vom 10.12.2019 (BGBl I, 2135) zu beachten.

von Großeltern gegenüber Enkeln

mindestens monatlich 2.000 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens, bei Vorteilen des Zusammenlebens i.d.R. 45 %, zusätzlich anrechnungsfrei bleibt (vgl. BGH, Urt. v. 28.07.2010 – XII ZR 140/07, FamRZ 2010, 1535). Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 700 € enthalten.

21.4 Mindestselbstbehalt gegenüber Ehegatten

Der eheangemessene Selbstbehalt beträgt 1.280 € beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen, 1.180 € beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (vgl. BGH, Beschl. v. 16.10.2019 – XII ZB 341/17). Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 490 € enthalten.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

Wird konkret eine erhebliche und nach den Umständen nicht vermeidbare Überschreitung der in den einzelnen Selbstbehalten enthaltenen Wohnkosten dargelegt, erhöht sich der Selbstbehalt. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung i.d.R. nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen. Besteht für den Verpflichteten ein Anspruch auf Wohngeld, ist dieser wohnkostenmindernd zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.3).

Eine Herabsetzung des Selbstbehalts allein wegen geringerer als der im Selbstbehalt berücksichtigten Wohnkosten kommt auch im Rahmen der gesteigerten Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern nicht in Betracht.

Hingegen kann der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen wegen einer infolge gemeinsamer Haushaltsführung tatsächlich eingetretenen Ersparnis herabgesetzt werden, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen (BGH, Urt. v. 03.12.2008 – XII ZR 182/06, FamRZ 2009, 314, 316 und v. 09.01.2008 – XII ZR 170/05, FamRZ 2008, 594, 598).

Bei der Berechnung des Mindestunterhalts für minderjährige Kinder ist der Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen wegen der durch Synergieeffekte eingetretenen Haushaltsersparnis um 10 %, derzeit um 96 bzw. 116 €, herabzusetzen, wenn der Pflichtige in einer neuen Haushaltsgemeinschaft lebt (BGH, Urt. v. 30.01.2013 – XII ZR 158/10, FamRZ 2013, 616, 618).

22 Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Bedarf bei Ansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten

Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden neuen Ehegatten wird mit 1.024 € (erwerbstätig) bzw. 944 € (nicht erwerbstätig) angesetzt.

22.2 Mindestbedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder

Der Mindestbedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bei Ansprüchen nicht privilegierter volljähriger Kinder beträgt 1.120 €, nach Verlust einer bereits erlangten wirtschaftlichen Selbständigkeit des Kindes 1.600 € (vgl. 21.3.1).

22.3 Mindestbedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln

Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern oder von Enkeln der Unterhaltspflichtige verheiratet, wird für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten ein Betrag von mindestens 1.600 € angesetzt. Im Familienmindestbedarf (vgl. Nr. 21.3.3 und 21.3.4) von 3.600 € (2.000 € + 1.600 €) sind die Kosten für Unterkunft und Heizung i.H.v. 1.300 € enthalten.

Der Familienselbstbehalt trägt bereits dem Umstand Rechnung, dass die Ehegatten durch ihr Zusammenleben Haushaltsersparnisse erzielen (BGH, Urt. v. 18.07.2012 – XII ZR 91/10, FamRZ 2012, 1553).

23 Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten

23.1 Bedarf bei Ansprüchen des nachrangigen, geschiedenen Ehegatten

Der Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten beträgt bei Ansprüchen des nachrangigen, geschiedenen Ehegatten 1.280 € (erwerbstätig) bzw. 1.180 € (nicht erwerbstätig).

23.2 Bedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder

Der Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten beträgt bei Ansprüchen volljähriger Kinder 1.400 €.

23.3 Bedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln

Der Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten beträgt bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln 2.000 €.

24 Mangelfall

24.1 Grundsatz

Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht. Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellte Kinder dem Zahlbetrag der Unterhaltstabelle, für den getrenntlebenden/geschiedenen Ehegatten und für den Berechtigten nach § 1615l BGB sowie den mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten dem jeweiligen ungedeckten Bedarfsbetrag (Nr. 15, 16).

24.2 Einsatzbeträge

Als Einsatzbeträge im Mangelfall (Existenzminimum) sind im Verhältnis von gleichrangigen Berechtigten zueinander anzusetzen:

-

bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern der Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle (Zahlbeträge),

-

bei allen anderen Berechtigten der nach den allgemeinen Regeln bestimmte Bedarf.

Anrechenbares Einkommen des Berechtigten ist von seinem Einsatzbetrag abzuziehen.

24.3 Berechnung

Die nach Abzug des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unterhaltsansprüche zu verteilen.

24.4 Angemessenheitskontrolle

Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen.

25 Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

Anhang

I. Düsseldorfer Tabelle

II. Tabelle Zahlbeträge

III. Umrechnung dynamischer Titel über Kindesunterhalt in Mindestunterhalt gem. § 36 Abs. 3 EGZPO

Anhang

I. Düsseldorfer Tabelle (Stand: 01.01.2021)

(alle Beträge in Euro)

 

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen (Anm.

3, 4)

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB)

Prozent- satz

Bedarfskontrollbetrag (Anm. 6)

 

 

0–5

6–11

12–17

ab 18

 

 

Alle Beträge in Euro

1.

bis 1.900

393

451

528

564

100

960/1.160

2.

1.901

2.300

413

474

555

593

105

1.400

3.

2.301

2.700

433

497

581

621

110

1.500

4.

2.701

3.100

452

519

608

649

115

1.600

5.

3.101

3.500

472

542

634

677

120

1.700

6.

3.501

3.900

504

578

676

722

128

1.800

7.

3.901

4.300

535

614

719

768

136

1.900

8.

4.301

4.700

566

650

761

813

144

2.000

9.

4.701

5.100

598

686

803

858

152

2.100

10.

5.101

5.500

629

722

845

903

160

2.200

 

 

 

ab 5.501

Auf den Beschluss des BGH vom 16.09.2020 – XII ZB 499/19 wird hingewiesen.

 

 

II. Tabellen Zahlbeträge

Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge.

Seit dem 01.01.2021 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind 219 €, für das dritte Kind 225 € und ab dem vierten Kind 250 €.

 

1. und 2. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

283,50

341,50

418,50

345

100

2.

1.901

2.300

303,50

364,50

445,50

374

105

3.

2.301

2.700

323,50

387,50

471,50

402

110

4.

2.701

3.100

342,50

409,50

498,50

430

115

5.

3.101

3.500

362,50

432,50

524,50

458

120

6.

3.501

3.900

394,50

468,50

566,50

503

128

7.

3.901

4.300

425,50

504,50

609,50

549

136

8.

4.301

4.700

456,50

540,50

651,50

594

144

9.

4.701

5.100

488,50

576,50

693,50

639

152

10.

5.101

5.500

519,50

612,50

735,50

684

160

3. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

280,50

338,50

415,50

339

100

2.

1.901

2.300

300,50

361,50

442,50

368

105

3.

2.301

2.700

320,50

384,50

468,50

396

110

4.

2.701

3.100

339,50

406,50

495,50

424

115

5.

3.101

3.500

359,50

429,50

521,50

452

120

6.

3.501

3.900

391,50

465,50

563,50

497

128

7.

3.901

4.300

422,50

501,50

606,50

543

136

8.

4.301

4.700

453,50

537,50

648,50

588

144

9.

4.701

5.100

485,50

573,50

690,50

633

152

10.

5.101

5.500

516,50

609,50

732,50

678

160

Ab 4. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

268

326

403

314

100

2.

1.901

2.300

288

349

430

343

105

3.

2.301

2.700

308

372

456

371

110

4.

2.701

3.100

327

394

483

399

115

5.

3.101

3.500

347

417

509

427

120

6.

3.501

3.900

379

453

551

472

128

7.

3.901

4.300

410

489

594

518

136

8.

4.301

4.700

441

525

636

563

144

9.

4.701

5.100

473

561

678

608

152

10.

5.101

5.500

504

597

720

653

160

III. Umrechnung nach § 36 Nr. 3 EGZPO für bis zum 31.12.2007 erstellte dynamische Unterhaltstitel über Kindesunterhalt

Ist Kindesunterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags zu leisten, bleibt der vor dem 31.12.2007 errichtete Titel bestehen. Eine Abänderung ist nicht erforderlich. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt ein neuer Prozentsatz vom Mindestunterhalt. Dieser ist für die jeweils maßgebliche Altersstufe gesondert zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen (§ 36 Nr. 3 EGZPO).

Der neue Prozentsatz ist auf der Basis des Mindestunterhalts der Altersstufe zu ermitteln, der das Kind am 31.12.2007 angehörte. Für die nachfolgenden Jahre ist der so ermittelte Prozentsatz weiterhin maßgeblich (BGH, Urt. v. 18.04.2012 – XII ZR 66/10, FamRZ 2012, 1048). Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem jeweils im entsprechenden Unterhaltszeitraum gültigen Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro aufzurunden (§ 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB). Der Zahlbetrag ergibt sich aus dem um das jeweils anteilige Kindergeld verminderten bzw. erhöhten Bedarf.

Es sind vier Fallgestaltungen zu unterscheiden:

1. Der Titel sieht die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes (für das erste bis dritte Kind 77 €, ab dem vierten Kind 89,50 €) oder eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3a EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100

= Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel für 1. Altersstufe

 

(196 € + 77 €) x 100

= 97,8 %

279 € x 97,8 % = 272,86 €, aufgerundet 273 €

279 €

Zahlbetrag: 273 € – 77 € = 196 €

2. Der Titel sieht die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3b EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag – 1/2 Kindergeld) x 100

= Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel für 1. Altersstufe

 

(273 € – 77 €) x 100

= 70,2 %

279 € x 70,2 % = 195,85 €, aufgerundet 196 €

279 €

Zahlbetrag: 196 € + 77 € = 273 €

3. Der Titel sieht die Anrechnung des vollen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3c EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/1 Kindergeld) x 100

= Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel für 2. Altersstufe

 

(177 € + 154 €) x 100

= 102,7 %

322 € x 102,7 % = 330,69 €, aufgerundet 331 €

322 €

Zahlbetrag: 331 € – 154 € = 177 €

4. Der Titel sieht weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3d EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100

= Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel für 3. Altersstufe

 

(329 € + 77 €) x 100

= 111,2 %

365 € x 111,2 % = 405,88 €, aufgerundet 406 €

365 €

Zahlbetrag: 406 € – 77 € = 329 €