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OLG Oldenburg

OLG Oldenburg: Unterhaltsrechtliche Leitlinien (Stand: 01.01.2020)

Vorbemerkung

Die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Oberlandesgerichts Oldenburg dienen nur als Hilfsmittel zur Bestimmung des angemessenen Unterhalts. Sie beruhen auf für typische Sachverhalte geltenden Erfahrungswerten. Insofern sollen sie zu einer einheitlichen Rechtsprechung beitragen. Sie haben jedoch keine bindende Wirkung und können die Prüfung des Einzelfalls nicht ersetzen.

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

Der Unterhaltsberechnung sind alle Einnahmen und Ausgaben mit 1/12 ihres Jahresbetrags zugrunde zu legen.

1. Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschließlich Renten und Pensionen

Maßgebend sind die Einnahmen eines Jahres einschließlich Zulagen, Weihnachts- und Urlaubsgeld, Prämien, Tantiemen sowie sonstiger regelmäßiger Einmalzahlungen.

1.2 Unregelmäßige Einkommen

Bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen sind auf einen angemessenen Zeitraum umzulegen. Entsprechend ist bei anderen einmaligen Zuwendungen zu verfahren.

1.3 Überstunden

Vergütungen für Überstunden sind unterhaltspflichtige Einnahmen, soweit sie berufstypisch sind und das im jeweiligen Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

Darüber hinausgehende Einnahmen aus Überstunden oder Zusatzarbeit sind aufgrund der Umstände des Einzelfalls (hohe Schuldenbelastung, Sicherung des Mindestbedarfs) nach Billigkeit anzurechnen.

1.4 Spesen und Auslösungen

Auslösungen und Spesen sind Einnahmen, soweit sie sich nicht auf die Erstattung nachgewiesener Auslagen beschränken. Aufwendungspauschalen sind aufgrund häuslicher Ersparnis i.d.R. mit 1/3 ihres Nettowerts anzurechnen.

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

Bei Einkünften aus selbständiger Tätigkeit sind die im Durchschnitt von drei oder mehr Jahren für den Lebensunterhalt tatsächlich verfügbaren Mittel maßgebend.

1.5.1 Gewinn

Wird auf den steuerlich maßgeblichen Gewinn abgestellt, sind für das Wirtschaftsjahr gebildete Rückstellungen (§ 5 Abs. 2–4b EStG), die nach §§ 7a–7k EStG vorgenommenen Absetzungen für Abnutzung und Substanzverringerung sowie Sonderabschreibungen unterhaltsrechtlich zu korrigieren. Soweit Abschreibungen dem Gewinn hinzugerechnet werden, sind die für diese Wirtschaftsgüter notwendigen Ausgaben sowie die Tilgung betrieblicher Kredite vom Gewinn abzusetzen.

1.5.2 Privatentnahmen

Privatentnahmen haben Indizcharakter für die Feststellung der verfügbaren Mittel.

1.6 Einkommen aus Vermietung u. Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen sind die Einnahmen abzüglich notwendiger Ausgaben maßgebend.

1.7 Steuererstattungen

Steuererstattungen und -zahlungen gehören i.d.R. zu den Einnahmen und Ausgaben im Jahr der Zahlung. Eine Fortschreibung für nachfolgende Jahre setzt voraus, dass die Bemessungsgrundlagen im Wesentlichen unverändert bleiben.

Steuererstattungen sind nicht als Einkommen anzurechnen, soweit der ihnen zugrundeliegende Aufwand unterhaltsrechtlich unberücksichtigt bleibt.

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 136 SGB III) und Krankengeld

Arbeitslosengeld (§ 136 SGB III) und Krankengeld

2.2 Arbeitslosengeld II (§§ 1932 SGB II)

Arbeitslosengeld II (§§ 1932 SGB II):

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind nicht als unterhaltsrelevantes Einkommen anzurechnen. Soweit ein Übergang des Anspruchs auf den Träger der Leistungen nach § 33 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen ist (auch bei fiktivem Einkommen), können Unterhaltsforderungen eines Leistungsempfängers für die Vergangenheit treuwidrig sein (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843).

2.3 Wohngeld

2.4 BAföG

BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehn gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Elterngeld

Elterngeld ist mit dem 300 €/Kind (bei verlängertem Bezug 150 €) übersteigenden Betrag als Einkommen anzurechnen. Eine Anrechnung des Sockelbetrags erfolgt nur unter den Voraussetzungen des § 11 Satz 4 BEEG.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten

Renten wegen teilweiser oder vollständiger Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 43 SGB VI, § 56 SGB VII)

2.7 Leistungen der Pflegeversicherung, Blindengeld u.ä.

Leistungen aus der Pflegeversicherung (§ 13 SGB XI), Blindengeld sowie Schwerverletzten- und Pflegezulagen, jeweils nach Abzug des Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen, wobei § 1610a BGB zu beachten ist.

2.8 Pflegegeld

An die Pflegeperson weitergeleitetes Pflegegeld nach Maßgabe von § 13 Abs. 6 SGB XI sowie der Erziehungsbeitrag im Pflegegeld für Vollzeitpflege (§ 39 SGB VIII, Nds. MBl 2014, 964).

2.9 Grundsicherungsgesetz

Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (§§ 41 ff. SGB XII) nur beim Verwandtenunterhalt.

2.10 Sozialhilfe/Unterhaltsvorschuss

Nicht als Einkommen anzurechnen sind Sozialhilfe (SGB XII) und Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz. Für Unterhaltsrückstände gilt Nr. 2.2 entsprechend.

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht als Einkommen der Eltern angerechnet. Es ist für den Bedarf des Kindes zu verwenden.

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Sachbezüge (kostenlose oder verbilligte Wohnung, Vorteil Kfz-Nutzung, unentgeltliche Verpflegung, Mitarbeiterrabatt) sind mit den nach § 287 ZPO zu schätzenden ersparten Aufwendungen als Einkommen anzusetzen.

5. Wohnwert

Der Vorteil mietfreien Wohnens im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung von Vermögen wie Einkommen zu behandeln.

5.1 Bemessung

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit die ersparte Kaltmiete den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst (Zins- und Tilgungsleistungen) – ggf. vermindert um die Eigenheimzulage – und erforderliche Instandhaltungskosten übersteigt. Die nach § 2 BetrKV umlagefähigen Betriebskosten sind nicht abzusetzen.

5.2 Angemessener Wohnvorteil

In der Zeit bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder bis zum endgültigen Scheitern der Ehe (Zustellung des Scheidungsantrags) ist i.d.R. die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessene, ersparte Miete anzusetzen.

5.3 Objektiver Wohnvorteil

Nach der endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder dem endgültigen Scheitern der Ehe ist auf den aus Vermietung bzw. bei Anlage des Reinerlöses erzielbaren Nettoertrag abzustellen, mindestens jedoch auf den nach Nr. 5.2 anzusetzenden Betrag, sofern nicht ausnahmsweise eine anderweitige Nutzung der Wohnung unzumutbar ist.

6. Haushaltsführung

Für Haushaltsführungsleistungen in einer nichtehelichen Partnerschaft ist ein wirtschaftlicher Vorteil anzusetzen, sofern nicht die Leistungsunfähigkeit des Partners feststeht. Dieser Vorteil ist im Regelfall mit 500 € zu bewerten.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Aus unzumutbarer Tätigkeit erzieltes Einkommen kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, mietfreies Wohnen) sind i.d.R. nur dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

9.1 Erwerbsobliegenheit

Eine Erwerbsobliegenheit besteht bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Auszugehen ist von der Erwerbsobliegenheit eines Unterhaltsverpflichteten, die gegenüber minderjährigen und diesen gleichgestellten Kindern nach Maßgabe des § 1603 BGB gesteigert ist. Im Einzelfall kann diese auch die Aufnahme einer Nebentätigkeit umfassen.

9.1.1 Anforderungen bei Arbeitslosigkeit

Bei Arbeitslosigkeit sind über eine Meldung bei der Agentur für Arbeit oder telefonische Nachfragen hinausgehende eigenständige Erwerbsbemühungen im Einzelnen darzulegen und zu belegen.

Der Hinweis auf die Arbeitsmarktlage macht den Nachweis von Bemühungen nur im Ausnahmefall entbehrlich.

9.2 Fiktives Einkommen

Bei unzureichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz können fiktive Einkünfte nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Beruf, Alter und des zuletzt erzielten Verdienstes zugrunde gelegt werden.

9.2.1 Einkommensgrenzen

Bei ungelernten Arbeitskräften ist i.d.R. als Untergrenze ein bereinigtes Nettoeinkommen von zumindest 580 € bei halbtägiger Erwerbstätigkeit und von 1.050 € bei ganztägiger Erwerbstätigkeit zugrunde zu legen.

9.2.2 Nettoeinkommen

Diese Beträge berücksichtigen bereits Steuern und Sozialabgaben sowie die Berufskostenpauschale, nicht aber einen etwaigen Erwerbstätigenbonus.

9.3 Geringfügige Beschäftigung

Neben dem Bezug von Leistungen der Agentur für Arbeit kann die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung (§ 155 SGB III) in Betracht kommen.

9.4 Erwerbspflicht bei Wiederheirat

Dem wiederverheirateten Elternteil obliegt es ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe, durch Aufnahme einer Erwerbstätigkeit zum Unterhalt der Kinder aus einer früheren Ehe beizutragen, ggf. durch Aufnahme einer Teilzeitarbeit.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Von den Einnahmen sind die tatsächlich gezahlten Steuern abzuziehen. Es besteht grundsätzlich die Obliegenheit, mögliche Steuervorteile – insbesondere als außergewöhnliche Belastung (§ 33a Abs. 1 EStG) bzw. aus dem begrenzten Realsplitting (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) – durch Eintragung eines Freibetrags in Höhe des unstreitig geschuldeten Unterhaltsbetrags in Anspruch zu nehmen.

Solche Vorteile und mit einem bevorstehenden Wechsel der Steuerklasse verbundene Veränderungen können aufgrund einer Schätzung berücksichtigt werden.

Bei abhängig Beschäftigten sind zur Alters- und Krankenvorsorge die gesetzlichen Abgaben zur Sozialversicherung sowie Beiträge zur privaten Altersvorsorge zu berücksichtigen. Tatsächlich entrichtete Beiträge zur Alters- und Krankenvorsorge sind regelmäßig in einem im Verhältnis zu den Einnahmen angemessenen Umfang abzuziehen, bei zusätzlichen Beiträgen zur privaten Altersvorsorge i.d.R. mit 4 %, beim Elternunterhalt mit 5 % des Bruttoeinkommens.

Bei gesteigerter Unterhaltspflicht sind jedoch allenfalls nach § 82 EStG geförderte Vorsorgebeiträge bis zur Höhe des Mindesteigenbeitrags nach § 86 EStG (z.B. Riester-Rente) abzugsfähig.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

Berufsbedingte Aufwendungen sind von den Einnahmen vorweg abzuziehen.

10.2.1 Nichtselbständige Tätigkeit

Bei Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ist eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens – bei Vollzeittätigkeit mindestens 50 € und höchstens 150 € – anzusetzen.

Eine Anerkennung von diese Pauschale übersteigenden sowie mit anderen Einnahmen verbundenen Aufwendungen setzt die konkrete Darlegung des Aufwands voraus.

10.2.2 Pkw-Kosten

Für täglich anfallende Pkw-Kosten können dabei pauschal 0,30 € für die ersten 60 gefahrenen Kilometer sowie 0,20 € ab dem 61. Kilometer angesetzt werden. Darin sind Finanzierungskosten enthalten. Ausnahmsweise können stattdessen 0,20 € je gefahrenen Kilometer zuzüglich der Aufwendungen zur Fahrzeugfinanzierung angesetzt werden. Gegebenenfalls kommt eine Verweisung auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht.

10.2.3 Ausbildung

Bei einem in der Berufsausbildung stehenden Kind sind als ausbildungsbedingte Aufwendungen i.d.R. 100 € anzusetzen.

10.3 Kinderbetreuung

Als weitere berufsbedingte Aufwendungen gelten Kinderbetreuungskosten, soweit infolge der Berufstätigkeit eine Betreuung durch Dritte erforderlich ist. Eine nach §§ 22 ff. SGB VIII mögliche Unterstützung sowie Steuerermäßigungen sind in Anspruch zu nehmen. Nr. 12.4 ist zu beachten.

10.4 Schulden

Schulden (Zins und Tilgung) sind bei tatsächlicher Zahlung im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplans mit angemessenen Raten zu berücksichtigen.

10.4.1 Bedarfsermittlung

Für die Bedarfsermittlung sind Kreditbelastungen aus der Zeit vor der Eheschließung und die bis zur Trennung eingegangenen Verpflichtungen zu berücksichtigen.

10.4.2 Abzugsfähiger Umfang

Der Umfang abzuziehender Schulden ist unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Bei gesteigerter Unterhaltspflicht hat der Unterhaltsschuldner i.d.R. sein nach §§ 850c, 850f ZPO unpfändbares Einkommen einzusetzen. Es kommt in diesen Fällen eine Obliegenheit zur Einleitung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens in Betracht, wenn ein Antrag auf Restschuldbefreiung möglich und zumutbar ist.

10.5 Nicht belegt

10.6 Nicht belegt

10.7 Umgangskosten

Notwendige Aufwendungen zur Ausübung des Umgangsrechts können einkommensmindernd berücksichtigt werden. Diese sind zu berücksichtigen, wenn ansonsten der notwendige Selbstbehalt unterschritten würde.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Unterhaltsbedarf minderjähriger und volljähriger Kinder bemisst sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle.

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Die Tabellensätze enthalten keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Solche zusätzlich aufzubringenden Beiträge sind vorweg vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen abzuziehen.

11.2 Eingruppierung

Grundlage der Tabellensätze ist der Bedarf zweier Unterhaltsberechtigter. Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in eine niedrigere bzw. höhere Einkommensgruppe vorgenommen werden. Wird bei Leistung des Kindesunterhalts der angemessene Selbstbehalt (siehe Nr. 21.2) unterschritten, kommt eine Herabstufung in Betracht.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Die Höhe des Barbedarfs bemisst sich im Regelfall allein nach dem – um die für nachrangig Berechtigte gewährten Vorteile verminderten – Einkommen des das Kind nicht betreuenden Elternteils.

12.2 Einkommen des Kindes

Eigenes Einkommen des Kindes ist auf den Barbedarf zur Hälfte anzurechnen.

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Der das Kind betreuende Elternteil ist nur dann barunterhaltspflichtig, wenn sein Einkommen das Einkommen des anderen Elternteils erheblich übersteigt. Ferner kann er in angemessenem Umfang barunterhaltspflichtig sein, wenn der angemessene Bedarf des anderen Elternteils bei Leistung des Unterhalts gefährdet wäre (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB).

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet, haben sie den um das volle Kindergeld verminderten Gesamtbedarf anteilig nach dem Verhältnis ihrer den angemessenen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen zu tragen (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Das den notwendigen Selbstbehalt übersteigende Einkommen ist maßgebend, wenn der Bedarf des Kindes andernfalls nicht gedeckt werden kann.

12.4 Zusatzbedarf

Die Tabellensätze berücksichtigen keinen vom Normalfall abweichenden erhöhten Bedarf und Sonderbedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Hierzu gehören die berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für den Besuch von Kindergärten und vergleichbare Betreuungsformen. Soweit die Aufwendungen das hälftige Kindergeld (siehe Nr. 14) übersteigen, sind sie entsprechend Nr. 12.3 Abs. 2 von beiden Eltern zu tragen.

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zwischen Kindern mit eigenem Haushalt und im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebenden Kindern zu unterscheiden.

13.1.1 im elterlichen Haushalt lebend

Für im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnende volljährige Kinder bemisst sich der Bedarf nach der sich aus der Summe beider Einkommen ergebenden Einkommensgruppe – ohne Höher- oder Herabstufung.

13.1.2 eigener Hausstand

Bei Kindern mit eigenem Hausstand beträgt der angemessene Bedarf i.d.R. monatlich 860 €. Dieser Betrag enthält keine Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren.

13.2 Einkommen des Kindes

Auf den Bedarf sind Kindergeld und eigenes Einkommen des Kindes wie folgt anzurechnen:

-

Kindergeld in voller Höhe;

-

Ausbildungsvergütung in voller Höhe, für Kinder ohne eigenen Hausstand vermindert um ausbildungsbedingte Aufwendungen;

-

BAföG-Leistungen in voller Höhe – auch bei Gewährung als Darlehen – nicht jedoch die Vorausleistungen;

-

Einkünfte aus nicht geschuldeter Erwerbstätigkeit (z.B. Ferienjob) können nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Ab Volljährigkeit besteht – auch für minderjährigen Kindern gleichgestellte volljährige Kinder – grundsätzlich eine Barunterhaltspflicht beider Elternteile.

Beide Eltern schulden Unterhalt nach dem Verhältnis ihres jeweiligen den angemessenen Selbstbehalt von 1.400 € bzw. bei minderjährigen Kindern gleichgestellten volljährigen Kindern ggf. den notwendigen Selbstbehalt übersteigenden Einkommens. Nr. 10.5 und Nr. 12.3 Abs. 2 sind zu beachten. Kein Elternteil hat einen höheren Unterhaltsbetrag zu zahlen, als sich allein nach seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergäbe.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld wird nach § 1612b BGB bedarfsmindernd angerechnet. Der nach § 1612b Abs. 1 Nr. 1 BGB nicht anzurechnende Teil des Kindergeldes steht ggf. für den laufenden Lebensunterhalt übersteigende Bedarfe zur Verfügung (siehe Nr. 3, 12.4).

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnissen

Beim Trennungsunterhalt und nachehelichen Unterhalt wird der Bedarf bestimmt und begrenzt durch die ehelichen Lebensverhältnisse. Diese werden in erster Linie durch das für den gesamten Lebensunterhalt – ggf. nach Abzug des Zahlbetrags für minderjährige oder des Bedarfs für volljährige und noch in der Berufsausbildung befindliche Kinder – verfügbare Einkommen geprägt. Zur Vermögensbildung verwendete Teile des Einkommens bleiben bei der Bedarfsbemessung unberücksichtigt.

Bei Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr)Einkommen im Regelfall als prägend.

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Bei durchschnittlichen Einkommensverhältnissen bestimmt sich der Bedarf nach einer Quote vom Einkommen bzw. der Einkommensdifferenz. Bei Einkommen aus Erwerbsarbeit kann ein Erwerbstätigenbonus von bis zu 1/7 berücksichtigt werden. Im Übrigen gilt der Halbteilungsgrundsatz.

Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, kann hiervon abgewichen werden.

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Bei außergewöhnlich hohen Einkommensverhältnissen – i.d.R., wenn das für den Ehegattenunterhalt verfügbare gemeinsame Einkommen das Zweifache der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt – ist der Bedarf konkret darzulegen. Möglich ist auch die quotale Berechnung aus dem verfügbaren Gesamteinkommen abzüglich der hiervon zur Vermögensbildung aufgewandten Mittel.

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf

Der nach einer Quote vom Einkommen ermittelte Bedarf umfasst keine Beiträge zur Alters- und Krankenvorsorge. Altersvorsorgebedarf kann nur bei Sicherung des Elementarunterhalts beansprucht werden und ist i.d.R. vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen vorweg abzuziehen.

15.5 Nicht belegt

15.6 Nicht belegt

15.7 Nicht belegt

16. Bedürftigkeit

Auf einen konkret festgestellten Bedarf – bei guten Einkommensverhältnissen sowie einer eheunabhängigen Lebensstellung – ist eigenes Einkommen ohne Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus bedarfsmindernd anzurechnen.

17. Erwerbsobliegenheit

Bei nachehelichem Unterhalt besteht nur dann keine Verpflichtung zu einer eigenen Erwerbstätigkeit, wenn und soweit der geschiedene Ehegatte wegen Kindesbetreuung, Krankheit oder Alter an der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gehindert ist.

17.1 bei Kindesbetreuung

Vor Vollendung des dritten Lebensjahres eines Kindes besteht keine Obliegenheit, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszuweiten.

Ob und in welchem Umfang anschließend die Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit neben der Betreuung minderjähriger Kinder zumutbar ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der bisher ausgeübten Tätigkeit und den Möglichkeiten der Kinderbetreuung, zu beurteilen.

17.2 bei Trennungsunterhalt

Bei Getrenntlebensunterhalt besteht i.d.R. nach Ablauf des ersten Trennungsjahres die Obliegenheit, den eigenen Unterhalt durch Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit zu sichern. Nr. 17.1 ist zu beachten.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils.

19. Elternunterhalt

Der Bedarf ist konkret darzulegen. Leistungen nach §§ 41 ff. SGB XII (Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung) sind zu berücksichtigen. Die sich aus dem Angehörigenentlastungsgesetz möglicherweise ergebenden Besonderheiten sind nicht berücksichtigt.

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung einer Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

Die Selbstbehalte bezeichnen den Teil des Einkommens, der dem Unterhaltsschuldner für seine eigene Lebensführung zu verbleiben hat. Als Mindestbetrag umfassen sie jeweils den laufenden Lebensbedarf i.S.d. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II, übliche Versicherungen, angemessene Wohnkosten (einschließlich Nebenkosten und Heizung entsprechend den in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Beträgen) sowie für Erwerbstätige einen weiteren Betrag als Erwerbsanreiz. Nicht im Selbstbehalt enthalten sind Mehrbedarfe i.S.v. § 21 SGB II, § 30 SGB XII.

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Gegenüber minderjährigen und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern ist der angemessene Selbstbehalt (Nr. 21.3) zu wahren. Im Mangelfall (Nr. 24.1) ist als unterste Grenze der Inanspruchnahme der notwendige Selbstbehalt maßgeblich. Dieser beträgt

-

1.160 € bei Erwerbstätigen,

-

960 € bei Nichterwerbstätigen.

21.3 Angemessener Selbstbehalt

Der angemessene Selbstbehalt beträgt zumindest

-

1.400 € gegenüber minderjährigen und volljährigen Kindern,

-

1.280 € bei Ansprüchen aus §§ 1570, 1615l BGB,

-

2.000 € als Sockelbetrag gegenüber Eltern, wirtschaftlich selbständigen Kindern und Enkeln, zuzüglich der Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens. Der Elternselbstbehalt berücksichtigt die sich aus dem Angehörigenentlastungsgesetz möglicherweise ergebenden Veränderungen nicht.

21.4 Eheangemessener Selbstbehalt

Gegenüber Ehegatten ist der eheangemessene Selbstbehalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu wahren. Dem Schuldner sind wenigstens 1.280 € zu belassen.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

Der Selbstbehalt ist regelmäßig auf seine Angemessenheit zu überprüfen und ist bei unvermeidbar hohen unterhaltsrechtlich erheblichen Aufwendungen angemessen zu erhöhen. Beim Zusammenleben mit einem Partner, der über ein für den eigenen Lebensbedarf ausreichendes Einkommen verfügt, kommt eine Herabsetzung um bis zu 10 % in Betracht.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 minderjährige und privilegierte volljährige Kinder

Für den in Haushaltsgemeinschaft mit dem Unterhaltspflichtigen lebenden und nicht erwerbstätigen Ehegatten werden zumindest 960 € angesetzt.

22.2 volljährige Kinder, Enkel, Ansprüche aus § 1615 l BGB

Bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder werden für den in Haushaltsgemeinschaft mit dem Unterhaltspflichtigen lebenden Ehegatten zumindest 1.120 € angesetzt.

22.3 Elternunterhalt

Bei Unterhaltsansprüchen von Eltern und Enkeln wird für die in Haushaltsgemeinschaft lebenden Ehegatten ein Familienbedarf von mindestens 3.600 € (2.000 € + 1.600 €) angesetzt.

23.

Nicht belegt

24. Mangelfall

24.1 Grundsatz

Ein Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen bei Wahrung des jeweils angemessenen Selbstbehalts nicht genügt, um den Bedarf aller Unterhaltsberechtigten zu decken. Eine gesteigerte Unterhaltspflicht besteht, soweit das Einkommen nicht zur Deckung des notwendigen Unterhalts minderjähriger und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder genügt.

Reicht das Einkommen zur Deckung des Bedarfs aller Unterhaltsberechtigten und zur Deckung des Selbstbehalts nicht aus, ist der nach Abzug des Eigenbedarfs des Unterhaltspflichtigen verbleibende Betrag auf die Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge zu verteilen.

24.2 Einsatzbeträge

Als Einsatzbeträge sind – ggf. vermindert um eigenes Einkommen der Unterhaltsberechtigten – anzusetzen:

24.2.1 Minderjährige

Für minderjährige und ihnen gleichgestellte volljährige Kinder der Mindestunterhalt (erste Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle), vermindert um den bedarfsmindernd anzurechnenden Teil des auf das jeweilige Kind entfallenden Kindergeldes.

24.2.2 Andere

Für alle anderen Berechtigten ihr nach den allgemeinen Regeln bestimmter Bedarf.

24.3 Berechnung

Die Ansprüche jeweils gleichrangig Unterhaltsberechtigter sind im Verhältnis zum verteilungsfähigen Teil des Einkommens prozentual zu kürzen (Verteilungsmasse / Gesamtbedarf x 100).

24.4 Nicht belegt

24.5 Nicht belegt

Sonstiges

25. Rundung

Ehegattenunterhalt soll auf 5 € gerundet werden.

26. Beweislast

26.1 Bedarf

Der Unterhaltsberechtigte trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Bedarfsberechnung. Dazu gehören insbesondere:

-

das Einkommen des Verpflichteten,

-

die fehlende Möglichkeit, den Bedarf durch eigenes Erwerbseinkommen zu decken,

-

die eine Verlängerung des Anspruchs wegen Kindesbetreuung (§ 1570 Abs. 1 Satz 2, 3; Abs. 2 BGB) rechtfertigenden Umstände,

-

das Fehlen anderer tatsächlicher oder fiktiver Einkünfte, welche den Bedarf mindern könnten; dies betrifft vor allem die Fälle, in denen kein eheähnliches Verhältnis besteht,

-

oder der neue Partner nicht leistungsfähig ist; diese negative Darlegungs- und Beweislast wird erst durch einen substantiierten Vortrag des Pflichtigen zum Bestehen einer derartigen Beziehung des Berechtigten zu einem neuen Partner ausgelöst.

26.2 Leistungsfähigkeit

Steht der Unterhaltsbedarf der Höhe nach fest, so trägt der Pflichtige die Beweislast dafür, dass er nicht über ausreichende Einkünfte verfügt, um diesen Bedarf zu decken.

Anhang

Düsseldorfer Tabelle 2020

Nettoeinkommen des/der Barunterhaltspflichtigen

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB)

Prozentsatz

Bedarfskontrollbetrag

0–5

6–11

12–17

ab 18

Alle Beträge in Euro

1.

 

bis

1.900

369

424

497

530

100

960/1.160

2.

1.901

2.300

388

446

522

557

105

1.400

3.

2.301

2.700

406

467

547

583

110

1.500

4.

2.701

3.100

425

488

572

610

115

1.600

5.

3.101

3.500

443

509

597

636

120

1.700

6.

3.501

3.900

473

543

637

679

128

1.800

7.

3.901

4.300

502

577

676

721

136

1.900

8.

4.301

4.700

532

611

716

764

144

2.000

9.

4.701

5.100

561

645

756

806

152

2.100

10.

5.101

5.500

591

679

796

848

160

2.200

 

 

ab

5.501

nach den Umständen des Falls

Zahlbeträge

Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Seit dem 1. Juli 2019 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind 204 €, für das dritte Kind 210 € und ab dem vierten Kind 235 €.

1. und 2. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

267

322

395

326

100

2.

1.901 – 2.300

286

344

420

353

105

3.

2.301 – 2.700

304

365

445

379

110

4.

2.701 – 3.100

323

386

470

406

115

5.

3.101 – 3.500

341

407

495

432

120

6.

3.501 – 3.900

371

441

535

475

128

7.

3.901 – 4.300

400

475

574

517

136

8.

4.301 – 4.700

430

509

614

560

144

9.

4.701 – 5.100

459

543

654

602

152

10.

5.101 – 5.500

489

577

694

644

160

3. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

264

319

392

320

100

2.

1.901 – 2.300

283

341

417

347

105

3.

2.301 – 2.700

301

362

442

373

110

4.

2.701 – 3.100

320

383

467

400

115

5.

3.101 – 3.500

338

404

492

426

120

6.

3.501 – 3.900

368

438

532

469

128

7.

3.901 – 4.300

397

472

571

511

136

8.

4.301 – 4.700

427

506

611

554

144

9.

4.701 – 5.100

456

540

651

596

152

10.

5.101 – 5.500

486

574

691

638

160

Ab 4. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.900

251,50

306,50

379,50

295

100

2.

1.901 – 2.300

270,50

328,50

404,50

322

105

3.

2.301 – 2.700

288,50

349,50

429,50

348

110

4.

2.701 –3.100

307,50

370,50

454,50

375

115

5.

3.101 – 3.500

325,50

391,50

479,50

401

120

6.

3.501 – 3.900

355,50

425,50

519,50

444

128

7.

3.901 – 4.300

384,50

459,50

558,50

486

136

8.

4.301 – 4.700

414,50

493,50

598,50

529

144

9.

4.701 – 5.100

443,50

527,50

638,50

571

152

10.

5.101 – 5.500

473,50

561,50

678,50

613

160