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BAG - Entscheidung vom 21.03.2023

6 AZN 56/23 (F)

Normen:
ArbGG § 78a Abs. 4 S. 4
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ArbGG § 78a Abs. 4 S. 4
GG Art. 103 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 321a Abs. 4 S. 4

Fundstellen:
EzA-SD 2023, 15
NJW 2023, 10
NJW 2023, 2372
NZA 2023, 719

BAG, Beschluss vom 21.03.2023 - Aktenzeichen 6 AZN 56/23 (F)

DRsp Nr. 2023/5067

Keine weitere Anhörungsrüge nach gerichtlicher Verwerfung der ersten Anhörungsrüge Unanfechtbarer Beschluss über eine Anhörungsrüge Rechtschutzprinzip und Rechtssicherheitsprinzip als Gebote des Rechtsstaats

Orientierungssatz: Eine gegen die Verwerfung einer Anhörungsrüge als unzulässig gerichtete weitere Anhörungsrüge ist nicht statthaft. Das durch § 78a ArbGG gewährleistete Rechtsstaatsprinzip gebietet lediglich eine einmalige gerichtliche Überprüfung der geltend gemachten Gehörsverletzung iSv. Art. 103 Abs. 1 GG (Rn. 2).

1. Die Entscheidung über eine Anhörungsrüge i.S.d. § 78a ArbGG ergeht durch unanfechtbaren Beschluss. Das gilt auch, wenn die Anhörungsrüge wegen Fristversäumnis als unzulässig verworfen wird. 2. Während eine behauptete Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG einer aus dem Rechtsschutzprinzip folgenden einmaligen gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden kann, tritt nach der Entscheidung über diese Anhörungsrüge das Gebot der Rechtsicherheit in den Vordergrund, das ebenfalls ein Gebot des Rechtsstaats ist.

Die weitere Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 12. Januar 2023 - 6 AZN 678/22 (F) - wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

Normenkette:

ZPO § 321a Abs. 4 S. 4;

Gründe:

Die weitere Anhörungsrüge hat keinen Erfolg.

I. Die weitere Anhörungsrüge vom 31. Januar 2023 ist bereits unzulässig, weil ein erneuter Rechtsbehelf gegen einen Beschluss, mit dem eine Anhörungsrüge als unzulässig verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen wurde, wegen der Unanfechtbarkeit dieser Entscheidung nach § 78a Abs. 4 Satz 4 ArbGG nicht statthaft ist (vgl. BAG 19. November 2014 - 10 AZN 618/14 (A) - Rn. 2 f.; zum wortgleichen § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO vgl. BGH 29. März 2022 - I ZR 196/15 - Rn. 1 mwN; 2. März 2015 - V ZR 219/13 - Rn. 3 mwN; 10. Februar 2012 - V ZR 8/10 - Rn. 2 f. mwN; zuvor schon BVerfG 26. April 2011 - 2 BvR 597/11 - Rn. 5 mwN; sh. auch BGH 12. Januar 2021 - 2 StR 45/20 - Rn. 2). Das gilt auch, wenn die Anhörungsrüge wegen Fristversäumung als unzulässig verworfen wird und keine inhaltliche Prüfung der gerügten Gehörsverletzung erfolgt ist (für § 321a Abs. 4 Satz 4 ZPO vgl. BGH 16. Februar 2021 - VI ZR 354/19 -; 13. September 2017 - IV ZR 391/16 - Rn. 2). Das Rechtsstaatsprinzip, dem § 78a ArbGG Rechnung trägt, verlangt nur, dem Rechtsuchenden die Möglichkeit zu gewähren, eine behauptete Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG einer einmaligen gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen (vgl. BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - zu C II 5 der Gründe, BVerfGE 107, 395 ). Kommt diese Möglichkeit nicht zum Tragen, weil es dem Rechtsuchenden nicht gelingt, die gesetzlich vorgegebenen Formalien einzuhalten, ist das verfassungsrechtlich gebotene und vom Gesetzgeber eröffnete Mindestmaß an Rechtsschutz gewahrt. Darum tritt nunmehr das Gebot der Rechtssicherheit in den Vordergrund, welches ebenfalls im Rechtsstaatsprinzip verankert ist (BVerfG 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - aaO).

Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Rechtslage durfte der Prozessbevollmächtigte des Klägers eine weitere Anhörungsrüge nicht mehr ernsthaft für zulässig erachten (vgl. BVerfG 26. Februar 2008 - 1 BvR 2327/07 - Rn. 28 f. mwN).

II. Der Kläger hat die Kosten des Rügeverfahrens nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:

Anknüpfung an BVerfG 26. April 2011 - 2 BvR 597/11 -

Bestätigung und Vertiefung von zB BGH 29. März 2022 - I ZR 196/15 -; 16. Februar 2021 - VI ZR 354/19 -; 13. September 2017 - IV ZR 391/16 -; 5. August 2020 - VIII ZB 37/20 -; BSG 27. August 2020 - B 2 U 16/20 BH ua. -; BVerwG 21. Januar 2015 - 5 C 3.15 ua. -; BFH 22. Mai 2014 - IV S 11/14 -

Vorinstanz: BAG, vom 12.01.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 6 AZN 678/22
Vorinstanz: BAG, vom 25.10.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 6 AZN 406/22
Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, vom 27.04.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 21 Sa 56/21
Vorinstanz: ArbG Stuttgart, vom 20.04.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 27 Ca 212/20
Fundstellen
EzA-SD 2023, 15
NJW 2023, 10
NJW 2023, 2372
NZA 2023, 719