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BGH - Entscheidung vom 19.04.2018

AK 18/18

Normen:
StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1
StGB § 129b Abs. 1 S. 1-2
KWKG § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a)
StPO § 112 Abs. 2 Nr. 2
StPO § 121 Abs. 1

Fundstellen:
NStZ-RR 2018, 371

BGH, Beschluss vom 19.04.2018 - Aktenzeichen AK 18/18

DRsp Nr. 2018/17155

Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wegen des dringenden Tatverdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung (hier: Taliban)

Tenor

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschuldigten und seines Verteidigers am 19. April 2018 gemäß §§ 121 , 122 StPO beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat fortzudauern.

Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesgerichtshof findet in drei Monaten statt.

Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem nach den allgemeinen Vorschriften zuständigen Gericht übertragen.

Normenkette:

StGB § 129a Abs. 1 Nr. 1 ; StGB § 129b Abs. 1 S. 1-2; KWKG § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a); StPO § 112 Abs. 2 Nr. 2 ; StPO § 121 Abs. 1 ;

Gründe

I.

Der Beschuldigte wurde am 2. Oktober 2017 aufgrund des Haftbefehls der Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts München vom 22. September 2017 festgenommen und befindet sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand des Haftbefehls ist der Vorwurf, der Beschuldigte habe sich in zwei Fällen als Mitglied an einer Vereinigung im Ausland, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB ) oder Totschlag (§ 212 StGB ) zu begehen, beteiligt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1, 2, § 53 StGB ) und dabei in einem Fall tateinheitlich (§ 52 StGB ) die tatsächliche Gewalt über eine Kriegswaffe ausgeübt (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 , § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. Anlage Teil B Abschnitt V Nr. 29 Buchst. c).

II.

Die Voraussetzungen für den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.

1. Der Beschuldigte ist der ihm zur Last gelegten Taten dringend verdächtig.

a) Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:

aa) Die in Afghanistan operierenden "Taliban" haben sich - von radikal-religiösen Anschauungen geleitet - zum Ziel gesetzt, gewaltsam die aktuelle afghanische Regierung zu stürzen sowie alle ausländischen Streitkräfte vom Gebiet Afghanistans zu vertreiben und auf dem gesamten Staatsgebiet einen islamischen Staat unter Geltung der Scharia als einziger Rechtsgrundlage zu errichten; dabei nehmen sie auch zivile Opfer in Kauf.

Die Vereinigung ist streng hierarchisch organisiert. An ihrer Spitze steht der uneingeschränkte politisch-religiöse Führer, der gleichzeitig auch militärischer Befehlshaber ist. Derzeit ist Anführer der Organisation Maulawi Haibatallah Akhundzada, der von Sirajuddin Haqqani und Maulawi Muhammad Ya'qub (Sohn des ersten Führers Mullah Omar) vertreten wird.

In die Entschlussfassungen der Führung maßgeblich eingebunden ist ein Schura-Rat. Er besteht aus den - gegenwärtig etwa 22 - höchsten militärischen Kommandeuren und nicht-militärischen Vertretern, von denen einzelne für verschiedene Aufgaben wie "Politik", "Militär", "Finanzen", "Angelegenheiten der Gefangenen" oder "Öffentlichkeitsarbeit" verantwortlich sind. Dem Schura-Rat sind zudem zehn Kommissionen angegliedert, in denen über spezielle Themen beraten wird.

Die Taliban verfügen über eine Vielzahl von Kämpfern auf der untersten Hierarchieebene, die teilweise von lokalen Paschtunen-Stämmen organisiert sind und als Kampfverbände handeln. Für die Planung und Durchführung der militärischen Operationen, die Rekrutierung von Kämpfern und deren Ausbildung in Trainingslagern ist die Kommission für militärische Angelegenheiten zuständig, der die Militärführer aller afghanischen Provinzen angehören.

Zur Umsetzung ihrer Ziele begehen die Taliban - räumlich auf das Staatsgebiet von Afghanistan beschränkt - Selbstmordattentate, Minen- und Bombenanschläge, Entführungen, Geiselnahmen und gezielte Tötungen. Angriffsziele sind sowohl die ausländischen "Invasoren", insbesondere die früheren ISAF-Kräfte, als auch die politischen und religiösen Führer des afghanischen Staates, die afghanische Armee sowie die Polizei. Bei den Aktionen der Taliban, die über moderne Waffen und Kommunikationsmittel verfügen, kommt es häufig auch zu zahlreichen Opfern unter der Zivilbevölkerung, die von den Taliban zu Propagandazwecken genutzt werden.

Die Taliban finanzieren sich auf lokaler Ebene sowohl durch Spenden und Sachmittel der örtlichen Stammesstrukturen und religiösen Gemeinschaften als auch durch kriminelle Aktivitäten wie Schmuggel, Schutzgelderpressungen und Entführungen. Auf überregionaler Ebene bildet neben Spenden aus dem In- und Ausland der Drogenhandel die Haupteinnahmequelle der Organisation.

bb) Der Beschuldigte schloss sich den Taliban an seinem Wohnort K. in der Region Ku. im Jahr 2014 an. Er zog mit einer Einheit, die als "Schutzgeld" Ernte oder Tiere eintrieb, von Dorf zu Dorf; dabei schleppte er Rucksäcke und Material. Der Beschuldigte erhielt zumindest ein Schnellfeuergewehr des Modells AK 47 (Kalaschnikow) mit dazugehöriger Munition, mutmaßlich zudem ein weiteres des Modells AMD 65. Die örtliche Gruppierung wurde von dem Anführer S. geleitet. Mit der Waffe hielt der Beschuldigte, der auch "Q. " genannt wurde, an verschiedenen Posten Wache und nahm an Kampfhandlungen der Taliban teil, insbesondere an einem Gefecht am 23. November 2014. Er erlitt eine Schussverletzung am linken Oberschenkel. Nach seiner Genesung verließ er im Sommer 2015 Afghanistan.

b) Der dringende Tatverdacht beruht insbesondere auf den Angaben des Beschuldigten bei seiner richterlichen Vernehmung am 3. Oktober 2017 und bei seiner polizeilichen Vernehmung am 20. Februar 2018 sowie gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 11. Oktober 2016; die Angaben im Asylverfahren hat der Beschuldigte im Ermittlungsverfahren bestätigt.

aa) Der Beschuldigte hat die ihm zur Last gelegten Taten eingeräumt. Seine Einlassung deckt sich mit zwei Lichtbildern, die ihn - wie von ihm eingestanden - zusammen mit weiteren Angehörigen der Taliban, darunter insbesondere S. , und jeweils mit einem Schnellfeuergewehr zeigen. Ein Foto wurde unmittelbar vor dem Gefecht am 23. November 2014 aufgenommen. Bei dem darauf ersichtlichen Sturmgewehr soll es sich der Einschätzung eines Ingenieurs für Waffentechnik nach um das Fabrikat AMD 65 handeln. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen besteht kein Anlass, an der Glaubhaftigkeit der Angaben des Beschuldigten zu zweifeln. Weitergehende Erkenntnisse bleiben den weiteren Ermittlungen und - im Falle der Anklageerhebung und Eröffnung des Hauptverfahrens - dem Ergebnis der in der Hauptverhandlung durchzuführenden Beweisaufnahme vorbehalten.

bb) Soweit der Beschuldigte einwendet, er sei von der Taliban zum Anschluss gezwungen worden, sind seine Angaben zu vage, um daraus eine Entschuldigung (§ 35 StGB ) oder gar Rechtfertigung (§ 34 StGB ) ableiten zu können. Es bleibt offen, wer ihn zu welchem Zeitpunkt auf welche Weise mit welchen Folgen bedrohte. Seine Familie, zu welcher der Beschuldigte Kontakt hält, war nach seinem Weggang keinen Repressalien ausgesetzt; solche Racheakte wären aber bei einer Flucht zu erwarten gewesen. Die Angaben des Beschuldigten zur Schussverletzung und "Flucht" sind widersprüchlich. Dies lässt ihm nachteilige Rückschlüsse auf den Wahrheitsgehalt seiner Einlassung zu, er habe sich den Taliban nicht freiwillig angeschlossen.

Nach einer schriftlichen Stellungnahme des örtlichen Schulleiters und des "Dorfsprechers", die der Beschuldigte nach seiner Anhörung im Asylverfahren vom 11. Oktober 2016 am 28. Oktober 2016 eingereicht hat, wurde er bei einem Gefecht gegen afghanische Regierungstruppen verletzt. Seinen Angaben im Ermittlungsverfahren zufolge traf ihn hingegen ein Mitglied der Taliban, als er sich auf seiner Flucht nach seinen Verfolgern umdrehte. Was die weitere Flucht betrifft, will der Beschuldigte seinen Angaben vom 11. Oktober 2016 zufolge zu Fuß nach Hause gelangt sein; nach seiner Einlassung vom 20. Februar 2018 stürzte er in einen Fluss und kam erst bei seiner Schwester zu sich.

cc) Soweit der Beschuldigte abweichend von seiner Auskunft im Asylverfahren sein Geburtsdatum mit angibt, ist Aufklärung durch das in Auftrag gegebene Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität München zu erwarten. Falls der Beschuldigte die Taten als Jugendlicher oder als Heranwachsender begangen hat, ist mangels entgegenstehender Umstände davon auszugehen, dass er nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung reif genug war, das Unrecht seines Handelns einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§§ 1 , 3 , 105 JGG ). Die bisherigen Angaben des Beschuldigten auch zu seinem Alter sind jedenfalls widersprüchlich: In seiner richterlichen Vernehmung gab er sein Alter für den Tatzeitraum mit 21 Jahren an. In einer Erklärung über seinen Verteidiger ließ er ausführen, er sei während seiner höchstens zwei Monate andauernden Zugehörigkeit zu der Vereinigung 16 bis 17 Jahre alt gewesen.

2. Danach hat sich der Beschuldigte mit hoher Wahrscheinlichkeit zumindest in zwei Fällen als Mitglied an einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt (§ 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 Sätze 1 und 2, § 53 StGB ), davon in einem Fall in Tateinheit mit dem Ausüben der tatsächlichen Gewalt über eine Kriegswaffe (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG ):

a) Der Beschuldigte gliederte sich für einen Zeitraum von mindestens zweieinhalb Monaten in die Taliban ein. Bereits durch das Tragen von Rucksäcken und Material leistete er beim - bislang nicht näher konkretisierten - Eintreiben von "Schutzgeldern" mitgliedschaftliche Beteiligungshandlungen; er förderte damit die Ziele der Vereinigung durch Mitwirkung bei ihrer "Finanzierung". Ob es hierbei tateinheitlich zu den mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlungen zu weiteren Delikten kam, was sich auf die konkurrenzrechtliche Bewertung der Tatvorwürfe auswirken könnte (s. unten), bleibt nach dem bisherigen Ermittlungsstand offen.

b) Der Beschuldigte ist zudem dringend verdächtigt, zumindest in einem Fall tateinheitlich die Gewalt über eine Kriegswaffe ausgeübt zu haben, ohne dass der Erwerb der tatsächlichen Gewalt auf einer Genehmigung nach dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen beruht. Denn jedenfalls durch die Teilnahme mit einer Schusswaffe am Kampfgeschehen vom 23. November 2014 beteiligte sich der Beschuldigte an der terroristischen Vereinigung und verstieß gleichzeitig gegen § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG . Sowohl die Kalaschnikow als auch die AMD 65 sind vollautomatische Sturmgewehre und damit Kriegswaffen im Sinne des § 1 Abs. 1 KWKG i.V.m. Anlage (Kriegswaffenliste) Teil B Abschnitt V Nr. 29 Buchst. c. Da es sich um einen abgeleiteten Besitzerwerb handelt, ist die Tatvariante des originären Besitzerwerbs (§ 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. b, § 12 Abs. 6 Nr. 1 KWKG ) nicht einschlägig (vgl. BGH, Beschluss vom 10. August 2017 - AK 35 u. 36/17, juris Rn. 34 mwN).

Diese Tat steht zu der vorgenannten Gesamtheit der sonstigen mitgliedschaftlichen Beteiligungsakte in Tatmehrheit (siehe nur BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308 , 311 f., 318 ff.; vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 30 ff.; vom 19. April 2017 - StB 9/17, juris Rn. 23).

c) Deutsches Strafrecht ist anwendbar.

aa) Die Anwendbarkeit des § 129b StGB ergibt sich aus § 129b Abs. 1 Satz 2 Variante 4 StGB , denn der Beschuldigte hielt sich vor seiner Festnahme in Deutschland auf (siehe dazu näher BGH, Beschluss vom 6. Oktober 2016 - AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).

bb) Für § 22a Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a KWKG folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus § 7 Abs. 2 Nr. 2 StGB . Zurzeit findet ein Auslieferungsverkehr mit Afghanistan nicht statt. Das Ausüben der Gewalt über die Kriegswaffen ist nach afghanischem Recht mit Strafe bedroht (siehe Kapitel 3 Abs. 11 des afghanischen Gesetzes für leichte Gewehre, Munition und Sprengstoff; dazu BGH, Beschluss vom 11. Januar 2018 - AK 74/17, juris Rn. 21; vgl. auch BGH, Beschluss vom 19. April 2017 - StB 9/17, juris Rn. 26).

d) Die nach § 129b Abs. 1 Sätze 2 und 3 StGB erforderliche Ermächtigung zur strafrechtlichen Verfolgung von Straftaten des Beschuldigten im Zusammenhang mit der Vereinigung der Taliban liegt vor.

3. Da bereits dieser Tatvorwurf den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft trägt, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Beschuldigte darüber hinaus auch dringend verdächtig ist, sich im Zeitraum 2013 bis 2015 für zwei bis drei Jahre mitgliedschaftlich an der Taliban beteiligt zu haben und dabei zum stellvertretenden Kommandeur der örtlichen Gruppierung aufgestiegen zu sein, wie dies der Haftbefehl aufgrund der Angaben der Entwicklungshelferin Dr. Sch. annimmt.

4. Es bestehen die Haftgründe der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO ) und der Schwerkriminalität (§ 112 Abs. 3 StPO ), jeweils gegebenenfalls i.V.m. § 2 Abs. 2 , § 72 JGG .

a) Der Beschuldigte hat auch unter Berücksichtigung seines Alters und im Hinblick auf die konkreten Tatumstände, wie sie oben dargelegt sind, mit der Verurteilung zu einer nicht unerheblichen Freiheits- oder Jugendstrafe zu rechnen. Dem davon ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine ausreichend gewichtigen fluchthindernden Umstände entgegen. Nahe Familienangehörige leben nicht im Inland; auch sonst sind keine sozialen Bindungen erkennbar. Zudem kommt dem Umstand Bedeutung zu, dass der Beschuldigte gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sein Geburtsdatum falsch angegeben haben will. Die Identität des Beschuldigten steht noch nicht fest; auch dies begründet die Gefahr des "Untertauchens".

b) Der Beschuldigte ist der Begehung von Straftaten nach § 129a Abs. 1 , § 129b Abs. 1 StGB dringend verdächtig. Die Voraussetzungen des § 112 Abs. 3 StPO liegen auch bei der gebotenen restriktiven Auslegung dieser Vorschrift (dazu nur Meyer-Goßner/Schmitt, StPO , 60. Aufl., § 112 Rn. 37 mwN) vor. Wie ausgeführt, besteht die Gefahr, dass die Ahndung der Tat ohne weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden kann.

c) Aus den genannten Gründen kann der Zweck der Untersuchungshaft nicht durch weniger einschneidende Maßnahmen als deren Vollzug erreicht werden (§ 116 StPO ).

5. Die besonderen Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO ) liegen vor. Die besondere Schwierigkeit und der besondere Umfang der Ermittlungen haben ein Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft.

Seit der Verhaftung des Beschuldigten sind die Ermittlungen noch mit der gebotenen Eile fortgeführt worden: Ein am 2. Oktober 2017 sichergestelltes dem Beschuldigten zuzuordnendes Mobiltelefon war auszuwerten; dazu waren Chatverläufe durch einen Dolmetscher für die paschtunische Sprache zu übersetzen. Die Antwort auf eine Gruppenauskunft (§ 12 AZRG ), um weitere Personen aus dem Umfeld des Beschuldigten aus K. zu ermitteln, steht noch aus.

Vor diesem Hintergrund geht der Senat jedoch davon aus, dass vor einer eventuell erneut erforderlich werdenden Haftprüfung (§ 122 Abs. 4 Satz 2, Abs. 7 , § 121 Abs. 1 StPO ) - sollte der Tatverdacht nicht noch entkräftet werden - Anklage erhoben sein wird. Der Beschuldigte hat sich ausreichend zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt geäußert. Die zur Verfügung stehenden Zeugen sind vernommen, die sächlichen Beweismittel ausgewertet. Welche Aufklärung die Generalstaatsanwaltschaft von der Vernehmung der beiden Neffen des Beschuldigten noch erwartet, erschließt sich nach Aktenlage nicht. Unabhängig vom Alter des Beschuldigten ist Anklage beim Oberlandesgericht zu erheben (§ 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG , § 102 Satz 1, § 112 Satz 1 JGG ; dazu nur BGH, Urteil vom 22. Dezember 2000 - 3 StR 378/00, BGHSt 46, 238 , 256; Beschluss vom 21. März 2002 - StB 4/02, NStZ 2002, 447 , 448), sodass es auf das noch ausstehende Sachverständigengutachten zum Alter des Beschuldigten insoweit nicht ankommt.

6. Schließlich steht der weitere Vollzug der Untersuchungshaft nicht außer Verhältnis zu der Bedeutung der Sache und der im Falle der Verurteilung zu erwartenden Strafe (§ 120 Abs. 1 Satz 1 StPO , gegebenenfalls i.V.m. § 72 Abs. 1 Satz 2 JGG ).

Fundstellen
NStZ-RR 2018, 371