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BSG - Entscheidung vom 01.12.2017

B 4 AS 346/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 01.12.2017 - Aktenzeichen B 4 AS 346/17 B

DRsp Nr. 2018/1736

SGB-II -Leistungen Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Berücksichtigung höchstrichterlicher Rechtsprechung und des Schrifttums

1. Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist. 2. Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 8. August 2017 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) und eines Verfahrensmangels (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen.

Eine grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache lässt sich nur darlegen, indem die Beschwerdebegründung ausführt, welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung durch das Revisionsgericht zu erwarten (Klärungsfähigkeit) ist ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 60 und 65; BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 16 mwN stRspr; BVerwG NJW 1999, 304 ; vgl auch BVerfG SozR 3-1500 § 160a Nr 7). Der Beschwerdeführer hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf des Schrifttums nicht ohne Weiteres zu beantworten ist und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage im Allgemeininteresse vornehmen soll ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 31).

Die Klägerin macht geltend, die grundsätzliche Bedeutung ergebe sich daraus, dass noch ungeklärt sei, ob das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA) einschlägig sei und ein Ausschluss von SGB II -Leistungen wirksam erfolgen könne. Dies betreffe die Frage, ob die Vorbehaltserklärung ausreiche, um SGB II -Leistungen auszuschließen, oder das Parlament eingeschaltet werden müsse. Im Übrigen leite sie ihr Aufenthaltsrecht aus § 4a FreizügG/EU ab, weil sie bereits seit dem 24.2.2010 in der Bundesrepublik Deutschland lebe. "Grundsicherungsleistungen nach § 23 SGB XII " hätten erbracht werden müssen. Die Verweigerung der SGB II -Leistungen verletze das Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Ein Ausschluss von Grundsicherungsleistungen aus migrationspolitischen Erwägungen sei mit Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG nicht vereinbar. Eine etwaige Leistungskürzung scheide aus. Das allgemeine Gleichheitsgebot und der weite Fürsorgebegriff aus Art 24 Abs 1 RL 2004/38/EG wirke auf die nationale Sozialpolitik zurück. Die hier zu stellende Rechtsfrage zu § 7 SGB II müsse einer höchstrichterlichen Klärung zugeführt werden, weil diese noch nicht geklärt sei und diverse Verfassungsbeschwerden beim BVerfG anhängig seien.

Mit ihrem Vorbringen wird die Klägerin diesen Darlegungserfordernissen nicht gerecht. Sie hat schon keine Rechtsfragen formuliert, sondern lediglich verschiedene rechtliche Erwägungen aufgenommen. Es fehlt auch an einer Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung der beiden Senate des BSG für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zu den angesprochenen Themen. So hat der 14. Senat des BSG bereits entschieden, dass das Gleichbehandlungsgebot des EFA schon nach seinem persönlichen Anwendungsbereich nicht einschlägig sei, weil Bulgarien kein Unterzeichnerstaat dieses Abkommens sei ( BSG vom 20.1.2016 - B 14 AS 35/15 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 47 RdNr 30). Dies trifft auch auf Rumänien zu. In den von der Klägerin nicht erwähnten Entscheidungen vom 3.12.2015 hat sich der Senat auch bereits mit den Fragen befasst, ob der von der Bundesregierung bezogen auf SGB II -Leistungen erklärte Vorbehalt zum EFA eine wirksame Einschränkung der Inländergleichbehandlung bewirkt und bei Ausschluss von SGB II -Leistungen dann SGB XII -Leistungen zu erbringen sind (B 4 AS 43/15 R - BSGE 120, 139 = SozR 4-4200 § 7 Nr 46; B 4 AS 44/15 R - BSGE 120, 149 = SozR 4-4200 § 7 Nr 43). Im Übrigen kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht mit den persönlichen Verhältnissen der Klägerin begründet werden, sondern muss sich aus einer Auseinandersetzung mit den zugrunde liegenden Rechtsfragen ergeben. Die Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall ist nicht Gegenstand des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde ( BSG SozR 1500 § 160a Nr 7).

Auch einen Verfahrensfehler hat die Klägerin nicht ausreichend bezeichnet. Hierzu trägt die Klägerin vor, das Berufungsgericht habe sich nicht mit ihrem Vorbringen in den Schriftsätzen vom 24.4.2017 befasst und nicht erkannt, dass dies erheblich sei. Es habe sich mit den gestellten Beweisanträgen nicht befasst. Wird aber - wie hier - als Verfahrensfehler eine Verletzung des § 103 SGG geltend gemacht, kann dies nur durchgreifen, wenn sich dies auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Dies hat die Klägerin schon nicht behauptet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 08.08.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 2 AS 2447/16
Vorinstanz: SG Köln, vom 04.11.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 41 AS 2553/16