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BGH - Entscheidung vom 09.12.2014

VIII ZR 160/14

Normen:
StromGVV § 17 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 09.12.2014 - Aktenzeichen VIII ZR 160/14

DRsp Nr. 2015/137

Verpflichtung eines Stromversorgers zur Einbeziehung bestimmter AGB auf Veranlassung einer Verbraucherzentrale

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des 4. Zivilsenats des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 28. April 2014 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Streitwert: 7.000 €

Normenkette:

StromGVV § 17 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Die klagende Verbraucherzentrale (im Folgenden: Kläger) nimmt das beklagte Stromversorgungsunternehmen (im Folgenden: Beklagte) nach dem Unterlassungsklagengesetz ( UKlaG ) darauf in Anspruch, bei Stromlieferungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, folgende Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen einzubeziehen und sich darauf bei Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

"a) Bearbeitungskosten, Forderungseinzug: gültiger Weiterverrechnungssatz für eine Fachmonteur-Stunde zzgl. 11,00 € Fahrtkostenpauschale (brutto);

b) Mahnkosten: brutto 5,00 €."

Die betreffende Bestimmung in den Ergänzenden Bedingungen der Beklagten zur StromGVV lautet unter der Überschrift "Rechnungslegung und Verzugskosten" wie folgt:

"[...] Wird eine Rechnung oder ein Teilbetrag nicht fristgerecht bezahlt, so hat der Kunde für schriftliche Mahnungen, den Forderungseinzug und Abschaltung/ Wiederinbetriebnahme die Kosten in Höhe des Aufwandes zu zahlen.

Die Kosten können auch pauschal berechnet werden und zwar:

○ Mahnkosten: brutto 5,00 €

○ Bearbeitungskosten, Forderungseinzug: gültiger Weiterverrechnungssatz für eine Fachmonteur-Stunde zzgl. 11,00 € Fahrtkostenpauschale (brutto)

○ Abschaltung, Wiederinbetriebnahme: gültiger Weiterverrechnungssatz für eine Fachmonteur-Stunde

Dem Kunden steht der Nachweis zu, dass kein oder ein gegenüber der Pauschale wesentlich geringerer Schaden entstanden ist. [...]"

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und den Streitwert insoweit auf 5.000 € (2.500 € je Klausel) festgesetzt. Die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss unter Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren auf die Gebührenstufe bis 7.000 € zurückgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde macht die Beklagte unter anderem eine deutlich über 20.000 € liegende Beschwer geltend, weil es sich nicht zuletzt mit Blick auf das allein bei ihr jährlich anfallende Kostenvolumen um Klauseln handele, die jeweils von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung für die Beklagte und ihre Kunden sowie darüber hinaus auch für alle diejenigen Energieversorgungsunternehmen und deren Kunden seien, für deren Lieferverhältnis der zugrunde liegende § 17 Abs. 2 StromGVV kraft Gesetzes oder kraft vertraglicher Einbeziehung gelte.

II.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten, mit der sie nach einer Revisionszulassung ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgen will, ist als unzulässig zu verwerfen, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer 20.000 € nicht übersteigt (§ 26 Nr. 8 EGZPO ).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs richtet sich der Streitwert in Verfahren nach dem UKlaG allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der gesetzwidrigen AGB-Bestimmung, nicht hingegen nach der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselverbots. Der Wert einer angegriffenen Klausel wird dabei regelmäßig in einer Größenordnung bemessen, von der auch die Vorinstanzen bei ihrer Wertbemessung ausgegangen sind. Auf diese Weise sollen Verbraucherschutzverbände vor Kostenrisiken bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnisse zur Bereinigung des Rechtsverkehrs von unwirksamen AGB möglichst geschützt werden. Das gilt in gleicher Weise für die nach § 3 ZPO zu schätzende Beschwer der in der Vorinstanz unterlegenen Partei, und zwar nicht nur für die Beschwer eines Verbraucherschutzverbandes, sondern auch für die Bemessung der Beschwer des im Unterlassungsprozess unterlegenen Verwenders (BGH, Beschlüsse vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, NZM 2014, 255 Rn. 5; vom 6. März 2013 - IV ZR 211/11, [...] Rn. 3 f.; vom 26. September 2012 - IV ZR 203/11, [...] Rn. 20 f., sowie IV ZR 208/11, NJW 2013, 875 Rn. 20 f.; vom 8. September 2011 - III ZR 229/10, [...] Rn. 1 f.; vom 15. April 1998 - VIII ZR 317/97, NJW-RR 1998, 1465 ; jeweils mwN).

Diese Grundsätze schließen es zwar nicht von vornherein aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel für die betroffenen Verkehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entscheidung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel nicht nur für deren Verwender und die Vertragspartner, sondern für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Dezember 2013 - XI ZR 405/12, aaO Rn. 6 f.). An einem solchen Ausnahmefall fehlt es hier aber. Insbesondere zeigt - wie die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung mit Recht bemerkt - die Nichtzulassungsbeschwerde schon nicht auf, dass die einschlägige Branche in beachtlicher Zahl gleiche oder gleichartige Pauschalierungsklauseln wie die Beklagte verwendet, und dass zu den hier streitigen Fragen eine über vereinzelte Streitigkeiten hinausgehende branchenweite Kontroverse besteht, ganz abgesehen davon, dass die vom Berufungsgericht behandelte Frage einer Klauseltransparenz der die Bearbeitungskosten und den Forderungseinzug betreffenden Klausel ohnehin in aller Regel nur für die im jeweiligen Einzelfall gewählte Klauselfassung Bedeutung hat.

Zudem kann - wie die Nichtzulassungsbeschwerdeerwiderung mit Recht geltend macht - die Beklagte mit ihrem Begehren, den Wert der Beschwer abweichend von den Wertfestsetzungen der Tatsacheninstanzen auf einen Wert von über 20.000 € zu bemessen, auch deshalb nicht durchdringen, weil sie damit erstmals im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde hervorgetreten ist, ohne zuvor gegen die bis dahin getroffenen Wertfestsetzungen Einwendungen erhoben zu haben. Denn auch einem Beklagten, der - wie hier - die Streitwertfestsetzungen in den Vorinstanzen weder beanstandet noch sonst glaubhaft gemacht hat, dass bereits in der Vorinstanz für die Festlegung des Streitwerts vorgebrachte Umstände nicht ausreichend berücksichtigt worden seien, ist es in aller Regel versagt, sich im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde noch auf einen höheren, die erforderliche Rechtsmittelbeschwer erstmals erreichenden Wert zu berufen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 29. Juli 2014 - II ZR 73/14, [...] Rn. 10; vom 24. Januar 2013 - I ZA 11/12, [...] Rn. 2; vom 21. Dezember 2011 - I ZR 83/11, [...] Rn. 1; vom 27. November 1991 - IV ZR 205/91, [...] Rn. 7).

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO ) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zuzulassen hat. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Von einer näheren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2, 2. Halbs. ZPO abgesehen.

Vorinstanz: LG Frankenthal, vom 18.12.2012 - Vorinstanzaktenzeichen 6 O 281/12
Vorinstanz: OLG Zweibrücken, vom 28.04.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 4 U 9/13