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BGH - Entscheidung vom 23.04.2009

Xa ZR 14/07

Normen:
SortSchG § 10 Abs. 1

Fundstellen:
BGHReport 2009, 841
GRUR 2009, 750
GRURInt 2009, 1044
wrp 2009, 854

BGH, Urteil vom 23.04.2009 - Aktenzeichen Xa ZR 14/07

DRsp Nr. 2009/13221

Umfang des Sortenschutzes für Pflanzen

1. Zum Schutzbereich der geschützten Sorte gehört außer dem "Identitätsbereich" auch ein "Toleranzbereich", der bestimmte zu erwartende Variationen erfasst. 2. Das Verletzungsgericht kann Inhalt und Reichweite des Sortenschutzrechts eigenverantwortlich bestimmen. Der Verletzungsrichter ist verpflichtet, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wie die im Erteilungsbeschluss angegebenen Merkmalsausprägungen unter den zum Zeitpunkt seiner Sachaufklärung gegebenen klimatischen und sonstigen Bedingungen mit zur richterlichen Überzeugungsbildung ausreichender Sicherheit festgestellt werden können.

Tenor:

Die Revision gegen das am 21. Dezember 2006 verkündete Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

SortSchG § 10 Abs. 1;

Tatbestand:

Der Kläger ist Inhaber des im April 1999 erteilten gemeinschaftlichen Sortenschutzes für die Sorte "Lemon Symphony" der Art Osteospermum ecklonis (Kapmargerite oder Bornholm-Margerite, nachfolgend: Klagesorte), die im Register des Gemeinschaftlichen Sortenamts (nachfolgend: Amt) unter der Nummer EU 4282 eingetragen ist.

Die Beklagte vertreibt Jungpflanzen, die sie in eigenen Betrieben im Inund Ausland erzeugt, darunter auch Kapmargeriten der Bezeichnung "Summerdaisy's Alexander", für die unter der Bezeichnung "SUMOST 01" von dem Gärtnermeister R. S. im Jahr 2001 gemeinschaftlicher Sortenschutz beantragt wurde, und die der Kläger als in den Schutzbereich der von ihm als intergenerische Hybriden aus den Gattungen Osteospermum und Dimorphoteca (Kapringelblumen) bezeichneten Klagesorte fallend ansieht. Über den Sortenschutzantrag war zur Zeit des Berufungsurteils noch nicht abschließend entschieden. Das mit der Technischen Prüfung beauftragte Bundessortenamt kam in einem Zwischenbericht, der unter Einbeziehung von als der Klagesorte zugehörig behandeltem Material erstellt wurde, im Jahr 2003 zu dem Ergebnis, dass "SUMOST 01" in der Prüfperiode 2003 nicht hinreichend unterscheidbar von der Sorte "Lemon Symphony" gewesen sei.

Nach Verkündung des Berufungsurteils passte das Amt die Sortenbeschreibung der Klagesorte an das Ergebnis der Technischen Nachprüfung und eine hierauf beruhende Sortenbeschreibung vom 14. September 2005 an. Die Beschwerde S. hiergegen wies die Beschwerdekammer des Amts zurück; über die gegen die Zurückweisung erhobene Klage zum Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften ist noch nicht entschieden.

Bereits im Jahr 2004 stellte der Gärtnermeister S. den Antrag, den Schutz für die Sorte "Lemon Symphony" aufzuheben, da diese bereits seit 2001 nicht mehr dem bei der Registerprüfung 1997 festgestellten Erscheinungsbild entsprochen habe. Dies lehnte das Amt ab. Die Beschwerde S. wies die Beschwerdekammer des Amts nach Erlass des Berufungsurteils zurück; über die hiergegen erhobene weitere Klage zum Gericht erster Instanz ist gleichfalls noch nicht entschieden. Im Jahr 2007 beantragte S. ferner, den gemeinschaftlichen Sortenschutz für die Klagesorte für nichtig zu erklären. Auch dieser Antrag wurde vom Amt abgelehnt; die hiergegen erhobene Beschwerde wies die Beschwerdekammer mit Entscheidung vom 23. Januar 2009 zurück.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Unterlassung und zur Auskunft verurteilt und ihre Verpflichtung zum Schadensersatz festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist mit der Maßgabe erfolglos geblieben, dass der Unterlassensausspruch in Hinblick auf die Sortenbeschreibung vom 14. September 2005 und in Anpassung an die konkrete Erscheinungsform der als schutzverletzend angegriffenen Pflanzen neu formuliert worden ist; das Berufungsurteil ist in GRUR-RR 2007, 221 veröffentlicht.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte in erster Linie ihren Klageabweisungsantrag aus den Vorinstanzen weiter. Zudem beantragt sie,

das Verfahren bis zur bestandskräftigen Entscheidung des Amts über die Nichtigerklärung bzw. die Aufhebung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes für die Klagesorte bzw. bis zur bestandskräftigen Entscheidung über die Anpassung der Sortenbeschreibung für die Klagesorte auszusetzen.

Der Kläger tritt dem Rechtsmittel entgegen.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Wie das Landgericht nach sachverständiger Beratung rechtsfehlerfrei festgestellt habe und durch weitere im Berufungsverfahren vorgelegte Unterlagen bestätigt werde, seien die angegriffenen Pflanzen im Sinn von Art. 7 Gem-SortV nicht unterscheidbar. Zutreffend sei das Landgericht davon ausgegangen, dass der Schutzbereich einer geschützten Sorte durch die Kombination der im Erteilungsbeschluss festgelegten Ausprägungsmerkmale bestimmt werde, wobei außer dem Identitätsbereich auch ein Toleranzbereich geschützt sei, der bestimmte zu erwartende Variationen umfasse. Zu deren Feststellung bedürfe es häufig eines Vergleichsanbaus, wie ihn die gerichtliche Sachverständige durchgeführt habe. Ausgangspunkt der auf die Ergebnisse dieses Anbaus gestützten Beurteilung sei die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung weiterhin verbindliche Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997. Die neue Sortenbeschreibung vom 14. September 2005 sei jedoch nicht ohne Relevanz, da die Unterschiede beider Beschreibungen vor allem auf einer Änderung der Prüfungsrichtlinien und auf dem Umstand beruhten, dass inzwischen weitere Beispielssorten zu Vergleichszwecken zur Verfügung ständen. Die Ausprägungsstufe "aufrecht, Note 1" des - relativen, im Vergleich mit anderen Sorten festgelegten - Merkmals 1 "Haltung der Triebe" in der Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 entspreche hiernach der Ausprägungsstufe "halbaufrecht, Note 4" des Merkmals in der späteren Sortenbeschreibung. Bei dem quantitativen Merkmal 2 "Länge des Triebs" und bei Merkmal 18 "Zeitpunkt des Blühbeginns" sei zu berücksichtigen, dass die Ausprägungen bedingt durch Umweltfaktoren und Anbaubedingungen von Jahr zu Jahr schwanken könnten. Entsprechendes gelte für das Merkmal 4 "Breite des Blatts", das zudem durch 1997 noch nicht zur Verfügung stehende Vergleichssorten beeinflusst werde. Die Vielzahl der im Jahr 2005 zur Verfügung stehenden Vergleichssorten und eine abweichende Einstufung bei der Notengebung erklärten auch die unterschiedliche Einstufung bei Merkmal 16 "Zungenblüte, Farbe des Mittelstreifens der Unterseite". Auf Grund des Ergebnisses der Beweisaufnahme sei es, das Berufungsgericht, wie das Landgericht von der Übereinstimmung der einem Anbau in den Jahren 2003 bis 2005 und der Sortenbeschreibung von 2005 zugrunde liegenden Sorte mit der Klagesorte überzeugt. Hiernach entspreche das angegriffene Pflanzenmaterial nach den Ergebnissen des Vergleichsanbaus in allen Merkmalen der geschützten Sorte. Die Farbabweichungen bei den Merkmalen 13 bis 14 seien so geringfügig, dass sie ohne Weiteres zu erwarten gewesen seien und jedenfalls innerhalb des Toleranzbereichs der Klagesorte lägen. Auch die Unterschiede bei den quantitativen Merkmalen 2, 4, 9 und 10 lägen im Rahmen der zu erwartenden Schwankungen und ließen keinen relevanten Unterschied zwischen der Klagesorte und den angegriffenen Pflanzen erkennen.

II.

Die Revision macht als Verletzung der Bestimmung des § 308 ZPO geltend, dass der Kläger in der Berufungsinstanz eine unzulässige Klageänderung vorgenommen habe. Er habe sich nämlich in der ersten Instanz auf die ursprüngliche Sortenbeschreibung gestützt, in der Berufungsinstanz dagegen auf die Merkmale der angegriffenen Sorte, wie sie sich auf Grund eines Vergleichsanbaus beim Bundessortenamt ergeben hätten. Damit sei der Klageantrag nunmehr unzulässigerweise auf ein Aliud gerichtet worden. Auf der Grundlage der erstinstanzlich gestellten Klageanträge sei die Klage ohne Weiteres als unbegründet abzuweisen gewesen, weil die konkrete Verletzungsform verfehlt worden sei.

Der Rüge muss der Erfolg versagt bleiben. Der zu den technischen Schutzrechten des gewerblichen Rechtsschutzes, insbesondere zum Patentrecht, entwickelte Grundsatz, dass die bloße Wiedergabe der Schutzansprüche zur Bezeichnung der Verletzungsform nicht genügt, sondern dass die Mittel, derer sich die angegriffene Ausführungsform bedient, in den Klageanträgen so konkret anzugeben sind, dass eine dem Klageantrag entsprechende Urteilsformel die Grundlage für die Zwangsvollstreckung bilden könne (BGHZ 162, 365 , 373 - Blasfolienherstellung), gilt mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Schutzansprüche (Patentansprüche) die Sortenbeschreibung tritt, auch im Verfahren über die Verletzung von (nationalen wie gemeinschaftlichen) Sortenschutzrechten. Die abweichende, auf ältere Rechtsprechung gestützte Auffassung, dass es ausreiche, die Merkmale der geschützten Sorte nach dem Erteilungsbeschluss wiederzugeben (Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, Handbuch zum deutschen und europäischen Sortenschutz, 1999, Rdn. 1371), ist damit auch für das Sortenschutzrecht überholt. Dass die Sortenbeschreibung anders als der Patentanspruch ohne Mitwirkung des Anmelders formuliert wird, rechtfertigt entgegen der Auffassung der Beklagten keine abweichende Würdigung; auch der Patentanspruch kommt nämlich erst dann zur Wirkung des erteilten Patents, wenn gegen ihn seitens der Erteilungsbehörde keine Bedenken bestehen. Soweit auf Toleranzschwankungen beim angegriffenen Pflanzenmaterial abgestellt wird, kann dem durch eine entsprechend weite Formulierung des Klageantrags Rechnung getragen werden. Daraus ergibt sich zugleich, dass in einer entsprechenden Anpassung der Klageanträge keine unzulässige Klageänderung liegen kann (vgl. zum Patentrecht BGH - Blasfolienherstellung, aaO). Dies gilt hier umso mehr, als das Berufungsgericht darauf hingewiesen hat, dass der erstinstanzliche Verbotsausspruch auf die im Erteilungsbeschluss enthaltenen Merkmale der Klagesorte gestützt gewesen sei, obwohl die angegriffenen Pflanzen hinsichtlich mehrerer Merkmale davon abwichen, und eine entsprechende Anpassung verlangt hat. Die auf die prozessuale Unzulässigkeit einer Abwandlung der Verletzungsform gestützte Rechtsprechung des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs zur Konkretisierung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanträge, auf die sich die Revision stützen will (BGHZ 168, 179 , 184 ff. - Anschriftenliste), ist auf die hier vorliegende nachträgliche zutreffende Umschreibung des dem Verbot unterliegenden Verhaltens nicht übertragbar.

III.

Auch in der Sache hält die Entscheidung des Berufungsgerichts der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

1.

Ohne Erfolg rügt die Revision, dass das Berufungsgericht der Prüfung der Verletzungsfrage eine unzulässige Interpretation der maßgeblichen Sortenbeschreibung zugrunde gelegt und seine Bindung an den Erteilungsbeschluss missachtet habe, indem es sich der Sache auf die Sortenbeschreibung vom 14. September 2005 und nicht auf die Sortenbeschreibung vom 16. Oktober 1997 gestützt habe. Einem Erfolg dieser Rüge steht schon entgegen, dass - was auch im Revisionsverfahren zu beachten ist (vgl. BGH, Urt. v. 6.7.1962 - I ZR 74/59, GRUR 1962, 577, 578 - Rosenzüchtung; Rogge/Grabinski in Benkard, PatG GebrMG , 10. Aufl. 2006, Rdn. 4 zu § 139 PatG zur Rechtslage im Patentrecht) - die Beschwerde der Beklagten gegen die inzwischen im Register vorgenommene Änderung der Sortenbeschreibung zurückgewiesen worden ist und der Klage hiergegen - anders als der Beschwerde selbst (Art. 67 Abs. 2 Satz 1 GemSortV) - keine aufschiebende Wirkung zukommt (Art. 242 Satz 1 EG; vgl. Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, aaO Rdn. 1096). Die Änderung der Sortenbeschreibung durch das Amt ist mithin infolge der Tatbestandswirkung der Anpassung beachtlich (vgl. BGHZ 158, 372 , 374 f. = GRUR 2004, 710 - Druckmaschinentemperierungssystem; BGHZ 159, 179 , 182 f. ; Stelkens/ Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz , 7. Aufl. 2008, § 43 Rdn. 112 ff. m.w.N.; Hubert Meyer in Knack, Verwaltungsverfahrensgesetz , 8. Aufl. 2004, Rdn. 20 f. zu § 43; Kraßer, Patentrecht, 5. Aufl. 2004, S. 730).

2.

Das Berufungsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Landgericht zum Schutzbereich der geschützten Sorte außer dem "Identitätsbereich" auch einen "Toleranzbereich" gerechnet, der bestimmte zu erwartende Variationen erfasse. Diese zutreffende, in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings bisher noch nicht abschließend anerkannte Betrachtung (vgl. BGHZ 166, 203 , 209 f. - Melanie) entspricht gefestigter Instanzrechtsprechung (vgl. OLG Frankfurt Mitt. 1982, 212, 213; OLG Düsseldorf InstGE 4, 127, 134 = GRUR-RR 2004, 281 ) und der einhelligen Auffassung in der deutschen Literatur (vgl. nur Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, aaO Rdn. 306: "Äquivalenzbereich eines Sortenschutzrechtes; individualisierter Schutzbereich"; Keukenschrijver, SortG , 2001, Rdn. 48 zu § 10; Jestaedt, GRUR 1982, 595, 598). Das gilt nicht nur für den nationalen Sortenschutz nach § 10 SortG , sondern auch für den gemeinschaftlichen nach Art. 13 GemSortV, von dem das nationale Recht insoweit nicht abweicht. Zutreffend stützt sich das Berufungsgericht darauf, dass der Sortenschutz sich auf lebende Materie bezieht, deren konkrete Ausprägungen von unterschiedlichen Faktoren wie der Mutterpflanzenhaltung, der Qualität der verwendeten Stecklinge, dem Stutztermin, dem Einsatz von Fungiziden und Insektiziden, dem Substrat, der Menge der Düngung und den Wassergaben, der Temperatur und dem Lichtangebot abhängen. Dies rechtfertigt es, neben dem Identitätsbereich des Sortenschutzrechts einen Toleranzbereich anzuerkennen. Der Senat ist überzeugt, dass diese Auslegungsfrage auch für den gemeinschaftlichen Sortenschutz eindeutig zu beantworten ist, so dass es der Einholung einer Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften nicht bedarf (vgl. EuGH Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T).

3.

Mit ihrer Rüge, das Berufungsurteil treffe keine Feststellungen dazu, dass das als verletzend angesehene Pflanzenmaterial hinsichtlich des Merkmals 4 "Breite des Blatts" in den Toleranzbereich der Klagesorte falle, kann die Revision nicht durchdringen.

Das Berufungsurteil führt hierzu im Anschluss an die Erörterung des Merkmals 2 "Länge des Triebs" aus, ähnlich wie dort (nur geringfügige Unterschiede zwischen Klagesorte und angegriffenem Pflanzenmaterial bei starken Schwankungen in Abhängigkeit vom Anbaujahr) verhalte es sich mit Merkmal 4. Hier zeigten die Anlagen 5 und 6 zum Gerichtsgutachten beim Vergleichsanbau noch geringere Unterschiede und im Jahr 2004 sogar dieselbe Ausprägungs- und Notenstufe, nämlich bei der Klagesorte im Jahr 2003 "sehr schmal bis schmal, Note 2" und 2004 "sehr schmal, Note 1" und bei der Sorte "SU-MOST 01" in beiden Jahren 2003 und 2004 jeweils "sehr schmal, Note 1". Auf der Grundlage der angepassten Sortenbeschreibung, in der die Ausprägung "sehr schmal bis schmal, Note 2" lautet, und unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht festgestellten Abhängigkeit des Merkmals von den klimatischen Bedingungen des Prüfungsjahrs trägt dies jedenfalls die Annahme, dass die bei dem angegriffenen Pflanzenmaterial festgestellte Ausprägung im Toleranzbereich der geschützten Sorte liegt, ohne dass das Berufungsgericht diesen Toleranzbereich hierfür abschließend zu bestimmen hatte.

Auf die ursprüngliche Sortenbeschreibung (Note 3) ist nach deren im Revisionsverfahren beachtlicher Änderung nicht mehr abzustellen. Die insoweit erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe sich mit dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen nicht ausreichend auseinandergesetzt, geht daher ins Leere.

Die weitere Rüge, die Feststellung, dass die Blattbreite sehr stark von den im Prüfungsjahr herrschenden Klimabedingungen abhängig sei, könne sich nicht auf das Ergebnis der Beweisaufnahme stützen, ist unbegründet. Denn die gerichtliche Sachverständige hat bei ihrer Anhörung durch das Landgericht ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Befund zum Merkmal Blattbreite vom Anbaujahr abhänge. Die von der Revision herangezogene Behauptung der Beklagten, das Merkmal sei keinen nennenswerten Schwankungen unterworfen, konnte das Berufungsgericht damit als widerlegt ansehen, zumal die Ausführungen der Sachverständigen durch die bereits vom Landgericht festgestellten Spannen in den (in Millimetern) gemessenen Blattbreiten bei der Klagesorte und bei "SUMOST 01" und die unterschiedliche Benotung des Vergleichsanbaus der Klagesorte in den Jahren 2003 und 2004 bestätigt worden sind. Dass der Vergleichsanbau nicht "doppelt (nämlich bei der Anpassung der Sortenbeschreibung und bei der Bestimmung des Toleranzbereichs) berücksichtigt" werden dürfe, kann der Revision nicht zugegeben werden. Vielmehr durfte das Berufungsgericht in den Ergebnissen des Vergleichsanbaus eine Bestätigung anbaujahrabhängiger Schwankungen sehen. Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob ein nicht mehr als eine Notenstufe betragender Unterschied bei einem einzelnen Merkmal überhaupt geeignet sein kann, die Schwelle der deutlichen Unterscheidbarkeit nach Art. 13 Abs. 5 Buchst. b, Art. 7 Abs. 1 GemSortV, Art. 14 Abs. 5 Buchst. a ii des Internationalen Übereinkommens zum Schutz von Pflanzenzüchtungen i.d.F. v. 19. März 1991 (BGBl. II 1998 S. 259) zu überschreiten (s. dazu OLG Frankfurt Mitt. 1982, 212, 213; Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, aaO Rdn. 306; Keukenschrijver, aaO, Rdn. 48 zu § 10).

4.

Die weiteren Verfahrensrügen der Revision hat der Senat geprüft, jedoch gleichfalls für nicht durchgreifend erachtet ( § 564 ZPO ).

IV.

Der im Revisionsverfahren gestellte Aussetzungsantrag bleibt ohne Erfolg.

1.

Das Verletzungsgericht ist an die Erteilung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes gebunden (Art. 105 GemSortV; vgl. Würtenberger/van der Kooij/Kiwiet/Ekvad, European Community Plant Variety Protection, 2006 , Rdn. 7.09). Es kann die Verhandlung aussetzen und die Erledigung eines anderen Rechtsstreits abwarten, wenn die eigene Entscheidung ganz oder zum Teil vom Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Art. 106 Abs. 2 GemSortV sieht dies für den Fall eines anhängigen Verfahrens mit dem Ziel der Nichtigkeitserklärung der Klagesorte nach Art. 20 GemSortV oder der Aufhebung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes nach Art. 21 GemSortV ausdrücklich vor. Ob diese Regelung der Bestimmung des § 148 ZPO als speziellere Regelung vorgeht und diese verdrängt (wohl verneinend Wuesthoff/Leßmann/Würtenberger, aaO Rdn. 1410) und somit eine Aussetzung mit Rücksicht auf ein - den Bestand des Sortenschutzes nicht berührendes - eine Anpassung der Sortenbeschreibung (Art. 87 Abs. 4 GemSortV) betreffendes Verfahren ausschließt, kann dahinstehen. Eine Aussetzung mit Rücksicht auf die erhobene Klage gegen die Anpassung der Sortenbeschreibung ist jedenfalls schon deshalb nicht veranlasst, weil die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits hiervon nicht abhängt. Das Berufungsgericht hat nämlich rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die angepasste Sortenbeschreibung herangezogen werden kann, um die nach der ursprünglichen Sortenbeschreibung maßgeblichen Ausprägungsmerkmale im Licht der UPOV-Richtlinie TG/176/3 zu bewerten und damit so zu "übersetzen", dass sie einen Vergleich der Ausprägungen des in den Jahren 2003 und 2004 angebauten angegriffenen Pflanzenmaterials mit den Klagesorten und dem in denselben Jahren angebauten Pflanzen der Klagesorte erlauben.

Der demgegenüber von der Revision behauptete Grundsatz, im Verletzungsprozess dürfe nicht von der Sortenbeschreibung im Erteilungsbeschluss abgewichen werden, ist mit der ihm zugemessenen Bedeutung weder der Rechtsprechung noch dem Schrifttum zu entnehmen; insbesondere die von der Revision zitierten Stellen (BGHZ 166, 203 , 208 f. - Melanie; Keukenschrijver, aaO, Rdn. 46 zu § 10) belegen ihn nicht. Für ihn gibt es auch keine Rechtfertigung. Denn der Verletzungsrichter ist zwar an den Erteilungsbeschluss gebunden. Dies hindert ihn jedoch nicht, Inhalt und Reichweite des Sortenschutzrechts - wie jedes anderen gewerblichen Schutzrechts - eigenverantwortlich zu bestimmen. Vielmehr ist der Verletzungsrichter dazu verpflichtet, sich darüber Klarheit zu verschaffen, wie die im Erteilungsbeschluss angegebenen Merkmalsausprägungen unter den zum Zeitpunkt seiner Sachaufklärung gegebenen klimatischen und sonstigen Bedingungen mit zur richterlichen Überzeugungsbildung ausreichender Sicherheit festgestellt werden können. Nichts anderes hat das Berufungsgericht getan.

Gegen diese Befugnis des Verletzungsrichters lässt sich auch nicht die von der Revision befürchtete "Unübersichtlichkeit der Schutzrechtslage" ins Feld führen. Denn auch die Anpassung der amtlichen Sortenbeschreibung nach Art. 87 Abs. 4 GemSortV legt nicht den Schutzbereich der Sorte neu fest. Sie soll vielmehr nur für eine bessere Vergleichbarkeit sorgen und hat damit klarstellende Funktion. Sie ist deshalb der Verletzungsprüfung auch ebenso "rückwirkend" zugrunde zu legen wie es die Methoden sind, die der Verletzungsrichter für erforderlich hält, um sich von der Unterscheidbarkeit oder Nichtunterscheidbarkeit des angegriffenen Pflanzenmaterials von der geschützten Sorte zu überzeugen.

Soweit die Revision beanstandet, eine Anpassung der Sortenbeschreibung (und damit auch eine entsprechende Auslegung durch das Verletzungsgericht) habe bei dem Merkmal 1 "Haltung der Triebe" auszuscheiden, da eine Änderung der Sortenbeschreibung nur bei Relativmerkmalen vorgenommen werden dürfe, die im Vergleich mit anderen Sorten festgelegt werden, das Merkmal jedoch kein solches darstelle, setzt sie sich in Widerspruch zu der tatrichterlichen Feststellung, dass die Haltung der Triebe relativ, d.h. im Vergleich mit anderen Sorten, festgelegt wird und daher im Jahr 2005 anders als im Jahr 1997 zu bewerten gewesen ist. Mit der Rüge, das Berufungsgericht habe den Sachverhalt unzureichend ermittelt, unternimmt es die Revision, die tatrichterliche, bereits vom Landgericht ausführlich begründete Beurteilung durch die eigene zu ersetzen. Dass sich das Berufungsgericht nicht mit jeder Einzelheit der von der Revision angeführten Argumentation der Beklagten ausdrücklich auseinandergesetzt hat, begründet keinen Mangel der angefochtenen Entscheidung; nach § 540 Abs. 1 Nr. 2 ZPO muss das Berufungsurteil lediglich eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der erstinstanzlichen Entscheidung enthalten.

2.

Die Aussetzung ist auch nicht wegen der auf die Nichtigerklärung oder Aufhebung des gemeinschaftlichen Sortenschutz gerichteten Verfahren veranlasst.

Die Aussetzung des Verletzungsrechtsstreits steht nach Art. 106 Abs. 2 GemSortV wie nach § 148 ZPO im Ermessen des Gerichts und ist, auch wenn im Revisions- und Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ein großzügiger Maßstab angezeigt ist (BGHZ 158, 372 , 376 - Druckmaschinentemperierungssystem), nur veranlasst, wenn dargelegt ist, dass dem Antrag auf Nichtigerklärung oder Aufhebung wenigstens einige Aussicht auf Erfolg zukommt.

Dies ist hinsichtlich des Antrags auf Aufhebung des Sortenschutzes nicht der Fall, denn die Revision legt nicht dar, womit die Klage zum Gericht erster Instanz begründet worden ist und auf Grund welcher Umstände mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann, dass das Gericht feststellen wird, dass die in Art. 8 oder Art. 9 GemSortV genannten Voraussetzungen der Homogenität und Beständigkeit nicht mehr erfüllt sind. Dass im Amtsblatt der Europäischen Union stichwortartig die Klagegründe angegeben sind, die der Gärtnermeister S. geltend gemacht hat, kann diese Darlegung nicht ersetzen.

Entsprechendes gilt für den Antrag auf Nichtigerklärung des gemeinschaftlichen Sortenschutzes. Dessen Erfolg erfordert die Feststellung, dass einer der in Art. 20 GemSortV genannten Nichtigkeitsgründe vorliegt. Auch insoweit fehlt es jedoch, auch nach dem Vorbringen im Schriftsatz vom 7. April 2009, an jeder Darlegung, welche Umstände eine solche Feststellung wahrscheinlich machen sollen. Weder hinsichtlich der diskutierten Behandlung des Prüfguts im Jahr 1997 mit einem Wachstumsregler noch hinsichtlich der - nach der Entscheidung der Beschwerdekammer gängigen - Prüfung aufgrund von Stecklingen, die von den dem prüfenden Amt zur Verfügung gestellten Pflanzenmaterial gewonnen worden sind, ist dargetan, welche konkreten Tatsachen den Schluss rechtfertigen sollen, die sich aus der Sortenbeschreibung ergebenden Merkmale resultierten nicht aus dem Genotyp der geschützten Sorte. Es kann daher offenbleiben, ob sich schon aus der Zurückweisung der Beschwerde eine Bindung der mit der Verletzungsfrage befassten Gerichte an die Zurückweisung des Nichtigkeitsantrags ergibt, solange gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer noch nach Art. 73 Abs. 5 GemSortV innerhalb der offenen Zweimonatsfrist noch Klage erhoben werden kann, der allerdings nach den europarechtlichen Vorgaben aufschiebende Wirkung nicht zukommt (Art. 242 EG).

V.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 ZPO .

Hinweise:

Verkündet am: 23. April 2009

Vorinstanz: OLG Düsseldorf, vom 21.12.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 2 U 94/05
Vorinstanz: LG Düsseldorf, vom 12.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen O 347/03
Fundstellen
BGHReport 2009, 841
GRUR 2009, 750
GRURInt 2009, 1044
wrp 2009, 854