Unterhaltsrechtliche Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland (SüdL) OLG Bamberg, Karlsruhe, München, Nürnberg, Stuttgart und Zweibrücken
Stand 01.01.2021
Die Familiensenate der Süddeutschen OLG verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist.
Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt.
Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht. Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen |
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2. Sozialleistungen
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3. Kindergeld Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet (vgl. Nr. 14). |
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4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. |
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5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Bei der Bemessung des Wohnvorteils ist auszugehen von der Nettomiete, d.h. nach Abzug der auf einen Mieter nach § 2 BetrKV umlegbaren Betriebskosten. Hiervon können in Abzug gebracht werden der berücksichtigungsfähige Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten und solche Kosten, die auf einen Mieter nicht nach § 2 BetrKV umgelegt werden können. Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt i.d.R. für die Zeit bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags in Betracht. |
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6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das i.d.R. mit einem Betrag von 200 €–550 €. |
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7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben. |
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8. Freiwillige Zuwendungen Dritter Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. |
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9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein. |
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10. Bereinigung des Einkommens |
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anhang 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.
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12. Minderjährige Kinder
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13. Volljährige Kinder
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14. Verrechnung des Kindergeldes Es wird nach § 1612b BGB angerechnet. Für das gesamte Jahr 2015 bleiben dabei die bis Ende 2014 geltenden Kindergeldbeträge maßgeblich. |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
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16. Bedürftigkeit Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist (vgl. Rechenbeispiel Anhang 2 Nr. 2.1). |
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17. Erwerbsobliegenheit
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Weitere Unterhaltsansprüche
Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 960 €. Ist die Mutter verheiratet oder geschieden, ergibt sich ihr Bedarf aus den ehelichen Lebensverhältnissen. |
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19. Elternunterhalt Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9). |
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20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. |
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt
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22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
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23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten
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24. Mangelfall
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Anhang
1. Düsseldorfer Tabelle 2021
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Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen |
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Prozentsatz |
Bedarfskontrollbetrag |
||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
|
|
|
|
|
|
||||
|
|
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
|
|
||
Alle Beträge in Euro |
|||||||||
1. |
bis 1.900 |
393 |
451 |
528 |
564 |
100 |
960/1.160 |
||
2. |
1.901 |
– |
2.300 |
413 |
474 |
555 |
593 |
105 |
1.400 |
3. |
2.301 |
– |
2.700 |
433 |
497 |
581 |
621 |
110 |
1.500 |
4. |
2,701 |
– |
3.100 |
452 |
519 |
608 |
649 |
115 |
1.600 |
5. |
3.101 |
– |
3.500 |
472 |
542 |
634 |
677 |
120 |
1.700 |
6. |
3.501 |
– |
3.900 |
504 |
578 |
676 |
722 |
128 |
1.800 |
7. |
3.901 |
– |
4.300 |
535 |
614 |
719 |
768 |
136 |
1.900 |
8. |
4.301 |
– |
4.700 |
566 |
650 |
761 |
813 |
144 |
2.000 |
9. |
4.701 |
– |
5.100 |
598 |
686 |
803 |
858 |
152 |
2.100 |
10. |
5.101 |
– |
5.500 |
629 |
722 |
845 |
903 |
160 |
2.200 |
|
ab 5.501 |
nach den Umständen des Falls |
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Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Ab dem 01.01.2021 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind jeweils 219 €, für das dritte Kind 225 € und das vierte und jedes weitere Kind jeweils 250 €.
1. und 2. Kind |
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
% |
|||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. |
bis 1.900 |
283,50 |
341,50 |
418,50 |
345 |
100 |
||
2. |
1.901 |
– |
2.300 |
303,50 |
364,50 |
445,50 |
374 |
105 |
3. |
2.301 |
– |
2.700 |
323,50 |
387,50 |
471,50 |
402 |
110 |
4. |
2.701 |
– |
3.100 |
342,50 |
409,50 |
498,50 |
430 |
115 |
5. |
3.101 |
– |
3.500 |
362,50 |
432,50 |
524,50 |
458 |
120 |
6. |
3.501 |
– |
3.900 |
394,50 |
468,50 |
566,50 |
503 |
128 |
7. |
3.901 |
– |
4.300 |
425,50 |
504,50 |
609,50 |
549 |
136 |
8. |
4.301 |
– |
4.700 |
456,50 |
540,50 |
651,50 |
594 |
144 |
9. |
4.701 |
– |
5.100 |
488,50 |
576,50 |
693,50 |
639 |
152 |
10. |
5.101 |
– |
5.500 |
519,50 |
612,50 |
735,50 |
684 |
160 |
3. Kind |
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
% |
|||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. |
bis 1.900 |
280,50 |
338,50 |
415,50 |
339 |
100 |
||
2. |
1.901 |
– |
2.300 |
300,50 |
361,50 |
442,50 |
368 |
105 |
3. |
2.301 |
– |
2.700 |
320,50 |
384,50 |
468,50 |
396 |
110 |
4. |
2.701 |
– |
3.100 |
339,50 |
406,50 |
495,50 |
424 |
115 |
5. |
3.101 |
– |
3.500 |
359,50 |
429,50 |
521,50 |
452 |
120 |
6. |
3.501 |
– |
3.900 |
391,50 |
465,50 |
563,50 |
497 |
128 |
7. |
3.901 |
– |
4.300 |
422,50 |
501,50 |
606,50 |
543 |
136 |
8. |
4.301 |
– |
4.700 |
453,50 |
537,50 |
648,50 |
588 |
144 |
9. |
4.701 |
– |
5.100 |
485,50 |
573,50 |
690,50 |
633 |
152 |
10. |
5.101 |
– |
5.500 |
516,50 |
609,50 |
732,50 |
678 |
160 |
Ab 4. Kind |
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
% |
|||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
1. |
bis 1.900 |
268 |
326 |
403 |
314 |
100 |
||
2. |
1.901 |
– |
2.300 |
288 |
349 |
430 |
343 |
105 |
3. |
2.301 |
– |
2.700 |
308 |
372 |
456 |
371 |
110 |
4. |
2.701 |
– |
3.100 |
327 |
394 |
483 |
399 |
115 |
5. |
3.101 |
– |
3.500 |
347 |
417 |
509 |
427 |
120 |
6. |
3.501 |
– |
3.900 |
379 |
453 |
551 |
472 |
128 |
7. |
3.901 |
– |
4.300 |
410 |
489 |
594 |
518 |
136 |
8. |
4.301 |
– |
4.700 |
441 |
525 |
636 |
563 |
144 |
9. |
4.701 |
– |
5.100 |
473 |
561 |
678 |
608 |
152 |
10. |
5.101 |
– |
5.500 |
504 |
597 |
720 |
653 |
160 |
3. Rechenbeispiele
3.1 Additionsmethode
Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 2.000 € sowie Zinseinkünfte von 300 €. Seine Ehefrau F hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.000 €. Anspruch der F?
Bedarf : 1/2( 9/10 x 2.000 € + 300 € + 9/10 x 1.000 € ) = 1.500 €
Höhe : 1.500 € – 9/10 x 1.000 € = 600 €
3.2 Absoluter Mangelfall
Der unterhaltspflichtige Vater V hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.800 €. Unterhaltsberechtigt sind ein 18-jähriges Kind K1, das bei der Mutter M lebt und aufs Gymnasium geht, und die beiden minderjährigen Kinder K2 (14 Jahre) und K3 (10 Jahre), die von der Mutter betreut werden. Das Kindergeld von 663 € wird an die Mutter ausbezahlt, deren sonstiges Einkommen unter 1.160 € liegt.
Unterhaltsberechnung gemäß Nr. 23.1:
Mangels Leistungsfähigkeit der Mutter alleinige Barunterhaltspflicht von V für alle Kinder.
Bedarf K1: 564 € (DüssTab Gruppe 1, 4. Altersstufe) – 219 € Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf = Einsatzbetrag von 345 €
Bedarf K2: 528 € (DüssTab Gruppe 1, 3. Altersstufe) – 109,50 € 1/2 Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf = Einsatzbetrag von 418,50 €
Bedarf K3: 451 € (DüssTab Gruppe 1, 2. Altersstufe) – 112,50 € 1/2 Kindergeld ergibt einen ungedeckten Bedarf = Einsatzbetrag von 338,50 €
Summe der Einsatzbeträge: 345 + 418,50 + 338,50 = 1.102 €
Verteilungsmasse:
Einkommen 1.800 € – Selbstbehalt 1.160 € = 640 €
Prozentuale Kürzung:
640/1.102 x 100 = 58,08 %
Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche:
K1: 345,00 € x 58,08 % = 200 €; zum Leben verfügbar also 200 + 219,00 = 419,00 €;
K2: 418,50 € x 58,08 % = 243 €; zum Leben verfügbar also 243 + 109,50 = 352,50 €;
K3: 338,50 € x 58,08 % = 197 €; zum Leben verfügbar also 197 + 112,50 = 309,50 €.
4. Zusammenstellung der Bedarfssätze und Selbstbehalte |
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Bedarfssätze |
|
I. Regelbedarf eines volljährigen Kindes, das nicht im Haushalt eines Elternteils lebt (Nr. 13.1.2) |
860 € |
II. Mindestbedarf eines Ehegatten (Nr. 15.1), eines aus § 1615l BGB Berechtigten (Nr. 18) und anderer Unterhaltsbedürftiger, die nicht Kinder oder (geschiedene) Ehegatten sind |
960 € |
Selbstbehalte |
|
III. Monatlicher Selbstbehalt gegenüber minderjährigen und ihnen gleichgestellten (§ 1603 Abs. 2 BGB) Kindern (Nr. 21.2) |
|
a) des erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten |
1.160 € |
b) des nichterwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten |
960 € |
IV. Monatlicher Selbstbehalt gegenüber anderen Kindern (Nr. 21.3.1) |
1.400 € |
V. Monatlicher Selbstbehalt gegenüber Ehegatten (Nr. 21.4) und Ansprüchen nach § 1615l BGB (Nr. 21.3.2) |
|
a) des erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten |
1.280 € |
b) des nichterwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten |
1.180 € |
VI. Monatlicher Selbstbehalt gegenüber Verwandten aufsteigender Linie und Enkeln |
nicht belegt |
VII. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten (Nr. 22) |
|
a) gegenüber nachrangigen (geschiedenen) Ehegatten |
1.024 € |
mindestens |
|
b) gegenüber nicht unter § 1603 Abs. 2 BGB fallenden Kindern |
1.120 € |
c) gegenüber Eltern/Enkelunterhalt mindestens |
nicht belegt |
|
|
1) |
Nr. 25. findet keine Anwendung. |
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