Unterhaltsrechtliche Leitlinien des Hanseatischen OLG Hamburg (Stand 01.01.2021)
Inhalt
Vorbemerkung
Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
1. Geldeinnahmen
1.1 regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen
1.2 unregelmäßige Einkommen (z.B. Abfindungen etc.)
1.3 Überstunden
1.4 Spesen und Auslösungen
1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit
1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen
1.7 Steuererstattungen
1.8 sonstige Einnahmen
2. Sozialleistungen
2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld
2.2 Leistungen nach dem SGB II
2.3 Wohngeld
2.4 BAföG-Leistungen
2.5 Erziehungs- und Elterngeld
2.6 Unfall- und Versorgungsrenten
2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld u.Ä.
2.8 Pflegegeld
2.9 Grundsicherung beim Verwandtenunterhalt
2.10 Sozialhilfe
2.11 Unterhaltsvorschuss
3. Kindergeld und Kinderzuschlag (§ 6a BKGG)
4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers
5. Wohnwert
6. Haushaltsführung
7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit
8. Freiwillige Zuwendungen Dritter
9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion
10. Bereinigung des Einkommens
10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen
10.1.1 Steuern/Splittingvorteil
10.1.2 Vorsorgeaufwendungen
10.2 berufsbedingte Aufwendungen
10.2.1 pauschale/konkrete Aufwendungen
10.2.2 Fahrtkosten
10.2.3 Ausbildungsaufwand
10.3 Kinderbetreuung
10.4 Schulden
10.5 Unterhaltsleistungen
10.6 Vermögensbildung
10.7 Umgangskosten
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)
11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge
11.2 Eingruppierung
12. minderjährige Kinder
12.1 Betreuungs-/Barunterhalt
12.2 Einkommen des Kindes
12.3 beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil
12.4 Zusatzbedarf
13. volljährige Kinder
13.1 Bedarf
13.2 Einkommen des Kindes
13.3 beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil
14. Verrechnung des Kindergeldes und des Kinderzuschlages
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
15.1 Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnisse
15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus
15.3 konkrete Bedarfsbemessung
15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf
15.5 Bedarf bei mehreren Ehegatten und Berechtigten nach § 1615l BGB
15.6 trennungsbedingter Mehrbedarf
16. Bedürftigkeit
17. Erwerbsobliegenheit
17.1 bei Kindesbetreuung
17.2 bei Trennungsunterhalt
weitere Unterhaltsansprüche
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Verpflichteten
21.1 Grundsatz
21.2 notwendiger Selbstbehalt
21.3 angemessener Selbstbehalt
21.3.1 gegenüber volljährigem Kind
21.3.2 bei Ansprüchen aus § 1615 l BGB
21.3.3 beim Elternunterhalt
21.3.4 von Großeltern gegenüber Enkeln
21.4 eheangemessener Selbstbehalt
21.5 Anpassung des Selbstbehalts
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten
22.1 Mindestbedarf bei Ansprüchen des nachrangigen, geschiedenen Ehegatten
22.2 Mindestbedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder
22.3 Mindestbedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten
23.1 Bedarf bei Ansprüchen des nachrangigen, geschiedenen Ehegatten.
23.2 Bedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder
23.3 Bedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von gemeinsamen Enkeln
24. Mangelfall
24.1 Grundsatz
24.2 Einsatzbeträge
24.3 Berechnung
24.4 Kindergeldverrechnung
Sonstiges
25. Rundung
Anhang
Vorbemerkung
Die Familiensenate des Hanseatischen OLG Hamburg verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nachfolgende Leitlinien ersetzt. Sie gelten ab 01.01.2021. Gegenüber den bislang geltenden Leitlinien ergeben sich Änderungen in den Nummern 1.8, 2.1, 3., 5., 10.2.1, 10.2.2, 10.3, 10.6, 12.4, 14., 15., 18., 21., 22 und hinsichtlich der Düsseldorfer Tabelle.
Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen
Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwandten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Bedürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht. Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuer- und sozialrechtlichen Einkommen.
1. Geldeinnahmen
|
|||||||||||||||||||||||
2. Sozialleistungen
|
|||||||||||||||||||||||
3. Kindergeld und Kinderzuschlag (§ 6a BKGG) Kindergeld und Kinderzuschlag werden nicht zum Einkommen des Unterhaltspflichtigen gerechnet. |
|||||||||||||||||||||||
4. Geldwerte Zuwendungen Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen. |
|||||||||||||||||||||||
5. Wohnwert Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter gem. §§ 556 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 BetrKV üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zum endgültigen Scheitern der Ehe in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt. Die Aufnahme weiterer Personen in die im Alleineigentum des Pflichtigen stehenden Immobilie, insbesondere die Aufnahme des Ehegatten, mindert den zuzurechnenden Wohnwert nicht. |
|||||||||||||||||||||||
6. Haushaltsführung Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so kann hierfür ein angemessenes Einkommen anzusetzen sein. |
|||||||||||||||||||||||
7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben (§ 1577 Abs. 2 BGB). |
|||||||||||||||||||||||
8. Freiwillige Zuwendungen Dritter Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen nur zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht. Beim Mindestkindesunterhalt sind auch freiwillige Leistungen Dritter einzusetzen. |
|||||||||||||||||||||||
9. Erwerbsobliegenheit und fiktives Einkommen Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein, wenn der Unterhaltsverpflichtete eine ihm mögliche und zumutbare Erwerbstätigkeit unterlässt. Bei Arbeitslosigkeit sind über eine Meldung bei der Agentur für Arbeit oder telefonische Nachfragen hinausgehende eigenständige Erwerbsbemühungen im Einzelnen darzulegen und zu belegen. Der Hinweis auf die Arbeitsmarktlage macht den Nachweis von Bemühungen nur im Ausnahmefall entbehrlich. Bei unzureichenden Bemühungen um einen Arbeitsplatz können bei einer feststellbaren realen Beschäftigungschance fiktive Einkünfte nach den Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung von Beruf, Alter, Gesundheit und des zuletzt erzielten Verdienstes zugrunde gelegt werden. Neben dem Bezug von Leistungen der Arbeitsverwaltung kann die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung (§ 155 SGB III) in Betracht kommen. Dem wiederverheirateten Elternteil obliegt es grundsätzlich, ungeachtet seiner Pflichten aus der neuen Ehe, durch Aufnahme einer Teilzeitarbeit zum Unterhalt der Kinder aus einer früheren Ehe beizutragen. |
|||||||||||||||||||||||
10. Bereinigung des Einkommens
|
Kindesunterhalt
11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt) Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anhang I). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden. |
|||||||||
12. Minderjährige Kinder
|
|||||||||
13. Volljährige Kinder
|
|||||||||
14. Verrechnung des Kindergeldes und des Kinderzuschlags Das Kindergeld mindert im Umfang des § 1612 b BGB den Bedarf des minderjährigen und volljährigen Kindes. Der Kinderzuschlag ist vollständig auf den Bedarf des Kindes anzurechnen. |
Ehegattenunterhalt
15. Unterhaltsbedarf
|
|||||||||||||||
16. Bedürftigkeit Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus von 1/7 zu vermindern ist. Bei einer Bedarfsermittlung nach den konkreten Verhältnissen ist eigenes Erwerbeinkommen des Unterhaltsberechtigten zur Ermittlung der Bedürftigkeit nicht gekürzt um einen Erwerbstätigenbonus, sondern in vollem Umfang auf den Bedarf anzurechnen. |
|||||||||||||||
17. Erwerbsobliegenheit
|
Weitere Unterhaltsansprüche
18. Ansprüche nach § 1615l BGB Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 960 €, bei Erwerbstätigkeit mindestens 1.160 €. |
|
19. Elternunterhalt Der Bedarf bemisst sich nach der eigenen Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils. Auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen ist die Untergrenze des Bedarfs so zu bemessen, dass das Existenzminimum sichergestellt wird. Bei einem Heimaufenthalt wird der Bedarf durch die dadurch anfallenden Kosten einschließlich der für die privaten Bedürfnisse gewährten Leistungen nach dem SGB XII bestimmt (vgl. zum anrechenbaren Einkommen des Berechtigten Nr. 2.9). Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht mit der bei einer Fremdvermietung erzielbaren objektiven Marktmiete, sondern auf der Grundlage der unter den gegebenen Verhältnissen ersparten Miete zu bemessen. |
|
20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. |
Leistungsfähigkeit und Mangelfall
21. Selbstbehalt des Verpflichteten
|
|||||||||||||||||||||||
22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten |
|||||||||||||||||||||||
23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten |
|||||||||||||||||||||||
24. Mangelfall
|
Anhang
Stand: 01.01.2021
I. Düsseldorfer Tabelle
Kindesunterhalt
|
Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen |
Prozentsatz |
Bedarfskontrollbetrag |
||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
|
|
0–5 |
6–11 |
12–17 |
ab 18 |
|
|
||
Alle Beträge in Euro |
|||||||||
1. |
bis 1.900 |
393 |
451 |
528 |
564 |
100 |
960/1.160 |
||
2. |
1.901 |
– |
2.300 |
413 |
474 |
555 |
593 |
105 |
1.400 |
3. |
2.301 |
– |
2.700 |
433 |
497 |
581 |
621 |
110 |
1.500 |
4. |
2.701 |
– |
3.100 |
452 |
519 |
608 |
649 |
115 |
1.600 |
5. |
3.101 |
– |
3.500 |
472 |
542 |
634 |
677 |
120 |
1.700 |
6. |
3.501 |
– |
3.900 |
504 |
578 |
676 |
722 |
128 |
1.800 |
7. |
3.901 |
– |
4.300 |
535 |
614 |
719 |
768 |
136 |
1.900 |
8. |
4.301 |
– |
4.700 |
566 |
650 |
761 |
813 |
144 |
2.000 |
9. |
4.701 |
– |
5.100 |
598 |
686 |
803 |
858 |
152 |
2.100 |
10. |
5.101 |
– |
5.500 |
629 |
722 |
845 |
903 |
160 |
2.200 |
|
|
|
ab 5.501 |
Nach den Umständen des Falls. Auf den Beschluss des BGH vom 16.09.2020 – XII ZB 499/19 wird hingewiesen. |
Tabelle Zahlbeträge
Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Ab dem 01.01.2021 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind 219 €, für das dritte Kind 225 € und ab dem vierten Kind 250 €.
9. |
4.701 – 5.100 |
488,50 |
576,50 |
693,50 |
639 |
152 |
10. |
5.101 – 5.500 |
519,50 |
612,50 |
735,50 |
684 |
160 |
II. Umrechnung dynamischer Titel nach § 36 Nr. 3 EGZPO
Die Umrechnung dynamischer Titel über Kindesunterhalt nach § 36 Nr. 3 EGZPO erfolgt gemäß der Anmerkung E (Übergangsregelung) zur Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.01.2021.
© 2024 Deubner Recht & Steuern
|