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Thüringer OLG

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Thüringer OLG: Unterhaltsrechtliche Leitlinien (Stand: 01.01.2016)

Die Familiensenate des Thüringer Oberlandesgerichts verwenden diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH.

Die „Düsseldorfer Tabelle“, Stand: 01.01.2016, ist einbezogen.

Die Erläuterungen werden durch die nachfolgenden Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Einkünfte aus Erwerb und Vermögen

1.1 Auszugehen ist vom regelmäßigen Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z.B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z.B. Abfindungen) sind grundsätzlich auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen.

1.3 Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4 Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten i.d.R. als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind abzuziehen.

Bei Aufwendungspauschalen (ausgenommen km-Geld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5 Bei Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen ist i.d.R. der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzusetzen.

2. Einkünfte aus Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld.

2.2 Leistungen nach den §§ 19 ff. SGB II beim Verpflichteten; Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II sind beim Berechtigten kein Einkommen, es sei denn, die Nichtberücksichtigung der Leistungen ist in Ausnahmefällen treuwidrig (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843; 2001, 619); nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen, insbesondere befristete Zuschläge (§ 24 SGB II), Einstiegsgeld (§ 29 SGB II), Entschädigung für Mehraufwendungen „1-€-Job“ (§ 16 Abs. 3 SGB II).

2.3 Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Elterngeld ist, soweit es über den Sockelbetrag i.H.v. 300 €, bei verlängertem Bezug über 150 €, hinausgeht, Einkommen. Der Sockelbetrag des Elterngeldes und das Betreuungsgeld sind kein Einkommen, es sei denn, es liegt einer der Ausnahmefälle des § 11 Satz 4 BEEG vor.

2.6 Unfallrenten

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610a, 1578a BGB sind zu beachten.

2.8 Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 In der Regel Leistungen nach §§ 4143 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunterhalt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10 Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG.

3. Kindergeld

Kindergeld mindert den Unterhaltsbedarf der Kinder nach Maßgabe des § 1612b BGB und unterstützt den betreuenden Elternteil bei der Erbringung der Betreuungsleistungen. Es stellt kein Einkommen des Bezugsberechtigten dar.

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers (z.B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis) sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Vorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und jene Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Während des Getrenntlebens ist zunächst regelmäßig die ersparte Miete anzusetzen, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Ist eine Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten, sind Ausnahmen von der Berücksichtigung des vollen Mietwerts grundsätzlich nicht mehr gerechtfertigt (BGH, FamRZ 2008, 963 ff.), es sei denn, es ist nicht möglich oder zumutbar, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern.

Die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Kaltmiet-Wohnkosten können im Mangelfall als Maßstab für die Anrechnung mietfreien Wohnens herangezogen werden.

6. Haushaltsführung

Die Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten kann dem Nichterwerbstätigen als (fiktives) Einkommen zugerechnet werden. In der Regel kann ein Betrag von 450 € monatlich dafür angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z.B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind regelmäßig nicht als Einkommen zu berücksichtigen (BGH, Beschl. v. 01.07.2015 – XII ZB 240/14). Keine freiwilligen Zuwendungen Dritter sind Leistungen, die einem Ehegatten im Rahmen des Familienunterhalts zufließen.

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder tatsächliche, angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z.B. Eintragung eines Freibetrags).

10.2.1 Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen. Bei entsprechenden Anhaltspunkten kann – auch bei fiktiven Einkünften – eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens – mindestens 50 €, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 € monatlich – geschätzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, sind sie in voller Höhe konkret darzulegen.

10.2.2 Nachgewiesene notwendige Fahrtkosten zur und von der Arbeitsstätte werden mit 0,30 € pro gefahrenem Kilometer berücksichtigt, wobei i.d.R. eine einfache Entfernung von mehr als 40 km nicht mehr als angemessen angesehen werden kann.

Anschaffungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten sind enthalten.

10.3 Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Kindergartenkosten stellen jedoch Mehrbedarf des Kindes dar (BGH, FamRZ 2009, 962 ff.). Geht ein Ehegatte überobligatorisch einer Vollzeittätigkeit nach, obwohl er minderjährige Kinder betreut, so kann ihm gegenüber dem anderen Ehegatten ein Kinderbetreuungsbonus anrechnungsfrei belassen werden, wenn er darlegt, dass er oder Dritte zusätzliche Kosten durch die Betreuung der Kinder haben.

10.7 Zur ausnahmsweisen Berücksichtigung von Umgangskosten (BGH, FamRZ 2009, 1300; 1391; 1477, 1479; FamRZ 2014, 917–921).

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage I).

11.1 In den Tabellenbeträgen sind Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht enthalten.

11.2 Die Tabelle weist monatliche Unterhaltsrichtsätze aus, bezogen auf zwei Unterhaltspflichten ohne Rücksicht auf den Rang.

Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein.

12. Minderjährige Kinder

Der Betreuungsunterhalt i.S.d. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB entspricht wertmäßig i.d.R. dem vollen Barunterhalt.

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Der Bedarf des volljährigen Schülers oder Studenten umfasst i.d.R. den Wohnbedarf und übliche ausbildungsbedingte Aufwendungen.

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1 Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Altersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3), ist der Bedarf des Kindes i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt.

Dies gilt auch für ein Kind i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Erzielt das volljährige Kind eigenes Einkommen, beträgt der Unterhaltsbedarf (ohne Kranken-/Pflegeversicherungsbedarf und ohne Studiengebühren) mindestens monatlich 610 €.

Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung i.d.R. um einen ausbildungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 90 € zu kürzen.

Die Anrechnung darf nicht zu unangemessenen Ergebnissen führen.

13.1.2 Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt i.d.R. monatlich 735 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 300 €), ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie ohne Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2 Einkommen des Kindes

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch das Kindergeld (siehe Nr. 14), BAföG-Darlehen und Ausbildungsvergütung bzw. -beihilfen angerechnet. Bei in der Berufsausbildung befindlichen Volljährigen sind von diesen Einkünften des Kindes ausbildungsbedingte Aufwendungen abzuziehen. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Für den Bedarf des Volljährigen haften die Eltern anteilig nach dem Verhältnis ihrer verfügbaren Einkommen. Vor der Bildung der Haftungsquote ist der angemessene Selbstbehalt jedes Elternteils (vgl. Nr. 21.3.1) und der Unterhalt vorrangig Berechtigter abzusetzen. Die Haftung ist auf den Tabellenbetrag nach Maßgabe des eigenen Einkommens des jeweils Verpflichteten begrenzt.

Diese Berechnung findet für den Bedarf des volljährigen Schülers i.S.d. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB entsprechende Anwendung. In diesem Fall ist vor der Bildung der Haftungsquote der notwendige Selbstbehalt jedes Elternteils (vgl. Nr. 21.2) abzusetzen.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Maßgeblich sind jeweils die die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte der (geschiedenen) Ehegatten.

Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen als prägend.

Verfügt der Berechtigte über die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägendes eigenes Einkommen, so kommt die sogenannte Anrechnungsmethode zur Anwendung. Hier wird das Erwerbseinkommen des Berechtigten mit 6/7 angerechnet.

15.2 Hat der Berechtigte kein eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens zuzüglich 1/2 der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Verpflichteten.

Hat der Berechtigte eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 der Differenz zwischen dem anrechenbaren Nettoeinkommen der (geschiedenen) Ehegatten bzw. 1/2 der anrechenbaren sonstigen Einkünfte, jeweils begrenzt durch den vollen Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 BGB).

15.3 Einen eheangemessenen Bedarf von mehr als 2.500 € (ohne Alters- und Krankenvorsorgebedarf) muss der Berechtigte konkret darlegen (sog. relative Sättigungsgrenze). Eigenes Einkommen des bedürftigen Ehegatten – Erwerbseinkommen nach Abzug des Erwerbstätigenbonus – ist hierauf anzurechnen (BGH, FamRZ 2011, 192).

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Erleidet dieser einen konkreten Verdienstausfall, ist er auch für den Unterhalt zugrunde zu legen. Der Mindestbedarf entspricht i.d.R. dem notwendigen Selbstbehalt eines Nichterwerbstätigen (Nr. 21.2 a), vgl. BGH, FamRZ 2010, 357 ff.

Die Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils richtet sich danach, welche Einkünfte er ohne die Geburt und die Betreuung des gemeinsamen Kindes hätte (BGH, FamRZ 2015, 1369).

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1 Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2 Er beträgt

gegenüber Minderjährigen und gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten volljährigen Kindern (notwendiger oder kleiner Selbstbehalt)

a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige:

880 €

b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige:

1.080 €

Darin enthalten sind 380 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete).

Verursacht der Umgang des Unterhaltspflichtigen mit den minderjährigen Kindern besondere Kosten, die er nur unter Gefährdung seines Selbstbehalts aufbringen könnte, kommt eine maßvolle Erhöhung in Betracht.

Bei Deckung des Mindestunterhalts gilt auch gegenüber Ansprüchen minderjähriger Kinder und ihnen gleichgestellter volljähriger Kinder der angemessene Selbstbehalt nach Nr. 21.3.1.

21.3.1 gegenüber volljährigen Kindern, die nicht gem. § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind (angemessener oder großer Selbstbehalt): 1.300 €

Darin ist eine Warmmiete i.H.v. 480 € enthalten.

21.3.2 gegenüber dem getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten (eheangemessener Selbstbehalt) sowie dem nach § 1615l BGB Unterhaltsberechtigten: 1.200 €

Darin enthalten sind bis 430 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete).

21.3.3 Der Selbstbehalt (Nr. 21.5) beträgt gegenüber den Eltern 1.800 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Darin enthalten sind Kosten des Wohnbedarfs i.H.v. 480 € (Warmmiete).

Der angemessene Unterhalt eines mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch mindestens 1.440 €; darin sind Kosten des Wohnbedarfs i.H.v. 380 € enthalten (Warmmiete).

Bei Zusammenleben beträgt der Familienselbstbehalt (1.800 + 1.440 =) 3.240 €, wobei 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens anrechnungsfrei verbleiben (BGH, FamRZ 2010, 1535–1541).

21.3.4 Der Selbstbehalt der Großeltern beträgt 1.800 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. Bei Zusammenleben der Großeltern beträgt der Selbstbehalt 3.240 €, wobei 45 % des darüber hinausgehenden Einkommens anrechnungsfrei verbleiben (BGH, FamRZ 2010, 1535–1541).

Die Haushaltsersparnis, die bezogen auf das den Familienselbstbehalt übersteigende Erwerbseinkommen eintritt, ist regelmäßig mit 10 % dieses Mehreinkommens zu bemessen.

Aufwendungen für eine Hausrat- und Haftpflichtversicherung sind auch bei der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt nicht als vorweg abziehbare Verbindlichkeiten zu behandeln (BGH, a.a.O.).

21.4 Der Selbstbehalt kann erhöht werden, wenn die Wohnkosten (Warmmiete) den ausgewiesenen Betrag überschreiten und nicht unangemessen sind.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

Das Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs beträgt i.d.R.:

1. falls erwerbstätig: 1.080 €

2. falls nicht erwerbstätig: 880 €

23. Bedarf des vom Pflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig

1. Monatlicher notwendiger Eigenbedarf des von dem Unterhaltspflichtigen getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig

a) gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 1.200 €,

b) gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1.300 €,

c) gegenüber Eltern des Unterhaltspflichtigen 1.800 €.

2. Monatlicher notwendiger Eigenbedarf des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig:

a) gegenüber einem nachrangigen geschiedenen Ehegatten 960 €,

b) gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern 1.040 €,

c) gegenüber Eltern des Unterhaltspflichtigen 1.440 € (siehe Nr. 21.3.3).

24. Mangelfall

24.1 Ein Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zur Deckung seines Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche der Berechtigten nicht ausreicht. Für diesen Fall ist die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.

24.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern auf den Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle nach den jeweiligen Zahlbeträgen.

Beim Kindesunterhalt ist im Mangelfall gegenüber Berechtigten i.S.v. § 1609 Nr. 2 BGB trotz Vorrangs nur der Mindestunterhalt anzusetzen, BGH, FamRZ 2008, 2189 ff.

Die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse ist anteilig auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

Sonstiges

25. Rundungen

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle Euro aufzurunden.

Anmerkung: Die nicht durchgängige Nummerierung beruht auf der einheitlichen Gliederung der Leitlinien in den Oberlandesgerichtsbezirken. Die fehlenden Punkte wurden beim Thüringer Oberlandesgericht nicht besonders geregelt.

Anlage I

Düsseldorfer Tabelle für den Kindesunterhalt (Stand: 01.01.2016)

Nettoeinkommendes Barunterhaltspflichtigen

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB)

Prozentsatz

0–5

6–11

12–17

ab 18

Alle Beträge in Euro

1.

 

bis

1.500

335

384

450

516

100

2.

1.501

1.900

352

404

473

542

105

3.

1.901

2.300

369

423

495

568

110

4.

2.301

2.700

386

442

518

594

115

5.

2.701

3.100

402

461

540

620

120

6.

3.101

3.500

429

492

576

661

128

7.

3.501

3.900

456

523

612

702

136

8.

3.901

4.300

483

553

648

744

144

9.

4.301

4.700

510

584

684

785

152

10.

4.701

5.100

536

615

720

826

160

 

 

ab

5.101

nach den Umständen des Falls

II

Kindergeldanrechnungstabelle

Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Ab dem 1. Januar 2016 beträgt das Kindergeld für das erste und zweite Kind 190 €, für das dritte Kind 196 € und ab dem vierten Kind 221 €.

1. und 2. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

240

289

355

326

100

2.

1.501 – 1.900

257

309

378

352

105

3.

1.901 – 2.300

274

328

400

378

110

4.

2.301 – 2.700

291

347

423

404

115

5.

2.701 – 3.100

307

366

445

430

120

6.

3.101 – 3.500

334

397

481

471

128

7.

3.501 – 3.900

361

428

517

512

136

8.

3.901 – 4.300

388

458

553

554

144

9.

4.301 – 4.700

415

489

589

595

152

10.

4.701 – 5.100

441

520

625

636

160

3. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

237

286

352

320

100

2.

1.501 – 1.900

254

306

375

346

105

3.

1.901 – 2.300

271

325

397

372

110

4.

2.301 – 2.700

288

344

420

398

115

5.

2.701 – 3.100

304

363

442

424

120

6.

3.101 – 3.500

331

394

478

465

128

7.

3.501 – 3.900

358

425

514

506

136

8.

3.901 – 4.300

385

455

550

548

144

9.

4.301 – 4.700

412

486

586

589

152

10.

4.701 – 5.100

438

517

622

630

160

Ab 4. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

224,50

273,50

339,50

295

100

2.

1.501 – 1.900

241,50

293,50

362,50

321

105

3.

1.901 – 2.300

258,50

312,50

384,50

347

110

4.

2.301 – 2.700

275,50

331,50

407,50

373

115

5.

2.701 – 3.100

291,50

350,50

429,50

399

120

6.

3.101 – 3.500

318,50

381,50

465,50

440

128

7.

3.501 – 3.900

345,50

412,50

501,50

481

136

8.

3.901 – 4.300

372,50

442,50

537,50

523

144

9.

4.301 – 4.700

399,50

473,50

573,50

564

152

10.

4.701 – 5.100

425,50

504,50

609,50

605

160

Anlage III

Umrechnung dynamischer Titel nach § 36 Nr. 3 EGZPO

Ist Kindesunterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags zu leisten, bleibt der Titel bestehen. Eine Abänderung ist nicht erforderlich.

An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt ein neuer Prozentsatz vom Mindestunterhalt.

Dieser ist für die jeweils maßgebliche Altersstufe gesondert zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen (§ 36 Nr. 3 EGZPO). Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro aufzurunden (§ 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB).

Der Zahlbetrag ergibt sich aus dem um das jeweils anteilige Kindergeld verminderten bzw. erhöhten Bedarf.

Es sind vier Fallgestaltungen zu unterscheiden:

A. Stand: 01.01.2008

1. Der Titel sieht die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes (für das 1. bis 3. Kind 77 €, ab dem 4. Kind 89,50 €) oder eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3a EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(196 € + 77 €) x 100 : 279 € = 97,8 %

279 € x 97,8 % = 272,86 €, aufgerundet 273 €

Zahlbetrag: 273 € – 77 € = 196 €

2. Der Titel sieht die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3b EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag – 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(273 € – 77 €) x 100 : 279 € = 70,2 %

279 € x 70,2 % = 195,85 €, aufgerundet 196 €

Zahlbetrag: 196 € + 77 € = 273 €

3. Der Titel sieht die Anrechnung des vollen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3c EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/1 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 2. Altersstufe

(177 € + 154 €) x 100 : 322 € = 102,7 %

322 € x 102,7 % = 330,69 €, aufgerundet 331 €

Zahlbetrag: 331 € – 154 € = 177 €

4. Der Titel sieht weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3d EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 3. Altersstufe

(329 € + 77 €) x 100 : 365 € = 111,2 %

365 € x 111,2 % = 405,88 €, aufgerundet 406 €

Zahlbetrag: 406 € – 77 € = 329 €

B. Für die Zeit ab 01.01.2009 und die Folgejahre bestimmen sich der Mindestunterhalt und die Rechengrößen „1/1 Kindergeld“ sowie „1/2 Kindergeld“ in den obigen Berechnungsbeispielen nach den jeweiligen gesetzlich geltenden Beträgen.

C. Der zum 01.01.2008 errechnete neue Prozentsatz bleibt bis zu einer etwaigen Abänderung auch für die Folgejahre gültig. Für die Ermittlung des konkreten Zahlbetrags sind die jeweils aktuellen Beträge des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstufe und des Kindergeldes maßgeblich.