BFH, Beschluss vom 24.04.2008 - Aktenzeichen IX B 164/07
Gründe:
Die Beschwerde ist unzulässig; denn die Begründung der Beschwerde ist nicht innerhalb der verlängerten Frist nach Zustellung des vollständigen Urteils, sondern erst danach beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen (vgl. § 116 Abs. 3 Sätze 1, 2, 4 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO ) kommt nicht in Betracht.
1. Das angefochtene Urteil ist dem Prozessbevollmächigten der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) am 27. Juli 2007 zugestellt worden; die Begründungsfrist von zwei Monaten (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ), verlängert um einen weiteren Monat (§ 116 Abs. 3 Satz 4 FGO ), endete danach mit Ablauf des 29. Oktober 2007 (vgl. § 54 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 , 2 der Zivilprozessordnung -- ZPO -- und § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs; der 27. und 28. Oktober 2007 waren ein Sonnabend und ein Sonntag). Die Beschwerdebegründung ist jedoch beim BFH erst am 30. Oktober 2007 und damit verspätet eingegangen. Dabei entspricht die Handhabung im BFH hinsichtlich der Rechtzeitigkeit des Eingangs des per Telefax übersandten Begründungs-Schriftsatzes den durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) aufgestellten Grundsätzen, wonach es entscheidend nicht erst auf den Ausdruck des per Telefax übermittelten Schriftsatzes, sondern bereits auf den vollständigen Empfang der gesendeten Signale vom Telefaxgerät des Gerichts noch vor Ablauf des letzten Tages der Frist ankommt (vgl. BGH-Beschluss vom 25. April 2006 IV ZB 20/05, BGHZ 167, 214 , Neue Juristische Wochenschrift 2006, 2263 ). Der Eingangszeitpunkt bestimmt sich nach dem Uhrzeitaufdruck des Telefaxgerätes des Gerichts (vgl. BFH-Beschlüsse vom 2. März 2000 VII B 137/99, BFH/NV 2000, 1344 ; vom 25. November 2003 VII R 9/03, BFH/NV 2004, 519 ).
2. Die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 56 FGO wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist kann nicht gewährt werden.
a) Eine solche Wiedereinsetzung ist auf Antrag zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden an der Einhaltung einer gesetzlichen Frist verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO ). Dies setzt in formeller Hinsicht voraus, dass innerhalb einer Frist von zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses die versäumte Rechtshandlung nachgeholt und diejenigen Tatsachen vorgetragen und im Verfahren über den Antrag durch präsente Beweismittel glaubhaft gemacht werden, aus denen sich die schuldlose Verhinderung ergeben soll. Die Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen können, sind innerhalb dieser Frist vollständig, substantiiert und in sich schlüssig darzulegen (vgl. § 56 Abs. 2 FGO ; ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 25. Februar 1999 X R 102/98, BFH/NV 1999, 1221 ; BFH-Beschlüsse vom 11. Februar 2003 VII B 118/02, BFH/NV 2003, 801 ; vom 7. Dezember 2006 IX B 44/06, BFH/NV 2007, 921 , m.w.N.). Hiernach schließt jedes Verschulden --also auch eine einfache Fahrlässigkeit-- die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. November 1997 VII R 113/97, BFH/NV 1998, 709 , und in BFH/NV 2007, 921 ). Ein Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten müssen sich die Kläger wie eigenes Verschulden zurechnen lassen (§ 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO ; vgl. BFH-Beschlüsse vom 27. August 1999 IX B 61/99, BFH/NV 2000, 78 ; vom 13. Januar 2005 IX B 138/04, BFH/NV 2005, 720 ).
b) Danach kommt die beantragte Wiedereinsetzung nicht in Betracht; denn der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat die eine Wiedereinsetzung rechtfertigenden Tatsachen nicht voll-ständig und schlüssig dargetan. Abgesehen davon, dass dem Vorbringen angesichts der neutral gehaltenen Formulierungen
("... war dies auch rechtzeitig ... veranlasst worden", "Wir erinnerten ..."), nicht zu entnehmen ist, wer das Faxgerät bedient und den Begründungs-Schriftsatz per Fax übermittelt hat, fehlt es an der Darlegung einer wirksamen Ausgangskontrolle (vgl. BFH-Beschlüsse vom 22. April 2004 VII B 369/03, BFH/NV 2004, 1285 ; vom 20. Dezember 2006 I B 70/06, BFH/NV 2007, 929 ) in der Kanzlei-Organisation des Prozessbevollmächtigten insbesondere im Hinblick darauf, wer für die Funktionstüchtigkeit des Faxgerätes (z.B. die Uhrzeiteinstellung) verantwortlich zeichnet. Zudem war der Prozessbevollmächtigte der Kläger nach eigenem Vorbringen nicht unverschuldet an der Einhaltung der Begründungsfrist gehindert; denn die Zeitdifferenz am Faxgerät ist ihm als Fahrlässigkeit anzulasten, zumal wenn er selbst das Faxgerät am späten Abend des 29. Oktober 2007 bedient haben sollte. Der Vortrag, dass trotz der Zeitdifferenz von 17 Minuten der zehnseitige Begründungs-Schriftsatz beim BFH rechtzeitig hätte eingehen können, ist angesichts des beigefügten Faxprotokoll-Berichts nicht schlüssig; denn die statt um 23:41/"23:42" Uhr (plus 17 Minuten) um 23:58/"23:59" Uhr begonnene Fax-Übermittlung wäre auch bei der im Bericht ausgewiesenen Dauer von "00:05:46" beim BFH verspätet angekommen.