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BSG - Entscheidung vom 01.09.2021

B 14 AS 173/21 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3

BSG, Beschluss vom 01.09.2021 - Aktenzeichen B 14 AS 173/21 B

DRsp Nr. 2021/14890

Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. März 2021 werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger, ihnen für die Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt S, F, beizuordnen, werden abgelehnt.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ;

Gründe

Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung des LSG sind als unzulässig zu verwerfen 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 2 SGG ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (Nr 3).

Den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels haben die Kläger in der Begründung der Beschwerden nicht schlüssig bezeichnet 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels erfordert zumindest, dass in der Beschwerdebegründung die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 16). Es ist nicht Aufgabe des Beschwerdegerichts, sich den Sachverhalt, der zu dem Begehren und dem Vorbringen eines Beschwerdeführers passen könnte, aus den Verfahrensakten herauszusuchen und zu ermitteln, was möglicherweise zur Begründung der Beschwerde geeignet sein könnte; dem BSG muss es vielmehr grundsätzlich allein aufgrund des Vorbringens in der Nichtzulassungsbeschwerde möglich sein zu beurteilen, ob die Revision zuzulassen ist oder nicht (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 13. Aufl 2020, § 160a RdNr 13e mwN). Regelmäßig ist daher in der Beschwerdebegründung auch der Sachverhalt so zu schildern, dass das Gericht dadurch ohne Weiteres in die Lage versetzt wird, ausgehend von der Rechtsansicht eines Beschwerdeführers zu prüfen, ob das verfolgte Begehren durchgreifen kann (vgl BSG vom 14.1.2020 - B 14 AS 98/19 B - RdNr 10 mwN).

Hieran mangelt es vorliegend. Bereits aus diesem Grund ist es dem Senat nicht möglich, die von den Klägern behaupteten Verfahrensmängel zu überprüfen. Darüber hinaus haben sie die behaupteten Verfahrensfehler auch nicht hinreichend bezeichnet.

Die Kläger machen geltend, das LSG sei aufgrund eines von der Behörde eingeholten Gutachtens zur Ermittlung des Gewinnes des damaligen Betriebs des Klägers zu 1 zu der Auffassung gelangt, die tatsächlich hilfebedürftigen Kläger hätten ausreichendes Einkommen gehabt. Damit wenden sie sich gegen die ihrer Ansicht nach fehlerhafte Überzeugungsbildung des LSG 128 Abs 1 Satz 1 SGG ), was nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG ausdrücklich keinen rügefähigen Verfahrensmangel darstellt. Dass sie dadurch - wie behauptet - in ihrem rechtlichen Gehör iS des § 62 SGG iVm Art 103 GG verletzt worden sein könnten, legen sie nicht dar. Die ihrer Ansicht nach inhaltliche Unrichtigkeit des Gutachtens stellt keinen Verfahrensfehler des LSG dar. Insoweit könnte allenfalls ein Beweisantrag, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist und mit dem die von den Klägern behaupteten Tatsachen sowie das zu erwartende Ergebnis unter Beweis gestellt worden wären, zu dem gewünschten Ergebnis der Revisionszulassung führen.

Auch einen solchen Verfahrensmangel der Verletzung der Amtsermittlungspflicht iS des § 103 SGG haben die Kläger jedoch nicht formgerecht dargetan. Insoweit mangelt es bereits an der Wiedergabe eines durch die Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhaltenen (vgl hierzu BSG vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 51 f; zuletzt ua BSG vom 22.3.2021 - B 13 R 10/20 B - RdNr 9 mwN) Beweisantrags. Soweit die Kläger auch hier eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügen, können sie damit ebenfalls nicht zu dem gewünschten Erfolg gelangen. Die durch § 160 Abs 2 Nr 3 SGG begrenzte Rügbarkeit von Verfahrensmängeln kann nicht durch eine Rüge des rechtlichen Gehörs umgangen werden (vgl nur BSG vom 28.9.2010 - B 5 R 202/10 B - RdNr 11; BSG vom 27.5.2011 - B 12 KR 79/10 B - RdNr 9).

Ferner führen die Kläger aus, entgegen der Ansicht des LSG sei die Klage der Kläger zu 2 bis 4 nicht unzulässig gewesen. Zur Begründung geben sie den Wortlaut eines Klageantrags vom 10.12.2015 wieder. Den dahinter stehenden Verfahrensmangel des Erlasses eines Prozess- anstatt eines Sachurteils rügen sie mit diesem Vorbringen allein jedoch ebenfalls nicht formgerecht. Es bleibt bereits unklar, auf welche rechtliche Wertung das LSG die Unzulässigkeit der Klagen der Kläger zu 2 bis 4 gestützt hat. Zwar bringen sie vor, dass mit dem Klageantrag die Bescheide des Beklagten "bezüglich für alle Kläger, also die gesamte Bedarfsgemeinschaft" angegriffen worden seien. Hieraus folge, dass der Kläger zu 1 Leistungen nicht nur für sich, sondern auch die weiteren Angehörigen der Bedarfsgemeinschaft beantragt habe. Der bloße Hinweis allein auf den gestellten Antrag genügt jedoch nicht, um den benannten Verfahrensmangel hinreichend zu bezeichnen. Angesichts der ständigen Rechtsprechung des BSG , dass aus dem Institut der "Bedarfsgemeinschaft" weder eine Gesamtgläubigerschaft, noch eine gesetzliche Verfahrens- und Prozessstandschaft jedes Mitglieds für die Ansprüche der anderen Mitglieder abgeleitet werden kann und jedes Mitglied der Bedarfsgemeinschaft eine eigene Klage erheben muss (so schon BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12, 13), hätte es weiterer Ausführungen der Kläger bedurft. Es hätte zumindest dargelegt werden müssen, dass sich aus dem weiteren Vorbringen in der Klagebegründung und ggf durch Beifügung der an die weiteren Bedarfsgemeinschaftsmitglieder gerichteten Bescheide ergebe, dass der Prozessbevollmächtigte nicht nur für den Kläger zu 1, sondern auch für die Kläger zu 2 bis 4 Klage erheben wollte.

Außerdem fehlt für die hinreichende Bezeichnung eines Verfahrensmangels eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG , nach der zur Bestimmung des Inhalts einer Klageschrift nicht allein von ihrem Wortlaut und den in ihr enthaltenen Anträgen auszugehen ist. Weil allein die Formulierung "Bedarfsgemeinschaft" im Klageantrag jedenfalls bei anwaltlich vertretenen Klägern nicht ausreichen muss, um von einer fristgemäßen Klageerhebung für weitere Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft ausgehen zu können (vgl BSG vom 30.1.2019 - B 14 AS 12/18 R - RdNr 12), hätte es für die schlüssige Bezeichnung eines Verfahrensmangels im Zusammenhang mit der Klageerhebung weiterer Ausführungen zB zur rechtskundigen Vertretung der Kläger, zu ggf in der Klageschrift erfolgten Ausführungen zur Sache oder zum Inhalt beigefügter Bescheide bedurft. An diesen Ausführungen fehlt es hier.

Soweit die Kläger unter VI neben ihrer Bewertung der Erkenntnislage ihre Auffassung von der Rechtslage darlegen, ergibt sich aus diesen Ausführungen kein rügefähiger Mangel des Verfahrens. Der Vorhalt der inhaltlichen Unrichtigkeit einer Entscheidung führt nicht zu einer Zulassung der Revision (stRspr; vgl zuletzt etwa BSG vom 24.3.2021 - B 13 R 14/20 B - RdNr 13 mwN).

Da die Kläger keinen Anspruch auf Bewilligung von PKH haben, sind auch ihre Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 ZPO ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt in entsprechender Anwendung des § 169 Satz 3 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 17.03.2021 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AS 4256/18
Vorinstanz: SG Freiburg, vom 15.11.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 12 AS 6003/15