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BGH - Entscheidung vom 12.01.2021

X ZR 50/19

Normen:
PatG § 121 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1

BGH, Urteil vom 12.01.2021 - Aktenzeichen X ZR 50/19

DRsp Nr. 2021/15471

Fehlende Patentfähigkeit eines Patents betreffend Parkventil eine Federspeicher-Feststellbremse; Mangelnde Offenbarung der Erfindung zur Ausführung durch einen Fachmann

1. Zur Verwirklichung eines Merkmals, das eine Zweckangabe enthält, genügt es grundsätzlich, wenn die geschützte Vorrichtung aufgrund ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung für einen Einsatz zu dem genannten Zweck geeignet ist.2. Hinsichtlich der Frage, ob der Gegenstand eines Patentanspruchs so offenbart ist, dass ein Fachmann ihn ausführen kann, muss bei einem Merkmal, das in verallgemeinerter Form beansprucht ist, die Patentschrift dem Fachmann nicht generell für jede denkbare Ausführungsform einen gangbaren Weg zu deren Verwirklichung aufzeigen. Die Frage, ob die Erfindung ausführbar offenbart ist, bedarf in solchen Fällen stets einer wertenden Betrachtung. Welches Maß an Verallgemeinerung zulässig ist, richtet sich im Einzelfall danach, ob der mit der jeweiligen Anspruchsfassung erschlossene Schutz sich im Rahmen dessen hält, was dem Patent aus Sicht des Fachmanns unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre zu entnehmen ist, durch die das der Erfindung zugrundeliegende Problem gelöst wird.

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 21. März 2019 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Normenkette:

PatG § 121 Abs. 2 ; ZPO § 97 Abs. 1 ;

Tatbestand

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 512 600 (Streitpatents), das am 20. August 2004 unter Inanspruchnahme einer deutschen Priorität vom 7. September 2003 angemeldet wurde und ein Parkventil für eine Federspeicher-Feststellbremse betrifft.

Patentanspruch 1, auf den neun weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:

Parkventil (1) für die manuelle Betätigung einer Federspeicher-Feststellbremse eines Anhängers, mit einem Gehäuse (2), das zwei Anschlüsse (29, 30) für eine zu der Lösekammer (13) des Federspeicherbremszylinders (9) führende Löseleitung (12) und eine Leitung (31) für Vorratsluft sowie einen Entlüftungsanschluss (32) aufweist, einem in dem Gehäuse (2) gleitend und dichtend über einen Gesamthub zwischen zwei durch Anschläge (26, 27, 28) begrenzten Endstellungen geführten, aus dem Gehäuse (2) herausragenden Schieber (16), der relativ zu den Anschlüssen (29, 30) angeordnete Dichtungen (17, 18) trägt, und mit einer bei der manuellen Betätigung zu überwindenden Kraftschwelle, dadurch gekennzeichnet, dass als Kraftschwelle ein Reibglied (20) und eine damit zusammenwirkende, sich in Richtung des Gesamthubes des Schiebers (16) über einen Teilhub (38) erstreckende Gegenfläche (21) vorgesehen sind, die über den Teilhub (38) zwischen den beiden Endstellungen mit erhöhter Reibung in Kontakt sind.

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und die Erfindung sei nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Schutzrecht wie erteilt und mit elf Hilfsanträgen in geänderten Fassungen verteidigt.

Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, die ihren Antrag auf Nichtigerklärung des Streitpatents weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel mit ihren erstinstanzlichen Anträgen und einem weiteren Hilfsantrag entgegen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I. Das Streitpatent betrifft ein Parkventil zur manuellen Betätigung der Federspeicher-Feststellbremse eines Anhängers.

Nach den Ausführungen im Streitpatent waren Parkventile dieser Art aus der deutschen Offenlegungsschrift 198 53 781 (NK2) bekannt.

Bei diesem Ventil könne ein teilweise aus der Gehäusebohrung herausgeführter Schieber zum Wechsel zwischen der Fahrt- und der Parkstellung manuell zwischen zwei Endstellungen verschoben werden. Die vom Benutzer zu überwindende Reibung werde im Wesentlichen von zwei in der Gehäusebohrung gleitenden Dichtungen erzeugt. Sie sei über den gesamten Hub konstant. Dies habe den Nachteil, dass der Benutzer annehmen könne, die gewünschte Endstellung bereits erreicht zu haben, obwohl der Schieber nur einen Teilhub zurückgelegt habe. Dadurch könne es zu Zwitterstellungen ohne eindeutige Strömungsführung kommen. Lasse sich der Schieber relativ leicht verschieben, bestehe zudem die Gefahr, dass er während der Fahrt durch Stöße oder Schwingungen selbsttätig in eine Stellung gerate, in der die Feststellbremse unbeabsichtigt Bremswirkung entfalte.

Im Stand der Technik sei auch bekannt, dass das Parkventil in einer oder allen Endstellungen oder Positionen mit einer Kraftschwelle, wie einer federverspannten Kugelrastierung oder (in der Parkstellung) einer Sperreinrichtung versehen werden könne. Dies erhöhe die Sicherheit nur bedingt, weil es während der Fahrt dennoch zu Zwitterstellungen kommen könne, sofern die angestrebte Endstellung bei manueller Betätigung nicht erreicht worden sei (Abs. 2).

Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, ein Parkventil zur Verfügung zu stellen, das erhöhte Bedienungssicherheit bietet und Zwitterstellungen während der Fahrt vermeidet (Abs. 3).

Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent eine Vorrichtung vor, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

0.  Parkventil (1) für die manuelle Betätigung einer Federspeicher-Feststellbremse eines Anhängers, 
1.  mit einem Gehäuse (2), das aufweist: 
1.1 Anschlüsse (29, 30) für 
1.1a eine zur Lösekammer (13) des Federspeicherbremszylinders (9) führende Löseleitung (12) und 
1.1b eine Leitung (31) für Vorratsluft sowie 
1.2 einen Entlüftungsanschluss (32), 
2.  mit einem Schieber (16), der 
2.0 in dem Gehäuse (2) gleitend und dichtend über einen Gesamthub zwischen zwei durch Anschläge (26, 27, 28) begrenzten Endstellungen geführt ist und aus dem Gehäuse (2) herausragt und 
2.1 relativ zu den Anschlüssen (29, 30) angeordnete Dichtungen (17, 18) trägt, und 
3.  mit einer bei der manuellen Betätigung zu überwindenden Kraftschwelle in Form 
3.1 eines Reibglieds (20) und 
3.2 einer damit zusammenwirkenden, sich in Richtung des Gesamthubs des Schiebers (16) über einen Teilhub (38) erstreckenden Gegenfläche (21), 
3.3 die über den Teilhub (38) zwischen den beiden Endstellungen mit erhöhter Reibung in Kontakt sind. 

Als Fachmann ist nach den von den Parteien nicht beanstandeten Ausführungen des Patentgerichts ein Hochschulingenieur der Fachrichtung Fahrzeugtechnik anzusehen, der mit der Entwicklung und Konstruktion von manuell bedienbaren pneumatischen Ventilen für Druckluftbremssysteme befasst ist und auf diesem Gebiet über mehrjährige Berufserfahrung verfügt.

Einige Merkmale bedürfen näherer Betrachtung.

a) Ein Parkventil im Sinne von Merkmal 0 dient nach den insoweit maßgeblichen Ausführungen in der Patentschrift dazu, bei einer mit einem Federspeicher versehenen Feststellbremse eines Anhängers manuell zwischen der Parkstellung und der Fahrtstellung zu wechseln.

Die Wirkungsweise ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 schematisch dargestellt.

aa) Bei der Federspeicherbremse wird die Bremskraft durch eine Feder (14) erzeugt. Zum Lösen der Bremse wird über eine Leitung (21) Druckluft in eine Lösekammer (13) geleitet. Dadurch wirkt ein Kolben der Federkraft entgegen und gibt die Bremse frei. Sobald die Luft aus der Lösekammer (13) entweichen kann, stellt die Feder (14) die Bremswirkung wieder her.

Dementsprechend verbindet das Parkventil (1) in der in Figur 1 dargestellten Fahrtstellung den mit Druckluft gefüllten Vorratsbehälter (6) über eine Leitung (5), einen am Gehäuseblock (3) ausgebildeten Anschluss (11), einen Kanal (31) und den am Ventil ausgebildeten Anschluss (29) mit der Lösekammer (13). Diese ist ihrerseits über eine Leitung (12), den am Gehäuseblock ausgebildeten Anschluss (22) und den am Ventil ausgebildeten Anschluss (30) angeschlossen.

In der Parkstellung, die in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 dargestellt ist, verbindet das Parkventil (1) den zur Lösekammer (13) führenden Anschluss (30) mit dem Auslass (32). Dadurch entweicht der Druck aus der Lösekammer (13) und die Feder (14) übt ihre Bremswirkung wieder aus.

Ein Wechsel zwischen den beiden Stellungen ist nur durch manuelles Betätigen des an der rechten Seite dargestellten Betätigungsknopfs (24) möglich.

bb) Das ebenfalls in Figur 1 dargestellte Rangierventil (34) hat eine ähnliche, aber in Einzelheiten abweichende Funktion.

Das Rangierventil (34) dient in abgestelltem Zustand des Anhängers ebenfalls dem Wechsel zwischen einer Parkstellung und einer Stellung, in der der Anhänger bewegt werden kann. Es ist über eine Leitung (8), einen am Gehäuseblock (3) ausgebildeten Anschluss (21) und einen am Ventil ausgebildeten Anschluss mit der Bremskammer (10) verbunden, die den Betriebsbremsteil des Bremszylinders (9) ansteuert. In der in Figur 1 dargestellten Position verbindet das Rangierventil (34) die Bremskammer (10) über den Kanal (31) mit dem bereits erwähnten Vorratsbehälter (6), so dass die Bremskammer (10) ebenfalls unter Druck steht.

Das Rangierventil (34) ist nach der Beschreibung des Streitpatents grundsätzlich übereinstimmend mit dem Gehäuse des Parkventils (1) ausgebildet. Anstelle des Entlüftungsanschlusses (32) weist es aber einen Anschluss für eine Vorratsleitung (36) auf (Abs. 16).

Wegen der Funktionsweise des Rangierventils (34) verweist das Streitpatent auf den Stand der Technik. Nach dem Vorbringen der Beklagten gehört zu den grundlegenden Anforderungen an ein solches Ventil, dass es aus der in Figur 1 dargestellten Stellung automatisch in eine der Darstellung in Figur 2 entsprechende Stellung wechselt, wenn über die Vorratsleitung (36) Druckluft zugeführt wird. Dies steht in Einklang mit den Festlegungen für ein Löseventil in dem von der Beklagten vorgelegten Auszug aus der Norm DIN 70 024 (Stand: Dezember 1979) und mit dem Umstand, dass das Rangierventil (34) nach der Beschreibung des Streitpatents in Verbindung mit dem Betriebsbremsteil steht, also dem Teil der Bremsanlage, der in angehängtem Zustand durch die Zugmaschine angesteuert wird.

Ob, wie die Klägerin geltend macht, die in Figur 1 dargestellte Anlage nicht funktionsfähig ist, sofern entsprechend dem Vortrag der Beklagten angenommen wird, dass die Betriebsbremse keine Bremswirkung entfaltet, wenn die Bremskammer (10) unter Druck steht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn diese Argumentation zuträfe, läge darin kein Widerspruch, sondern eher eine Bestätigung der Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents, die sich mit dem Rangierventil nur am Rande befassen und im Übrigen auf den Stand der Technik verweisen.

cc) Wie die Berufung im Ansatz zu Recht geltend macht, genügt es zur Verwirklichung von Merkmal 0, dass ein Ventil räumlich-körperlich so ausgestaltet ist, dass es als Parkventil im oben genannten Sinne eingesetzt werden kann.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats genügt es zur Verwirklichung eines Merkmals, das eine Zweckangabe enthält, grundsätzlich, wenn die geschützte Vorrichtung aufgrund ihrer räumlich-körperlichen Ausgestaltung für einen Einsatz zu dem genannten Zweck geeignet ist (BGH, Urteil vom 24. April 2018 - X ZR 50/16, GRUR 2018, 1128 Rn. 12 - Gurtstraffer).

Entgegen den insoweit potentiell missverständlichen Ausführungen des Patentgerichts führt der Umstand, dass die Begriffe "Parkventil" und "Rangierventil" nach dem allgemeinen fachlichen Sprachgebrauch, auf den das Streitpatent Bezug nimmt, mit bestimmten Funktionen verknüpft sind, grundsätzlich nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Aus diesem Umstand ergibt sich lediglich, dass das Ventil geeignet sein muss, diese Funktionen zu erfüllen. Letzteres kann aber auch bei einem Ventil der Fall sein, das ohne grundlegende Änderung seines Aufbaus - insbesondere ohne konstruktive Umgestaltungen und ohne Hinzufügen von funktionswesentlichen Bestandteilen - für beide Einsatzzwecke geeignet ist.

Ob und inwieweit das in Figur 1 dargestellte Rangierventil (34) in Anwendung dieser Grundsätze zugleich als Parkventil im Sinne des Patentanspruchs angesehen werden kann, bedarf keiner Entscheidung. Selbst wenn die Frage zu bejahen wäre, könnte daraus nicht abgeleitet werden, dass jedes Rangierventil zugleich als Parkventil anzusehen ist.

dd) Ebenfalls keiner Entscheidung bedarf die Frage, ob der Begriff "Löseventil", wie das Patentgericht angenommen hat, mit dem Begriff "Rangierventil" gleichzusetzen ist oder ob er, wie dies in einem von der Klägerin mehrere Jahre nach dem Prioritätstag herausgegebenen Produktblatt geschehen ist, auch als Synonym für "Parkventil" verwendet werden kann.

Selbst wenn die Frage im zuletzt genannten Sinne zu beantworten wäre, ergäbe sich daraus nicht, dass die beiden vom Streitpatent verwendeten Begriffe "Parkventil" und "Rangierventil" ihrerseits als Synonyme anzusehen wären. Diese beiden Ventilarten unterscheiden sich vielmehr durch die unterschiedlichen Teile der Bremsanlage, auf die sie wirken, und die sich daraus ergebenden, oben aufgezeigten funktionellen Anforderungen.

b) Zu Recht hat das Patentgericht Merkmal 2.1, wonach der Schieber relativ zu den Anschlüssen (29, 30) angeordnete Dichtungen (17, 18) trägt, dahin ausgelegt, dass die Dichtungen so angeordnet sein müssen, dass sie die für den Betrieb eines Parkventils erforderlichen Strömungsführungen in den beiden Stellungen, die das Ventil bestimmungsgemäß einnimmt, gewährleisten.

Dies steht, wie auch die Berufung im Ansatz nicht verkennt, in Einklang mit den auf dieses Merkmal bezogenen Ausführungen in der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 5 Sp. 3 Z. 9-13) und mit der Funktion, die dem Merkmal für sich gesehen und im Zusammenwirken mit den übrigen Merkmalen nach der Erfindung zukommt.

Dass der Patentanspruch die Ausführungen aus der Beschreibung nicht mit dem vollen Wortlaut aufgreift, führt entgegen der Auffassung der Berufung nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Trotz des abweichenden Wortlauts nimmt Merkmal 2.1 inhaltlich auf die in der Beschreibung näher erläuterte Funktion Bezug. Dies steht der Annahme entgegen, diesem Merkmal komme eine andere oder letztlich keine Funktion zu.

c) Von zentraler Bedeutung für die Lehre des Streitpatents ist die Kraftschwelle im Sinne der Merkmalsgruppe 3.

aa) Das in Merkmal 3.1 vorgesehene Reibglied (20) hat nach der Beschreibung des Streitpatents die Funktion, ein ungewolltes Verstellen des Ventils, etwa durch während der Fahrt einwirkende Stöße und Schwingungen, zu vermeiden und damit die Gefahr einer Zwitterstellung zwischen den beiden bestimmungsgemäß vorgesehenen Stellungen möglichst auszuschließen (Abs. 18).

bb) Die in Merkmal 3 vorgesehene Kraftschwelle dient dazu, dem Benutzer sinnfällig und spürbar zu signalisieren, dass die angestrebte Position erreicht ist (Abs. 19 Z. 24-26).

Nach der Beschreibung kann eine solche Kraftschwelle für beide Verschieberichtungen vorgesehen sein (Abs. 5 Sp. 3 Z. 40-42). Nach Merkmalsgruppe 3 genügt es, wenn sie für eine Richtung vorhanden ist.

cc) Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, wird die Kraftschwelle durch Zusammenwirken zwischen dem Reibglied (20) und der in Merkmal 3.2 vorgesehenen Gegenfläche (21) gebildet.

Das Reibglied (20) und die Gegenfläche (21) sind gemäß Merkmal 3.3 über einen Teilhub (38), der sich in einem Bereich zwischen den beiden Endstellungen erstreckt mit erhöhter Reibung in Kontakt. Damit wird der Benutzer gezwungen, zur Überwindung des Teilhubs (38) eine erhöhte Kraft aufzuwenden, die in deutlichem Gegensatz zu der vorher eingesetzten vergleichsweise geringeren Verschiebekraft bemerkbar ist. Damit wird verlässlich und reproduzierbar die andere Endstellung erreicht, so dass die Gefahr manueller Fehlbetätigungen zumindest verringert ist (Abs. 5 Sp. 3 Z. 33-40).

Die Anforderung, dass sich die erhöhte Reibung über einen Teilhub hinweg erstrecken muss, hat zur Folge, dass die Kraftschwelle nicht nur örtlich wirkt, sondern in einem Bereich. Auch dies dient dazu, Zwitterstellungen möglichst sicher auszuschließen (Abs. 11).

Der Bereich erhöhter Reibung kann sich bis zur Endposition erstrecken (Abs. 20 Z. 32-36; Abs. 22 Z. 13-18). Alternativ kann er so angeordnet sein, dass sich an ihn ein weiterer Teilhub (39) mit geringerer Reibung anschließt. Letzteres trägt dazu bei, dass der Kraftbereich bei der manuellen Betätigung in der einen oder anderen Richtung mit Sicherheit bemerkt, durchfahren und überschritten wird, so dass verlässlich die jeweils andere Endposition bei der manuellen Betätigung erreicht wird (Abs. 21 Z. 43-54).

dd) Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass zur Verwirklichung von Merkmal 3.3 nicht jeder beliebig kleine Reibungsunterschied ausreicht, sondern dass der Unterschied so groß sein muss, dass der Benutzer ihn bei üblichen Betriebsbedingungen wahrnehmen kann.

Diese Auslegung, von der auch schon die Einspruchsabteilung (Beschluss vom 7. Juni 2010 - 04 019 797.2 / 1523 / 1512600, S. 3 unter 6) und die Technische Beschwerdekammer (Beschluss vom 3. Januar 2014 - T1707/10 - 3.2.01, S. 14 unter 2.2) ausgegangen sind, steht in Einklang mit der oben aufgezeigten Funktion der Merkmalsgruppe 3, die nicht nur in der Verhinderung von Zwitterstellungen liegt, sondern auch darin, dem Benutzer eine zuverlässige Rückmeldung über das Erreichen der angestrebten Endposition zu geben.

Entgegen der Auffassung der Berufung führt dies nicht dazu, dass die Verwirklichung von Merkmal 3.3 von subjektiven Fähigkeiten oder Erwartungen des jeweiligen Benutzers abhängt. Ob das Merkmal verwirklicht ist, hängt davon ab, ob ein typischer Benutzer unter üblichen Betriebsbedingungen einen Unterschied bemerken kann. Ob diese Anforderung erfüllt ist, kann - sofern dies überhaupt erforderlich ist - jedenfalls durch Befragung einer repräsentativen Gruppe von potentiellen Benutzern ermittelt werden.

Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich aus dem Umstand, dass als Reibglied auch ein O-Ring in Frage kommt, keine abweichende Beurteilung. Auch für diese Ausgestaltung, die bei dem in der Streitpatentschrift geschilderten Ausführungsbeispiel verwirklicht ist, gilt die allgemeine Anforderung aus Merkmal 3.3, dass eine erhöhte Kraft aufgewendet werden muss, um den Kraftschwellenbereich zu überwinden.

II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Der Gegenstand der Erfindung sei ausführbar offenbart, da das Streitpatent jedenfalls mit dem Ausführungsbeispiel zu den Figuren 6 und 7 einen nacharbeitbaren Weg aufzeige, mit dem sich eine Zwitterstellung im kritischen Bereich zuverlässig vermeiden lasse.

Die Lehre von Patentanspruch 1 sei auch patentfähig.

Aus dem Stand der Technik sei keine streitpatentgemäße Kraftschwelle bekannt gewesen. Der europäischen Offenlegungsschrift 792 783 (NK1) und der deutschen Übersetzung des zugehörigen Patents (DE 697 05 978 T2, NK1a) sei nicht zu entnehmen, dass sich durch die Dichtungen über den Gesamthub merkbare oder auch nur geringfügig variierende Betätigungskräfte einstellten. Etwaige geringe Kraftunterschiede durch Dichtungen träten jedenfalls gegenüber dem gegen die Feder (13) zu verrichtenden Kraftaufwand nicht merkbar zutage. NK1 und NK1a offenbarten auch keine relativ zu den Anschlüssen angeordneten Dichtungen. Die Dichtungen (22, 24, 26) dienten nicht der Steuerung eines Luftstroms zwischen den drei Anschlüssen (18, 19 und 20), sondern einer automatisierten Bewegung des Kolbens (11) bei Druckluftbeaufschlagung des Anschlusses (17).

In Bezug auf das kombinierte Park- und Rangierventil der deutschen Offenlegungsschrift 198 18 982 (NK4) sei schon fraglich, ob der durch die Endanschläge begrenzte Gesamthub des Kolbens vollständig dem Hub des Parkventils zuzuordnen sei. Selbst wenn dies so wäre, setze die Lehre der NK4 keine unterschiedlichen Reibungseigenschaften zwischen den Innendichtungen des Schleppkolbens (67) und dem Steuerschieber (7) beziehungsweise zwischen der Außendichtung und der Wandung der Bohrung voraus. Zu einer solchen Gestaltung habe ausgehend von NK4 auch keine Veranlassung bestanden.

Die deutsche Offenlegungsschrift 2060416 (NK14) betreffe kein streitpatentgemäßes Parkventil. Der Hahn (301) sei ein Löse- beziehungsweise Rangierventil, um die angezogenen Bremsen eines abgekuppelten Anhängers zum Rangieren zu belüften. NK14 lasse sich auch nicht entnehmen, dass ein erhöhter Widerstand bei der Betätigung des Schiebers durch die Reibung der Dichtung (337) eine mit merkbarem Aufwand zu überwindende Kraftschwelle im Sinne des Streitpatents bilde. Entsprechendes gelte für die US-amerikanischen Patentschriften 4 232 908 (NK15) und 3 844 626 (NK16), die ein Ventil für ein Zugfahrzeug offenbarten.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruhe auch auf erfinderischer Tätigkeit. Zwar sei aus der deutschen Offenlegungsschrift 198 53 718 (NK2) ein Parkventil mit den Merkmalen M0 bis M3 bekannt. Bei dieser würden die Kraftschwellen aber durch eine federverspannte Kugelrastierung oder andere bekannte Sperreinrichtungen erzeugt, nicht aber durch eine Reibpaarung. Mangels konkreter konstruktiver Vorgaben habe der Fachmann ausgehend von NK2 zwar Anlass gehabt, im Stand der Technik nach Vorbildern für eine Kraftschwelle zu suchen. Dabei wäre er aber nicht zur streitpatentgemäßen Reibpaarung gelangt.

III. Diese Bewertung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.

Wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 so offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen kann.

Bei einem Merkmal, das in verallgemeinerter Form beansprucht ist, muss die Patentschrift dem Fachmann nicht generell für jede denkbare Ausführungsform einen gangbaren Weg zu deren Verwirklichung aufzeigen. Die Frage, ob die Erfindung ausführbar offenbart ist, bedarf in solchen Fällen stets einer wertenden Betrachtung. Welches Maß an Verallgemeinerung zulässig ist, richtet sich im Einzelfall danach, ob der mit der jeweiligen Anspruchsfassung erschlossene Schutz sich im Rahmen dessen hält, was dem Patent aus Sicht des Fachmanns unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre zu entnehmen ist, durch die das der Erfindung zugrundeliegende Problem gelöst wird (BGH, Beschluss vom 11. September 2013 - X ZB 8/12, BGHZ 198, 205 = GRUR 2013, 1210 Rn. 21 - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren; Urteil vom 17. Januar 2017 - X ZR 11/15, GRUR 2017, 493 Rn. 36 - Borrelioseassay; Urteil vom 12. März 2019 - X ZR 32/17, GRUR 2019, 713 Rn. 42 - Cer-Zirkonium-Mischoxid I).

Nach diesen Maßstäben ist die Erfindung im Streitfall ausführbar offenbart.

Angesichts der oben aufgezeigten Funktionen, die der Kraftschwelle nach dem Streitpatent zukommt, ist es dem Fachmann auch ohne konkrete Vorgaben zu Ort und Länge des Kraftschwellenbereichs sowie zum Ausmaß des Reibungsunterschieds möglich, ein Parkventil mit den Merkmalen 3 bis 3.3 zu schaffen. Er kann jedenfalls durch Versuche ermitteln, ob die Reibungskräfte im Teilhub (38) stark genug sind, um die Gefahr von Zwitterstellungen hinreichend zu verringern, und ob die Kraftschwelle am Übergang der beiden Teilhübe für einen durchschnittlichen Benutzer unter üblichen Einsatzbedingungen hinreichend wahrnehmbar ist.

Ebenfalls zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 neu ist.

a) In NK14 sind die Merkmale von Patentanspruch 1 nicht vollständig offenbart.

aa) NK14 offenbart eine mit Druckluft betriebene Brems- und Feststellvorrichtung für Anhänger und Halbanhänger.

NK14 geht von im Stand der Technik bekannten Bremssystemen für Anhänger aus, die über zwei Anschlüsse an die Leitungssysteme des Zugfahrzeugs für direkte und für automatische Steuerung angeschlossen sind. Solche Systeme wiesen ein Notventil auf, das die Bremsen blockiere, wenn die Verbindungen zwischen dem Anhänger und dem Zugfahrzeug unterbrochen seien. Ferner seien Feststellvorrichtungen bekannt, bei denen mechanische Feststellorgane mit Hilfe von Druckluft gesteuert würden. Bekannte Anhängerbremsen könnten nicht von neuem angezogen und gelöst werden, wenn der Anhänger vom Zugfahrzeug getrennt sei. Dies sei ungünstig, wenn man den Anhänger von der Stelle bewegen wolle (S. 1 f.).

Zur Lösung dieses Problems schlägt NK14 ein System vor, bei dem ein Hahn in einer ersten Stellung ein Blockieren der Bremsen gewährleistet und in einer zweiten Stellung die Bremswirkung aufhebt (S. 4 Abs. 2).

Die dritte der in NK14 vorgeschlagenen Ausführungsformen ist unter anderem in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 20 dargestellt.

Der Hahn (301) hat einen Haupteinlass (302), der mit einem Versorgungseinlass (48) des Notventils (43) und mit einem Vorratsbehälter (41) verbunden ist, einen Hilfseinlass (303), der mit der (zum Leitungssystem für automatische Steuerung gehörenden, S. 7 Abs. 4) Verbindungsleitung (46) verbunden ist, und einen Auslass (307), der mit dem Einlass (305) eines Doppel-Halteventils (304) und dem Einlass (311) eines zweiten Doppel-Halteventils (223) in Verbindung steht (S. 23 Abs. 3 und 4).

Der Aufbau des Hahns (301) ist in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 22 und 23 dargestellt.

Neben den bereits erwähnten Einlässen (301, 302) und dem Auslass (307) weist der Hahn einen Schieber (325) und einen Betätigungsknopf (327) auf. Der Schieber hat zwei ringförmige Kehlen (333, 334) mit Dichtungen (335, 337).

In der geschlossenen Stellung (Fig. 23) ist der Betätigungsknopf (327) herausgezogen. Der Haupteinlass (302) ist durch die Kehle (333) verschlossen. Der Auslass (307) ist über die Kehle (334) mit dem offenen Ende des Gehäuses (321) verbunden (S. 24 Abs. 3). Die beiden Steuereinlässe (50, 52) des Notventils stehen dadurch unter Atmosphärendruck. Deshalb sind der Versorgungseinlass (48) und der Auslass (57) des Notventils (42) miteinander verbunden. Die Steuereinlässe (59, 63) zum Bremsen und Arretieren stehen damit unter Druck. Der Steuereinlass (60) zum Lösen der Feststellbremse wird hingegen unter Atmosphärendruck gehalten. Damit sind die Bremsen des Anhängers angezogen und die Feststellorgane in Tätigkeit (S. 25 Abs. 3).

In der geöffneten Stellung (Fig. 22) ist der Betätigungsknopf (327) heruntergedrückt. Dann ist der Haupteinlass (302) über die Kehle (334) mit dem Auslass (307) verbunden (S. 24 Abs. 4). Der Auslass (307) wird deshalb aus dem Behälter (41) mit Druck beaufschlagt. Dieser Druck wird durch das Doppel-Halteventil (304) auf den Steuereinlass (60) für das Lösen der Feststellwirkung und auf den Steuereinlass (50) des Notventils (42) übertragen. Der zweite Steuereinlass (52) des Notventils (42) ist ebenfalls unter Druck gesetzt, so dass der Auslass (57) des Notventils (42) mit der Atmosphäre in Verbindung steht (S. 26 Abs. 1). Dadurch stehen die Steuereinlässe (59, 63) zum Bremsen und Feststellen ebenfalls in Verbindung mit der Atmosphäre, wodurch die Bremsen gelöst werden (S. 26 Abs. 5).

Wenn der Anhänger erneut an das Zugfahrzeug angehängt wird, wirkt der Druck des Leitungssystems für die automatische Steuerung auf den Hilfseinlass (303) des Hahns (301). Dadurch geht der Verschluss (325) automatisch in die geschlossene Stellung, die der Fahrstellung entspricht (S. 27 Abs. 2).

bb) Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist damit Merkmal 0 verwirklicht.

Der Hahn (301) hat sowohl die Funktion eines Rangier- als auch eines Parkventils im Sinne des Streitpatents, denn er steuert sowohl den zur Feststellbremse gehörenden Steuereinlass (60) als auch die zur Betriebsbremse gehörenden Steuereinlässe (59, 63) an.

cc) Ebenfalls offenbart ist die Merkmalsgruppe 1.

(1) Der mit dem Vorratsbehälter (41) verbundene Haupteinlass (302) verwirklicht das Merkmal 1.1b.

(2) Der über das Doppel-Halteventil (304) mit dem zur Feststellbremse gehörenden Steuereinlass (60) verbundene Auslass (307) verwirklicht Merkmal 1.1a.

(3) Einen Entlüftungsanschluss im Sinne von Merkmal 1.2 bildet das offene Ende des Gehäuses (321), das bei geschlossenem Hahn den Auslass (307) und damit den Steuereinlass (60) der Feststellbremse mit der Atmosphäre verbindet, wodurch die Feststellbremse ihre Wirkung entfaltet.

(4) Dass der Hahn (301) einen weiteren Anschluss (303) aufweist, der zum automatischen Verstellen genutzt werden kann, steht der Offenbarung von Merkmalsgruppe 1 nicht entgegen.

Dieser Anschluss ermöglicht es, den Hahn (301) zugleich als Rangierventil einzusetzen. Er schließt den Einsatz als Parkventil aber nicht aus.

dd) Ebenfalls offenbart ist Merkmalsgruppe 2. Der Schieber (325) weist alle darin vorgesehenen Eigenschaften auf.

ee) Zutreffend hat das Patentgericht entschieden, dass Merkmalsgruppe 3 in NK14 nicht offenbart ist.

Wie die Berufung im Ansatz zutreffend geltend macht und auch das Patentgericht nicht verkannt hat, wirkt die Dichtung (337) nur über einen Teilhub hinweg mit der im Inneren des Hahns ausgebildeten Gegenfläche zusammen, denn sie steht nur in der offenen Stellung (Fig. 22) in dichtendem Kontakt mit der Innenwand, während in der geschlossenen Stellung (Fig. 23) ein Zwischenraum vorhanden ist, über den der Auslass (307) mit dem offenen Ende des Gehäuses (321) in Verbindung steht.

Hieraus kann indes, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich die Reibung zwischen dem Schieber (325) und dem Gehäuse (321) beim Übergang zwischen den beiden Teilhüben wahrnehmbar verändert. Reibung wird nicht nur durch die Dichtung (337) erzeugt, sondern auch durch die Dichtungen (335 und 336), die über den gesamten Hub hinweg in Verbindung mit der Innenwand stehen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin kann aus dem Umstand, dass der Schieber (325) eine Stufe aufweist, nicht geschlossen werden, dass durch ein Überwinden einer solchen Stufe mit dem Reibglied zwingend eine streitpatentgemäße Kraftschwelle spürbar ist. Zwar ist nicht ausgeschlossen, die Dichtungen und die zugehörigen Gegenflächen insgesamt so auszugestalten, dass sich beim Übergang der Dichtung (337) in den dichtenden Bereich eine merkliche Kraftschwelle einstellt. Dass eine solche Ausgestaltung, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung anhand eines Musters demonstriert hat, möglich ist, würde für eine implizite Offenbarung von Merkmalsgruppe 3 allenfalls dann ausreichen, wenn sich eine Kraftschwelle in diesem Sinne zwangsläufig einstellte. Nach den Feststellungen des Patentgerichts hängen die Reibungsverhältnisse aber von einer Vielzahl von Parametern ab. Entgegen der Auffassung der Klägerin kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Fachmann diese Parameter ohne weiteres so wählt, dass sich eine Kraftschwelle im Sinne des Streitpatents einstellt. Einen Hinweis, der ihm dieses Ziel vorgibt oder ihn aus anderen Gründen zu einer solchen Ausgestaltung führen könnte, enthält NK14, wie das Patentgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht.

b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist auch neu gegenüber der US-amerikanischen Patentschrift 4 232 908 (NK15).

aa) NK15 offenbart unter anderem ein kombiniertes Steuerventil (10) für ein Zugfahrzeug mit Anhänger. Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 dargestellt.

Das Kombinationsventil (10) besteht aus einer Steuereinheit (130) für die Parkbremsen des Zugfahrzeugs und des Anhängers (combination manual parking brake control, Sp. 2 Z. 59) und einer Steuereinheit (132) für die Parkbremse des Anhängers (trailer manual brake control, Sp. 2 Z. 66). Der zur Einheit (130) gehörende Auslass (122) ist mit einer Leitung (120) verbunden, die zu den Parkbremsen des Zugfahrzeugs führt. Der zur Einheit (132) gehörende Auslass (126) ist mit der Leitung (124) verbunden, die über eine Abzweigleitung (102) zum Noteinlass (104) des Schutzventils (86) des Zugfahrzeugs sowie mit Vorrichtungen (144, 138) zum Ankuppeln eines Anhängers verbunden ist (Sp. 2 Z. 52-55).

Der Aufbau des Kombinationsventils (10) ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 näher dargestellt.

In dieser Stellung ist der mit einem Betätigungsknopf (160a) versehene Schaft (216) der Einheit (132) herausgezogen. Dadurch ist der Auslass (126) über die Kammern (236, 238) mit der Bohrung (240) und dem Auslass (242) verbunden, so dass die an den Auslass (126) angeschlossene Leitung (124) entlüftet wird und die Parkbremsen angezogen sind (Sp. 5 Z. 57-64).

In der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 ist der Schaft (216) heruntergedrückt und das Luftsystem steht unter vollem Druck (Sp. 7 Z. 9-12).

Die Dichtung (226) gibt nun die Verbindung zwischen der Einlasskammer (212) und der Lieferkammer (236) frei. Die Dichtung (230) trennt die Kammer (238) und den Auslass (242) von der Lieferkammer (236) ab. Die Druckluft im Verbindungsgang (220) gelangt durch die Einlasskammer (212) und die Lieferkammer (236) zum Ausgang und von dort über die Leitung (124) zum Schutzventil (86) (Sp. 7 Z. 12-22).

bb) Damit ist die Merkmalsgruppe 1 offenbart.

(1) Der Anschluss (236) ist zum Anschluss an die Lösekammer eines Federspeicherbremszylinders geeignet, weil er in der einen Stellung mit der Atmosphäre verbunden ist und in der anderen Stellung unter Druck steht und damit die Funktionen erfüllen kann, die dem in Merkmal 1.1a vorgesehenen Anschluss nach dem Streitpatent zukommen.

(2) Der Anschluss (220) verwirklicht das Merkmal 1.1b, weil er mit einer Druckquelle verbunden werden kann.

(3) Der Auslass (242) ist ein Entlüftungsanschluss im Sinne von Merkmal 1.2.

cc) Ebenfalls offenbart ist Merkmalsgruppe 2.

Die zwei am Schaft (216) angebrachten Dichtungen (226, 230) sind so angeordnet, dass sie die Anschlüsse je nach Stellung in der erforderlichen Weise freigeben oder blockieren.

dd) Nicht eindeutig und unmittelbar offenbart ist Merkmal 0.

Entgegen der Auffassung des Patentgerichts steht der Offenbarung von Merkmal 0 allerdings nicht zwingend entgegen, dass das in NK15 offenbarte Ventil am Zugfahrzeug montiert ist und bei dieser Verwendung nicht als Parkventil für einen nicht mit dem Zugfahrzeug verbundenen Anhänger geeignet ist.

Entgegen der Auffassung der Berufung kann indes aus dem Umstand, dass das Ventil die drei in Merkmalsgruppe 1.1 vorgesehenen Anschlüsse aufweist, nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung gezogen werden, dass das Ventil für den Einsatz als Parkventil in einem Anhänger geeignet wäre. Die Einheit (232) steht im Zusammenspiel mit der Einheit (230) und anderen Komponenten des Zugfahrzeugs und ist auf diese Funktion abgestimmt. Ob sie in anderem Kontext auch als Parkventil in einem Anhänger eingesetzt werden, lässt sich den Ausführungen in NK15 nicht entnehmen.

ee) Ebenfalls nicht offenbart ist Merkmalsgruppe 3.

Ähnlich wie bei NK14 gibt es mit den Dichtungen (226, 230) in NK15 zwei Reibglieder, die nur über einen Teilhub hinweg mit der die Gegenfläche bildenden Innenwandung in Kontakt stehen. Wie bereits oben dargelegt wurde, kann hieraus aber nicht die Schlussfolgerung gezogen werden, dass es beim Übergang zwangsläufig zu einer wahrnehmbaren Änderung der Reibung kommt.

Auch bei dem in NK15 offenbarten Ventil ist mit der Dichtung (218) ein weiteres Element vorhanden, das Reibung erzeugt und das über den gesamten Hub an der Gegenfläche anliegt. Darüber hinaus wird die Bewegung des Schiebers, wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, zusätzlich durch die Rückstellkraft der Federn (234, 256) beeinflusst. Schon aus diesen Gründen kann NK15 mangels diesbezüglicher Ausführungen nichts darüber entnommen werden, wie stark die Reibung zunimmt, wenn eine der Dichtungen (226, 230) in Kontakt mit der Innenwand tritt. Ausdrückliche oder konkludente Hinweise in diese Richtung lassen sich NK15 nicht entnehmen.

c) Entsprechendes gilt hinsichtlich der US-amerikanischen Patentschrift 3 844 626 (NK16).

aa) NK16 offenbart ein Bremssystem und ein Steuerventil auf einem Zugfahrzeug.

(1) Das System kann über Kupplungsanschlüsse (12) und (19) mit dem Betriebs- und dem Notbremssystem eines Anhängers verbunden werden (Sp. 2 Z. 35-37, 49-51). Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 1 dargestellt.

Das Bremssystem weist einen Betriebszweig (2) und einen Notzweig (3) auf. Es hat mindestens einen Bremszylinder (4) mit einem Betriebsbremsbereich (6) und einem Not- beziehungsweise Federspeicherbremsbereich (5).

Der Bremszylinder (4) wird durch ein Steuerventil (14) gesteuert. Dessen Einlass (45) ist mit einer Leitung (15) verbunden. Dieses steuert in Fahrtstellung über die Leitung (23) ein Relaisventil (20) an. Das Relaisventil (20) öffnet ab einem bestimmten Betriebsdruck den Durchgang zwischen den Leitungen (21, 21a) und verbindet den Notdruckbehälter (17) mit dem Federspeicherbereich (5) des Bremszylinders (6). Feder und Bremse werden dadurch gelöst.

Die Betriebsbremse wird während der Fahrt betätigt, indem der Betriebsbremsbereich (6) des Bremszylinders (4) mit einem Pedal (9) über die Leitungen (11, 16) mit Druckluft beaufschlagt wird.

Solange sich das manuell betätigbare Ventil (24) in der Stellung "Ein" befindet, besteht eine Fluidverbindung von der Leitung (25) zum Kontrollbereich des Schutzventils (10) (Sp. 5 Z. 32-44). Dann kann Druckluft durch den Betriebs- und den Notbereich des Schutzventils (10) zu den Kupplungsvorrichtungen (12, 19) für den Anhänger strömen.

In der Stellung "Aus" ist der Durchgang durch das Ventil (24) verschlossen. Der Kontrollbereich des Schutzventils (10) wird in die Atmosphäre entlüftet (Sp. 2 Z. 67 bis Sp. 3 Z. 6). Damit besteht keine Druckluftverbindung zu den Anschlüssen für den Anhänger.

(2) Die nachfolgend wiedergegebene Figur 2 zeigt das Steuerventil (14) in Fahrtstellung.

Der Schieber (57) ist in einer mittleren Position. Am Einlass (45) (verbunden mit Leitung (15)) und am Einlass (47) (verbunden mit Leitung (13)) liegt Betriebsdruck an. Dieser drückt in der mit dem Einlass (47) verbundenen Kontrollkammer (77) ab einem bestimmten Druck einen Steuerkolben (69) gegen die Kraft einer Feder (76) nach rechts, so dass der Einlass (45) mit dem Auslass (46) verbunden ist. Die Federspeicherbremse ist dann deaktiviert, weil sie über die Leitungen (22, 21, 21a) belüftet wird.

(3) Die nachfolgend wiedergegebene Figur 3 zeigt das Ventil (14) in der Parkposition.

Diese Position nimmt das Ventil (14) ein, wenn der Betriebsdruck am Einlass (47) unter einen bestimmten Wert fällt, so dass die Feder (76) den Steuerkolben (69) nach links gegen das Endstück (38) und den Schieber (57) in die äußere Position verschiebt. Sie kann auch manuell über den Betätigungsknopf (58) eingestellt werden.

In dieser Position ist der Einlass (47) verschlossen. Der Einlass (45) ist nicht mehr mit dem Auslass (46) verbunden, weil die Bohrung (31) durch den Ventilabschnitt (64) und seine Dichtung (31) verschlossen ist. Die mit dem Auslass (46) verbundene Leitung (23) ist entlüftet. Vorhandene Luft entweicht über die Auslasskammer (80) durch den Auslass (55). Die Verbindung zwischen den Leitungen (21, 21a) ist unterbrochen und die Federspeicherbremse angezogen, weil die Feder nicht druckluftbeaufschlagt ist (Sp. 5 Z. 51 bis Sp. 6 Z. 22).

(4) In der Parkstellung kann die Bremse manuell gelöst werden, um das Fahrzeug zu bewegen. Dazu wird der Schieber (57) ganz nach links in die Stellung "in" verschoben, die in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt ist (Sp. 6 Z. 23 bis Sp. 7 Z. 2).

In dieser Position ist der mit dem Notdruckbehälter (17) verbundene Einlass (44) mit dem Auslass (46) verbunden. Dadurch stellt das Relaisventil (20) eine Verbindung zwischen dem Notdruckbehälter (17) und dem Federspeicherbremsbereich (5) her; die Federspeicherbremse ist gelöst.

bb) Damit ist die Merkmalsgruppe 1 offenbart.

(1) Der Auslass (46) ist zum Anschluss an die Lösekammer eines Federspeicherbremszylinders geeignet, weil er in der einen Stellung mit der Atmosphäre verbunden ist und in der anderen Stellung unter Druck steht.

(2) Der Einlass (45) verwirklicht das Merkmal 1.1b, weil er mit einer Druckquelle verbunden werden kann.

(3) Der Auslass (55) ist ein Entlüftungsanschluss im Sinne von Merkmal 1.2.

cc) Ebenfalls offenbart ist Merkmalsgruppe 2.

Die zwei am Schieber (57) angebrachten Dichtungen (63, 64) sind so angeordnet, dass sie die Anschlüsse je nach Stellung in der erforderlichen Weise freigeben oder blockieren.

dd) Nicht unmittelbar und eindeutig offenbart ist Merkmal 0.

Ebenso wie bei NK14 steht der Offenbarung dieses Merkmals nicht zwingend entgegen, dass das Ventil (14) in NK15 am Zugfahrzeug angeordnet ist. Aus dem Umstand, dass das Ventil (14) die drei in Merkmalsgruppe 1 vorgesehenen Anschlüsse aufweist, lässt sich aber nicht ohne weiteres die Schlussfolgerung ziehen, dass das Ventil (14) ohne bauliche Veränderung auch als Parkventil in einem Anhänger eingesetzt werden könnte.

ee) Ebenfalls nicht offenbart ist Merkmalsgruppe 3.

Mit den Dichtungen (63, 64) sind auch in NK15 zwei Reibung erzeugende Elemente offenbart, die nur über einen Teilhub hinweg mit der Innenwand in Berührung stehen. Mit den Dichtungen (43, 62, 75) sind aber drei weitere Elemente vorhanden, die Reibung erzeugen und die über den gesamten Hub hinweg an der Innenwand anliegen. Hinweise darauf, die Reibungsverhältnisse insgesamt so auszugestalten, dass beim Übergang zwischen einzelnen Teilhüben eine wahrnehmbare Kraftschwelle auftritt, lassen sich NK15 nicht entnehmen.

d) NK1 und NK1a nehmen den Gegenstand von Patentanspruch 1 ebenfalls nicht vorweg.

aa) Gegenstand der Entgegenhaltungen ist unter anderem ein Parkventil für eine Anhänger-Feststellbremse. Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 2 dargestellt.

In der Ruheposition drückt eine Feder (13) den Kolben (11) nach links. Der Anschluss (18), der über eine Leitung (B) (mittelbar) zu den Feststellbremsen führt, wird über einen taillierten Kolbenabschnitt (16) und den Anschluss (19) in die Atmosphäre entlüftet (NK1 Sp. 3 Z. 6-17; NK1a S. 4 Z. 26 bis S. 5 Z. 2).

Wird der Kolben (11) mittels des Schalters (15) nach rechts bewegt, verbindet der taillierte Abschnitt (16) den Anschluss (18) mit dem Anschluss (20), der mit einem Druckluftzylinder (1) verbunden ist. Dadurch wird die Leitung (B) unter Druck gesetzt, um die Feststellbremsen zu lösen. (NK1 Sp. 3 Z. 17-21, Z. 36-38; NK1a S. 5 Z. 2-6, Z. 25-27). Nach Loslassen des Schalters (15) verbleibt der Kolben nur dann in dieser Stellung, wenn über den Anschluss (17) eine Druckluftverbindung zu der (auch als rote Leitung bezeichneten) Sicherheitsleitung des Zugfahrzeugs besteht (NK1 Sp. 3 Z. 36-47; NK1a S. 5 Z. 25-37, vgl. NK1/NK1a Fig. 4). Wird die rote Leitung vom Anhänger getrennt, bewegt die Feder (13) den Kolben wieder in die Ruheposition (NK1 Sp. 3 Z. 48-53; NK1a S. 6 Z. 1-6).

Um die zuletzt genannte Funktion zu ermöglichen, weist der Kolben (11) im Bereich des Anschlusses (17) drei weitere Dichtungen (22, 24, 26) auf. Diese sind in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 3 und 4 dargestellt, die den beiden oben beschriebenen Positionen des Kolbens entsprechen.

Die Dichtungen, die auf den Kolben (11) wirken, um die Verbindung zwischen dem Anschluss (18) und den Anschlüssen (19, 20) zu steuern, haben bevorzugt die Form einer Lippendichtung, um die Anstrengung zu vermindern, die erforderlich ist, um den Kolben herauszuziehen; andere Dichtungen können ebenfalls zum Einsatz kommen (NK1 Sp. 3 Z. 58 bis Sp. 4 Z. 7; NK1a S. 6 Z. 11-19).

bb) Damit sind zwar die Merkmale 0 bis 2.1 offenbart, nicht aber die Merkmalsgruppe 3.

(1) Wie auch die Berufung nicht in Zweifel zieht, ist NK1/NK1a nicht zu entnehmen, dass die Reibungskräfte, die von den Dichtungen zwischen den Anschlüssen (18, 19, 20) ausgehen, während einzelner Phasen des Hubs wahrnehmbare Unterschiede aufweisen. Die erwähnten Ausführungen in der Beschreibung, wonach die Reibung möglichst gering gehalten werden soll, sprechen eher für das Gegenteil.

(2) Entgegen der Auffassung der Berufung ergibt sich für die im Bereich des Anschlusses (17) angeordneten Dichtungen (22, 24, 26) kein weitergehender Offenbarungsgehalt.

Diese Dichtungen sind in den Figuren 3 und 4 zwar als O-Ringe dargestellt. Zudem ist den Figuren entnehmbar, dass die Dichtungen (24, 26) nur im Bereich einzelner Teilhübe mit der Innenwand in Kontakt stehen. Mangels entsprechender Hinweise kann hieraus jedoch nicht gefolgert werden, dass bei Übergang zwischen den einzelnen Teilhüben eine wahrnehmbare Kraftschwelle auftritt. Darüber hinaus stünde, wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, eine erhöhte Reibung auch in diesen Bereichen in Widerspruch zu dem im Zusammenhang mit den anderen Dichtungen formulierten Ziel, für eine möglichst leichte Bewegung des Kolbens zu sorgen.

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Wie das Patentgericht zutreffend dargelegt hat, ergab sich aus keiner Entgegenhaltung die Anregung, ein Ventil mit den Merkmalen 0 bis 2.1 mit einer durch Reibglieder gebildeten Kraftschwelle im Sinne der Merkmalsgruppe 3 zu versehen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 97 Abs. 1 ZPO .

Von Rechts wegen

Verkündet am: 12. Januar 2021

Vorinstanz: BPatG, vom 21.03.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 1 Ni 32/17 (EP)