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BSG - Entscheidung vom 11.02.2020

B 9 V 49/19 B

Normen:
OEG § 1 Abs. 1 S. 1
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 11.02.2020 - Aktenzeichen B 9 V 49/19 B

DRsp Nr. 2020/3870

Beschädigtenversorgung nach dem OEG Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Verletzung der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 10. Oktober 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

OEG § 1 Abs. 1 S. 1; SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 103 ;

Gründe

I

Der Kläger begehrt in der Hauptsache Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG ) iVm dem Bundesversorgungsgesetz . Das LSG hat den geltend gemachten Anspruch verneint. Ein Tatbestand iS des § 1 Abs 1 Satz 1 OEG lasse sich nicht feststellen. Die vom Kläger beschriebenen "Einflüsterungen", Hypnosen und das vorgetragene nächtliche Betäuben in seiner Wohnung ließen sich nicht nachweisen. Auch die Beweiserleichterung gemäß § 6 Abs 3 OEG iVm § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung komme im Fall des Klägers mangels Anknüpfungstatsachen für seine Behauptungen nicht zur Anwendung (Urteil vom 10.10.2019).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht ausschließlich Verfahrensmängel geltend.

II

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 13.12.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht in der hierfür erforderlichen Weise bezeichnet worden sind 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen aufgezeigt werden. Bereits dies hat der Kläger versäumt.

Sofern der Kläger eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) rügt, weil er vom LSG nicht persönlich angehört worden sei, hat er einen Gehörsverstoß nicht hinreichend bezeichnet. Denn der Kläger setzt sich nicht damit auseinander, dass sich die ihm vom LSG mit Beschluss vom 16.7.2019 im Berufungsverfahren gemäß § 72 Abs 1 iVm § 71 Abs 1 SGG beigeordnete besondere Prozessvertreterin mit einer Entscheidung des LSG ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 SGG durch den Einzelrichter gemäß § 155 Abs 3 SGG einverstanden erklärt hat.

Auch eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht 103 SGG ) hat der Kläger nicht in gebotenem Maße dargetan. Unabhängig davon, dass er schon keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG bezeichnet hat, kann im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde regelmäßig nicht mit Erfolg gerügt werden, das Berufungsgericht habe einen Beweisantrag ohne hinreichende Begründung übergangen, wenn im Berufungsverfahren ein schriftsätzlicher Beweisantrag gestellt wurde, anschließend aber vorbehaltlos das Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil 124 Abs 2 SGG ) erklärt wurde. Der Beteiligte wird dann so behandelt, als hätte sich der Beweisantrag erledigt (vgl stRspr, zB BSG Beschluss vom 10.10.2019 - B 3 KR 31/19 B - juris RdNr 7 mwN). Jedenfalls muss jedem rechtskundig vertretenen Beteiligten, der vorbehaltlos sein Einverständnis gemäß § 124 Abs 2 SGG erklärt, klar sein, dass das Gericht ohne weitere Sachverhaltsaufklärung entscheiden kann. Eines entsprechenden ausdrücklichen Hinweises durch das Gericht bedarf es nicht. Will ein Beteiligter dieses Ergebnis vermeiden, muss er das Einverständnis verweigern und auf die Durchführung der beantragten Beweisaufnahme beharren (vgl BSG , aaO). Der im Berufungsverfahren durch seine besondere Vertreterin rechtskundig vertretene Kläger hat nicht vorgetragen, dass er Beweisanträge mit der Erklärung zum Einverständnis ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden, im vorgenannten Sinne aufrechterhalten habe.

Dass und wieso ein etwaiger Verfahrensmangel des SG bei dessen Entscheidung durch Gerichtsbescheid 105 SGG ) in der Berufungsinstanz noch fortgewirkt hat und deshalb ebenfalls als Verfahrensmangel des LSG anzusehen ist (vgl BSG Beschluss vom 20.5.2015 - B 13 R 74/16 B - juris RdNr 9), zeigt der Kläger nicht auf.

Nachdem der bisherige Prozessbevollmächtigte nach Einlegung und Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde sowie nach Ablauf der am 16.12.2019 endenden Beschwerdebegründungsfrist 160a Abs 2 Satz 1 SGG ) mit Schriftsatz vom 30.1.2020 erklärt hat, dass das Mandatsverhältnis zum Kläger beendet sei, bedarf es nicht mehr der Bestellung eines besonderen Vertreters gemäß § 72 Abs 1 iVm § 71 Abs 1 SGG . Denn zum einen hat die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers - wie sich aus den oben genannten Ausführungen ergibt - keine Aussicht auf Erfolg (vgl zu diesem Aspekt bei der Bestellung eines besonderen Vertreters BSG Urteil vom 15.11.2012 - B 8 SO 23/11 R - SozR 4-1500 § 72 Nr 2 RdNr 10), und zum anderen hält der Senat die Bestellung eines besonderen Vertreters für den Kläger zum Zwecke der Zustellung des die Nichtzulassungsbeschwerde verwerfenden Beschlusses des Senats auch unter Berücksichtigung des vom LSG eingeholten Gutachtens von Prof. Dr.B vom 30.11.2018 für nicht notwendig.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Sachsen, vom 10.10.2019 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 VE 17/17
Vorinstanz: SG Leipzig, vom 11.10.2017 - Vorinstanzaktenzeichen S 1 VE 4/17