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BGH - Entscheidung vom 29.04.2020

IV ZR 75/19

Normen:
VersAusglG § 10
VersAusglG § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

Fundstellen:
FamRZ 2020, 985
FuR 2020, 580
NJW-RR 2020, 826
VersR 2021, 64

BGH, Urteil vom 29.04.2020 - Aktenzeichen IV ZR 75/19

DRsp Nr. 2020/6624

Bestehen eines Anspruchs auf Ausstellung geänderter Versicherungsscheine im Anschluss an ein Versorgungsausgleichsverfahren; Prüfung eines Verstoßes gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VersAusglG

Die rechtsgestaltende Wirkung der gerichtlichen Entscheidung bezüglich der Übertragung eines Anrechts in Höhe des Ausgleichswerts erfordert eine genaue Bezeichnung der Art und der Höhe des für den Berechtigten zu übertragenden Versorgungsanrechts. Bei der internen Teilung ist es daher geboten, die maßgeblichen Teilungs- und Versorgungsregelungen in der gerichtlichen Entscheidung konkret zu bezeichnen, um damit den Inhalt des für den Ausgleichsberechtigten bei dem Versorgungsträger geschaffenen Anrechts klarzustellen.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Berlin - Zivilkammer 24 - vom 21. Februar 2019 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert wird auf bis zu 3.000 € festgesetzt.

Normenkette:

VersAusglG § 10 ; VersAusglG § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 ;

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Ausstellung geänderter Versicherungsscheine im Anschluss an ein Versorgungsausgleichsverfahren. Die 1988 geschlossene Ehe der Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen (im Folgenden: Familiengericht) vom 22. Oktober 2015 geschieden. Dem geschiedenen Ehemann standen Versorgungsansprüche gegen den Beklagten zu. Auf Aufforderung durch das Familiengericht vom 4. Februar 2015 unterbreitete der Beklagte mit Schreiben vom 16. Februar 2015 für fünf maßgebliche Anrechte aus einer betrieblichen Altersversorgung jeweils einen Tenorierungsvorschlag, und zwar zur Vertragsnummer ... mit einem Ausgleichswert von 2.588,01 €, zur Vertragsnummer ... mit einem Ausgleichswert von 1.011,76 €, zur Vertragsnummer ... mit einem Ausgleichswert von 2.418,08 €, zur Vertragsnummer ... mit einem Ausgleichswert von 3.268,51 € sowie zur Vertragsnummer ... mit einem Ausgleichswert von 4.647,20 €. In der Auskunft heißt es beispielsweise zum Vertrag ... :

"Im Wege der internen Teilung werden zu Lasten der für die ausgleichungspflichtige Person bei dem B. a.G. unter der Vertrags-Nr. ... bestehenden betrieblichen Altersversorgung von dem Deckungskapital dieses Anrechts 2.588,01 Euro zu Gunsten der ausgleichungsberechtigten Person nach Maßgabe der Versicherungsbedingungen Tarif A. 2015 bezogen auf den 31.12.2014 übertragen."

Entsprechende Tenorierungsvorschläge unterbreitete der Beklagte auch für die übrigen Verträge. Die Auskunft hatte Versorgungsrechte des Ehemannes bezogen auf die berechnete Ehezeit vom 1. September 1988 bis zum 31. Dezember 2014 zum Gegenstand. Der Beklagte wies in der Auskunft ferner darauf hin, dass er von seinem Recht aus § 11 Abs. 1 Nr. 3 VersAusglG Gebrauch mache. Das Familiengericht übernahm die Tenorierungsvorschläge ohne Bezugnahme auf den vom Beklagten genannten Tarif. So heißt es im Scheidungsbeschluss vom 22. Oktober 2015 beispielhaft zum Vertrag ... :

"Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers [des früheren Ehemannes der Klägerin] bei der B. ... zugunsten der Antragsgegnerin [der hiesigen Klägerin] ein Anrecht in Höhe von 2.588,01 Euro, bezogen auf den 31.12.2014, übertragen."

Weder im Rahmen der Tenorierung bezüglich der Teilung noch in den Gründen des Scheidungsbeschlusses erfolgte eine Benennung einzelner Tarife oder anderer Vertragsgrundlagen. Der Beklagte erstellte im Hinblick auf den Beschluss des Familiengerichts für die Klägerin fünf Versicherungsscheine vom 18. Februar 2016, die jeweils die Klägerin als versicherte Person ausweisen, einen Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2015 vorsehen und auf den Tarif "B. Altersvorsorge Tarif A. 2015" abstellen. Dieser Tarif entspricht nicht demjenigen, welcher den Verträgen zwischen dem Beklagten und dem geschiedenen Ehemann der Klägerin zum 31. Dezember 2014 zugrunde lag.

Die Klägerin hat hierauf Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, zu ihren Gunsten Versicherungsscheine, bezogen auf den 31. Dezember 2014, zu den angegebenen Kapitalwerten sowie zu den Bedingungen Tarif B § 35 (Verträge Nr. ... und ... ), Tarif DA § 36 (Vertrag Nr. ... ) und Tarif DA (Verträge Nr. ... und ... ) zu erstellen. Sie vertritt die Auffassung, der vom Beklagten in den Versicherungsscheinen genannte Tarif benachteilige sie unzulässig, unter anderem wegen eines niedrigeren Rechnungszinses gegenüber demjenigen, der den Verträgen ihres geschiedenen Ehemannes zugrunde gelegen habe.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat das Familiengericht auf Anfrage des Amtsgerichts mit Schreiben vom 15. Dezember 2017 mitgeteilt, es sei nicht beabsichtigt, eine Ergänzung des Beschlusses vom 22. Oktober 2015 vorzunehmen. In dem Schreiben heißt es unter anderem:

"... wird ... mitgeteilt, dass nicht beabsichtigt ist, eine Ergänzung des Beschlusses vom 22.10.2015 vorzunehmen, da die Voraussetzungen (insbesondere die Frist) für eine Ergänzung nach § 113 Abs. 1 FamFG , § 321 ZPO nicht vorliegen dürften.

Für eine Berichtigung des vorgenannten Beschlusses nach § 113 Abs. 1 FamFG , § 319 ZPO sieht das Gericht derzeit ebenfalls keine Veranlassung. Insoweit wird mitgeteilt, dass das Gericht bei seiner Entscheidung die seinerzeit eingeholten, sich in der Akte befindlichen Auskünfte der Versorgungsträger, d.h. auch die der B. ..., zugrunde gelegt hat und damit die auch von den Versorgungsträgern berechneten und übermittelten Werte sowie Rechtsgrundlagen. Einwendungen gegen die Art und Höhe der Anrechte wurden von der hiesigen Antragsgegnerin als solche nicht erhoben. ..."

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit der diese ihre bisherigen Anträge weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat darauf abgestellt, durch den Beschluss des Familiengerichts vom 22. Oktober 2015 seien mangels Bestimmtheit jedenfalls keine Anrechte der Klägerin in den in den Klaga nträgen genannten Tarifen begründet worden. Es handele sich um den Vollzug eines richterlichen Gestaltungsaktes nach § 10 VersAusglG , für welchen nicht das Familiengericht im Rahmen einer Vollstreckung, sondern die allgemeinen Gerichte zuständig seien. Der Beschluss des Familiengerichts werde den Anforderungen an eine genaue Bezeichnung der Art und der Höhe des für den Berechtigten zu übertragenden Versorgungsanrechts nicht gerecht. Er nenne nicht die Tarife, in welchen für die Klägerin bei dem Beklagten Anwartschaften begründet werden sollten. Insbesondere erfolge im Beschluss keine Bezugnahme auf die eingeholten Auskünfte des Beklagten. Dem Beschluss lasse sich aber auch nicht entnehmen, dass entgegen den Auskünften des Beklagten der bisherige Quelltarif Grundlage des für die Klägerin zu begründenden Anrechts werden solle. Dies gelte selbst dann, wenn anzunehmen sein sollte, dass die von dem Beklagten in den Auskünften vorgeschlagene interne Teilung schon deshalb entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG gegen den Halbteilungsgrundsatz verstoße, weil die in den Auskünften genannten Rechnungsgrundlagen deutlich von dem zum Ehezeitende zur Ermittlung des Ausgleichswertes benutzten Rechnungszins abwichen.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1. Zu Unrecht macht die Revision zunächst geltend, die Entscheidung des Berufungsgerichts sei bereits deshalb als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, weil sie entgegen § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mit Gründen versehen sei. Insoweit sei der absolute Revisionsgrund des § 547 Nr. 6 ZPO gegeben. Das ist indessen nur der Fall, wenn Entscheidungsgründe entweder vollständig fehlen oder sie unverständlich, verworren oder nichtssagend sind oder Ausführungen enthalten, die wegen ihrer Dürftigkeit und Unvollständigkeit den Urteilsausspruch nicht tragen und deshalb in Wirklichkeit nicht erkennen lassen, welche Überlegungen maßgebend waren. Sind die Entscheidungsgründe hingegen lediglich fehlerhaft oder knapp, weil zum Beispiel Parteivorbringen nicht ausreichend gewürdigt wird, so fehlt es nicht an der Begründung (BGH, Urteil vom 24. Januar 2019 - I ZR 200/17, GRUR 2019, 631 Rn. 47). Auf dieser Grundlage greift § 547 Nr. 6 ZPO hier nicht ein. Das Berufungsgericht hat im Einzelnen begründet, warum der Anspruch der Klägerin nicht gegeben ist. Es hat hierzu darauf abgestellt, dass zwar einerseits dem Beschluss des Familiengerichts vom 22. Oktober 2015 keine Bezugnahme auf die eingeholten Auskünfte des Beklagten zu entnehmen sei, sich dem Beschluss andererseits aber auch nicht entnehmen lasse, dass entgegen den Auskünften des Beklagten der bisherige Quelltarif Grundlage des für die Klägerin zu begründenden Anrechts werden solle. Von einer unvollständigen, verworrenen oder nichtssagenden Begründung kann hier mithin nicht gesprochen werden, auch wenn der Inhalt des Beschlusses des Familiengerichts vom 22. Oktober 2015 in der angefochtenen Entscheidung nicht im Einzelnen wiedergegeben worden ist. Das Berufungsgericht hat jedenfalls auf ihn ausdrücklich Bezug genommen.

2. Auch in der Sache hat die Revision keinen Erfolg.

a) Einschlägige gesetzliche Regelungen für den Versorgungsausgleich sind die §§ 10 und 11 VersAusglG . Gemäß § 10 Abs. 1 VersAusglG überträgt das Familiengericht für die ausgleichsberech tigte Person zu Lasten des Anrechts der ausgleichspflichtigen Person ein Anrecht in Höhe des Ausgleichswerts bei dem Versorgungsträger, bei dem das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person besteht (interne Teilung). Maßgeblich hierfür sind die Regelungen über das auszugleichende und das zu übertragende Anrecht (§ 10 Abs. 3 VersAusglG ), hier also die Bestimmungen der Teilungsordnung des Beklagten. Gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 VersAusglG muss die interne Teilung die gleichwertige Teilhabe der Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten sicherstellen. Dies ist gewährleistet, wenn im Vergleich zum Anrecht der ausgleichspflichtigen Person der gleiche Risikoschutz gewährt wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 1 VersAusglG ). Für das Anrecht der ausgleichsberechtigten Person gelten die Regelungen über das Anrecht der ausgleichspflichtigen Person entsprechend, soweit nicht besondere Regelungen für den Versorgungsausgleich bestehen (§ 11 Abs. 2 VersAusglG ).

Wegen der rechtsgestaltenden Wirkung der gerichtlich ausgesprochenen internen Teilung fällt den Gerichten die Aufgabe zu, die rechtliche Vereinbarkeit der nach § 10 Abs. 3 VersAusglG heranzuziehenden untergesetzlichen Versorgungs- und Teilungsordnung mit höherrangigem Recht zu überprüfen (Senatsurteil vom 22. Januar 2020 - IV ZR 54/19, VersR 2020, 380 Rn. 10; BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 - XII ZB 364/14, FamRZ 2015, 911 Rn. 11), insbesondere ob diese Regelungen am Maßstab des § 11 Abs. 1 VersAusglG gemessen eine gleichwertige Teilhabe der ausgleichsberechtigten Person gewährleisten (BGH, Beschluss vom 7. März 2018 - XII ZB 408/14, BGHZ 218, 44 Rn. 39). Wenn die Voraussetzungen einer gleichmäßigen Teilhabe nicht vorliegen, darf das Gericht das Anrecht nicht nach Maßgabe der Versorgungsregelung des Versorgungsträgers ausgleichen (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2015 aaO). Durch die obligatorische Bezugnahme auf die maßgeblichen Versorgungs- und Teilungsregelungen in der Beschlussformel bringt das Familiengericht zum Ausdruck, dass es die Anforderungen des § 11 Abs. 1 VersAusglG geprüft und für erfüllt erachtet hat (Senatsurteil vom 22. Januar 2020 aaO; BGH, Beschlüsse vom 7. März 2018 aaO; vom 26. Januar 2011 - XII ZB 504/10, FamRZ 2011, 547 Rn. 25).

Auf dieser Grundlage entspricht es gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, die rechtsgestaltende Wirkung der gerichtlichen Entscheidung bezüglich der Übertragung eines Anrechts in Höhe des Ausgleichswerts erfordere eine genaue Bezeichnung der Art und der Höhe des für den Berechtigten zu übertragenden Versorgungsanrechts. Bei der - auch hier vorliegenden - internen Teilung ist es daher geboten, die maßgeblichen Teilungs- und Versorgungsregelungen in der gerichtlichen Entscheidung konkret zu bezeichnen, um damit den Inhalt des für den Ausgleichsberechtigten bei dem Versorgungsträger geschaffenen Anrechts klarzustellen (Senatsurteil vom 22. Januar 2020 aaO Rn. 11; BGH, Beschluss vom 19. November 2014 - XII ZB 353/12, FamRZ 2015, 313 Rn. 13; jeweils m.w.N.). 15 b) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Familiengerichts nicht gerecht, da in ihm nicht ausdrücklich auf die von dem Beklagten in der Auskunft vom 16. Februar 2015 erwähnten Versicherungsbedingungen nach dem Tarif A. 2015 Bezug genommen, sondern lediglich für die fünf Verträge die Höhe der Summe des Anrechts, bezogen auf den 31. Dezember 2014, genannt wird. Diese Beträge entsprechen jeweils denjenigen, die der Beklagte in seiner Auskunft genannt hatte.

Zwar kann bei der Auslegung des Tenors eines Urteils oder Beschlusses auch auf Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch auf das Parteivorbringen, zurückgegriffen werden ( Senatsurteil vom 22. Januar 2020 - IV ZR 54/19, VersR 2020, 380 Rn. 13). Dies kann sich auch auf die der familiengerichtlichen Entscheidung vorausgegangene Auskunft eines Versorgungsträgers beziehen (Senatsurteil vom 22. Januar 2020 aaO Rn. 13 f.). Auch bei zusätzlicher Berücksichtigung der Versorgungsauskunft des Beklagten, was auch dem Verständnis des Familiengerichts gemäß seiner Auskunft vom 15. Dezember 2017 entspricht, lässt sich aber das von der Klägerin verfolgte Begehren auf Ausstellung von Versicherungsscheinen nach den genannten Tarifen B § 35, DA § 36 sowie DA nicht herleiten. Weder aus dem Tenor noch aus den Gründen des Beschlusses des Familiengerichts ergibt sich eine Bezugnahme auf diese von der Klägerin erstrebten Tarife. Vielmehr ergibt sich im Gegenteil aus der Auskunft des Beklagten vom 16. Februar 2015, dass dieser zwischen den bisher maßgeblichen Tarifen B, § 35 und DA, § 36 für den Ehemann einerseits und dem Tarif A . 2015 für die Klägerin andererseits differenzierte.

Darauf, ob die durch den Beklagten nunmehr erstellten Versicherungsscheine vom 18. Februar 2016, die einen Versicherungsbeginn zum 1. Dezember 2015 vorsehen - statt des im Beschluss des Familiengerichts genannten Datums zum 31. Dezember 2014 - und auf den Tarif "B. Altersvorsorge Tarif A. 2015" Bezug nehmen, eine korrekte Umsetzung des Beschlusses des Familiengerichts bedeuten, kommt es daher entgegen der Auffassung der Revision nicht an. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dem Beschluss des Familiengerichts lasse sich jedenfalls nicht entnehmen, dass entgegen den Auskünften des Beklagten die bisherigen für den geschiedenen Ehemann der Klägerin maßgeblichen Quelltarife Grundlage des für die Klägerin zu begründenden Anrechts werden sollten.

c) Nicht zu entscheiden ist durch die Zivilgerichte schließlich, ob die von dem Beklagten in der Auskunft vorgeschlagene und vom Familiengericht tenorierte Teilung gegen den Halbteilungsgrundsatz des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG verstößt, weil die Rechnungsgrundlagen zu Lasten der Klägerin von dem zum Ehezeitende zur Ermittlung des Ausgleichswerts benutzten Rechnungszins abweichen (vgl. hierzu BGH, Beschlüsse vom 17. Juli 2019 - XII ZB 437/18, NJW 2019, 3228 Rn. 19; vom 19. August 2015 - XII ZB 443/14, FamRZ 2015, 1869 Rn. 21, wonach dem Anrecht des Ausgleichsberechtigten bei der internen Teilung der gleiche Rechnungszins zugrunde zu legen ist, dem auch das Anrecht des Ausgleichspflichtigen unterliegt). Ebenso wenig ist zu klären, wie sich die Entwicklung des Ausgleichswerts zwischen dem Ende der Ehezeit am 31. Dezember 2014 und der Umsetzung der rechtskräftigen Versorgungsausgleichsentscheidung durch den Beklagten zum 1. Dezember 2015 darstellt (hierzu BGH, Beschluss vom 19. August 2015 aaO Rn. 19 f., wonach bei der internen Teilung die Wertentwicklung des Ausgleichswerts zwischen dem Ende der Ehezeit und der Umsetzung der Versorgungsausgleichsentscheidung nicht dem Ausgleichspflichtigen oder dem Versorgungsträger, sondern nur dem Ausgleichsberechtigten zustehen kann).

Zuständig für Versorgungsausgleichssachen sind die Familiengerichte (§ 23 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GVG i.V.m. § 111 Nr. 7 FamFG ). Lediglich Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Vollzuges einer familiengerichtlichen Entscheidung unterfallen nicht mehr der familiengerichtlichen Zuständigkeit, sondern sind in der für die Rechtsbeziehung zwischen Versorgungsträger und Ausgleichsberechtigten oder -verpflichteten maßgeblichen Gerichtsbarkeit zu klären (vgl. BeckOGK/Ackermann-Sprenger, § 10 VersAusglG [Stand: 1. Mai 2019] Rn. 19; MünchKomm-FamFG/Stein, 3. Aufl. § 217 Rn. 10). Da der beklagte Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit keine Sozialeinrichtung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. b ArbGG ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. April 2019 - IV ZB 17/18, VersR 2019, 633 Rn. 17), sind dies hier die ordentlichen Gerichte. Zwar wird die Frage, ob die Fachgerichte befugt sind, eine familiengerichtliche Entscheidung auf ihre Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht, insbesondere der Durchführung des Halbteilungsgrundsatzes, zu überprüfen, nicht einheitlich beantwortet (dies bejahend BGH, Beschluss vom 7. März 2018 - XII ZB 408/14, BGHZ 218, 44 Rn. 40 f.; anders BAG, Urteil vom 10. November 2015 - 3 AZR 813/14, BAGE 153, 206 Rn. 19 f.). Darauf kommt es hier aber schon deshalb nicht an, weil sich die genannte Kontroverse ausschließlich auf die Kürzung der Versorgung des ausgleichspflichtigen Ehegatten bezieht, nicht auf die sich hier stellende Frage des Umfangs des Anspruchs des ausgleichsberechtigten Ehegatten nach der Auskunft des Versorgungsträgers und der familiengerichtlichen Entscheidung. Die ordentlichen Gerichte sind jedenfalls nicht befugt, eine rechtskräftige Entscheidung eines Familiengerichts zur Durchführung des Versorgungsausgleichs, die auf einer Auskunft des Versorgungsträgers beruht, im Nachhinein abzuändern und ihr - wie hier begehrt - Tarife zugrunde zu legen, die weder Gegenstand der Auskunft des Versorgungsträgers noch der familiengerichtlichen Entscheidung waren. Die Klägerin wäre hier gehalten gewesen, diese Frage gegebenenfalls im zuständigen Rechtszug vor den Familiengerichten klären zu lassen. Aus der Versorgungsauskunft des Beklagten vom 16. Februar 2015 konnte sie entnehmen, dass für sie als ausgleichsberechtigte Person ein anderer Tarif vorgesehen war als für ihren geschiedenen Ehemann als ausgleichspflichtiger Person.

Von Rechts wegen

Verkündet am: 29. April 2020

Vorinstanz: AG Berlin-Charlottenburg, vom 26.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 237 C 257/17
Vorinstanz: LG Berlin, vom 21.02.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 24 S 9/18
Fundstellen
FamRZ 2020, 985
FuR 2020, 580
NJW-RR 2020, 826
VersR 2021, 64