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BSG - Entscheidung vom 09.07.2019

B 13 R 227/18 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 109

BSG, Beschluss vom 09.07.2019 - Aktenzeichen B 13 R 227/18 B

DRsp Nr. 2019/14154

Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Rüge der Übergehung eines Antrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens Keine Umgehung des Rügeausschlusses

1. Der Ausschluss einer Rüge der Verletzung von § 109 SGG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gilt uneingeschränkt und damit für jeden Fall einer verfahrensrechtlichen Übergehung eines nach § 109 SGG gestellten Antrags; verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.2. Der Rügeausschluss kann auch nicht mit dem Argument umgangen werden, dass das rechtliche Gehör verletzt sei, wenn solche Anträge ignoriert würden.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 11. Juli 2018 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 109 ;

Gründe:

I

In dem der Beschwerde zugrundeliegenden Rechtsstreit hat das LSG mit Urteil vom 11.7.2018 einen Anspruch des Klägers auf eine Rente wegen Erwerbsminderung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich allein auf das Vorliegen eines Verfahrensmangels (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

II

Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Der Kläger hat in der Begründung des Rechtsmittels entgegen § 160a Abs 2 S 3 SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Zu beachten ist, dass ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG gestützt werden kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG ) und dass die Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht nach § 103 SGG nur statthaft ist, wenn sie sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Teils 3 SGG ).

Diese Voraussetzungen erfüllt der Kläger in seiner Beschwerdebegründung nicht. Seine Beschwerde stützt er ausschließlich darauf, das LSG habe ein von ihm beantragtes Gutachten nach § 109 SGG zwar beauftragt, nach Rücksendung der Akten durch den Gutachter ohne Begutachtung den Antrag aber zu Unrecht als "erledigt" angesehen. Der Gutachter sei nach § 118 Abs 1 S 1 SGG iVm § 407 ZPO zur Erstellung des Gutachtens verpflichtet gewesen. Zudem habe er mit Schreiben vom 29.6.2018 mitgeteilt, dass die Rücksendung der Akten auf einem Missverständnis beruht habe. Ferner habe er den Antrag nach § 109 SGG in der mündlichen Verhandlung am 11.7.2018 hilfsweise aufrechterhalten.

Damit hat er keine zulässige Verfahrensrüge erhoben. Denn der in § 160 Abs 2 Nr 3 Teils 2 SGG normierte Ausschluss einer Rüge der Verletzung von § 109 SGG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gilt uneingeschränkt und damit für jeden Fall einer verfahrensrechtlichen Übergehung eines nach § 109 SGG gestellten Antrags (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.1.1979 - 11 BA 129/78 - SozR 1500 § 160 Nr 34 - Juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 12.7.2012 - B 13 R 463/11 B - Juris RdNr 12 mwN; BSG Beschluss vom 27.3.2017 - B 9 SB 67/16 B - Juris RdNr 5). Dieser Ausschluss ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl BVerfG Beschluss vom 12.4.1989 - 1 BvR 1425/88 - SozR 1500 § 160 Nr 69). Er kann auch nicht mit dem Argument umgangen werden, dass das rechtliche Gehör verletzt sei, wenn solche Anträge ignoriert würden ( BSG Beschluss vom 8.5.2012 - B 5 R 48/12 B - Juris RdNr 8 mwN). Gleiches hat für die hier behauptete Verletzung des § 407 ZPO zu gelten.

Dass der Kläger das Berufungsurteil inhaltlich für unrichtig hält, kann nicht zur Zulassung der Revision führen (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Thüringen, vom 11.07.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 3 R 304/16
Vorinstanz: SG Altenburg, vom 16.02.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 9 R 150/13