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BSG - Entscheidung vom 13.05.2019

B 5 R 72/19 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1
SGG § 62

BSG, Beschluss vom 13.05.2019 - Aktenzeichen B 5 R 72/19 B

DRsp Nr. 2019/10066

Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren Fragerecht bei gerichtlichen Sachverständigengutachten Benennung des Themas der Befragung

1. Ein Fragerecht bei gerichtlichen Sachverständigengutachten, das den in Art. 103 Abs. 1 GG i.Vm. § 62 SGG garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör präzisiert, setzt voraus, dass das Thema der Befragung hinreichend umrissen wird.2. Der Fragenkomplex ist konkret zu benennen und auf Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten muss ausdrücklich hingewiesen werden.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 28. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; GG Art. 103 Abs. 1 ; SGG § 62 ;

Gründe:

Zwischen den Beteiligten ist streitig die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Urteil vom 28.1.2019 hat das LSG Niedersachsen-Bremen einen solchen Anspruch des Klägers verneint, weil er noch eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich an fünf Tagen in der Woche verrichten könne. Auch liege keine Berufsunfähigkeit vor. Der Kläger habe zuletzt ungelernte Tätigkeiten im Straßen- und Kanalbau ausgeübt und könne deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Das LSG hat die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Lüneburg vom 15.12.2016 zurückgewiesen.

Gegen die Nichtzulassung der Revision hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf einen Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ).

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.

Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ),

- das Urteil von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder

- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).

Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 S 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Der Kläger rügt einen Verfahrensmangel nach § 103 SGG und trägt dazu vor, die bei ihm vorliegende Adipositas hätte vom Berufungsgericht weiter aufgeklärt werden müssen. Der Sachverhalt sei "durch die eingeholten Gutachten auf orthopädischen, internistischen und nervenfachärztlichen Gebiet" nicht ausreichend geklärt, da die Gutachter diese Erkrankung explizit dargestellt, ihre Folgen aber nicht untersucht und begutachtet hätten. Der Kläger trägt vor: "Der Beweisantrag ist zwar nicht aufrechterhalten worden". Das Gericht hätte aber von Amts wegen weitere Erhebungen vornehmen müssen.

Nach diesem Vorbringen des Klägers ist ein Verfahrensmangel nicht hinreichend bezeichnet. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann ein Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

Soweit der Kläger geltend macht, jedenfalls hätten die Gutachter zur Adipositaserkrankung des Klägers "weiter Stellung nehmen müssen", lässt die Beschwerdebegründung auch keine mögliche Verletzung des Fragerechts des Klägers bei gerichtlichen Sachverständigengutachten erkennen. Ein solches Fragerecht, das den in Art 103 Abs 1 GG iVm § 62 SGG garantierten Anspruch auf rechtliches Gehör präzisiert (vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 24), setzt voraus, dass das Thema der Befragung hinreichend umrissen wird (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG , 12. Aufl 2017, § 118 RdNr 12d). Dabei muss der Beteiligte den Fragenkomplex konkret umschreiben, zB auf Lücken, Widersprüche oder Unklarheiten hinweisen ( BSG Urteil vom 12.4.2000 - B 9 VS 2/99 R - SozR 3-1750 § 411 Nr 1 S 4; BSG Beschluss vom 9.12.2010 - B 13 R 170/10 B - Juris RdNr 11). Die Beschwerdebegründung enthält dazu keine weiteren Ausführungen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 28.01.2019 - Vorinstanzaktenzeichen 2 R 46/17
Vorinstanz: SG Lüneburg, vom 15.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 33 R 461/15