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BGH - Entscheidung vom 10.07.2018

XI ZR 149/18

Normen:
BGB § 346
BGB § 357 Abs. 1 S. 1
ZPO § 3
ZPO § 4 Abs. 1

BGH, Beschluss vom 10.07.2018 - Aktenzeichen XI ZR 149/18

DRsp Nr. 2018/10329

Maßgeblichkeit der Zahlung des sich nach Aufrechnung des Darlehensnehmers zu seinen Gunsten ergebenden Saldos für Streitwert und Beschwer

Tenor

Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 EGZPO ) wird auf höchstens 9.813,13 € festgesetzt.

Normenkette:

BGB § 346 ; BGB § 357 Abs. 1 S. 1; ZPO § 3 ; ZPO § 4 Abs. 1 ;

Gründe

1. Für den Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer ist maximal der Betrag maßgeblich, dessen Zahlung die Klägerin in beiden Vorinstanzen erfolglos verlangt hat.

Begehrt ein Darlehensnehmer die Feststellung, dass ein Darlehensvertrag, der im Fall eines wirksamen Widerrufs gemäß § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 12. Juni 2014 geltenden Fassung nach den §§ 346 ff. BGB rückabzuwickeln ist, aufgrund eines Widerrufs "beendet" ist bzw. sich in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt hat, so sind für Streitwert und Beschwer die bis zum Widerruf erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen maßgeblich (Senatsbeschlüsse vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15, WM 2016, 454 Rn. 1, 6 ff., vom 4. März 2016 - XI ZR 39/15, BKR 2016, 204 Rn. 2, vom 25. Oktober 2016 - XI ZR 6/16, WM 2016, 2299 Rn. 5, vom 10. Januar 2017 - XI ZB 17/16, juris und vom 21. Februar 2017 - XI ZR 398/16, juris Rn. 2).

Hier hat die Klägerin aber keine derartige Feststellungsklage erhoben. Sie hat sowohl in der ersten Instanz als auch mit der Berufungsbegründung in der Hauptsache nur die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 9.813,13 € beantragt. Zur Ermittlung dieses Betrags ist die Klägerin zum einen davon ausgegangen, dass die Beklagte Rückzahlung der Darlehensvaluta in Höhe von 170.000 € und Wertersatz für die von der Klägerin aus dem jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta gezogenen Nutzungen in Höhe von 38.525,68 € verlangen könne. Zum anderen könne die Klägerin ihrerseits Rückzahlung der Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von insgesamt 216.542,60 € sowie Herausgabe von Nutzungsersatz wegen der vermuteten Nutzung der Zins- und Tilgungsleistungen in Höhe von 1.796,22 € verlangen. Aus diesen wechselseitigen Ansprüchen hat die Klägerin einen "Rückabwicklungssaldo" zu ihren Gunsten in Höhe von 9.813,13 € errechnet. Mit dieser Saldierung der sich aus §§ 346 ff. BGB ergebenden wechselseitigen Rückgewähr- und Herausgabeansprüche hat die Klägerin jedenfalls in der Klageschrift konkludent die Aufrechnung erklärt (vgl. Senatsurteile vom 25. April 2017 - XI ZR 108/16, WM 2017, 1008 Rn. 20 und vom 4. Juli 2017 - XI ZR 470/15, WM 2017, 1705 Rn. 3, 13 ; Palandt/Grüneberg, BGB , 77. Aufl., § 388 Rn. 1 f.).

Verlangt der Darlehensnehmer - wie hier die Klägerin - nur die Zahlung des sich nach Aufrechnung zu seinen Gunsten ergebenden Saldos, ist nach §§ 3 , 4 Abs. 1 ZPO für Streitwert und Beschwer nur der geforderte Betrag, der hier angesichts der in die Saldierung einbezogenen Beträge auch keine Nebenforderungen nach § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO enthält, maßgeblich.

Aus der Senatsrechtsprechung ergibt sich nichts anderes (a.A. OLG München, Beschluss vom 1. Februar 2017 - 19 W 2119/16, juris Rn. 15, das sich in Rn. 16 ff. allerdings nur mit Feststellungsanträgen befasst; Lechner, WM 2017, 737 , 744). Gegenstand der vom OLG München angeführten Senatsbeschlüsse vom 4. März 2016 ( XI ZR 39/15, BKR 2016, 204) und vom 25. Oktober 2016 ( XI ZR 6/16, WM 2016, 2299 ) waren jeweils nur Anträge auf Feststellung, dass der streitgegenständliche Darlehensvertrag "durch den Widerruf beendet worden ist" bzw. "wirksam widerrufen wurde" und die Klägerseite der Beklagten nur noch bzw. nicht mehr als einen bestimmten Betrag schuldet, nicht aber ein Leistungsantrag auf Zahlung eines sich zu Gunsten der Klägerseite ergebenden bestimmten Saldos. In dem Verfahren, das dem von Lechner (aaO Fn. 174) angeführten Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2016 ( XI ZR 33/15, juris) zugrunde lag, war der bezifferte Zahlungsantrag gerade auf die Rückzahlung der erbrachten Tilgungs- und Zinsleistungen gerichtet (Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2016, aaO Rn. 2) und nicht auf die Zahlung eines Saldos aus sämtlichen wechselseitigen Rückgewähr- und Herausgabeansprüchen.

Ohne Bedeutung für den Wert der Beschwer der Klägerin gemäß § 26 Nr. 8 EGZPO ist der mit Schriftsatz vom 29. Januar 2018 erweiterte Antrag auf Zahlung von 29.859,90 €. Denn diese im Laufe der Berufungsinstanz vorgenommene Klageerweiterung hat - wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat - entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO dadurch ihre Wirkung verloren, dass die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen worden ist (BGH, Urteil vom 3. November 2016 - III ZR 84/15, WM 2016, 2342 Rn. 14 ff.; Senat, Beschluss vom 17. Januar 2017 - XI ZR 170/16, BKR 2017, 152 Rn. 9, Urteil vom 19. September 2017 - XI ZR 523/15, juris Rn. 15 und Beschluss vom 7. November 2017 - XI ZR 529/17, juris Rn. 8).

2. Die von der Klägerin begehrte Abänderung der Streitwertfestsetzung für die Berufungsinstanz hat durch das Berufungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 GKG zu erfolgen. Der Senat ist zu einer Änderung von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG nicht befugt, weil die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht zu dem Anfall der "Hauptsache" führt (BGH, Beschlüsse vom 2. Juni 2016 - V ZR 273/15, juris und vom 17. August 2017 - V ZR 277/16, NJW-RR 2017, 1471 Rn. 4; Hartmann, Kostengesetze, 48. Aufl., § 63 GKG Rn. 50 "Nichtzulassungsbeschwerde"). Wegen des Suspensiveffekts der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 5 ZPO ) hat der Lauf der in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG für die Änderung von Amts wegen vorgesehenen Frist von sechs Monaten bisher noch nicht begonnen (vgl. dazu Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 24. Oktober 1983 - GmSOGB 1/83, BGHZ 88, 353 , 358 f.; BGH, Urteil vom 19. Oktober 2005 - VIII ZR 217/04, BGHZ 164, 347 , 350 ff. und Beschluss vom 6. Dezember 2016 - VIII ZR 13/16, juris Rn. 3).

Vorinstanz: LG Traunstein, vom 08.09.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 5 O 547/17
Vorinstanz: OLG München, vom 02.02.2018 - Vorinstanzaktenzeichen 19 U 3422/17