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BGH - Entscheidung vom 07.11.2017

XI ZR 529/17

Normen:
EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1
ZPO § 522 Abs. 2

BGH, Beschluss vom 07.11.2017 - Aktenzeichen XI ZR 529/17

DRsp Nr. 2017/16943

Festsetzung des Werts der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer; Klage auf Rückzahlung einer geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung nach Darlehenswiderruf

Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer bemisst sich nach der Höhe des in erster Instanz rechtshängig gewordenen Zahlungsantrags. Die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz ist unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen.

Tenor

Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ) wird auf

8.221,15 €

festgesetzt.

Normenkette:

EGZPO § 26 Nr. 8 S. 1; ZPO § 522 Abs. 2 ;

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Darlehenswiderrufs.

Die Klägerin hat Klage auf Rückzahlung einer an die Beklagte geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 8.221,15 € nebst Zinsen aus abgetretenem Recht erhoben. Am 9. November 2016 hat die mündliche Verhandlung vor dem Landgericht stattgefunden. In dieser ist der Klägerin ein Schriftsatzrecht zur Erwiderung auf einen Schriftsatz der Beklagten vom 7. November 2016 eingeräumt worden. Innerhalb dieser Frist hat die Klägerin einen Schriftsatz zur Akte gereicht, in dem sie die Klage auf 60.194,81 € nebst Zinsen erweitert hat. Dieser Schriftsatz ist der Beklagten zusammen mit dem Urteil des Landgerichts vom 21. Dezember 2016 zugestellt worden. Das Landgericht hat die Klageerweiterung in den Entscheidungsgründen des Urteils als unzulässig zurückgewiesen. Eine weitere mündliche Verhandlung hat nicht stattgefunden.

Die Klägerin hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt mit dem Antrag, das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Beklagte zur Zahlung von 60.194,81 € nebst Zinsen zu verurteilen. Das Berufungsgericht hat die Berufung nach einem entsprechenden Hinweisbeschluss einstimmig nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. In seiner Entscheidung hat es darauf hingewiesen, dass die Klageerweiterung zu Recht vom Landgericht als unzulässig zurückgewiesen worden und auch nicht in der Berufungsinstanz zu berücksichtigen sei. Die mit den Berufungsanträgen angekündigte Klageerweiterung verliere mit Zurückweisung der Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ihre Wirkung und sei daher nicht rechtshängig geworden.

Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin Nichtzulassungsbeschwerde erhoben. Noch vor deren Begründung hat ihr beim Bundesgerichtshof zugelassener Prozessbevollmächtigter sein Mandat niedergelegt und die Festsetzung des Streitwertes beantragt.

II.

Der Wert der mit der beabsichtigten Revision geltend zu machenden Beschwer (§ 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO ) wird auf 8.221,15 € festgesetzt. Nur in dieser Höhe ist der Zahlungsantrag der Klägerin Gegenstand des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens geworden.

1. In erster Instanz ist lediglich der ursprünglich gestellte Zahlungsantrag in Höhe von 8.221,15 € rechtshängig geworden. Wie sich aus § 256 Abs. 2 , § 261 Abs. 2 , § 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486 und vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 8 mwN). Daran ändert auch der Schriftsatznachlass nichts, da dieser nur im Rahmen des § 296a Satz 2 ZPO für Angriffs- und Verteidigungsmittel beachtlich ist.

Mangels einer Antragstellung in mündlicher Verhandlung darf über eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Klageerweiterung daher nicht entschieden werden (BGH, Beschluss vom 19. März 2009 - IX ZB 152/08, NJW-RR 2009, 853 Rn. 9). In Einklang damit hat das Landgericht von einer Entscheidung über die Klageerweiterung abgesehen. Da die Klageerweiterung mithin nicht rechtshängig und damit nicht Gegenstand der Ausgangsentscheidung wurde, ist sie auch nicht in der Berufungsinstanz angefallen. Daran ändert auch die erfolgte Zustellung des Schriftsatzes an die Beklagte nichts. Diese erfolgte zusammen mit dem erstinstanzlichen Urteil und verfolgte damit erkennbar nicht den Zweck, die unzulässige Klageerweiterung rechtshängig zu machen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Juli 1997 - IV ZB 11/97, NJW-RR 1997, 1486 ).

2. Die in erster Instanz unzulässige Klageerweiterung ist auch nicht dadurch rechtshängig und Gegenstand der Entscheidung des Berufungsgerichts geworden, dass die Klägerin diese im Rahmen ihrer Berufungsanträge wiederholt hat. Die in dieser Antragstellung zu erblickende zweitinstanzliche Klageerweiterung ist durch die Entscheidung des Berufungsgerichts wirkungslos geworden. Eine zweitinstanzliche Klageerweiterung hindert das Berufungsgericht nicht, bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zu erlassen (BGH, Urteil vom 3. November 2016 - III ZR 84/15, WM 2016, 2342 Rn. 14 mwN). Wird die den erstinstanzlichen Streitgegenstand betreffende Berufung durch einen einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen, verliert die Klageerweiterung entsprechend § 524 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung (BGH, aaO).

3. Gegenstand der Berufungsentscheidung ist deshalb nur der ursprüngliche Antrag der Klägerin auf Zahlung von 8.221,15 €. Sie ist auch nur in dieser Höhe durch die Entscheidung des Berufungsgerichts beschwert. Dieser Betrag bildet außerdem den Beschwerdegegenstand des beabsichtigten Revisionsverfahrens, da die Klägerin die Entscheidung des Berufungsgerichts in Gänze angegriffen hat (BGH, Beschluss vom 27. Juni 2002 - V ZR 148/02, WM 2002, 2431 , 2432).

Vorinstanz: LG Frankfurt/Main, vom 21.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 168/16
Vorinstanz: OLG Frankfurt/Main, vom 07.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 3 U 13/17