Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BSG - Entscheidung vom 07.03.2017

B 8 SO 73/16 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 07.03.2017 - Aktenzeichen B 8 SO 73/16 B

DRsp Nr. 2017/13513

SGB-XII -Leistungen Berücksichtigungsfähigkeit von Hausgrundstücken als Vermögen Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Genügen der Darlegungspflicht

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog. Breitenwirkung) dargelegt werden

Die Beschwerden der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 11. Juli 2016 werden als unzulässig verworfen.

Die Anträge der Kläger, ihnen für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt F. beizuordnen, werden abgelehnt.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Im Streit sind nicht zurückzuzahlende Leistungen (im Folgenden: Zuschuss) der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - ( SGB XII ) für die Zeit vom 1.3. bis 31.8.2007 anstelle eines gewährten Darlehens.

Die 1935 geborene Klägerin (zu 1) und ihr Ehemann, der 1928 geborene Kläger (zu 2), bewohnen ein Hausgrundstück, das im Alleineigentum der Klägerin steht. Die Beklagte berücksichtigte diese Immobilie als verwertbares Vermögen und bewilligte den Klägern im hier streitbefangenen Zeitraum vom 1.3. bis zum 31.8.2007 Grundsicherungsleistungen lediglich als Darlehen (Bescheid vom 2.3.2007; Widerspruchsbescheid vom 16.3.2010). Die dagegen gerichtete Klage der Kläger blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.5.2012; Urteil des Landessozialgerichts [LSG] Nordrhein-Westfalen vom 11.7.2016).

Mit ihren Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil machen die Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Sie formulieren die Rechtsfrage, ob zur Prüfung der Angemessenheit immer, das heißt uneingeschränkt, auf die Gesamtwohnfläche abzustellen sei, wenn der Eigentümer keinen rechtlichen Beschränkungen hinsichtlich der tatsächlichen Nutzung unterliege, oder ob es hierzu Ausnahmen gebe, wenn ein Teil der Wohnfläche wegen faktischer Unbewohnbarkeit weder in der Gegenwart noch in absehbarer Zukunft nutzbar sein werde. Sie (die Kläger) könnten die Dachgeschosswohnung des Hausgrundstücks faktisch nicht nutzen, weil diese stark sanierungsbedürftig und daher unbewohnbar sei; Mittel zur Renovierung stünden ihnen absehbar nicht zur Verfügung. Ihr Fall entspreche daher nicht den Sachverhaltskonstellationen, die den Entscheidungen des Bundessozialgerichts - BSG - (Urteile vom 12.12.2013 - B 14 AS 90/12 R - und vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R) zugrunde gelegen hätten. Die Kläger beantragen zudem die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihres Rechtsanwalts.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der nach § 160a Abs 2 Satz 3 SGG gebotenen Weise dargelegt worden ist. Der Senat konnte deshalb über die Beschwerden ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG entscheiden.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Um der Darlegungspflicht zu genügen, muss eine konkrete Rechtsfrage formuliert, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihr angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) dargelegt werden (vgl nur BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Es fehlt schon an der Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Die Kläger formulieren eine Rechtsfrage, zeigen aber nicht auf, dass diese nicht bereits durch die Rechtsprechung des BSG geklärt sei. Sie greifen lediglich zwei einzelne Entscheidungen des 14. bzw 4. Senats zur Berücksichtigungsfähigkeit von Hausgrundstücken als Vermögen heraus, ohne sich jedoch mit der hierzu in ihrem sozialhilferechtlichen Fall wesentlichen Rechtsprechung des 8. Senats auseinanderzusetzen (vgl zu der im Sozialhilferecht die Angemessenheit des Hausgrundstücks insgesamt berücksichtigenden sog Kombinationstheorie: BSG SozR 4-3500 § 90 Nr 7 RdNr 16; zu § 88 Abs 2 Nr 7 Bundessozialhilfegesetz vgl BSG SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 16 f; vgl jetzt auch BSG , Urteil vom 9.12.2016 - B 8 SO 15/15 R).

Auch eine Umdeutung der Rüge der grundsätzlichen Bedeutung in eine Divergenzrüge (zum Verhältnis beider Zulassungsgründe vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG , 11. Aufl 2014, § 160 RdNr 10a mwN) würde der Beschwerde nicht zur Zulässigkeit verhelfen, weil es insoweit an der hinreichenden Darlegung eines tragenden abstrakten Rechtssatzes des LSG in Abweichung von einem tragenden abstrakten Rechtssatz des BSG (vgl dazu BSG SozR 1500 § 160a Nr 67) fehlt.

Da die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 SGG , § 114 Abs 1 Zivilprozessordnung [ZPO]), ist den Klägern auch keine PKH zu bewilligen. Mit der Ablehnung von PKH entfällt zudem die Beiordnung des Rechtsanwalts (§ 121 ZPO ).

Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 11.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 20 SO 241/12
Vorinstanz: SG Düsseldorf, - Vorinstanzaktenzeichen S 30 SO 196/10