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BSG - Entscheidung vom 27.06.2017

B 4 AS 81/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 27.06.2017 - Aktenzeichen B 4 AS 81/17 B

DRsp Nr. 2017/13804

Revolvierendes Darlehen bei der Bedarfsberechnung nach dem SGB II Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Genügen der Darlegungspflicht Breitenwirkung

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. 3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 27. Juli 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 160 Abs 2 Nr 1 bis 3 SGG ) nicht ordnungsgemäß dargetan bzw bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ).

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Die Klägerin wirft als grundsätzlich bedeutsam die Rechtsfrage auf, wie ein revolvierendes Darlehen bei der Bedarfsberechnung nach dem SGB II zu berücksichtigen ist. Es gehöre zum Charakter eines revolvierenden Darlehensvertrages, dass die Darlehensmittel, die von einer Darlehensgeberin überlassen worden seien, durch Verbleib bei der Darlehensnehmerin wieder verwendet werden können. Dennoch hätten die Mittel nicht der Klägerin zur freien Verfügung gestanden, sondern nur nach Absprache des Verwendungszwecks verwendet werden dürfen.

Die Klägerin legt aber die Klärungsbedürftigkeit der von ihr aufgeworfenen Rechtsfrage nicht in der gebotenen Weise dar. Sie setzt sich zwar ausführlich mit dem Urteil des LSG auseinander und rügt dessen Feststellungen und Rechtsauffassungen als unzutreffend, dies sind aber keine Umstände, die die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache begründen könnten. Vielmehr hätte sich die Klägerin zur Darlegung ihrer Klärungsbedürftigkeit mit Entscheidungen des BSG auseinandersetzen und darlegen müssen, dass und aus welchen Gründen sich die aufgeworfene Frage nicht bereits aus diesen beantworten lässt. Soweit sie auf Entscheidungen des BSG vom 20.12.2011 (B 4 AS 46/11 R) und vom 17.6.2010 (B 14 AS 46/09 R) abstellt, weist sie zwar zutreffend darauf hin, dass das BSG die Berücksichtigung eines Verwandten-Darlehens nicht grundsätzlich verneint. Diese Rechtsprechung stellt jedoch an die Anerkennung von zugeflossenen Mitteln als Verwandten-Darlehen strenge Anforderungen, die jedenfalls in einzelnen Punkten einem Fremdvergleich standhalten. Dass und aus welchen Gründen dies hier der Fall ist, wird nicht mehr erläutert.

Die Klägerin hat sich mit Entscheidungen des BSG beschäftigt, in denen es um die Frage ging, ob Mittel, die dem Leistungsberechtigten von Seiten eines Familienangehörigen zufließen, bei der Bedarfsermittlung außer Betracht bleiben können. Um eine solche Konstellation geht es aber in dem vorliegenden Fall nicht. Vielmehr sind der Klägerin - wie auch das LSG annimmt - Geldmittel von ihrer Mutter zur Verfügung gestellt worden, bei denen es sich um ein Darlehen handeln mag. In der Sache geht es aber um die Beantwortung der Frage, die der Klägerin von einem Dritten - hier der M -GmbH - zugeflossenen 25 000 Euro als Einnahmen nach § 11 Abs 1 SGB II zu berücksichtigen sind. Insoweit hätte sich die Klägerin mit der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 29.4.2015 - B 14 AS 10/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 70) auseinandersetzen müssen, wonach es für die Berücksichtigung der von einem Dritten zugeflossenen Einnahmen nicht darauf ankommt, ob zugleich eine Verbindlichkeit oder eine Schuld der Klägerin gegenüber einer Bank oder - hier - gegenüber einem Dritten besteht, die durch Verrechnung im Rahmen einer vertraglichen Abrede getilgt wird. Danach sind Zahlungen auf Verbindlichkeiten nicht als Einnahmen außer Betracht zu lassen und Schulden nicht von den Einnahmen abzusetzen oder mit ihnen zu verrechnen. Es kommt für die Berücksichtigung solcher Beträge lediglich auf den Zufluss an. Die Klägerin hätte darlegen müssen, warum die Einkommenszuflüsse in ihrem Falle anders zu behandeln sein könnten.

2. Der Zulassungsgrund der Divergenz, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG ), ist ebenfalls nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet. Es wurde bereits dargelegt, dass die zitierte Rechtsprechung des BSG zwar zutreffend wiedergegeben wird, jedoch nicht den hier vorliegenden Sachverhalt betrifft, weil der zitierte Rechtssatz sich auf die Frage bezieht, ob die vom Darlehensgeber zugeflossenen Mittel zu berücksichtigen sind. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Auch wird nicht herausgearbeitet, an welcher Stelle in seinem Urteil das LSG einen dem entgegenstehenden Rechtssatz entwickelt hätte.

3. Soweit die Klägerin Verfahrensfehler geltend macht, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), hat sie diese nicht hinreichend bezeichnet. Sie rügt eine Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes. Es wird aber nicht deutlich, inwiefern die Ablehnung des Antrags auf ein (weiteres) Schriftsatzrecht den Grundsatz der Amtsermittlung (§ 103 SGG ) verletzen könnte.

Soweit die Ablehnung des Beweisantrags gerügt wird, hat sie zwar einen solchen zitiert. Sie hat beantragt, ergänzend "Herrn H R bezüglich der 25.000 Euro und der Darlehensverträge zu hören". Sie hat allerdings nicht aufzuzeigen vermocht, dass das LSG nach seiner Rechtsauffassung gehalten war, diesem Beweisantrag nachzukommen. Zum einen ist es beim LSG nicht um das Bestehen weiterer von dem Darlehen der Mutter unabhängiger Darlehen, zB in Höhe von 25 000 Euro gegangen. Vielmehr spielten die "25 000 €" lediglich als Einnahme der M GmbH und bei seiner Berücksichtigung als Einkommen eine Rolle. Falls nun die "25 000 Euro" in einen neuen Sachzusammenhang gestellt werden, wird nicht deutlich gemacht, inwiefern das LSG von einem weiteren Darlehen ausgegangen ist oder hätte ausgehen müssen. Jedenfalls wird aus der zitierten Anlage sowie dem Vortrag der Klägerin beim LSG nicht deutlich, inwieweit ein "weiteres" Darlehen für die Frage der Berücksichtigung der zugeflossenen 25.000 Euro, die - so die Klägerin - wegen des Darlehensvertrags mit der Mutter bei der Klägerin verblieben seien und für geschäftliche Zwecke verwendet werden mussten, entscheidungserheblich sein könnte. Es ist auch nicht deutlich geworden, dass die Entscheidung des LSG auf der unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann. Soweit es nach der Rechtsprechung des BSG beim Zufluss von Geld von Dritten nicht darauf ankommt, ob oder in welcher Weise dieses verwendet wird, dürfte nicht entscheidungserheblich sein, ob die Mittel zur Tilgung eines - und wenn ja welchen - Darlehens eingesetzt worden sind.

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 27.07.2016 - Vorinstanzaktenzeichen 3 AS 2898/15
Vorinstanz: SG Mannheim, vom 24.03.2015 - Vorinstanzaktenzeichen 12 AS 769/13