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BSG - Entscheidung vom 30.10.2017

B 13 R 293/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 30.10.2017 - Aktenzeichen B 13 R 293/17 B

DRsp Nr. 2017/17227

Rentenversicherung Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Klare Formulierung einer abstrakten Rechtsfrage

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt. 3. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann. 4. Es gehört nicht zur Aufgabe des BSG , den Beschwerdevortrag des Klägers daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 28. Juli 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 28.7.2017 einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung (Berücksichtigung) einer in Polen zurückgelegten Zeit von 1961 bis 1981 als selbstständiger Journalist und Schriftsteller nach deutschem Rentenversicherungsrecht sowie die Feststellung eines anderen Geburtsdatums und eine entsprechende höhere Rentenzahlung sowie eine Rentennachzahlung verneint.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Beschwerdebegründung vom 18.9.2017 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, denn er hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht ordnungsgemäß dargelegt (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG iVm § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 3.12.2013 - B 13 R 447/12 B - Juris RdNr 4). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

Der Kläger bezeichnet bereits keine abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, Anwendbarkeit oder zur Vereinbarkeit einer revisiblen Norm des Bundesrechts (§ 162 SGG ) mit höherrangigem Recht. Die Formulierung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht die weiteren Voraussetzungen einer Grundsatzrüge prüfen kann. Es gehört nicht zur Aufgabe des BSG , den Beschwerdevortrag des Klägers daraufhin zu untersuchen, ob sich aus ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage herausfiltern ließe (vgl stRspr, zB BSG Senatsbeschluss vom 18.7.2017 - B 13 R 110/17 B - Juris RdNr 7).

Soweit sich der Kläger gegen die aus seiner Sicht fehlerhafte Anwendung des § 33a SGB I in seinem Einzelfall wendet, rügt er die inhaltliche Unrichtigkeit des angefochtenen Urteils. Hierauf kann jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde von vornherein nicht gestützt werden.

Soweit er die Vereinbarkeit des § 33a SGB I mit höherrangigem Recht geltend machen will, hat er die Klärungsbedürftigkeit nicht dargelegt. Er versäumt es bereits, sich mit der hierzu ergangenen Rechtsprechung des BSG , des BVerfG und des EuGH auseinanderzusetzen, in der diese Norm als verfassungs- und europarechtskonform angesehen worden ist (s die einschlägigen Rechtsprechungsnachweise zB bei Seewald in KasselerKomm, § 33a SGB I RdNr 5-8, Stand: Einzelkommentierung Juli 2010). Im Übrigen ist eine Rechtsfrage dann nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. Als höchstrichterlich geklärt ist eine Rechtsfrage auch dann anzusehen, wenn das BSG diese zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, jedoch schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 12.6.2017 - B 13 R 144/17 B - Juris RdNr 7). Deshalb muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der Rechtsprechung des BSG zu dem in der Beschwerde aufgeworfenen Problemkreis substantiiert vorgetragen werden, dass durch die schon vorliegenden höchstrichterlichen Urteile die aufgeworfene Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet sei.

Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Vielmehr trägt der Kläger selbst vor, dass "bereits umfänglich auch höchstrichterlich entschiedene Fallgestaltungen", in denen "durchweg die Geltung" des § 33a SGB I "bestätigt" worden sei, vorlägen. Der Kläger prüft - anders als erforderlich - aber nicht, ob sich aus diesen von ihm auch nicht näher bezeichneten "Fallgestaltungen" Anhaltspunkte für die Beantwortung der von ihm skizzierten Problematik ergeben.

Soweit der Kläger im Weiteren die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darin sieht, dass die in einem polnischen Sonderrechtssystem (Künstlersozialkasse) zurückgelegten Rentenzeiten in Deutschland nicht berücksichtigungsfähig seien, weil in dem deutsch-polnischen Rentenabkommen nur die Anrechnung der Ansprüche aus dem regulären Rentensystem geregelt seien, erfüllt sein diesbezüglicher Vortrag die Darlegungsanforderungen an eine Grundsatzrüge ebenfalls nicht. Auch hier fehlt es bereits an der Bezeichnung einer abstrakt-generellen, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG . Zudem fehlen substantiierte Darlegungen zur Klärungsbedürftigkeit. Allein die pauschalen Einwände, dies sei "inkonsequent", weil nach polnischem Recht, die in den verschiedenen Regel- und Sondersystemen zurückgelegten Zeiten für die Rentenberechnung zusammengelegt würden, und es liege hier eine "innereuropäische Ungleichbehandlung" vor, reichen nicht. Insbesondere erörtert er nicht auf welcher konkreten (europarechtlichen) Bestimmung die von ihm behauptete "innereuropäische Ungleichbehandlung" gründen soll. Schließlich behauptet er nicht einmal, dass es zu der von ihm angedeuteten Problematik noch keine einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung gebe.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

Die Verwerfung der Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 28.07.2017 - Vorinstanzaktenzeichen 21 R 515/14
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 15.04.2014 - Vorinstanzaktenzeichen 46 R 278/09