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BSG - Entscheidung vom 19.06.2017

B 11 AL 36/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 19.06.2017 - Aktenzeichen B 11 AL 36/17 B

DRsp Nr. 2017/14007

Nichtzulassungsbeschwerde Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Genügen der Darlegungspflicht Breitenwirkung

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. 3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 15. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Ihre Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, da der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) sowie des Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung des LSG beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ), nicht ordnungsgemäß dargetan bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und des Schrifttums angeben, welche Rechtsfragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss der Beschwerdeführer mithin Folgendes aufzeigen: (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung, also eine Breitenwirkung ( BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 12, 31, 59, 65). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Der Kläger wirft schon keine Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung des Bundesrechts auf. Er rügt vielmehr die Beweiswürdigung des LSG und stellt folgende Behauptungen als "Fragen im Sinne einer grundsätzlichen Bedeutung" auf:

"Das Vorliegen einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht schließt die Arbeitnehmereigenschaft bei einem Treuhandverhältnis nicht aus. Bei der Frage der Weisungsbefugnis im Treuhandvertrag ist die Wertung des LSG als sog. Fehler bei der Schlussfolgerung zu rügen."

Schließlich habe das LSG bei der Würdigung des Treuhandvertrags dessen Wortlaut nicht hinreichend beachtet.

Dem Vorbringen kann als mögliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung lediglich die aus einer Behauptung abzuleitende Frage entnommen werden, ob das Vorliegen einer unwiderruflichen Stimmrechtsvollmacht die Arbeitnehmereigenschaft bei einem Treuhandverhältnis ausschließe. Soweit sich die Frage im Kontext der Erfüllung der Anwartschaftszeit stellen könnte, legt der Kläger aber deren Klärungsbedürftigkeit nicht hinreichend dar. Insofern hätte er sich mit der Rechtsprechung des BSG auseinandersetzen müssen, wonach ein Alleingesellschafter und GmbH-Geschäftsführer grundsätzlich nicht abhängig beschäftigt ist, ausnahmsweise aber dann beschäftigt ist, wenn die Treuhandkonstellation im Einzelfall der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit entgegensteht ( BSG vom 30.1.1997 - 10 RAr 6/95 - SozR 3-4100 § 141b Nr 17). Auch hätte der Kläger näher darlegen müssen, dass er eine Frage aufgeworfen hat, die eine über seinen Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben könnte, weil sich die Abgrenzung von Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit nach der tatsächlichen Handhabung und dem jeweiligen Treuhandvertrag im Einzelfall richtet. Die weiteren Ausführungen zu einer fehlerhaften Entscheidung oder Würdigung durch das LSG zielen nicht auf grundsätzliche Rechtsfragen.

Auch der von dem Kläger gerügte Verfahrensfehler ist in der Beschwerdebegründung nicht formgerecht bezeichnet worden (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ). Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die diesen (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden (vgl BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24 , 34, 36). Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beschwerdeführer muss dazu einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist. Bereits dies ist hier nicht der Fall.

Soweit die Beschwerde als Verfahrensfehler des LSG rügt, dessen Würdigung sei "widerspruchsvoll und verkenne die Qualität des jeweiligen Erfahrungssatzes" bzw verstoße gegen alle Erfahrungssätze des Wirtschaftslebens, verkennt der Kläger, dass die Rüge eines Verfahrensmangels nicht auf die Verletzung des § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Beweiswürdigung) gestützt werden kann. Eine Verletzung der richterlichen Begründungspflicht oder des rechtlichen Gehörs im Rahmen der Beweisaufnahme (§ 128 Abs 1 Satz 2, Abs 2 SGG ) macht er nicht geltend.

Die nicht formgerecht begründete Beschwerde war daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Bayern, vom 15.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 9 AL 185/12
Vorinstanz: SG München, vom 29.03.2012 - Vorinstanzaktenzeichen S 34 AL 328/10