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BSG - Entscheidung vom 27.06.2017

B 3 KR 9/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1

BSG, Beschluss vom 27.06.2017 - Aktenzeichen B 3 KR 9/17 B

DRsp Nr. 2017/13994

Krankengeld Grundsatzrüge Klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage Genügen der Darlegungspflicht Breitenwirkung

1. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache i.S. des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. 2. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt. 3. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 23. Dezember 2016 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe:

I

Das LSG Niedersachsen-Bremen hat mit Urteil vom 23.12.2016 einen Anspruch des Klägers auf Zahlung höheren Krankengeldes verneint. Ebenso wie bereits das SG ist es dem Begehren des Klägers nicht nachgekommen, das Krankengeld auf der Grundlage des durchschnittlichen Jahresverdienstes vor der Arbeitsunfähigkeit zu berechnen, dh auf der Basis des von März 2012 bis März 2013 erzielten Arbeitsentgeltes. Es hat vielmehr die Entscheidung der Beklagten, ausschließlich das zufällig besonders gering ausgefallene Arbeitsentgelt aus März 2013 zugrunde zu legen, nicht beanstandet. Das Berufungsgericht hat sich dabei Bezug nehmend auf die sozialgerichtliche Entscheidung im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 47 Abs 2 S 1 SGB V und auf Rechtsprechung des BSG gestützt; verfassungsrechtliche Bedenken beständen nicht.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG ).

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht formgerecht dargelegt hat (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59, 65).

Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

In der Beschwerdebegründung wird schon keine Rechtsfrage herausgearbeitet. Es wird lediglich dargelegt, dass der Kläger es bei schwankendem Monatseinkommen für nicht hinnehmbar hält, das Krankengeld anhand des Monatszeitraums iS des § 47 SGB V zu bemessen (vgl die Formulierung auf S 3 der Beschwerdebegründungsschrift vom 22.2.2017 2. Absatz: "... würde das strikte Beibehalten des Monatszeitraumes im Sinne des § 47 SGB V im Falle des Krankheitsbeginnes nach einem einkommensschwachen Monat zu einer erheblichen Benachteiligung führen").

Dabei fehlt es aber an hinreichenden Darlegungen nicht nur die Rechtsfrage selbst betreffend, sondern auch zur Klärungsbedürftigkeit jedweder aus den Darlegungen sinngemäß ableitbarer Fragen. Denn die Formulierung der Beschwerdebegründung macht deutlich, dass der Kläger selbst davon ausgeht, dass § 47 SGB V für den vorliegenden Fall lediglich einen Monat als Berechnungsgrundlage vorsieht. Er zeigt auch nicht hinreichend auf, aus welchem Grund sich rechtliche Zweifel an der Berechnung des Krankengeldes ausschließlich auf der Grundlage des letzten Entgeltabrechnungszeitraums vor der Arbeitsunfähigkeit ergeben könnten. Eine Möglichkeit zu einer anderweitigen Auslegung der Vorschrift wird nicht dargelegt. Lässt die Vorschrift keine andere Auslegung zu, könnte lediglich eine Verfassungswidrigkeit der Norm zur grundsätzlichen Bedeutung führen. Eine solche wird aber ebenfalls nicht genügend dargelegt. Zwar macht der Kläger verfassungsrechtliche Bedenken geltend, er legt aber schon nicht hinreichend dar, gegen welche verfassungsrechtliche Norm oder welchen Grundsatz unter welchem rechtlichen Aspekt im Einzelnen verstoßen worden sein könnte. Der bloße Hinweis auf eine "Ungleichbehandlung" und "Art 3 Abs 1 GG " reicht dafür nicht aus.

Mit der vom LSG herangezogenen Rechtsprechung des BSG zur vorliegenden Thematik setzt sich die Beschwerdebegründung ebenfalls nicht hinreichend auseinander. So hat das BSG insbesondere in der vom LSG zitierten Entscheidung vom 5.3.2002 ( B 2 U 13/01 R - ZfS 2002, 242 = Juris RdNr 14 ff, insbes 16) ausdrücklich ausgeführt, dass der eindeutige Wortlaut des § 47 Abs 2 S 1 SGB V für eine Ausweitung des Bemessungszeitraums keine Grundlage biete. Diese gesetzliche Situation sei auch für Arbeitnehmer mit schwankendem Arbeitsentgelt hinzunehmen. Dies sei für verschiedene andere Arten von Lohn- bzw Entgeltersatzleistungen bereits entschieden (insoweit wird in der Entscheidung auf BSGE 47, 172 = SozR 2200 § 1241 Nr 11; BSGE 58, 175 = SozR 4100 § 59 Nr 3; BSG SozR 3-2200 § 182 Nr 7 mwN verwiesen). Verfassungsrechtliche Bedenken ergäben sich dabei nicht ( BSG Urteil vom 5.3.2002 - B 2 U 13/01 R - ZfS 2002, 242 = Juris RdNr 17). Insbesondere stehe es dem Gesetzgeber in den Grenzen des Willkürverbots iS von Art 3 Abs 1 GG frei, den maßgeblichen Bemessungszeitraum zu bestimmen. Das Gesetz bezwecke, der Berechnung das aktuelle Arbeitsentgelt zugrunde zu legen und dem Versicherungsträger eine schnelle Entscheidung zu ermöglichen. Das BSG hat in diesem Urteil auch bereits grundsätzlich entschieden, dass bezüglich der Frage der Regelentgeltbemessung bei schwankendem Einkommen keine rechtliche Parallele zum verfassungswidrigen Ausschluss von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt von der Berechnung des Regelentgelts besteht.

Der Kläger hält diese Rechtsprechung in seinem Fall wegen seines deutlich geringeren Gehaltes für nicht einschlägig. Den Zusammenhang zwischen der Höhe des Arbeitsentgeltes und der dargestellten Argumentation des BSG legt er allerdings nicht dar. Soweit der Kläger ausführt, die vorgenommene Berechnung des Krankengeldes könne seinem Lebensstandard nicht gerecht werden und es hätte zu seinen Gunsten zumindest einer Härtefallregelung bedurft, fehlt es an Darlegungen zu den genauen Auswirkungen der von ihm begehrten Berechnung. Das Maß der Betroffenheit des Klägers wird aufgrund seiner Ausführungen nicht deutlich. Somit werden weder die Auswirkungen der Entscheidung auf seinen Lebensstandard hinreichend erkennbar, noch die Notwendigkeit einer Härtefallregelung.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 23.12.2016 - Vorinstanzaktenzeichen L 4 KR 269/16
Vorinstanz: SG Stade, vom 05.04.2016 - Vorinstanzaktenzeichen S 1 KR 382/13