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BSG - Entscheidung vom 29.06.2017

B 9 V 28/17 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3
SGG § 160a Abs. 2 S. 3
SGG § 103

BSG, Beschluss vom 29.06.2017 - Aktenzeichen B 9 V 28/17 B

DRsp Nr. 2017/13808

Grad der Schädigungsfolgen Verfahrensrüge Verletzung rechtlichen Gehörs Aufrechterhaltener Beweisantrag

1. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs. 2 S. 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. 2. Gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 Halbs. 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. 3. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG ), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 6. April 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 ; SGG § 160a Abs. 2 S. 3; SGG § 103 ;

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe des Grades der Schädigungsfolgen (GdS) nach dem OEG iVm den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes ( BVG ).

Bei der Klägerin sind als Schädigungsfolgen eines Angriffs im Sinne von § 1 Abs 1 S 1 OEG in Form einer gefährlichen Körperverletzung eine Narbe, Zahnschäden sowie eine psychische Störung und auf dieser Grundlage ein GdS von 30 ab dem 1.8.2008 anerkannt (Bescheid vom 3.11.2010, Widerspruchsbescheid vom 10.10.2013).

Die auf Gewährung einer Beschädigtenrente nach GdS von mindestens 50 gerichtete Klage der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Die Aktenlage biete keinen Anlass für eine abweichende Bewertung des Sachverhalts. Weitere medizinische Ermittlungen von Amts wegen seien dem Gericht mangels Mitwirkung der Klägerin nicht möglich gewesen. Eine Begutachtung nach Aktenlage komme nicht in Betracht (SG Hildesheim Urteil vom 10.12.2015).

Mit ihrer Berufung hat die Klägerin wiederholt, ihr Anspruch ergebe sich bereits aus den medizinischen Unterlagen. Sie sei nicht bereit, sich nochmals medizinisch begutachten zu lassen. Der Versuch des LSG, die Klägerin von Amts wegen psychiatrisch begutachten zu lassen, blieb daher erfolglos. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LSG daraufhin nach Anhörung der Beteiligten die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Mangels Bereitschaft der Klägerin zu einer erneuten ambulanten psychiatrischen Begutachtung lägen keine neuen Erkenntnisse vor, die eine abweichende Entscheidung rechtfertigen könnten (Beschluss vom 6.4.2017).

Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie geltend macht, das Berufungsgericht habe seine Pflicht zur Amtsermittlung verletzt, weil es kein Gutachten nach Aktenlage eingeholt habe.

II

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil der allein behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG ).

Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde wie im Fall der Klägerin darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 1 SGG ), so müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§ 160a Abs 2 S 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbs 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§ 103 SGG ), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren, bis zum Schluss aufrechterhaltenen Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt ist.

Schon daran fehlt es hier. Die Beschwerde trägt lediglich vor, das LSG hätte von sich aus ein psychiatrisches Gutachten nach Aktenlage einholen müssen. Damit bezeichnet sie keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag. Die Beschwerde macht selber nicht geltend, einen Beweisantrag gestellt, geschweige denn, diesen bis zum Schluss der Berufungsinstanz aufrechterhalten zu haben. Dies obwohl das LSG nach der Weigerung der Klägerin, sich begutachten zu lassen, seine Beweisanordnung aufgehoben und die Beteiligten zu einer Entscheidung im Beschlusswege angehört hatte. Die Beschwerdebegründung setzt sich hiermit nicht auseinander.

Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 S 1 Halbs 2, § 169 SGG ).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG ).

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG .

Vorinstanz: LSG Niedersachsen-Bremen, vom 06.04.2017 - Vorinstanzaktenzeichen L 10 VE 7/16
Vorinstanz: SG Hildesheim, vom 10.12.2015 - Vorinstanzaktenzeichen S 27 VE 32/13