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BGH - Entscheidung vom 10.03.2010

IV ZR 264/08

Normen:
BGB § 2314 Abs. 1
ZPO § 286

Fundstellen:
BNotZ 2011, 96
JuS 2011, 264
MDR 2010, 874
NJW-RR 2010, 1378
NotBZ 2011, 96
WM 2010, 1084

BGH, Urteil vom 10.03.2010 - Aktenzeichen IV ZR 264/08

DRsp Nr. 2010/6579

Beweislastumkehr zu Lasten eines Erben für das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten wegen Verletzung seiner Auskunftspflicht gem. § 2314 Abs. 1 BGB durch Vorlage eines schuldhaft unvollständigen oder falschen Nachlassverzeichnisses; Vergleichbarkeit der Interessenlagen einer Auskunftspflichtverletzung mit einer die Gefahr eines Verlorengehens von Beweisen beinhaltenden Berufspflichtverletzung im Arzthaftungsrecht

1. Der Pflichtteilsberechtigte hat grundsätzlich das Nichtbestehen einer von ihm bestrittenen, vom Erben substantiiert dargelegten Nachlassverbindlichkeit zu beweisen. 2. Auch eine schuldhafte Verletzung der Auskunftspflicht nach § 2314 Nr. 1 BGB durch den Erben führt nicht zwingend zu einer Beweislastumkehr. Etwas anderes kann nur dann in Betracht kommen, wenn der Erbe insoweit arglistig oder zum Zwecke einer bewussten Beweisvereitelung gehandelt hat.

Die Revision gegen das Urteil des 13. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 5. November 2008 wird auf Kosten der Kläger zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Normenkette:

BGB § 2314 Abs. 1 ; ZPO § 286 ;

Tatbestand

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung des Pflichtteils nach ihrem am 15. Februar 2003 verstorbenen Vater in Anspruch.

Die Beklagte ist die zweite Ehefrau des Erblassers, die durch dessen Testament vom 3. Dezember 1981 zur Alleinerbin eingesetzt wurde. Die Kläger sind die Kinder des Erblassers aus dessen erster Ehe. Auf Aufforderung der Kläger übersandte die Beklagte diesen ein unter dem 10. Oktober 2003 erstelltes Nachlassverzeichnis, welches Vermögenswerte von 40.055,30 EUR sowie als Verbindlichkeiten lediglich Beerdigungskosten von 2.251 EUR beinhaltete. Auf dieser Grundlage errechneten die Kläger sich einen Pflichtteilsanspruch von je 3.150,36 EUR, den sie klageweise vor dem Landgericht geltend machten. Die Beklagte wandte erstmals während des erstinstanzlichen Verfahrens ein, es seien am 28. September 2006 weitere Belege aufgefunden worden. Aus zwei hierzu vorgelegten Kontoauszügen der W. I. vom 31. Dezember 2004 ergeben sich Verbindlichkeiten des Erblassers zu diesem Zeitpunkt von 148.054,62 EUR sowie 97.115,73 EUR. Die Beklagte wurde durch ein Schreiben der H. vom 24. Oktober 2006 zur Rückzahlung eines vormals bestehenden Darlehens bei der ... aufgefordert. Die Beklagte und der Erblasser hatten ferner am 21. Oktober 1983 eine als "Annahmebestätigung und Zahlungsauftrag (Darlehen)" bezeichnete Erklärung unterschrieben, aus der sich eine Darlehensaufnahme von 163.750 DM sowie ein Beleihungsobjekt in B. ergeben. Für dieses Darlehen, das seit dem 1. Januar 1984 mit jährlich 5,5% zu verzinsen ist, bestellten der Erblasser und die Beklagte am 13. Januar 1984 eine Grundschuld an dem Beleihungsobjekt in B. .

Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung einer Mitarbeiterin der ... Girozentrale in Höhe der geltend gemachten Pflichtteilszahlung stattgegeben und sie bezüglich des Anspruchs auf Abgabe der eidesstattlichen Versicherung abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger.

Entscheidungsgründe

Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Berufungsgericht, dessen Urteil in ZEV 2009, 36 (m. Anm. Löffler jurisPR-FamR 3/2009 Anm. 4) veröffentlicht ist, hat ausgeführt, ein Pflichtteilsanspruch der Kläger bestehe wegen Überschuldung des Nachlasses nicht. Die Kläger seien für die Werthaltigkeit des Nachlasses darlegungs- und beweispflichtig. Hierbei hätten sie darzulegen und zu beweisen, dass hinreichend substantiiert geltend gemachte Nachlassverbindlichkeiten nicht bestünden. Auch die zunächst objektiv unrichtige Angabe der Beklagten im außergerichtlich vorgelegten Nachlassverzeichnis führe nicht zu einer Beweislastumkehr dahin, dass die Beklagte die Überschuldung des Nachlasses nachweisen müsse. Zwar könne eine schuldhafte Pflichtverletzung des Erben bei der Erteilung einer unrichtigen oder unvollständigen Auskunft wegen der damit verbundenen Beweisnot des Pflichtteilsberechtigten nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben. Hier liege auch eine fahrlässige Auskunftspflichtverletzung der Beklagten vor, da sie in der Lage gewesen wäre bei Aufstellung der Vermögensübersicht im Oktober 2003, spätestens jedoch Anfang 2005, Kenntnis von den weiteren Verbindlichkeiten des Erblassers zu erlangen und dies den Pflichtteilsberechtigten mitzuteilen. Gleichwohl komme weder generell noch im konkreten Fall eine Umkehr der Beweislast in Betracht. Insbesondere würde der Pflichtteilsberechtigte durch eine Beweislastumkehr besser gestellt als bei ordnungsgemäßer Erfüllung des Auskunftsanspruchs. Hätte die Beklagte die Darlehensverbindlichkeiten bereits in das ursprüngliche Nachlassverzeichnis aufgenommen, so hätte sie kein Vollbeweis für die behaupteten Verbindlichkeiten getroffen. Insbesondere wäre sie nicht verpflichtet gewesen, den Bestand der Verbindlichkeiten durch Darlehensunterlagen zu belegen, da es eine derartige Verpflichtung zur Vorlage von Belegen seitens des Erben nicht gebe. Die Pflichtverletzung des Erben sei allerdings bei der Würdigung des Tatsachenvortrags und der erhobenen Beweise sowie zuvor bei den Anforderungen an die Darlegungslast zu berücksichtigen. Den hiernach zu stellenden gesteigerten Anforderungen an die Darlegungslast genüge der Vortrag der Beklagten. Aus den vorgelegten Kontoauszügen der W. I. sowie der Aussage der Zeugin Wü. ergebe sich, dass die unter dem 18. November 2004 vorgenommenen Buchungen Darlehen beträfen, die ursprünglich die ... dem Erblasser allein bzw. in einem weiteren Fall ihm und der Beklagten zusammen gewährt habe.

Auch begegne der Vortrag der Beklagten keinen Bedenken, dass der Nachlass bereits im Zeitpunkt des Erbfalls überschuldet gewesen sei. Bei lebensnaher Betrachtung spreche nichts dagegen, dass die im November 2004 von der W. I. übernommenen Darlehen in Höhe von circa 245.000 EUR bereits dem Grunde nach im Zeitpunkt des Erbfalls bestanden und seitdem lediglich in ihrem Umfang weiter aufgelaufen seien. Um zu einem Aktivvermögen im Zeitpunkt des Erbfalls zu kommen, müssten die Darlehen in einem Gesamtvolumen von weniger als 37.804 EUR valutiert haben, die Sollsalden mithin um über 110.000 EUR bzw. über 59.000 EUR angestiegen sein. Das sei ohne Erhöhung des Darlehensrahmens durch die Beklagte, für den es keinen Anhaltspunkt gebe, nicht nachvollziehbar.

II.

Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung stand.

1.

Ohne Erfolg macht die Revision zunächst geltend, bei einem schuldhaft unvollständigen oder falschen Nachlassverzeichnis und auch später nicht nachgeholten vollständigen Informationen sei von einer Beweislastumkehr dahin auszugehen, dass den Erben die Beweislast für das Bestehen von Nachlassverbindlichkeiten treffe.

a)

Der Pflichtteilsberechtigte ist für alle Tatsachen beweispflichtig, von denen der Grund und die Höhe des von ihm erhobenen Anspruchs abhängt (BGHZ 7, 134, 136; Palandt-BGB/Edenhofer, 69. Aufl. § 2317 Rdn. 10). Aus dieser allgemein anerkannten Verteilung der Darlegungsund Beweislast folgt zugleich, dass der Pflichtteilsberechtigte das Nichtbestehen einer von ihm bestrittenen, vom Erben substantiiert dargelegten Nachlassverbindlichkeit zu beweisen hat (Senatsbeschluss vom 11. Juni 2003 - IV ZR 410/02 - FF 2003, 218; MünchKomm-BGB/Lange, 5. Aufl. § 2311 Rdn. 1).

Die Frage, ob und inwieweit es ausnahmsweise zu einer Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast bis hin zu einer Umkehr der Beweislast für den Fall kommen kann, dass der Erbe schuldhaft seine Auskunftspflicht nach § 2314 Abs. 1 BGB verletzt, insbesondere ein unvollständiges oder fehlerhaftes Nachlassverzeichnis erstellt, ist höchstrichterlich noch nicht entschieden und wird unterschiedlich beantwortet. Der Senat hat diese Frage in BGHZ 7, 134, 136 ausdrücklich offen gelassen. Im Schrifttum wird teilweise eine Umkehr der Beweislast bei schuldhafter Verletzung der Auskunftsverpflichtung angenommen (Stürner, Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses 1976, S. 242 ff., 249; Damrau/Riedel/Lenz, Praxiskommentar Erbrecht § 2317 Rdn. 23). Überwiegend findet sich der Hinweis, eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Pflicht zur Erstellung der Auskunft sei im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen und könne unter Umständen zu einer Umkehr der Beweislast führen (MünchKomm-BGB/Lange § 2317 Rdn. 27; Soergel/Dieckmann, BGB , 13. Aufl. § 2317 Rdn. 19; Staudinger-BGB/Haas BGB [2006] § 2317 Rdn. 49; Bamberger/Roth/Mayer, BGB 2. Aufl. § 2317 Rdn. 13; Frieser/Linder, Kompaktkommentar Erbrecht § 2317 Rdn. 18). Schließlich wird die Auffassung vertreten, eine schuldhafte Verletzung der Auskunftsverpflichtung sei lediglich bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (Baumgärtel/Laumen/Prütting-Schmitz, Handbuch der Beweislast 3. Aufl. § 2314 Rdn. 7; Palandt-BGB/Edenhofer, § 2317 Rdn. 10; Prütting/Wegen/Weinreich/Deppenkemper BGB , 4. Aufl. § 2317 Rdn. 11).

b)

Eine Umkehr der Beweislast immer dann, wenn der Erbe die Auskunftspflicht nach § 2314 Nr. 1 BGB schuldhaft verletzt, ist nicht geboten.

aa)

Grundsätzlich hat derjenige, der aus einer ihm günstigen Norm Rechte herleitet, deren tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen (BGHZ 113, 222 , 224 f.; 116, 278, 288; BGH, Urteil vom 18. Mai 2005 - VIII ZR 368/03 - NJW 2005, 2395 unter II 3 a). Hierbei trägt der Anspruchsteller - die Kläger als Pflichtteilsberechtigte - grundsätzlich auch die Beweislast für negative Tatsachen (vgl. für das Nichtbestehen eines rechtlichen Grundes gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB BGHZ 128, 167 , 171). Dieser Beweislastverteilung liegen Überlegungen der generalisierenden Risikozuweisung zugrunde. Sie kann daher nicht durch einzelfallbezogene Billigkeitserwägungen überspielt werden (vgl. Zöller Greger ZPO , 28. Aufl. vor § 284 Rdn. 17). Eine Beweislastumkehr hat die Rechtsprechung demgemäß nur dann angenommen, wenn die Gefahr besteht, dass ein Beweis sonst gänzlich verloren geht. Das kommt etwa bei der groben Verletzung von Berufspflichten in Betracht, insbesondere im Bereich des Arzthaftungsrechts. Liegt ein grober Behandlungsfehler vor, so muss der Arzt beweisen, dass die Schädigung des Patienten nicht auf diesem Fehler beruht (BGHZ 172, 1 Tz. 25; 159, 48, 53; BGH, Urteil vom 8. Januar 2008 - VI ZR 118/06 - VersR 2008, 490 Tz. 11). In diesen Fällen besteht die Gefahr, dass mit Zeitablauf die inneren und sich verändernden Vorgänge im menschlichen Körper nicht mehr rekonstruierbar sind. Ähnlich kann es liegen, wenn der Verpflichtete gegen Unfallverhütungsvorschriften verstößt, deren Sinn und Zweck gerade die Vermeidung von Unfällen der eingetretenen Art ist. Hier greift zugunsten des Geschädigten zumindest der Beweis des ersten Anscheins ein (BGH, Urteil vom 9. September 2008 - VI ZR 279/06 - VersR 2008, 1551 Tz. 20). Demgegenüber gibt es keinen allgemeinen Grundsatz des Inhalts, dass das Aufklärungsrisiko voll demjenigen zur Last fällt, der es durch seine Pflichtwidrigkeit geschaffen hat (BGHZ 104, 323 , 333).

bb)

Eine vergleichbare Interessenlage, die im Falle einer zunächst schuldhaft unvollständig oder fehlerhaft erteilten Auskunft des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten eine Umkehr der Beweislast rechtfertigen würde, liegt hier nicht vor. Ein Verlust von Beweismitteln zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten droht regelmäßig nicht. Zwar können sich für ihn Schwierigkeiten bei der Durchsetzung seines Anspruchs ergeben, wenn der Erbe ihm keine, eine ungenügende oder eine falsche Auskunft erteilt. Allein diese Schwierigkeiten bei der Ermittlung des Umfangs des Nachlasses rechtfertigen es indessen nicht, dem Erben im Falle schuldhafter Verletzung der Auskunftspflicht generell die Beweislast aufzuerlegen. Zunächst ist es nämlich Sache des Erben, das Bestehen einer verschwiegenen Nachlassverbindlichkeit darzulegen. Denn ihn trifft insoweit eine sekundäre Darlegungslast, wobei insoweit bei den Anforderungen an die notwendige Substantiierung das frühere Verschweigen der Verbindlichkeiten zu berücksichtigen sein kann. Eine generelle Verschlechterung der Beweissituation des Pflichtteilsberechtigten ist mithin nicht zu besorgen.

cc)

Hinzu kommt, dass in derartigen Fällen durch die zunächst fehlerhaft erteilte Auskunft kein Beweismittelverlust zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten droht. Der Pflichtteilsberechtigte kann vielmehr nach substantiiertem Vortrag des Erben den Beweis für das Nichtbestehen einer Nachlassverbindlichkeit unabhängig davon führen oder nicht führen, ob der Erbe sofort eine richtige Auskunft erteilt hat oder diese zunächst unzutreffend war und eine richtige Auskunft dann erst nachgeholt wird, wobei letzteres schließlich auch im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sein kann.

Eine Umkehr der Beweislast bei schuldhaft unvollständiger oder fehlerhafter Auskunftserteilung hätte demgegenüber zur Folge, dass derjenige Pflichtteilsberechtigte besser gestellt würde, dem gegenüber zunächst eine unvollständige oder fehlerhafte Auskunft erteilt wurde als derjenige, dem gegenüber der Auskunftsanspruch von Anfang an ordnungsgemäß erfüllt wurde. Hätte die Beklagte nämlich bereits in dem Nachlassverzeichnis vom 10. Oktober 2003 die Verbindlichkeiten bei der W. I. aufgeführt, so hätten die Kläger bei Zweifeln an der Vollständigkeit und Richtigkeit der Angaben lediglich die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach § 260 Abs. 2 BGB beanspruchen können. Auch in diesem Fall hätte ihnen weiterhin der Beweis für das Nichtvorliegen der Verbindlichkeiten oblegen, soweit diese durch die Beklagte hinreichend substantiiert dargelegt wurden (hierzu unter 2). Hat die Beklagte dagegen schuldhaft die Darlehensverbindlichkeiten zunächst nicht in das Nachlassverzeichnis aufgenommen und darüber keine Auskunft erteilt, so hätte dies zur Folge, dass sie bei späterer Nachholung dieser Auskunft nunmehr den Vollbeweis für das Vorliegen der Nachlassverbindlichkeit führen müsste. Für eine derartige Differenzierung gibt es keinen sachlich gerechtfertigten Grund.

dd)

In besonderen Sachlagen, etwa bei Arglist und bewusster Beweisvereitelung des Erben wofür es hier keine Anhaltspunkte gibt, kann ausnahmsweise auch eine Beweislastumkehr stattfinden. Schließlich kann ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht kommen.

2.

Kommt hier mithin keine Umkehr der Beweislast in Betracht, so kann die Frage, ob die Beklagte durch die Vorlage der Kontoauszüge der W. I. vom 31. Dezember 2004, die Annahmebestätigung und den Zahlungsauftrag vom 21. Oktober 1983, die Schuldurkunde mit Grundschuldbestellung vom 13. Januar 1984 sowie die Aussage der Zeugin Wü. den Bestand der Darlehensverbindlichkeiten im Zeitpunkt des Erblasses bewiesen hat, offen bleiben. Jedenfalls hat die Beklagte auch unter Berücksichtigung der schuldhaften Auskunftspflichtverletzung ihrer sekundären Darlegungslast hinsichtlich des Vorliegens von das Aktivvermögen übersteigenden Nachlassverbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalles genügt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg, da ein Verstoß gegen § 286 ZPO nicht vorliegt.

Richtig ist zwar, dass die Erbin weder die beiden Darlehensverträge vorgelegt hat, aus denen sich die ursprünglichen Darlehenssummen sowie die vereinbarten Zinssätze ergeben, noch eine Aufstellung über die Valutierung der Darlehen zum Zeitpunkt des Erbfalles am 15. Februar 2003 vorliegt. Gleichwohl hat sich das Berufungsgericht ohne Verstoß gegen § 286 ZPO die Überzeugung davon gebildet, dass die Beklagte substantiiert das Vorliegen der Darlehensverbindlichkeiten im Zeitpunkt des Erbfalles dargelegt hat. Soweit es die Person des Darlehensschuldners betrifft lauten beide Kontoauszüge vom 31. Dezember 2004 auf den Namen des Erblassers. Anhaltspunkte dafür, dass er selbst nicht der Kreditnehmer gewesen ist, gibt es nicht. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend auf die Aussage der erstinstanzlich vernommenen Mitarbeiterin der W. I. verwiesen. Diese hat bestätigt, dass es ursprünglich Kredite bei der ... gegeben habe, die durch die W. I. übernommen worden seien. Wegen dieses Wechsels in der Bearbeitung sei in den Kontoauszügen der Begriff "Migration" verwendet worden. Es habe sich hierbei um einen Kredit für den Erblasser allein sowie einen gemeinsamen Kredit für beide Eheleute gehandelt. Weiter ergibt sich aus der "Annahmebestätigung und Zahlungsauftrag (Darlehen)" vom 21. Oktober 1983, dass der Erblasser und die Beklagte bei der ... einen Kredit über 163.750 DM aufgenommen hatten. Hierüber verhält sich auch die Schuldurkunde und Grundschuldbestellung vom 13. Januar 1984 der Notarin S. zur Urkundenrolle-Nr. 5/1984. Durchgreifende Anhaltspunkte dafür, dass entgegen diesem substantiierten Vorbringen der Beklagten der Erblasser tatsächlich nicht oder nicht mehr Kreditnehmer gewesen ist, hat die Revision nicht aufgezeigt.

Auch liegt kein Verstoß des Berufungsgerichts gegen § 286 ZPO darin, dass es vom Vorliegen den Aktivbestand des Nachlasses überschreitender Nachlassverbindlichkeiten zum Zeitpunkt des Erbfalles ausgegangen ist. Richtig ist zwar, dass nicht feststeht, für welche der beiden Darlehensverbindlichkeiten über 148.054,62 EUR und 97.115,73 EUR der Erblasser allein und für welchen er zusammen mit der Beklagten Kreditnehmer gewesen ist. Auch die Höhe der vereinbarten Zinsen für beide Kredite steht nicht fest. Es lässt sich auch weder der Schuldurkunde und Grundschuldbestellung noch der Annahmebestätigung und dem Zahlungsauftrag entnehmen, ob das dort genannte Darlehen über 163.750 DM, welches der Erblasser und die Beklagte gemeinsam aufgenommen hatten, zu der späteren Darlehensverbindlichkeit über 148.054,62 EUR oder zu derjenigen über 97.115,73 EUR geführt hat. Auch gibt es keine Unterlagen darüber, wie hoch die beiden Darlehen einschließlich Zinsen im Zeitpunkt des Erbfalles valutierten. Gleichwohl ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass im Erbfall jedenfalls Verbindlichkeiten vorlagen, die den Nachlass von im Übrigen 37.804,30 EUR überschritten. Soweit es die gemeinsame Darlehensschuld des Erblassers und der Beklagten betrifft, ist allerdings für den Passivbestand des Nachlasses nur derjenige Anteil zu berücksichtigen, der im Innenverhältnis gemäß § 426 BGB dem Anteil des Erblassers entspricht (BGHZ 73, 29, 36 ff.; MünchKomm-BGB/Lange, § 2311 Rdn. 14). Mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass die Beklagte und der Erblasser für das von ihnen gemeinsam aufgenommene Darlehen im Innenverhältnis zu gleichen Teilen hafteten. Selbst wenn hier davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem Darlehen über 148.054,62 EUR um das gemeinsame Darlehen der Eheleute handelte, verbleibt immer noch ein Anteil des Erblassers von 74.027,31 EUR. Zuzüglich des weiteren Darlehens über 97.115,73 EUR ergibt sich ein Gesamtbetrag von 171.143,04 EUR. Anhaltspunkte dafür, dass in der Zeit zwischen dem Erbfall am 15. Februar 2003 sowie der Erstellung der Kontoauszüge vom 31. Dezember 2004 diese Darlehensverbindlichkeiten um einen Betrag von mehr als 133.339,04 EUR (171.143,04 EUR abzüglich Aktivnachlass von 37.804 EUR) angestiegen wären, bestehen nicht und werden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte selbst zu der Höhe der in den Darlehensauszügen vom 31. Dezember 2004 aufgezeigten Darlehensverbindlichkeiten durch eine nur von ihr veranlasste Erhöhung des Kreditvolumens beigetragen hätte.

Von Rechts wegen

Vorinstanz: OLG Brandenburg, vom 05.11.2008 - Vorinstanzaktenzeichen 13 U 111/07
Vorinstanz: LG Potsdam, vom 17.07.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 12 O 179/06
Fundstellen
BNotZ 2011, 96
JuS 2011, 264
MDR 2010, 874
NJW-RR 2010, 1378
NotBZ 2011, 96
WM 2010, 1084