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BGH - Entscheidung vom 05.05.2010

III ZR 65/09

Normen:
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 668
BGB § 675
ZPO § 286 Abs. 1

BGH, Urteil vom 05.05.2010 - Aktenzeichen III ZR 65/09

DRsp Nr. 2010/8866

Anspruch auf Rückzahlung eines Darlehens trotz Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen abredewidriger Verwendung des diesbezüglichen Geldanlagebetrages; Nachweis eines Auftragsvertrages mittels einer nicht unterschriebenen Vertragsurkunde aufgrund eines das Vorliegen eines bereits erteilten Auftrags nahelegenden Buchungstextes auf einer Kontoübersicht

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird unter Zurückweisung der Anschlussrevision des Klägers das Urteil des 24. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 3. Februar 2009 teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen. Die Kosten des Revisionsrechtszugs hat der Kläger zu tragen.

Normenkette:

BGB § 280 Abs. 3 ; BGB § 668 ; BGB § 675 ; ZPO § 286 Abs. 1 ;

Tatbestand

Der Kläger, der mehrere Jahre lang für die Beklagte als Vermögensberater und -verwalter tätig gewesen ist, nimmt die Beklagte im Wege einer Teilklage auf Rückzahlung von Darlehen über 1 Mio. EUR in Anspruch. Die Beklagte hat unter anderem hilfsweise die Aufrechnung mit einer Gegenforderung in Höhe von 522.073,50 EUR nebst Zinsen mit der Begründung geltend gemacht, sie habe dem Kläger dieses Geld zu Anlagezwecken zur Verfügung gestellt, wobei der Kläger den Betrag jedoch abredewidrig für eigene Zwecke verwendet habe.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage zur Zahlung von 402.975 EUR nebst Zinsen verurteilt. Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Das Oberlandesgericht hat unter teilweiser Änderung und Neufassung der erstinstanzlichen Entscheidung die Beklagte verurteilt, an den Kläger 25.513,64 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision der Beklagten, die die vom Berufungsgericht im Rahmen der Hilfsaufrechnung nicht berücksichtigten Zinsen auf den Anlagebetrag von 522.073,50 EUR betrifft. Mit seiner Anschlussrevision wendet sich der Kläger seinerseits dagegen, dass das Berufungsgericht die Hilfsaufrechnung über 522.073,50 EUR für begründet gehalten hat.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat Erfolg. Die Anschlussrevision ist ebenfalls zulässig, da sie mit dem von der Revision erfassten Streitgegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang steht (vgl. BGHZ 148, 156 , 159 ff; 174, 244, 252 ff); sie ist jedoch unbegründet.

I.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Darlehensrückzahlungsanspruch über 909.500 EUR nebst Zinsen zustehe. Dieser Anspruch sei jedoch in Höhe von 522.073,50 EUR durch die hilfsweise Aufrechnung der Beklagten mit einem Schadensersatzanspruch wegen abredewidriger Verwendung des entsprechenden Geldanlagebetrags nach § 280 Abs. 3 , § 675 BGB erloschen. Nach Überzeugung des Senats sei zwischen den Parteien ein "Privat-Partner-Vertrag" zu den aus der Vertragsurkunde ersichtlichen Bedingungen am 6. Mai 2002 zustande gekommen. Soweit der Kläger dies bestreite und weiter behaupte, der Vertrag sei auch nicht durchgeführt worden bzw. er habe den Geldbetrag nicht erhalten, werde dies durch die von der Beklagten vorgelegte Kontoübersicht als ein beweiskräftiges, dem klägerischen Vorbringen entgegenstehendes Indiz widerlegt. Der Kläger bestreite zwar, diese Kontoübersicht selbst angefertigt zu haben, er habe jedoch deren inhaltliche Richtigkeit zugestanden. Die Kontoübersicht betreffe das vom Kläger als Kontoinhaber geführte Treuhandkonto, auf das entsprechend einem Auftrag der Beklagten vom 22. April 2002 insgesamt 1,319 Mio. EUR aus der Auflösung eines Wertpapierdepots der Beklagten überwiesen worden seien. Unter dem 6. Mai 2002 sei in der Kontoübersicht als Soll-Buchung vermerkt "Einrichtung Privat Partner laut Auftrag E. 522.073,50 EUR". Da der Kläger die inhaltliche Richtigkeit des Buchungstextes zugestanden habe und dieser nur von ihm selbst als Kontoinhaber stammen könne, habe er ihn gegen sich gelten zu lassen. Vor dem Hintergrund des Buchungstextes, der unmissverständlich als bereits erteilter Auftrag zu verstehen sei, stehe dem Zustandekommen des Vertrags auch nicht entgegen, dass die Beklagte ein nicht unterzeichnetes Vertragsexemplar vorgelegt habe. Einen weitergehenden Ersatzanspruch wegen entgangener Vertrags- und Verzugszinsen der unterbliebenen Geldanlage habe die Beklagte allerdings nicht schlüssig dargelegt. Unter Berücksichtigung der nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auf den Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers anzurechnenden Zahlungen der Beklagten an den Zeugen R. ergebe sich damit noch ein restlicher Anspruch des Klägers über 25.513,64 EUR.

II.

Die Ausführungen des Berufungsgerichts zum Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung von 522.073,50 EUR halten den Angriffen der Anschlussrevision stand. Ohne Erfolg wendet sich der Kläger insoweit gegen die tatrichterliche Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Auftrag über die Anlage dieses Geldbetrages zustande gekommen ist und die Beklagte dem Kläger die streitgegenständliche Summe zur Verfügung gestellt, dieser sie jedoch nicht absprachegemäß angelegt, sondern abredewidrig für eigene Zwecke verwandt hat.

1.

Nach § 286 Abs. 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr ist. Diese Würdigung ist grundsätzlich Sache des Tatrichters, an dessen Feststellungen das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden ist. Dieses kann lediglich überprüfen, ob das Berufungsgericht die Voraussetzungen und die Grenzen des § 286 Abs. 1 ZPO gewahrt hat. Damit unterliegt der Nachprüfung nur, ob sich der Tatrichter mit dem Prozessstoff und den etwaigen Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Würdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- und Erfahrungssätze verstößt (vgl. nur Senat, Urteile vom 19. Juni 2008 - III ZR 46/06 - NJW-RR 2008, 1484 , 1485, Rn. 22, und 5. November 2009 - III ZR 6/09 - WM 2010, 478 f, Rn. 8, jeweils m.w.N.).

2.

Gemessen an diesem Maßstab erweist sich die Wertung des Berufungs- gerichts als fehlerfrei. Zwar trägt der von der Beklagten vorgelegte "Privat Partner Auftrag zur Einrichtung einer Anlage und eines Anlageplans" vom 6. Mai 2002, der eine restliche Anlagesumme von 522.073,50 EUR ausweist, keine Unterschrift der Parteien. Jedoch durfte das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang die von der Beklagten vorgelegte Anlage B 1 "Kontoübersicht Konto 0 515-186 01/076 01 S. K. , A. Hauptvertretung Kontobezeichnung:

Baumanagement E. " als Beleg dafür werten, dass zwischen den Partei- en ein Vertrag zustande gekommen ist. Die Beklagte hat unstreitig gemäß dem Überweisungsauftrag vom 22. April 2002 - siehe auch den Kontoauszug vom 22. April 2002 - 1.319.000 EUR an den Kläger überwiesen. Dieser Betrag ist in der Kontoübersicht als erste Buchung im April 2002 unter "Haben" als Eingang verzeichnet. Von dieser Summe hat der Kläger nach dem Inhalt der Kontoübersicht mehrfach Gelder abverfügt, so unter anderem unter dem 6. Mai 2002 den im Privat Partner Auftrag erwähnten Betrag von 522.073,50 EUR und zwar ausdrücklich zur "Einrichtung Privat Partner laut Auftrag E. ". Der Kläger hat zu der Anlage B 1 mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2006 zwar angegeben, diese sei ihm nicht bekannt bzw. er könne sich nicht daran erinnern, eine solche Übersicht erstellt zu haben, gleichzeitig aber ausdrücklich zugestanden: "Die Zahlen stimmen mit den beim Kläger aktenkundigen Vorgängen überein". Wenn das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund dem pauschalen Vorbringen des Klägers an anderer Stelle - über den Privat-Partner-Auftrag sei nur als Entwurf verhandelt, dieser aber nicht zustande gekommen und auch nicht umgesetzt worden, ihm sei ein zusätzlicher Betrag von 522.073,50 EUR nie zugegangen -nicht hat folgen können, ist diese tatrichterliche Würdigung revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit der Kläger mit der Anschlussrevisionsbegründung darauf verweist, dass die Beklagte nach seiner Darstellung aus der Auflösung des Wertpapierdepots stammende Gelder in Höhe von ca. 1,3 Mio. EUR in ein Bauprojekt investiert habe, ist hierzu anzumerken, dass sich zwar dem Überweisungsauftrag der Beklagten vom 22. April 2002 sowie dem Kontoauszug vom 22. April 2002 ein entsprechend beabsichtigter Verwendungszweck entnehmen lässt. Von der auf das Treuhandkonto des Klägers insoweit überwiesenen Summe von 1.319.000 EUR ist aber ausweislich der Buchung vom 6. Mai 2002 der im Vertragstext als "restliche Anlagesumme" bezeichnete Betrag von 522.073,50 EUR - anders als bei den weiter in der Auflistung enthaltenen Buchungen - nicht für bauliche Zwecke, sondern für die "Einrichtung Privat Partner laut Auftrag E. " verwandt worden.

Ergänzend ist in diesem Zusammenhang auch auf folgende - die Darstellung der Beklagten stützende - Umstände hinzuweisen: Die Beklagte hat in ihrer Klagerwiderung vom 24. November 2006 vorgetragen, sie habe mit Schreiben vom 30. Juli und 30. Oktober 2003 sowie 27. Januar und 20. April 2004 den Kläger gebeten, die Abrechnung der Zinsen für den Vertrag vom 6. Mai 2002 zu übersenden. Der Kläger habe ihr über den Zeugen K. jeweils ausrichten lassen, dass die Zinsabrechnungen kurzfristig gefertigt werden würden, sie müsse sich keine Sorgen machen. Ferner habe der Kläger ihr über den Zeugen K. im Jahre 2004 mitteilen lassen, dass Ende November 2004 die Anlagesumme selbstverständlich ausbezahlt werde. Mit weiterem Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 hat die Beklagte unter Wiederholung ihres Vortrags die an den Kläger gerichteten Aufforderungsschreiben nebst zweier "letztmaliger" Mahnschreiben vom 26. August und 24. September 2004 vorgelegt. Dem ist der Kläger in seinen Schriftsätzen vom 5. Dezember 2006 sowie 12. Januar 2007 nicht entgegengetreten, sondern hat lediglich in letzterem Schriftsatz beiläufig angemerkt, die vorgelegten Schreiben seien nicht erheblich bzw. belegten nicht, dass der Vertrag tatsächlich zustande gekommen sei.

III.

Auf den Betrag von 522.073,50 EUR stehen der Beklagten Zinsen jedenfalls in Höhe von 4% seit dem 6. Mai 2002 nach § 675 Abs. 1 , §§ 668 , 246 BGB zu.

Das Berufungsgericht hat übersehen, dass sich auf der Grundlage seiner tatrichterlichen Feststellungen ein Zinsanspruch der Beklagten ohne weiteres aus § 668 BGB ergibt. Nach § 668 BGB ist der Beauftragte, wenn er Geld für sich verwendet, das er an sich dem Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden hat, verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen. § 668 BGB nimmt insoweit dem Auftraggeber den Beweis eines Schadens bzw. der Größe desselben ab. Der Norm liegt die Annahme zugrunde, dass der Auftragnehmer zumeist einen zumindest dem gesetzlichen Zinssatz gleich kommenden Nutzungsvorteil gezogen hat. Hierbei setzt § 668 BGB nicht voraus, dass dem Auftraggeber tatsächlich ein Schaden entstanden ist (vgl. nur Staudinger/Martinek, BGB , Neubearb. 2006, § 668 Rn. 2). Aufgrund der Verweisung in § 675 Abs. 1 BGB gilt diese Regelung auch bei entgeltlicher Geschäftsbesorgung.

Der Einwand des Klägers, das Berufungsgericht sei zu Unrecht von einer abredewidrigen Verwendung ausgegangen, geht fehl. Die diesbezügliche tatrichterliche Feststellung ist rechtsfehlerfrei getroffen. Soweit der Kläger meint, die Beklagte habe hierzu nicht substantiiert vorgetragen, da sie im Schriftsatz vom 12. Dezember 2006 davon gesprochen habe, sie sei sich sicher, dass der Kläger im Mai 2002 die 522.073,50 EUR vom Treuhandkonto abgerufen habe, "um diesen Betrag vereinbarungsgemäß für die Beklagte anzulegen", lässt sich aus dieser Formulierung nicht der Schluss ziehen, die Beklagte habe selbst behaupten wollen, der Kläger habe das Geld vertragsgemäß verwandt. Die Beklagte hat vielmehr in diesem Zusammenhang - unter anderem in den Schriftsätzen vom 24. November 2006, 12. Dezember 2006 und 14. April 2008 - mehrfach vorgetragen, der Kläger habe das Geld nicht korrekt verwendet, sondern für eigene Zwecke veruntreut bzw. lege nicht substantiiert dar, wie er mit den Geldern verfahren sei. Im Übrigen hat der Kläger selbst nie behauptet, den in der Kontoaufstellung aufgeführten und nach deren von ihm zugestandenen Inhalt von ihm vom Treuhandkonto entnommenen Geldbetrag entsprechend den Bedingungen des "Privat Partner Auftrags" angelegt zu haben. Wenn das Berufungsgericht vor diesem Hintergrund zu der Feststellung gelangt ist, das Geld sei vom Kläger nicht für Zwecke der Beklagten, sondern für eigene Zwecke verwandt worden, ist dies nicht zu beanstanden.

Stehen der Beklagten aber auf den Betrag von 522.073,50 EUR 4% Zinsen ab dem 6. Mai 2002 zu, führt die hilfsweise Aufrechnung im Rahmen der vom Berufungsgericht vorgenommenen Abrechnung der wechselseitigen Forderungen dazu, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch des Klägers in vollem Umfang erloschen ist.

Verkündet am: 5. Mai 2010;

Von Rechts wegen

Vorinstanz: LG Aachen, vom 23.05.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 11 O 462/06
Vorinstanz: OLG Köln, vom 03.02.2009 - Vorinstanzaktenzeichen 24 U 102/07