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BGH - Entscheidung vom 07.04.2005

1 StR 326/04

Normen:
StPO § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 § 53a

Fundstellen:
BGHSt 50, 64
JZ 2005, 1173
NJW 2005, 2406
NStZ 2005, 577
StV 2005, 647
wistra 2005, 345

BGH, Urteil vom 07.04.2005 - Aktenzeichen 1 StR 326/04

DRsp Nr. 2005/8794

Zeugnisverweigerungsrechts eines Notars nach Amtspflichtverletzung

»1. Zeugnisverweigerungsrecht eines Notars und seines Gehilfen gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 , § 53a StPO bei amtspflicht- und gesetzeswidriger Umsetzung eines dem Notar erteilten Auftrags.2. Das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO wird durch die Anzeigepflicht des § 11 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 GwG eingeschränkt.«

Normenkette:

StPO § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 § 53a ;

Gründe:

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einreise in das Bundesgebiet in Tateinheit mit unerlaubtem Aufenthalt im Bundesgebiet sowie wegen unrichtiger Angaben zur Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Urkundenfälschung, sowie wegen schweren Bandendiebstahls zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Hinsichtlich eines weiteren Vorwurfs des schweren Bandendiebstahls wurde der Angeklagte freigesprochen. In Höhe von 350.000,-- EUR hat das Landgericht den erweiterten Verfall von Wertersatz angeordnet. Der Angeklagte wendet sich mit der Sachrüge sowie mit Rügen der Verletzung formellen Rechts im wesentlichen gegen die Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls (Einzelstrafe vier Jahre Freiheitsstrafe) und gegen die Verfallsanordnung. Insoweit hat die Revision mit der Rüge der Verletzung des § 53a StPO teilweise Erfolg.

I. 1. Zur Verurteilung wegen schweren Bandendiebstahls hat die Strafkammer folgendes festgestellt:

Der Angeklagte, sein Schwager T. sowie mindestens ein weiterer nicht identifizierter Mittäter schlossen sich spätestens Anfang 2001 zusammen, um vermögenden Personen, die sie in eine für sie ungewohnte Umgebung gelockt hatten, erhebliche Bargeldbeträge zu entwenden (so genannte rip-deals).

Dazu wurde Anbietern von Immobilen oder anderer hochwertiger Sachen zunächst Kaufinteresse vorgetäuscht. Der Kaufentschluß wurde dann von einem Devisenbargeschäft abhängig gemacht, dem Tausch von Deutschen Mark gegen Schweizer Franken zum Kurs 1 : 1. Ein kleiner Testumtausch schuf das notwendige Vertrauen. Bei einem weiteren Treffen wurde den Geschädigten das - in Erwartung des geplanten Tauschgeschäfts nunmehr größeren Umfangs - mitgeführte Bargeld überraschend weggenommen.

Opfer in dem der Verurteilung zu Grunde liegenden Fall ist der Zeuge U. aus B.. Sein Unternehmen war dringend auf den Verkauf kurz vor der Fertigstellung stehender Immobilien in Dresden angewiesen. Der Angeklagte, der in diesem Zusammenhang als "D. I." auftrat, zeigte sich während verschiedener Telefongespräche interessiert, machte den Kauf - dem Tatplan entsprechend - dann aber von der Durchführung eines Devisentauschgeschäfts abhängig. Zu dessen Vorbereitung trafen sich der Angeklagte und sein Schwager T. am 8. März 2001 in Paris im Hotel S. mit U.. Dieser war begleitet von seinem Vater Se. und zwei weiteren Personen. Zum Nachweis seiner Liquidität und der Echtheit der zum Tausch angebotenen Scheine beorderte der Angeklagte einen Pkw BMW zum Hotel - am Steuer ein nicht bekannter Mittäter - und präsentierte U. und seinen Begleitern den darin auf dem Beifahrersitz liegenden, mit Schweizer-Franken-Scheinen gefüllten Aktenkoffer. Zwei - von einem der Begleiter U.s - eingetauschte 1.000-Franken-Scheine erwiesen sich als echt.

Der Angeklagte verlangte von U. nun, 600.000,-- DM in Schweizer Franken umzutauschen. U. gelang es schließlich, 300.000,-- DM - als Darlehen eines Freundes - aufzutreiben. Damit fuhren U. und sein Vater Se. am 14. März 2001 absprachegemäß erneut nach Paris ins Hotel S.. Dort angekommen ließen sie sicherheitshalber 200.000,-- DM im abgestellten Auto zurück. Den Briefumschlag mit den restlichen 100.000,-- DM steckte Se. in die linke Innentasche seines Sakkos. Gegen 14.30 Uhr empfing T. U. und dessen Vater in der Hotellobby, um sie anschließend - so wurde ihnen erklärt - zum Notar zu begleiten, wo der Angeklagte angeblich schon wartete. Auf dem Weg zum Hotelausgang fragte T., ob sie das Geld dabei hätten. Se. bejahte dies und klopfte zur Bestätigung von außen auf sein Jackett. T. griff blitzschnell zu, zog den Briefumschlag - mit 100.000,-- DM - aus der Jackeninnentasche, flüchtete durch die Drehtür, sprang in einen wartenden Pkw - am Steuer ein unbekannter Mittäter - und fuhr davon.

In anschließenden Telefongesprächen versuchte der Angeklagte zunächst zu beruhigen und vertröstete mit dem Versprechen, er werde gleich ins Hotel kommen, um alles in Ordnung zu bringen, bis er schließlich in einem letzten Telefonat feststellte, die Sache sei gelaufen - so liefen ihre Geschäfte immer ab -, und noch darüber klagte, daß sie nur 100.000,-- DM erlangt hätten, wo doch ein weit höherer Betrag vereinbart gewesen sei.

2. Die Strafkammer ist davon überzeugt, daß es sich bei "D. I." um den Angeklagten handelte. Sie stützt dies auf die Identifizierung des Angeklagten durch U.. Bestätigt werde dessen Täterschaft durch weitere Indizien, auch durch den mittels legaler Einkünfte nicht erklärbaren Lebensstil der Tatbeteiligten und deren Verwandtschaft. Von Bedeutung ist dabei die Finanzierung des Erwerbs des vom Angeklagten und seiner Familie bewohnten Hauses zum Preis von 800.000,-- DM durch dessen Schwiegervater, Sr. T.. Dabei trat dieser nach den Feststellungen der Strafkammer lediglich als Strohmann für den Angeklagten auf.

Notariell beurkundet wurde dieses Immobiliengeschäft am 13. August 2001 durch den Rechtsanwalt und Notar V.. Die Bezahlung des Kaufpreises erfolgte am 27. August 2001 unter Beteiligung des damals bei dem Notar tätigen Zeugen Bö. über dessen Privatkonto.

3. Die Revision beanstandet die Beweisführung in zwei Punkten:

Zum einen leide die Beweiswürdigung an einem Erörterungsmangel im Hinblick auf Feststellungen der Strafkammer, die zum Teilfreispruch führten. Dem Angeklagten war in der von der Strafkammer zugelassenen Anklage ein weiterer "rip-deal" zur Last gelegt worden. Dabei soll der Angeklagte unter dem Namen "D. It." aufgetreten sein. Anders als in früheren Stadien des Verfahrens schloß der maßgebliche Zeuge bei seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung - überzeugend, wie die Strafkammer feststellte - aus, daß es sich dabei um den Angeklagten handelte. Dies habe - so die Revision - die Strafkammer nicht gewürdigt, während der Ähnlichkeit der Decknamen und der Parallelität der Tatbegehungen in früheren Stadien des Verfahrens, etwa bei der Haftfrage, zum Nachteil des Angeklagten entscheidende Indizwirkung beigemessen worden sei.

Zum zweiten habe die Vernehmung des Zeugen Bö., des Bürogehilfen des Rechtsanwalts und Notars V., zu den Umständen der Bezahlung des Grundstückskaufpreises am 27. August 2001 und über die dabei erlangten Erkenntnisse, etwa zu den Personen, die das Geld überbrachten, das Zeugnisverweigerungsrecht des Berufshelfers (§ 53a StPO ) verletzt.

II. 1. Die Beweiswürdigung der Strafkammer zur Identifizierung des Angeklagten als Mittäter, als der Person, die U. unter dem Namen "D. I." gegenüber trat, ist sachlichrechtlich fehlerfrei. Ein Erörterungsmangel liegt nicht vor.

Das Landgericht hat sich ausdrücklich damit auseinandergesetzt, daß der Angeklagte in dem ihm weiter vorgeworfenen Fall nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme als Täter - nunmehr - auszuschließen ist (UA S. 32). Die Strafkammer maß dem angesichts der von ihr - rechtsfehlerfrei - festgestellten Tatsache, daß sogenannte "rip-deals" durch etliche Tätergruppen in nur geringfügig voneinander abweichenden Tatvarianten durchgeführt wurden, und weiterer Indizien für die Täterschaft des Angeklagten keine ausschlaggebende Bedeutung zu. Dies ist aus revisionsrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

2. Die Revision beanstandet jedoch zu Recht die Verletzung des § 53a StPO .

Der Beitrag des Zeugen Bö. beim Transfer des Grundstückskaufpreises war Teil der Erledigung des hierzu dem Rechtsanwalt und Notar V. als Notar erteilten Auftrags. Hinsichtlich dessen, was Rechtsanwalt und Notar V. dabei anvertraut und bekannt geworden ist, steht ihm das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO zu, auch wenn die Art und Weise der Auftragsdurchführung amtspflicht- und gesetzeswidrig war. Die bei Geldwäsche seit dem 15. August 2002 nunmehr auch für Notare bestehende Anzeigepflicht gemäß § 11 GwG betrifft zuvor abgeschlossene Vorgänge und das sich hierauf beziehende Zeugnisverweigerungsrecht nicht. Das Zeugnisverweigerungsrecht des Notars erstreckt sich daher gemäß § 53a Abs. 1 StPO auf den bei der Auftragserfüllung als Gehilfe bei der berufsmäßigen Tätigkeit herangezogenen Zeugen Bö.. Eine Aussagegenehmigung des Rechtsanwalts und Notars, der über die Aussagepflicht seiner Hilfspersonen bindend zu entscheiden hat, liegt nicht vor. Ebensowenig entbanden die Betroffenen Rechtsanwalt und Notar V. - dies hätte sich auch auf den Zeugen Bö. erstreckt (§ 53a Abs. 2 StPO ) - oder den Zeugen Bö. unmittelbar von ihrer Verschwiegenheitspflicht (§ 53 Abs. 2 Satz 1 StPO ). Das Landgericht hat dem Zeugen Bö. sein Zeugnisverweigerungsrecht objektiv zu Unrecht abgesprochen und ihn so dazu veranlaßt, über das, was ihm bei der Abwicklung der Bezahlung des Grundstückskaufpreises an den Verkäufer Bi. bekannt geworden ist, in der Hauptverhandlung auszusagen. Die Aussage dieses Zeugen hätte zur Urteilsfindung nicht herangezogen werden dürfen. Dies kann der Angeklagte rügen, unabhängig davon, ob er selbst zu dem vom Zeugnisverweigerungsrecht geschützten Personenkreis gehört. Allerdings beruht auf den Angaben des Zeugen Bö. - und damit auf diesem Rechtsfehler - nur die Anordnung des erweiterten Verfalls.

Hierzu im einzelnen:

a) Der Rüge liegt folgendes zu Grunde:

Gegenstand der Vernehmung des Zeugen Bö. waren die Umstände und die Benennung der Beteiligten bei der Bezahlung des Kaufpreises für ein Gründstück, das gemäß des von Rechtsanwalt und Notar V. beurkundeten Kaufvertrags vom 13. August 2001 von "Bi." an Sr. T. - dem Schwiegervater des Angeklagten - veräußert worden war. Hierzu lagen zunächst lediglich zwei bei der Sparkasse Frankfurt sichergestellte Überweisungsbelege vor, die den Zeugen Bö. als Kontoinhaber bei dieser Bank und Unterzeichner zweier Zahlungsaufträge auswiesen, zum einen ein Beleg über 370.389,30 DM mit dem darin genannten Verwendungszweck "Kaufvertrag v. 13., 17.08.2001 T., Restkaufpreis," an die Sparkasse W. zugunsten des Verkäufers Bi., zum anderen ein Auftrag über 429.610,70 DM ("Ablösebeträge Darlehen Bi. ") an die "Rheinhypo"-Bank. Diese gaben erst während des Laufs der Hauptverhandlung Anlaß, Bö. polizeilich vernehmen zu lassen und in der Hauptverhandlung als Zeuge zu hören. Dies ergab folgendes:

Bö. war bei Rechtsanwalt und Notar V. als Bürogehilfe angestellt. Er hatte Botengänge durchzuführen, Akten zu sortieren und festzustellen, ob bestimmte Unternehmen noch existieren. Ein bis zwei Tage vor dem 27. August 2001 wurde er vom Notar oder dessen Mitarbeiter, Rechtsassessor We., gefragt, ob er "gefälligkeitshalber zur Abwicklung eines Kaufvertrags sein Privatkonto zur Verfügung stellen könnte", "ob dieser Kauf über sein Konto laufen könne". Nachdem er nach Rückfrage bei Rechtsanwalt und Notar V. den Eindruck eines legalen Hauskaufs gewonnen hatte - so der Zeuge -, sagte er zu. Die Überweisungsaufträge wurden nach Mitteilung der Kontonummer seitens des Zeugen in der Kanzlei von einer Bürokraft gefertigt. Am Tag der Überweisung, dem 27. August 2001, erschien eine dreiköpfige Familie in der Kanzlei, deren Mitglieder der Zeuge im Einzelnen beschrieb. Der Angeklagte war in Begleitung einer Frau, hierbei deutete der Zeuge während seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung auf die Ehefrau des Angeklagten, welche sich unter den Zuhörern befand, und eines etwa 10 Jahre alten Jungen. Zwei Mal (vormittags und nachmittags) brachten diese jeweils etwa 400.000,-- DM in Plastiktüten in die Kanzlei. Die Geldbündel waren zusätzlich in Aluminiumfolie eingewickelt. Das Geld transportierte der Zeuge - nachdem die Höhe des Betrags im Büro durch Nachzählen jeweils überprüft worden war - in Begleitung von Rechtsassessor We., der auch bei den Einzahlungen dabei war, zur Bank. Dort zahlte er es auf sein Privatkonto ein und überwies es an den Verkäufer. Die "Überweisungsträger bzw. Einzahlungsquittungen" gab der Zeuge in der Kanzlei ab.

In der Hauptverhandlung am 29. Januar 2004 widersprachen die Verteidiger des Angeklagten nach Hinweis auf fehlende Entbindungen von der Pflicht des Zeugen zur Verschwiegenheit der Vernehmung des Zeugen Bö., "bevor er nicht darauf hingewiesen wird, daß er Geheimnisträger in dieser Angelegenheit ist". Dies wies die Strafkammer mit Beschluß zurück. Ein Zeugnisverweigerungsrecht des Zeugen als Berufsgeheimnisträger bestehe nicht. Das Landgericht kam zu dem Ergebnis: "Die Tätigkeit des Zeugen Bö. fällt weder in seine [eigene] unmittelbare Berufsausübung noch der des Notars und Rechtsanwalts V. und unterliegt daher nicht dem Geheimschutz". Da die Bezahlung gerade nicht über ein Notaranderkonto abgewickelt wurde, sondern über das Privatkonto des Zeugen, habe dieser insoweit als Privatmann gehandelt. Die Strafkammer bekräftigte dies nochmals in der Ablehnung des weiteren Antrags der Verteidigung, den Zeugen Bö. "nicht ohne zuvorige Beiordnung eines Zeugenbeistands und ohne vorherige anwaltliche Beratung zu vernehmen". Die Strafkammer habe bereits zum Ausdruck gebracht, daß dem Zeugen kein Aussageverweigerungsrecht zustehe und er verpflichtet sei, Angaben zu machen. Daran ändere auch anwaltliche Beratung nichts.

b) Diese Bewertung des Zeugnisverweigerungsrechts des Zeugen Bö. gemäß § 53a StPO seitens der Strafkammer vermag der Senat nicht zu teilen.

aa) An der Übermittlung des Grundstückskaufpreises wirkte der Zeuge Bö. unselbständig für Rechtsanwalt und Notar V. mit.

Der Auftrag zur anonymen und gleichwohl sicheren Übermittlung des Kaufpreises für das mit Vertrag vom 13. August 2001 veräußerte Grundstück an den Verkäufer Bi. bzw. - zur Ablösung von dessen mit dem Grundstück grundpfandrechtlich gesicherten Darlehensverbindlichkeiten - an dessen Bank ("Rheinhyp") war ersichtlich Rechtsanwalt und Notar V. erteilt worden, der das Grundstücksgeschäft auch notariell beurkundet hatte. (Insoweit anders als in dem Fall, der der Entscheidung OLG Frankfurt NJW 2002, 1135, zugrunde liegt). Er zog hierzu den Zeugen Bö. heran, der auf Bitte des Notars und seines Mitarbeiters Rechtsassessor We., jedenfalls nicht auf Ersuchen einer der Grundstückskaufvertragsparteien, gefälligkeitshalber, aber gleichwohl zur Unterstützung des Rechtsanwalts und Notars bei dessen Tätigkeit, als Bareinzahler der ihm hierzu im Büro des Notars übergebenen 800.000,-- DM in zwei Tranchen auf sein Konto bei der Sparkasse Frankfurt auftrat und die Beträge den Vorgaben entsprechend weiter überwies. Bei dieser Tätigkeit handelte es sich, auch wenn sie den Kern des Verschleierungsbemühens betraf, nicht um einen von der Auftragserfüllung durch Rechtsanwalt und Notar V. abtrennbaren Vorgang, um eine für sich stehende "private" Gefälligkeit des Zeugen. Bö. handelte bei der Umsetzung seines Auftrags nie autonom, sondern - nachdem er sich im Grundsatz entschieden hatte, der Bitte Folge zu leisten - entsprechend den Vorgaben und unter Aufsicht seines Dienstherrn, des Rechtsanwalts und Notars. Die Übergabe der Bargeldbeträge erfolgte, nachdem sie dort nachgezählt worden waren, in dessen Kanzlei. Die Überweisungsformulare wurden vom Büropersonal vorbereitet. Den Transport der Bargeldbeträge zur Bank und deren Einzahlung überwachte ein Mitarbeiter des Rechtsanwalts und Notars, Rechtsassessor We.. Die Einzahlungsbelege und Überweisungsbestätigungen lieferte Bö. in der Kanzlei ab. Bei der Abwicklung der Kaufpreisbezahlung handelte es sich danach insgesamt - einschließlich der Nutzung des Privatkontos des Zeugen Bö. - um ein einheitliches Geschäft des Rechtsanwalts und Notars V. (zur Unzulässigkeit der unnatürlichen Aufspaltung eines zusammengehörigen Lebenssachverhalts im Hinblick auf das - dort ärztliche - Zeugnisverweigerungsrecht vgl. BGH NStZ 1985, 372 [373]; zur unbeachtlichen Vereinbarung der Abtrennung eines Teils eines Anwaltsgeschäfts - unter Übertragung an einen freien Mitarbeiter -, um es standesrechtlichen [Gebühren-]Vorschriften zu entziehen, vgl. BGHSt - Anwaltsenat - 34, 295 [298]).

bb) Auszugehen ist deshalb zunächst vom Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts und Notars V. gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO . Von diesem Zeugnisverweigerungsrecht sind die Vorgänge im Zusammenhang mit der Kaufpreiszahlung an den Grundstücksverkäufer Bi. am 27. August 2001 insgesamt umfaßt.

Das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO bezieht sich auf Tatsachen, die einer der dort genannten Personen bei der Berufsausübung anvertraut oder bekannt geworden sind, die im unmittelbaren oder in einem inneren Zusammenhang mit ihr stehen. Dies ist weit auszulegen (BGH MDR 1978, 281 ; LR-Dahs StPO 25. Aufl. § 53 Rdn. 31, 53; KK-Senge StPO 5. Aufl. § 53 Rdn. 16; Meyer-Goßner StPO 47. Aufl. § 53 Rdn. 9; Kühne, Strafprozeßrecht, 6. Aufl., Rdn. 817; zur "Gewissensentscheidung des Geistlichen, das Zeugnis zu verweigern" BGHSt 37, 138 ; zur Vermutung anwaltlicher Tätigkeit bei allen Telefonaten über den Kanzleianschluß vgl. EGMR Urteil vom 25. März 1998 Kopp ./. Schweiz - 13/1997/797/1000, StV 1998, 683; siehe auch Rogall, Anm. zu BGHSt 33, 148 , NStZ 1985, 372 : "Die Weite des Zeugnisverweigerungsrechts erklärt sich zwanglos aus der Notwendigkeit einer eindeutigen und schnellen Feststellung seines Eingreifens sowie seiner einheitlichen Ausübung").

Die kontrollierte Übermittlung eines Geldbetrags durch den Notar an den Verkäufer zur Bezahlung eines Grundstücks ist, zumal wenn der Notar den Vertrag beurkundete, berufsbezogen. Dies liegt im Rahmen des notariellen Aufgabenbereichs im Sinne der Bundesnotarordnung (§§ 20 bis 24 BNotO ). "Die Notare sind auch zuständig, Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten, die ihnen von den Beteiligten übergeben sind, zur Aufbewahrung oder Ablieferung an Dritte zu übernehmen" (§ 23 BNotO ; Eylmann/Vaasen BNotO 2. Aufl., § 23 Rdn. 9: "Notarielle Verwahrung ist die treuhänderische Aufbewahrung von Geld, Wertpapieren oder Kostbarkeiten durch den Notar als Amtsträger entsprechend einer ihm erteilten Verwahranweisung zur Absicherung der von den Anwesenden gewünschten Rechtsfolgen", anders als etwa die Geldannnahme zum bloßen Umtausch in eine andere Währung, vgl. BGH NJW 1998, 1864 [1865]). Auch vor dem Hintergrund der Doppelfunktion des V. als einem Anwaltsnotar ist hier wegen des Inhalts des Auftrags, geprägt insbesondere durch den engen Zusammenhang mit der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags, von einem notariellen Auftrag und nicht von einer Anwaltstätigkeit auszugehen; auf die (zwingende) Auslegungsregel des § 24 Abs. 2 Satz 1 BNotO kommt es deshalb schon nicht an (vgl. dazu: Arnot/Lerch/Sandkühler, Bundesnotarordnung , 4. Aufl. § 24 Rdn. 58; Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung 2. Aufl., § 24 Rdn. 63). Dies begründete die Zuständigkeit des Rechtsanwalts und Notar V. als Notar (§ 23 BNotO ) für die ihm hier angetragene "Verwahrung", eines Spezialfalls der in § 24 Abs. 1 Satz 1 BNotO geregelten allgemeinen notariellen Betreuung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege.

Die nach objektiver Sachlage gebotene Einordnung einer Geschäftstätigkeit als berufsbezogen kann weder durch Vereinbarung (BGHSt - Anwaltssenat - 34, 295 [298]) abbedungen werden noch dadurch entfallen, daß sich der Berufsangehörige bei der Geschäftsabwicklung nicht auf den ihm dabei vorgegebenen Pfaden bewegt und sich unerlaubter Methoden bedient. Denn "die Ausführung eines Geschäfts kann nicht dadurch dem Notarrecht entzogen werden, daß der Notar sich nicht an Dienstvorschriften hält" (BGH DNotZ 1998, 634 [636]). Auch dann bleibt sein Handeln berufsbezogen, unterliegt einerseits der Bewertung durch das Standesrecht - ohne daß es des Bezugs auf § 14 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. BNotO (Verhalten außerhalb des Amts bedürfte) - und spielt sich andererseits auch in dem von seiner Verschwiegenheitspflicht (§ 203 StGB ) und vom Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO erfaßten Bereich ab. Der Bezug zur Berufsausübung entfällt auch dann nicht, wenn die Abwicklung des Geschäfts unter Mißachtung von notariellen Durchführungsbestimmungen dem Wunsch eines Auftraggebers entspricht. Der Notar muß einen Auftrag ablehnen, wenn die Anweisungen hierzu oder die Ausführung insgesamt mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar sind, etwa weil die Verwahrung der Neutralitätspflicht des Notars zuwiderliefe, oder wenn sie erkennbar unerlaubten oder unredlichen Zwecken dienen soll (vgl. Arnot/Lerch/Sandkühler, Bundesnotarordnung 4. Aufl., § 23 Rdn. 72). In solchen Fällen stellt bereits die Annahme eines solchen Auftrags eine Berufspflichtverletzung des Notars dar. Verstößt er hiergegen und übernimmt er gleichwohl die Erledigung eines entsprechenden Auftrags, berührt das jedoch die Berufsbezogenheit seines dabei entfalteten Handelns und seine Verschwiegenheitspflicht und sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO hinsichtlich der dabei erlangten Erkenntnisse nicht.

Der notarielle Charakter des Geldtransfers zur Bezahlung des Grundstückspreises entfällt daher auch im vorliegenden Fall nicht deshalb, weil Rechtsanwalt und Notar V. in eklatanter Weise gegen die ihm bei der Durchführung eines Verwahrgeschäfts obliegenden Amtspflichten - etwa die auch hierbei (vgl. § 23 2. Halbsatz BNotO ) zu beachtenden §§ 54a bis 54d BeurkG - verstieß, insbesondere gegen das Verbot der Annahme von Bargeld (§ 54a Abs. 1 BeurkG ), gegen das Gebot der Abwicklung über ein Notaranderkonto (§ 54b Abs. 1 BeurkG ), aber auch gegen die allgemeinen Amtspflichten des Notars aus § 14 Abs. 2 BNotO ("Er hat seine Amtstätigkeit zu versagen, wenn sie mit seinen Amtspflichten nicht vereinbar wäre, insbesondere wenn seine Mitwirkung bei Handlungen verlangt wird, mit denen erkennbar unerlaubte oder unredliche Zwecke verfolgt werden") und das Verhalten des Rechtsanwalts und Notars unter Umständen sogar strafrechtliche Relevanz haben könnte (Verdacht der Beteiligung an Geldwäsche - § 261 StGB -, Begünstigung - § 257 StGB -, Hehlerei in Form der Absatzhilfe - § 259 StGB -). Denn auch die mögliche Einbindung eines Berufsgeheimnisträgers in kriminelle Machenschaften berührt die Verschwiegenheitspflicht und das umfassende Zeugnisverweigerungsrecht in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO im Grundsatz nicht, wie der Vergleich mit der eingeschränkten Beschlagnahmefreiheit gemäß § 97 Abs. 2 Satz 3 StPO (entspr. auch § 100d Abs. 3 Satz 4 StPO ) aufzeigt. Im Gegensatz zum Zeugnisverweigerungsrecht entfällt das Beschlagnahmeverbot, wenn der zur Verweigerung des Zeugnisses Berechtigte einer Teilnahme oder einer Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei verdächtig ist oder wenn es sich um Deliktsgegenstände handelt (zum Zeugnisverweigerungsrecht eines danach tatverdächtigen Notars vgl. Rolf Keller, Grenzbereiche zwischen Strafrecht und Standesrecht des Notars, DNotZ 1995, 99 [110]).

Die Grenzen des Zeugnisverweigerungsrechts sind - anders als im vorliegenden Fall - nur bei solchen Vorgängen überschritten, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der geschützten beruflichen Tätigkeit stehen, bei Handlungen und Wahrnehmungen lediglich bei Gelegenheit der Erledigung des Auftrags ohne zumindest inneren Bezug zur berufsbezogenen Arbeit. (z.B. Übergabe einer Pistole beim Mandantenbesuch des Verteidigers in der Vollzugsanstalt [BGHSt 38, 7]; oder Unterstützung des weiteren Kampfes einer kriminellen Vereinigung durch Mitwirkung an deren hierzu dienendem konspirativen Informationssystem [BGH Beschluß vom 25. Juni 1976 - StB 18/76]). Zu eng oder jedenfalls mißverständlich ist deshalb die Formulierung: "Beruflicher Natur in diesem Sinne [§ 203 StGB , § 53 StPO] sind Tätigkeiten, welche zum Berufsbild des Täters gehören und die er in erlaubter Weise ausübt. Straftaten, auch Beihilfehandlungen zu Straftaten anderer, sind berufsfremd". (vgl. Schünemann in Leipziger Kommentar StGB 25. Aufl. § 203 Rdn. 35; Rogall in Systematischer Kommentar StPO 28. Aufbau-Lfg. § 53 Rdn. 60). Straftaten sind stets "berufsfremd" und "berufswidrig" im Sinne von § 14 BNotO . Für den Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO maßgebend ist aber allein der berufliche Bezug der Tätigkeit, unabhängig von deren disziplinar- oder strafrechtlicher Bewertung. Deshalb besagen auch Entscheidungen dazu, ob tatbestandsmäßiges Verteidigerverhalten im Einzelfall noch gerechtfertigt oder strafbar ist (vgl. z.B. BGHSt 46, 36 - Volksverhetzung im Schlußvortrag -; BGHSt 38, 345 - Vorlage einer gefälschten Urkunde zu Verteidigungszwecken -) nichts über die Reichweite des Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO .

Eine Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht, die zum Wegfall des Zeugnisverweigerungsrechts geführt hätte, lag seitens der Beteiligten nicht vor.

Auch sonst ergab sich keine Verpflichtung oder Befugnis zur Offenbarung des hier maßgeblichen Geschehens, die das Zeugnisverweigerungsrecht des Rechtsanwalts und Notars V. hinsichtlich der Vorgänge im Zusammenhang mit der Bezahlung des Grundstückspreises am 27. August 2001 hätte in Wegfall bringen können.

Zwar unterliegt auch ein Notar zahlreichen gesetzlichen Mitteilungspflichten (vgl. die Zusammenstellung in Eylmann/Vaasen, Bundesnotarordnung/Beurkundungsgesetz, 2. Aufl. 2004, BNotO § 18 , Rdn. 46 ff., zur Anwendbarkeit des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen vgl. BGHZ 112 [178, 184, 186]), die dann insoweit die Verschwiegenheitspflicht durchbrechen. So hat der Notar gemäß §§ 18, 20, 21 GEStG grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge unter Beifügung einer Abschrift der Urkunde dem Finanzamt anzuzeigen, in dessen Bezirk das Grundstück belegen ist. Auf die danach mitgeteilten Erkenntnisse haben Strafverfolgungsbehörden und Strafgerichte dann Zugriffsmöglichkeiten beim Adressaten (etwa durch Beschlagnahme von Unterlagen gemäß § 94 ff. StPO ), soweit dies keinen bereichspezifischen Einschränkungen unterliegt, wie etwa durch § 30 AO beim Zugriff auf Unterlagen der Finanzbehörden. Das strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht des Berufsgeheimnisträgers selbst berührt dies wegen der besonderen Zweckbindung dieser Unterrichtungen aber nicht.

Identifikations-, Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten nach dem Geldwäschegesetz (§§ 3 Abs. 1 , 9 Abs. 1 und 3 GwG ) und die Verpflichtung, entsprechende Unterlagen auf Verlangen der Strafverfolgungsbehörden im Zusammenhang mit Ermittlungen wegen Verdachts einer Straftat gemäß § 261 StGB herauszugeben (§ 10 GwG ) berühren den Umfang des Zeugnisverweigerungsrechts des Notars gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO ebenfalls nicht. Aus einer Pflicht zur Herausgabe von Unterlagen ergibt sich keine Einschränkung der Verschwiegenheitspflicht und des Zeugnisverweigerungsrechts, wie schon aus der Differenzierung zwischen § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO und § 97 Abs. 1 , Abs. 2 Satz 3 StPO .

Eingeschränkt wurde das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO allerdings mit der Erweiterung des Kreises der Anzeigepflichtigen (Einbeziehung bestimmter freier Berufe) durch das Geldwäschebekämpfungsgesetz vom 8. August 2002 - in Kraft getreten am 15. August 2002 - (BGBl. I S. 3105 - in Umsetzung der EU-[Geldwäscheänderungs-]Richtlinie 2001/1997 vom 4. Dezember 2001, NJW 2002, 804) gemäß § 11 Abs. 1 GwG n.F. i.V.m. § 3 Abs. 1 GwG u.a. auf Notare. Danach haben nunmehr auch diese bei der Feststellung von Tatsachen, die darauf schließen lassen, daß eine Finanztransaktion einer Geldwäsche nach § 261 StGB dient oder im Falle ihrer Durchführung dienen würde, diese der Bundesnotarkammer (§ 11 Abs. 4 Satz 1 GwG ) anzuzeigen, die zur Weiterleitung der Meldung an die zuständigen Strafverfolgungsbehörden verpflichtet ist (§ 11 Abs. 4 Satz 3 GwG ). Zwar sind Notare - und die anderen in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 GwG genannten Personen - nicht zur Anzeige verpflichtet, wenn dem Geldwäscheverdacht Informationen von dem und für den Mandanten zugrunde liegen, die sie im Rahmen der Rechtsberatung oder der Prozeßvertretung dieses Mandanten erhalten haben (§ 11 Abs. 3 Satz 1 GwG ). Aber auch dann bleibt die Anzeigepflicht bestehen, wenn die insoweit privilegierten Berufsangehörigen wissen, daß der Mandant ihre Rechtsberatung bewußt für den Zweck der Geldwäsche in Anspruch nimmt (vgl. zum Umfang der Anzeigepflicht Eylmann/Vaasen BNotO 2. Aufl. § 18 Rdn. 56). Soweit diese Anzeigepflicht reicht, steht den danach Offenbarungspflichtigen - letztlich gegenüber den Strafverfolgungsbehörden - bei der strafrechtlichen Verfolgung der anzeigepflichtigen Vorgänge dann auch kein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO zu, und zwar unabhängig davon, ob diese ihrer Meldepflicht genügen oder nicht.

Diese Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts betrifft jedoch nicht Erkenntnisse aus Vorgängen, die vor dem 15. August 2002 abgeschlossen wurden und bis dahin vom Zeugnisverweigerungsrecht umfaßt waren.

Zwar unterliegen - auch strafprozessuale - Verfahrensvorschriften grundsätzlich keinem Rückwirkungsverbot (§ 103 Abs. 2 GG ). Das Vertrauen in den Fortbestand verfahrensrechtlicher Regelungen ist von Verfassungs wegen weniger geschützt als das Vertrauen in die Aufrechterhaltung materieller Rechtspositionen, denn das Verfahrensrecht enthält nicht selten nur bloße ordnungsrechtliche, technische Prozeßführungsregeln. Es gewährt andererseits aber auch Rechtspositionen, die in ihrer Schutzwürdigkeit materiell-rechtlichen Gewährleistungen vergleichbar sind. Im Einzelfall können deshalb verfahrensrechtliche Regelungen ihrer Bedeutung und ihres Gewichts wegen in gleichem Maße schutzwürdig sein wie Positionen des materiellen Rechts (BVerfGE 87, 48 [63]; BVerfG, Beschluß vom 17. März 2005 - 1 BvR 308/05).

Ausgehend von der Entstehungsgeschichte der Gesetzesänderung erstreckt sich die - mittelbare - Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts gemäß § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO danach nicht auf frühere, bereits vor der Erweiterung des Kreises der Anzeigepflichtigen des § 11 GwG abgeschlossene Vorgänge. Zwar ist es grundsätzlich nicht schutzwürdig, "wenn der Mandant die Rechtsberatung in doloser Absicht im Hinblick auf eine zukünftig von ihm beabsichtigte Geldwäschehandlung in Anspruch nehmen will und dem Berater dies positiv bekannt ist" (BT-Drucks. 14/8739 vom 8. April 2002 - Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Geldwäschebekämpfungsgesetz - S. 15; Richtlinie 2001/97 EG vom 4. Dezember 2001, Erwägungsgrund 17). Dem haben - im hier maßgeblichen Bereich - der europäische und der deutsche Gesetzgeber aber bewußt erst mit der Richtlinie (Europäisches Parlament und Rat) 2001/97 vom 4. Dezember 2001 sowie mit dem Geldwäschebekämpfungsgesetz vom 8. August 2002 - Rechnung getragen und nicht schon mit der Richtlinie 91/308/EWG zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und dem hierauf basierenden Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten - jetzt Geldwäschegesetz - vom 25. Oktober 1993. Demgemäß soll die Gesetzesänderung über die Erweiterung des Kreises der Anzeigepflichtigen früher abgeschlossene Vorgänge nicht erfassen. "Im Ausschuß bestand Einigkeit darüber, daß Geldwäsche im Sinne des § 11 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzentwurfs ausschließlich zukünftige Geldwäschehandlungen umfaßt" (Beschlußempfehlung und Bericht des Innenausschusses vom 5. Juni 2002 - BT-Drucks. 14/9263 - S. 8). Dementsprechend und im Hinblick auf das Gewicht und die Bedeutung des durch das Zeugnisverweigerungsrecht des § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StPO geschützten berufsbezogenen Vertrauensverhältnisses - unabhängig von dessen Inhalt - muß das Zeugnisverweigerungsrecht hinsichtlich der Erkenntnisse aus früheren Vorgängen unberührt bleiben. Nur dies wird dem berechtigten Interesse der Beteiligten an der Verlässlichkeit dieses Vertrauensverhältnisses gerecht.

cc) Das Zeugnisverweigerungsrecht des Notars erstreckt sich gemäß § 53a Abs. 1 StPO auf seinen Gehilfen, den Zeugen Bö.. Darauf, daß die Art und Weise seiner Mitwirkung bei der Kaufpreisübermittlung seine dienstrechtlichen Pflichten als Bürogehilfe überstieg, sich als darüber hinausgehende Gefälligkeit darstellt, die mit einer Einladung zu einem Essen durch den Notar belohnt wurde, kommt es bei § 53a StPO nicht an. Vorausgesetzt wird weder ein soziales Abhängigkeitsverhältnis noch eine berufsmäßige Tätigkeit. Unter § 53a StPO fallen auch gelegentlich oder auch nur einmalig - gefälligkeitshalber ohne Dienstverpflichtung - mithelfende Familienmitglieder, sofern deren Tätigkeit Bezug zur geschützten Betätigung des Hauptgeheimnisträgers hat, wie Aktensortieren im Gegensatz zu Putzarbeiten. Darauf, ob der als Bürogehilfe beschäftigte Zeuge als berufsmäßig tätiger Gehilfe im Sinne von § 203 Abs. 3 StGB handelte - bzw. was hierunter zu verstehen ist -, kommt es bei § 53a StPO nicht an. Entscheidend ist, daß der Berufshelfer - wie hier - ausschließlich aufgrund seiner Tätigkeit zum Zweck der Unterstützung des Hauptgeheimnisträgers bei dessen beruflicher Arbeit in das Vertrauensverhältnis zwischen dem Berufs geheimnisträger mit dem, der sich dessen Dienste bedient, einbezogen ist (vgl. Krekeler/Schonrad, Der Berufshelfer im Sinne des § 53a StPO , wistra 1998, 137 [138, 140]; SK-Rogall StPO 29. Aufbau-Lfg. § 53a Rdn. 10).

Eine Aussagegenehmigung des Rechtsanwalts und Notars V. hatte der Zeuge nicht. Ebenso wenig entbanden die Beteiligten Rechtsanwalt und Notar V. von seiner Pflicht zur Verschwiegenheit - dies hätte auch das Zeugnisverweigerungsrecht seines Gehilfen entfallen lassen (§§ 53 Abs. 2 Satz 1, 53a Abs. 2 StPO ) - oder den Zeugen Bö. unmittelbar. Davon, daß sich der Zeuge Bö. darüber in der Hauptverhandlung autonom hinwegsetzte und freiwillig aussagte - dann stünde die Verwertbarkeit der Aussage nicht in Frage (vgl. BGHSt 9, 59; 15 [200], 18, 369 [371]) -, kann nach dem oben geschilderten Ablauf nicht ausgegangen werden. Nach der doppelten Beschlußfassung der Strafkammer hierzu war eine Entschließungsfreiheit des Zeugen über die Wahrnehmung seines Rechts zur Aussageverweigerung nicht mehr gegeben.

Die somit objektiv unzutreffende Belehrung über das dem Zeugen zustehende Aussageverweigerungsrecht herbeigeführten Angaben hätten zur Urteilsfindung nicht herangezogen werden dürfen (vgl. BGHSt 42, 73 [75]). Dies kann der Angeklagte rügen, unabhängig davon, ob er selbst zum geschützten Personenkreis gehört (BGHSt 33, 148 [153]).

dd) Der Senat vermag jedoch auszuschließen, daß der Schuldspruch wegen schweren Bandendiebstahls auf den Angaben des Zeugen Bö. und damit auf dem Verfahrensverstoß beruht.

Die Identifizierung des Angeklagten als "D. I." als Mittäter in diesem konkreten Fall beruht ausschlaggebend auf den Angaben des Zeugen U.. Die Wiedererkennung des Angeklagten durch U. war, wie die Strafkammer sorgfältig abwog und erörterte, in besonderem Maße verlässlich. Der Zeuge überzeugte zusätzlich durch das überraschende Erkennen des Mittäters und Schwagers des Angeklagten T. anläßlich einer Wahlbildvorlage zur Identifizierung des Angeklagten. Allein die verlässlichen Angaben des Zeugen U. genügten - auch unter Berücksichtigung der Feststellungen zum Freispruch im Parallelfall - zum Tatnachweis. Ergänzend führte die Strafkammer in einer Gesamtschau gleichwohl zusätzliche Indizien auf: Die Personenbeschreibung weiterer Zeugen passte zum Angeklagten. Auch der Zeuge A. meinte, den Angeklagten erkannt zu haben. Daß demgegenüber vor allem der Zeuge Se. - Vater des U. - den Angeklagten nicht wiedererkannte, wird von der Strafkammer einleuchtend erklärt, insbesondere mit dem Alter und dem Gesundheitszustand dieses Zeugen. Hinzu kommen Feststellungen der Strafkammer zu benutzten Telefonanschlüssen im passenden Umfeld, dem behaupteten Alibi des Angeklagten und Feststellungen zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Angeklagten (u.a. Schmuck im Wert von 27.000,-- EUR in einer Blumenvase, weiterer Schmuck und Schweizer Franken im Schlafzimmerschrank) und seiner Verwandtschaft im In- und Ausland und der in diesem Zusammenhang präsentierten gefälschten serbischen Urkunden. Insbesondere durch anderweitig erhobene Urkunden ist zudem erwiesen, daß der Angeklagte mit seiner Familie das vom Schwiegervater erworbene und lastenfrei auf diesen eingetragene Anwesen mit seiner Familie - als Sozialhilfeempfänger - bewohnt. Die Mitteilung der vom Zeugen Bö. geschilderten Beobachtungen in den Urteilsgründen stellen nach allem nur ein zusätzliches bestätigendes Indiz dar, von dem die Überzeugungsbildung der Strafkammer zur Täterschaft des Angeklagten nicht abhing, wie der Zusammenhang der Urteilsgründe ergibt.

Hinsichtlich der Anordnung des erweiterten Verfalls in Höhe von 350.000,-- EUR vermag der Senat demgegenüber nicht mit Sicherheit auszuschließen, daß das Urteil insoweit auf dem Rechtsfehler beruht.

III. Im übrigen ergab die Überprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten.

Hinweise:

Anmerkung Stephan Barton JZ 2005, 1173

Vorinstanz: LG Stuttgart, vom 03.03.2004
Fundstellen
BGHSt 50, 64
JZ 2005, 1173
NJW 2005, 2406
NStZ 2005, 577
StV 2005, 647
wistra 2005, 345