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BGH - Entscheidung vom 11.05.2005

XII ZB 173/02

Normen:
BGB § 1587b
BeamtVG § 14 Abs. 1 S. 1

BGH, Beschluß vom 11.05.2005 - Aktenzeichen XII ZB 173/02

DRsp Nr. 2005/8793

Versorgungsausgleich bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten

Für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten ist im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 01. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gem. § 14 BeamtVG maßgeblich. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird.

Normenkette:

BGB § 1587b ; BeamtVG § 14 Abs. 1 S. 1 ;

Gründe:

I. Die Parteien haben am 13. September 1985 geheiratet. Der Scheidungsantrag der Ehefrau (Antragstellerin; geboren am 3. Juni 1959) ist dem Ehemann (Antragsgegner; geboren am 10. Mai 1954) am 23. Mai 2001 zugestellt worden. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat durch Verbundurteil die Ehe geschieden (insoweit rechtskräftig) und den Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es - jeweils monatlich und bezogen auf den 30. April 2001 - im Wege des Splittings nach § 1587 b Abs. 1 BGB vom Versicherungskonto des Antragsgegners bei der Landesversicherungsanstalt Baden-Württemberg (LVA; weitere Beteiligte zu 2) auf das Versicherungskonto der Antragstellerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von 77,15 EUR übertragen hat. Ferner hat es im Wege des Quasi-Splittings nach § 1587 b Abs. 2 BGB zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei dem Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg (LBV; weiterer Beteiligter zu 1) auf dem Versicherungskonto der Antragstellerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von 217,40 EUR begründet. Darüber hinaus hat es im Wege des analogen Quasi-Splittings nach § 1 Abs. 3 VAHRG zu Lasten der Versorgung des Antragsgegners bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL; weitere Beteiligte zu 3) auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der LVA Rentenanwartschaften in Höhe von 4,01 EUR begründet.

Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des LBV hat das Oberlandesgericht die Entscheidung dahingehend abgeändert, daß der Ausgleichsbetrag im Wege des Quasi-Splittings 201,79 EUR beträgt. Dabei ist das Oberlandesgericht nach den Auskünften der weiteren Beteiligten zu 1 bis 3 von ehezeitlichen (1. September 1985 bis 30. April 2001; § 1587 Abs. 2 BGB ) Anwartschaften der Antragstellerin bei der LVA in Höhe von monatlich 80,30 DM, bezogen auf den 30. April 2001, sowie des Antragsgegners bei dem LBV unter Berücksichtigung der Absenkung des Höchstruhegehaltssatzes nach § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 in Höhe von monatlich 789,34 DM und bei der VBL in Höhe von (dynamisiert) monatlich 15,71 DM, jeweils bezogen auf den 30. April 2001, ausgegangen.

Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des LBV, mit der es weiterhin geltend macht, das Oberlandesgericht habe die Neuregelungen des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 fehlerhaft auf die Durchführung des Versorgungsausgleichs angewandt. Die Parteien, die LVA und die VBL haben sich im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht geäußert.

II. Die nach §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 Satz 1 1. Halbs. Nr. 1, 2. Halbs. in Verbindung mit § 543 Abs. 2 ZPO zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet und führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.

1. Allerdings ist es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers im Ergebnis rechtlich nicht zu beanstanden, daß der Versorgungsausgleich auf der Grundlage des § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 durchgeführt worden ist.

Der Senat hat zwischenzeitlich entschieden, daß für die Berechnung des Versorgungsausgleichs bei beamtenrechtlichen Versorgungsanrechten im Hinblick auf den Halbteilungsgrundsatz seit dem 1. Januar 2003 uneingeschränkt der Höchstruhegehaltssatz von 71,75 % gemäß § 14 BeamtVG in der Fassung des Art. 1 Nr. 11 des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I, 3926) maßgeblich ist, da diese Fassung nach Art. 20 Abs. 2 Nr. 1 des Versorgungsänderungsgesetzes zum 1. Januar 2003 in Kraft getreten ist. Dabei kommt es weder darauf an, ob das Ehezeitende vor oder in der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG liegt, noch ob der Versorgungsfall in oder erst nach der Übergangsphase eintreten wird (vgl. Senatsbeschlüsse vom 26. November 2003 - XII ZB 75/02 und XII ZB 30/03 - FamRZ 2004, 256 ff. bzw. 259 ff.). Wie der Senat weiter ausgeführt hat, fällt - wenn der Versorgungsfall während der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintritt - der degressive Versorgungsbestandteil nach § 69 e BeamtVG (sog. Abflachungsbetrag) nicht unter den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich. Ob der Abflachungsbetrag gegebenenfalls später im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich auszugleichen sein wird, bleibt einer weiteren Prüfung vorbehalten, sofern die Voraussetzungen für einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gegeben sein sollten (vgl. Senatsbeschluß vom 26. November 2003 - XII ZB 30/03 - aaO. 261).

Der Antragsgegner wird vorliegend die Regelaltersgrenze von 65 Jahren (§ 25 Abs. 1 BRRG ) im Jahre 2019 erreichen. Anhaltspunkte dafür, daß der Versorgungsausgleich zu einem früheren Zeitpunkt zum Tragen kommen sollte, sind weder festgestellt noch ersichtlich. Der Versorgungsfall wird danach hier jedenfalls nach 2010 und damit nach dem bisher angenommenen Ende der Übergangsphase nach § 69 e BeamtVG eintreten.

Zwar unterliegen die Rentenanwartschaften, die für die Antragstellerin durch das Quasi-Splitting - aufgrund des herabgesetzten Höchstversorgungssatzes von 71,75 % - begründet werden, wie alle Anwartschaften der Antragstellerin in der gesetzlichen Rentenversicherung für die Zeit vom 1. Juli 2001 bis zum 1. Juli 2010 zusätzlich der Niveauabsenkung nach § 255 e SGB VI . Dies ist indessen durch die unterschiedlichen Niveauabsenkungsregelungen in der gesetzlichen Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits systemimmanent und kann nicht dadurch korrigiert werden, daß dem Antragsgegner unter Verstoß gegen den Halbteilungsgrundsatz mehr als die Hälfte der ihm tatsächlich zustehenden ehezeitbezogenen Versorgungsanwartschaften genommen wird. Sollten wegen der systembedingten Unterschiede im Ergebnis Korrekturen erforderlich werden - was im Hinblick auf die gegenwärtigen renten- und pensionsrechtlichen Unsicherheiten nicht abschließend beurteilt werden kann -, müssen diese gegebenenfalls der Abänderung nach § 10 a Abs. 1 Nr. 1 VAHRG vorbehalten bleiben.

Für die Anwartschaften des Antragsgegners ergibt sich jedoch rechnerisch eine Abänderung durch die nunmehr erforderliche Anwendung des baden-württembergischen Bemessungsfaktors von 5,33 % monatlich für 2005 hinsichtlich der Sonderzuwendung (Gesetz über die Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern 2003/2004 sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 10. September 2003 - BGBl. I, 1798 - in Verbindung mit § 5 Abs. 2 des Gesetzes über die Gewährung von Sonderzahlungen in Baden-Württemberg - Landesanteil Besoldung [Landessonderzahlungsgesetz - LSZG] vom 29. Oktober 2003 - GBl. S. 693, 694; zur Anwendung des jeweils zur Zeit der Entscheidung geltenden Bemessungsfaktors vgl. zuletzt Senatsbeschluß vom 4. September 2002 - XII ZB 130/98 - FamRZ 2003, 437 ff. m.w.N.).

2. Indessen hat das Oberlandesgericht hinsichtlich der für den Antragsgegner bei der VBL bestehenden Anwartschaften deren Auskunft vom 13. August 2001 zugrunde gelegt. Diese trägt ersichtlich der Neufassung der Satzung der VBL zum 1. Januar 2002 nicht Rechnung, mit der anstelle des bisherigen Gesamtversorgungssystems unter Anrechnung gesetzlicher Renten sowie der Regelungen des § 18 BetrAVG ein sogenanntes "Punktemodell" eingeführt wurde.

3. Danach kann die Entscheidung nicht bestehen bleiben. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da zunächst die Anwartschaften des Antragsgegners bei der VBL neu festzustellen sein werden (zur Bewertung der Versorgungsanrechte bei der VBL nach der Satzungsänderung vgl. im übrigen Senatsbeschluß vom 7. Juli 2004 - XII ZB 277/03 - FamRZ 2004, 1474 ).

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 12.09.2002