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BVerwG - Entscheidung vom 10.12.2021

8 B 18.21

Normen:
GG Art. 19 Abs. 4

BVerwG, Beschluss vom 10.12.2021 - Aktenzeichen 8 B 18.21

DRsp Nr. 2022/3525

Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage

Es ist geklärt, dass § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage analog anwendbar ist. Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt in diesem Fall voraus, dass sich das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren erledigt hat. Eine Erledigung ist eingetreten, wenn der erstrebte Verpflichtungsausspruch für den Kläger objektiv sinnlos wird und mit keinem Nutzen mehr für ihn verbunden ist. Der Eintritt der Erledigung ist hingegen nicht vom Klägerinteresse her zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 8. Dezember 2020 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Normenkette:

GG Art. 19 Abs. 4 ;

Gründe

Der Kläger war bis August 2014 als Steuerberater im Kammerbezirk der Beklagten tätig. Seit Juli 2020 hat er seine Steuerberatertätigkeit erneut dorthin verlegt. Im November 2012 beantragte er zur nächsten Kammerversammlung der Beklagten, den gesamten Vorstand abzuberufen. Mit Bescheid vom 27. März 2013 entschied die Beklagte, diesen Antrag nicht auf die Tagesordnung für die Kammerversammlung 2013 zu nehmen. Nachdem der Kläger hiergegen Klage erhoben hatte, setzte die Beklagte seinen Antrag auf die Tagesordnung der Kammerversammlung 2013, deren Mitglieder jedoch einstimmig die Absetzung dieses Tagesordnungspunktes beschlossen. Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, der Bescheid der Beklagten vom 27. März 2013 sei rechtswidrig gewesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dieses Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Fortsetzungsfeststellungsklage sei im Laufe des Berufungsverfahrens unzulässig geworden. Der Anspruch des Klägers auf Aufnahme seines Antrags in die Tagesordnung habe sich nach Klageerhebung vollständig erledigt. Ein berechtigtes Feststellungsinteresse bestehe weder unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr noch dem der Rehabilitierung. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen.

Die Beschwerde, die sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO beruft und Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend macht, hat keinen Erfolg.

1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die Grundsatzrüge setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, der eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 >n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Diese Voraussetzungen legt der Kläger nicht dar.

Die vom Kläger formulierten, von ihm für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Rechtsfragen betreffen die Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage und deren Verhältnis zum Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG ). Seine Ausführungen knüpfen an den konkreten Einzelfall an, ohne eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aufzuzeigen. Soweit sich dem Vorbringen des Klägers nachvollziehbare Anhaltspunkte für mögliche Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage entnehmen lassen, sind diese in der Rechtsprechung geklärt. Danach ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage analog anwendbar (BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2010 - 7 C 23.09 - Buchholz 406.253 § 20 ZuG Nr. 1 Rn. 47). Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage setzt in diesem Fall voraus, dass sich das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren erledigt hat. Eine Erledigung ist eingetreten, wenn der erstrebte Verpflichtungsausspruch für den Kläger objektiv sinnlos wird und mit keinem Nutzen mehr für ihn verbunden ist (vgl. Riese, in: Schoch/Schneider, VwGO , Stand: Juli 2021, § 113 Rn. 113). Der Eintritt der Erledigung ist hingegen nicht vom Klägerinteresse her zu beurteilen (BVerwG, Urteil vom 15. November 1990 - 3 C 49.87 - Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 224 S. 62). Weitergehenden Klärungsbedarf zeigt das Vorbringen des Klägers nicht auf.

2. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen. Der Kläger macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe sich nicht ausreichend bemüht, einen Bezug zwischen der Unzulässigkeit der Klage und dem Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG ) sowie dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG ) herzustellen. Der Verfahrensmangel einer zu Unrecht erfolgten Verneinung von Sachentscheidungsvoraussetzungen ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Die Erwägungen, mit denen der Verwaltungsgerichtshof das Fehlen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO begründet hat, knüpfen an die ständige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Frage an. Sie sind inhaltlich nicht zu beanstanden und stehen insbesondere mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben im Einklang.

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ). Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 08.12.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 7 B 19.1497