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BVerwG - Entscheidung vom 13.04.2021

4 BN 51.20

Normen:
VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1

BVerwG, Beschluss vom 13.04.2021 - Aktenzeichen 4 BN 51.20

DRsp Nr. 2021/10490

Grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache als Voraussetzung einer Revisionszulassung

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Juli 2020 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 15 000 € festgesetzt.

Normenkette:

VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1 ;

Gründe

Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO , die ihr die Beschwerde beimisst.

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 B 27.19 - ZfBR 2020, 173 Rn. 4).

Die Fragen,

ob das im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB bestehende planerische Ermessen durch die Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks im Rahmen von Art. 14 GG , insbesondere die durch Art. 14 GG gewährleistete Baufreiheit, dergestalt "auf null" reduziert sein kann, dass dem privaten Belang der freien Nutzungsmöglichkeit eines Grundstücks im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB zwingend Vorrang vor den öffentlichen Belangen einzuräumen ist,

und

ob die Baufreiheit und die freie Nutzbarkeit eines Grundstücks im Sinne von Art. 14 GG einen anderen Belang von hohem Gewicht darstellt, der die Abwägungsdirektive des Trennungsgrundsatzes nach § 50 BImSchG im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB überwinden kann,

führen nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich dem Oberverwaltungsgericht in dieser Allgemeinheit nicht gestellt haben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Abwägung im Einzelnen geprüft und begründet, warum sie nach seiner Rechtsauffassung nicht zu beanstanden ist. Mit dieser Prüfung setzt sich die Beschwerde nicht auseinander. Es ist nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, abstrakte Rechtsfragen unabhängig von den tatsächlichen Umständen des zu entscheidenden Rechtsstreits im Stil einer Kommentierung für alle denkbaren nicht festgestellten Sachverhaltsvarianten aufzuarbeiten (BVerwG, Beschlüsse vom 18. Dezember 2017 - 4 BN 27.17 - juris Rn. 7 und vom 12. Juni 2018 - 4 BN 28.17 - juris Rn. 13).

Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich geklärt wissen,

ob die Frage des Ausgleichs im Rahmen des Planungsschadensrechts nach §§ 39 ff. BauGB bei einer zulässigen Beeinträchtigung von Eigentümerbelangen durch Bebauungsplanfestsetzungen einen abwägungserheblichen Belang darstellt, den die Gemeinde bei Aufstellung eines Bauleitplans im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu beachten hat mit der Folge, dass dessen Nichtbeachtung zu einem Abwägungsfehler und damit zu einer rechtswidrigen Planung führt.

Diese Frage ist nicht entscheidungserheblich. Die Beschwerde legt nicht dar, warum die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruches vorliegen sollten, obwohl dem Antragsteller nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für die Bebauung des rückwärtigen Grundstücksbereichs bislang kein Baurecht zustand (UA S. 9).

Die Frage,

ob es einen abwägungserheblichen Belang i.S.v. § 1 Abs. 7 BauGB darstellt, wenn eine Gemeinde Eigentümerin des angrenzenden Grundstücks ist, von dem eine Lärmquelle ausgeht und falls dies zu bejahen ist, ob das planerische Ermessen der Gemeinde bei der Abwägung der entsprechenden öffentlichen und privaten Belange reduziert ist oder die privaten Belange die öffentlichen Belange überwiegen,

ist in der gestellten Form weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig. Die Beschwerde ist der Meinung, das angegriffene Urteil habe den Umstand verkannt, dass die Antragsgegnerin erhebliche eigene Interessen mit der Aufstellung des Bebauungsplans verfolgt. Unabhängig davon, dass das Oberverwaltungsgericht diesen Vortrag zur Kenntnis genommen hat, macht die Beschwerde der Sache nach Rechtsanwendungsfehler im Einzelfall geltend, die als solche das Revisionsverfahren nicht eröffnen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: OVG Rheinland-Pfalz, vom 15.07.2020 - Vorinstanzaktenzeichen 8 C 11699/19