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BVerwG - Entscheidung vom 16.11.2021

1 WB 23.21

Normen:
WBO § 23a Abs. 2

BVerwG, Beschluss vom 16.11.2021 - Aktenzeichen 1 WB 23.21

DRsp Nr. 2022/1482

Begründete Selbstanzeige eines ehrenamtlichen Richters für die Entscheidung in einem Wehrbeschwerdeverfahren

Tenor

Die Selbstanzeige des ehrenamtlichen Richters Oberstleutnant i.G. ... ist begründet.

Normenkette:

WBO § 23a Abs. 2 ;

Gründe

I

Mit Verfügung vom 10. November 2021 wurde Oberstleutnant i.G. ... als ehrenamtlicher Richter für die Entscheidung in dem Wehrbeschwerdeverfahren des Antragstellers wegen der Bildung einer Referenzgruppe herangezogen. Oberstleutnant i.G. ... hat am selben Tage mitgeteilt, der Antragsteller sei Taufpate seiner jüngeren Tochter.

Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Besorgnis der Befangenheit geäußert. Der Antragsteller hat bestätigt, Taufpate der Tochter von Oberstleutnant i.G. ... zu sein.

II

Über die Ausschließung und Ablehnung von Gerichtspersonen ist im Antragsverfahren vor den Wehrdienstgerichten nach den gemäß § 23a Abs. 2 WBO entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 54 VwGO i.V.m. §§ 41 bis 49 ZPO zu entscheiden.

Eine Selbstanzeige ist begründet, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters im Sinne des § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 2 und § 48 ZPO zu rechtfertigen. Dies setzt voraus, dass ein Beteiligter die auf objektiv feststellbaren Tatsachen beruhende, subjektiv vernünftigerweise mögliche Besorgnis haben kann, der Richter werde in seiner Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden oder habe sich in der Sache bereits festgelegt; insoweit genügt schon der "böse Schein" (BVerwG, Beschluss vom 30. Januar 2018 - 1 WB 13.17 - juris Rn. 10 m.w.N.). Für sich allein nicht ausreichend ist, dass der (ehrenamtliche) Richter den Verfahrensbeteiligten kennt oder dass zwischen dem (ehrenamtlichen) Richter und dem Verfahrensbeteiligten dienstliche Beziehungen oder Kontakte bestanden oder bestehen; insoweit enthalten § 54 Abs. 2 VwGO und § 77 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, Nr. 2 und 3 WDO abschließende Ausschließungs-Regelungen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. März 2010 - 1 WB 28.09 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 73 Rn. 10 und vom 23. April 2015 - 1 WB 35.14 - Rn. 7). Dienstliche Beziehungen zu einem Verfahrensbeteiligten können aber dann eine Besorgnis der Befangenheit begründen, wenn sie besonders eng sind oder sich zu einem engen persönlichen Verhältnis entwickelt haben (BVerwG, Beschluss vom 14. Februar 2014 - 2 WD 14.13 - Rn. 4 m.w.N.).

Oberstleutnant i.G. ... hat mit seinem Schreiben vom 10. November 2021 von einem solchen Verhältnis Anzeige gemacht. Die Auswahl des Antragstellers als Taufpaten dokumentiert, dass zwischen ihm und Oberstleutnant i.G. ... ein besonderes Vertrauensverhältnis und intensive private Kontakte bestehen. Oberstleutnant i.G. ... wirkt am Verfahren daher nicht mit.