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Keine Duldung einer Bauteilöffnung zwecks Beweissicherung

Die Anordnung gegenüber einem unbeteiligten Dritten, im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens Bauteilöffnungen an seiner Wohnung zu dulden ist unzulässig. Der Wohnungsbegriff richtet sich insoweit nach Art. 13 GG und ist umfassend zu verstehen.

Darum geht es

Die Antragsteller sind Miteigentümer eines Objekts, das durch die Antragsgegnerin zu 1 errichtet und vom Antragsgegner zu 2 geplant wurde. Die Antragsteller betreiben gegen die Antragsgegner ein selbständiges Beweisverfahren. Dabei sollen Mängel an der im Gemeinschaftseigentum stehenden Bausubstanz festgestellt werden. Auf Hinweis des Sachverständigen hat das Landgericht die Duldung von Bauteilöffnungen an der Außentreppe, dem Flachdachanschluss einer Wohnung, im Eingangselement, der Decke des Fahrradkellers und der Tiefgaragendecke gegenüber allen Eigentümern bzw. der Eigentümergemeinschaft angeordnet.

Eine unbeteiligte Wohnungseigentümerin und die Wohnungseigentümergemeinschaft legten mit Erfolg Beschwerde ein. Das entsprechende Zwischenurteil wurde aufgehoben. Die Antragsteller wenden sich mit der Rechtsbeschwerde gegen diese Aufhebung und die Ablehnung des Antrags auf Duldung der Bauteilöffnung.

Wesentliche Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Duldung einer Bauteilöffnung sind nicht erfüllt. § 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO regelt ausdrücklich, dass Wohnungen von der Duldung sachverständiger Begutachtung ausgenommen sind. Der Wohnungsbegriff orientiert sich insoweit an Art. 13 GG, wonach Wohnung der zu Aufenthalts- oder Arbeitszwecken bestimmte und benutzte Raum einschließlich der Nebenräume und des angrenzenden umschlossenen freien Geländes ist. Davon umfasst sind also auch Keller, Speicher, Treppen und Garagen.

Neben natürlichen Personen können auch juristische Personen und sonstige Personenvereinigungen des Privatrechts Träger der Grundrechts sein, also auch die Wohnungseigentümergemeinschaft. Damit kann eine Duldung gegenüber der Eigentümergemeinschaft bezüglich Außentreppe, Flachdachanschluss sowie Fahrradkeller- und Tiefgaragendecke wegen § 144 Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht angeordnet werden. Der Ansicht, aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 109, 279, 313) folge, dass Fahrradkeller, Tiefgarage und Gemeinschaftsräume nicht dem Schutzbereich des Art. 13 GG unterlägen, erteilt der BGH eine Absage.

weiter zum Volltext BGH, Urt. v. 16.05.2013 - VII ZB 61/12, DRsp-Nr. 2013/15437