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BSG - Entscheidung vom 14.02.2024

B 2 U 143/23 B

Normen:
SGG § 103
SGG § 160a Abs. 4 S. 1
SGG § 169

BSG, Beschluss vom 14.02.2024 - Aktenzeichen B 2 U 143/23 B

DRsp Nr. 2024/4446

Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. November 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Normenkette:

SGG § 103 ; SGG § 160a Abs. 4 S. 1; SGG § 169 ;

Gründe

I

Mit vorbezeichnetem Urteil hat es das LSG abgelehnt, der Klägerin ab dem 21.4.2020 höhere Verletztenrente zu gewähren. Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat sie Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung macht sie Verletzungen der tatrichterlichen Sachaufklärungspflicht 103 SGG ) geltend.

II

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht formgerecht begründet ist 160a Abs 4 Satz 1 i.V.m. § 169 SGG ). Die Sachaufklärungsrügen sind entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG nicht hinreichend bezeichnet.

Stützt sich die Nichtzulassungsbeschwerde auf Verfahrensfehler, auf denen die angefochtene Entscheidung beruhen könne 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ), so sind die Tatsachen substantiiert zu bezeichnen 160a Abs 2 Satz 3 SGG ), die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründen. Darüber hinaus ist - außer im Fall absoluter Revisionsgründe - aufzuzeigen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann ein Verfahrensmangel "auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist". Dass diese besonderen Anforderungen an die Sachaufklärungsrüge erfüllt sein könnten, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.

Die Klägerin trägt vor, das LSG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, das Gutachten des A, das auf Veranlassung der Beklagten am 22.7.2021 im Klinikum K erstellt worden sei, beizuziehen und den Sachverständigen zur ergänzenden Stellungnahme zuzuleiten. Die Beschwerdebegründung versäumt es indes, Fundstelle und Wortlaut entsprechender Beweisanträge - im hier maßgeblichen Sinn der ZPO 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2, § 118 Abs 1 Satz 1 SGG ) - wiederzugeben und darzulegen, die im Berufungsverfahren rechtskundig vertretene Klägerin habe derartige Beweisanträge wiederholt bzw aufrechterhalten, als sie sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärte ( BSG Beschlüsse vom 29.1.2019 - B 5 R 302/18 B - juris RdNr 13, vom 4.6.2012 - B 5 RS 9/12 B - BeckRS 2012, 70827 RdNr 9 und grundlegend vom 18.12.2000 - B 2 U 336/00 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 31 S 52 mwN). Denn im vorbehaltslosen Verzicht auf eine mündliche Verhandlung ist gleichzeitig der Verzicht auf eine zuvor ggf beantragte Beweiserhebung zu sehen ( BSG Beschluss vom 1.9.1999 - B 9 V 42/99 B - SozR 3-1500 § 124 Nr 3 S 4). Wer eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung akzeptiert, muss deshalb in der Zustimmungserklärung verdeutlichen, dass schriftsätzlich beantragte Beweise zu erheben sind, bevor zu seinen Lasten entschieden werden darf (vgl BSG Beschluss vom 5.3.2002 - B 13 RJ 193/01 B - SozR 3-1500 § 160 Nr 35 S 74 mwN). Dass die Klägerin dies beachtet hat, zeigt die Beschwerdebegründung nicht auf.

Wenn darüber hinaus gerügt wird, das LSG sei dem Beweisantrag im Schriftsatz vom 23.6.2023 auf Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens zu Unrecht nicht gefolgt, fehlt es an der Bezeichnung eines prozessordnungskonformen Beweisgesuchs iS des § 118 Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 403 ZPO . Hierfür hätte die Klägerin einen Arzt - zumindest seiner medizinischen Ausrichtung (Fachrichtung) nach - benennen (Beweismittel, vgl BSG Beschlüsse vom 25.11.2020 - B 6 KA 6/20 B - juris RdNr 21, vom 7.5.2015 - B 5 R 102/15 B - BeckRS 2015, 68936 RdNr 12, vom 7.8.2013 - B 5 R 236/13 B - BeckRS 2013, 71678 RdNr 11, vom 19.6.2013 - B 5 R 86/13 B - BeckRS 2013, 70553 RdNr 11 und grundlegend vom 4.11.1999 - B 7 AL 6/99 B - juris RdNr 5), die zu begutachtenden Punkte bezeichnen (Beweisthema, § 403 ZPO ) und in groben Zügen umreißen müssen, was die Beweisaufnahme ergeben soll (Beweisziel, vgl BSG Beschluss vom 7.10.2016 - B 9 V 28/16 B - juris RdNr 14). Denn unverzichtbare Merkmale eines Beweisantrags sind die Behauptung einer bestimmten, entscheidungserheblichen Tatsache und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache ( BSG Beschluss vom 12.12.2003 - B 13 RJ 179/03 B - SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 6). Überdies legt die Beschwerdebegründung nicht dar, dass die Voraussetzungen vorliegen könnten, von denen nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 412 Abs 1 ZPO die Verpflichtung des Gerichts zur Einholung eines weiteren Gutachtens abhängt (vgl BSG Beschlüsse vom 10.3.2016 - B 13 R 93/15 B - juris RdNr 10, vom 18.1.2016 - B 13 R 413/15 B - BeckRS 2016, 66750 RdNr 7, vom 25.4.2013 - B 13 R 29/12 B - juris RdNr 9 und vom 20.12.2012 - B 13 R 333/12 B - juris RdNr 7).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ).

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183 , 193 SGG .

Vorinstanz: SG Heilbronn, vom 17.08.2022 - Vorinstanzaktenzeichen S 8 U 1156/21
Vorinstanz: LSG Baden-Württemberg, vom 17.11.2023 - Vorinstanzaktenzeichen L 8 U 2729/22