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BSG - Entscheidung vom 09.02.2024

B 7 AS 223/23 BH

Normen:
SGG § 73a
ZPO § 114

BSG, Beschluss vom 09.02.2024 - Aktenzeichen B 7 AS 223/23 BH

DRsp Nr. 2024/3684

Bewilligung von PKH für das Verfahren vor dem BSG

Tenor

Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 21. September 2023 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Normenkette:

SGG § 73a; ZPO § 114 ;

Gründe

Nach § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO kann einem Beteiligten für das Verfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet; das ist hier nicht der Fall. Es ist nicht zu erkennen, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter 73 Abs 4 SGG ) in der Lage wäre, eine Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin erfolgreich zu begründen. Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch der Antrag auf Beiordnung eines Rechtsanwalts abzulehnen 73a Abs 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 ZPO ).

Nach § 160 Abs 2 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG , des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Solche Zulassungsgründe sind nach summarischer Prüfung des Streitstoffs auf der Grundlage des Inhalts der Gerichts- und Verwaltungsakten sowie unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin nicht erkennbar.

Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache 160 Abs 2 Nr 1 SGG ) ist nur anzunehmen, wenn eine Rechtsfrage aufgeworfen wird, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der vorliegende Rechtsstreit, in dem sich die Klägerin gegen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide wendet, bietet hierfür keinen Anhalt. Das LSG hat seine Entscheidung auf die Würdigung der Umstände des Einzelfalls gestützt. Soweit es von einer Umkehr der Beweislast ausgegangen ist, entspricht dies der zitierten Rechtsprechung des BSG und wirft keine neuen Fragen grundsätzlicher Bedeutung auf.

Es ist auch nicht erkennbar, dass die Entscheidung des LSG von einer Entscheidung des BSG , des GmSOGB oder des BVerfG abweicht, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht 160 Abs 2 Nr 2 SGG ).

Nach Aktenlage ist schließlich nicht ersichtlich, dass ein Verfahrensmangel geltend gemacht werden könnte, auf dem die angefochtene Entscheidung des LSG beruhen kann 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG ). Dies gilt insbesondere für die von der Klägerin gerügte unzureichende Beweisaufnahme und Beweiswürdigung. Denn nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel von vornherein nicht auf § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) gestützt werden. Auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) kann ein Verfahrensmangel nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Der Beweisantrag muss wegen seiner Warnfunktion gegenüber dem Gericht grundsätzlich in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt oder ausdrücklich aufrechterhalten worden sein (vgl nur B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG , 14. Aufl 2023, § 160 RdNr 18c und § RdNr 16e). Vorliegend sind von der anwaltlich vertretenen Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG am 21.9.2023, an der sie selbst und ihr Bevollmächtigter teilgenommen haben, weder ausdrücklich Beweisanträge gestellt noch ist auf im Laufe des Verfahrens gestellte Beweisanträge hingewiesen worden. Unabhängig davon, dass das LSG die Feststellung getrof - fen hat, die Klägerin habe die unterbliebene Einholung eines graphologischen Gutachtens durch das Sozialgericht gerügt, könnte ein zugelassener Prozessbevollmächtigter mit der Rüge des Übergehens eines Beweisantrags keine Zulassung der Revision erreichen. Denn die Entscheidung des LSG beruht nicht hierauf. Nach der Rechtsauffassung des LSG war dem Begehren der Klägerin, ein graphologisches Sachverständigengutachten einzuholen, aus rechtlichen Gründen nicht nachzukommen. Es sei - unabhängig von ggf nicht von der Klägerin unterschriebenen Stundenzetteln und der Möglichkeit, dass die Klägerin an einzelnen Tagen nicht gearbeitet habe - auf jeden Fall davon auszugehen, dass sie in den von der Aufhebung betroffenen Monaten Einkommen erzielt habe.

Umstände, die eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG , § 62 SGG ) begründen könnten, sind nicht erkennbar. Zudem gilt für die Gehörsrüge, dass die oben dargelegten Einschränkungen des § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG für die Geltendmachung eines Verfahrensmangels wegen der Verletzung des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung 128 Abs 1 Satz 1 SGG ) nicht durch die Berufung auf die vermeintliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör umgangen werden können (vgl BSG vom 18.5.2016 - B 5 RS 10/16 B - juris RdNr 8 mwN; BSG vom 29.6.2018 - B 13 R 9/16 B - juris RdNr 10; siehe auch BSG vom 31.7.2019 - B 13 R 263/18 B - juris RdNr 11; BSG vom 25.6.2021 - B 13 R 93/20 B - juris RdNr 13). Unabhängig davon muss bei einer auf unterlassene Sachaufklärung gestützten Gehörsrüge ebenfalls aufgezeigt werden können, dass bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ein Beweisantrag zu Protokoll aufrechterhalten bzw ein solcher im Urteil des LSG wiedergegeben ist (vgl BSG vom 8.7.2010 - B 13 R 475/09 B; BSG vom 31.5.2011 - B 13 R 103/11 B - juris RdNr 8). Es wird insoweit auf die Ausführungen zur Sachaufklärungsrüge verwiesen. Dass ein Beteiligter das angegriffene Urteil für inhaltlich falsch hält, kann indes nicht zur Revisionszulassung führen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BSG vom 21.4.2020 - B 13 R 44/19 B - juris RdNr 8; BVerfG <Kammer> vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).

Vorinstanz: SG Hamburg, vom 19.05.2022 - Vorinstanzaktenzeichen 58 AS 68/16
Vorinstanz: LSG Hamburg, vom 21.09.2023 - Vorinstanzaktenzeichen 4 AS 167/22