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BVerfG - Entscheidung vom 24.10.2023

1 BvR 1160/19

Normen:
Art. 2 Abs. 1GG
GG Art. 1 Abs. 1
§ 18 Abs. 1 BKAG i.d.F. v. 01.06.2017
BVerfGG § 18 Abs. 1 Nr. 2
BVerfGG § 18 Abs. 3 Nr. 1
BVerfGG § 19 Abs. 1
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 12 Abs. 1 S. 1
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 16 Abs. 1
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 16 Abs. 6
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 18 Abs. 1
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 18 Abs. 2
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 18 Abs. 5
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 29 Abs. 4 S. 2
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 49
BKAG (i.d.F. v. 01.06.2017) § 51 Abs. 2

BVerfG, Beschluss vom 24.10.2023 - Aktenzeichen 1 BvR 1160/19

DRsp Nr. 2023/14514

Ausschluss eines Richters von der Ausübung des Richteramts wegen der Besorgnis der Befangenheit; Vereinbarkeit verschiedener Regelungen BKAG mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung

Tenor

1.

Richter Wolff ist nicht von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen.

2.

Die Besorgnis der Befangenheit von Richter Wolff ist nicht begründet.

Normenkette:

Art. 2 Abs. 1GG; GG Art. 1 Abs. 1 ; § 18 Abs. 1 BKAG i.d.F. v. 01.06.2017;

Gründe

A.

Das Zwischenverfahren betrifft ein Ersuchen des Richters Wolff vom 31. Juli 2023, das Anlass gibt, seinen Ausschluss von der Ausübung des Richteramts in diesem Verfassungsbeschwerdeverfahren zu prüfen.

I.

Gegenstand des zugrundeliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahrens ist die Vereinbarkeit verschiedener Regelungen des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten ( Bundeskriminalamtgesetz - BKAG ) in der Fassung des Gesetzes zur Neustrukturierung des Bundeskriminalamtgesetzes vom 1. Juni 2017 (BGBl I S. 1354 ) mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ).

Zum einen rügen die Beschwerdeführenden die Ermächtigung des Bundeskriminalamts zum Einsatz besonderer Mittel der Datenerhebung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 39 Abs. 2 Nr. 2 BKAG ) zum Zweck der Terrorismusabwehr. Zum anderen beanstanden sie die Regelungen zur Weiterverarbeitung personenbezogener Daten im Datenbestand des Bundeskriminalamts (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 sowie § 16 Abs. 6 Nr. 2 auch i.V.m. § 29 Abs. 4 Satz 2 BKAG als auch § 18 Abs. 1, 2 und 5 auch i.V.m. § 29 Abs. 4 Satz 2 BKAG ). Soweit die Beschwerdeführenden ursprünglich noch gerügt hatten, die Befugnisse zu Online-Durchsuchungen (§ 49 BKAG ) und Quellen-Telekommunikationsüberwachungen (§ 51 Abs. 2 BKAG ) begründeten nicht mehr hinnehmbare Risiken für die Informationssicherheit in der Bundesrepublik Deutschland, haben sie ihre Verfassungsbeschwerde zurückgenommen.

II.

1. Richter Wolff hat unter Bezugnahme auf die vorliegende Verfassungsbeschwerde in einem Schreiben an den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts als Vorsitzenden des Ersten Senats vom 31. Juli 2023 um eine Entscheidung des Senats gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ( BVerfGG ) gebeten.

Zur Begründung hat er ausgeführt:

1. Das Verfahren

In dem oben genannten Verfahren werden sowohl die Regelungen zu den besonderen Mitteln der Datenerhebung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG ), zu dem verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme (§ 49 BKAG ) und zur Überwachung der Telekommunikation (§ 51 BKAG ) als auch die Regelungen zur Datenweiterverarbeitung auch im Informationssystem unter Einbezug der Zweckbindungsbestimmung (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 Satz 1 sowie § 16 Abs. 6 Nr. 2 auch i.V.m. § 29 Abs. 4 Satz 2 BKAG ) und zur Datenweiterverarbeitung von Verurteilten, Beschuldigten, Tatverdächtigen und sonstigen Anlasspersonen auch im Informationsverbund (§ 18 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 5 auch i.V.m. § 29 Abs. 4 Satz 2 BKAG ) angegriffen. Die Normen wurden vom Bund im Wesentlichen zur Umsetzung des sogenannten BKA-Urteils des Bundesverfassungsgerichts erlassen beziehungsweise abgeändert (BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 20. April 2016 - 1 BvR 966/09 - BVerfGE 141, 220 , im Folgenden: BKA-Urteil).

2. Begründung des Anlasses des Zweifels

Sowohl zu dem BKA-Urteil selbst als auch zu dessen Umsetzung habe ich mich in verschiedenen Formen geäußert, die für sich genommen nach meiner Einschätzung nicht zu dem oben genannten Verfassungsbeschwerdeverfahren dieselbe Sache i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG bilden, sondern ganz oder teilweise jeweils § 18 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 BVerfGG zuzuordnen sind. Es erscheint aber die Frage berechtigt, ob nicht im Sinne einer 'zusammenfassenden Betrachtung' etwas 'Zusätzliches' gegeben ist, das mir eine Art Urheberschaft für die im oben genannten Verfassungsbeschwerdeverfahren angegriffenen Normen zuweist (vgl. BVerfGE 135, 248 <259>), beziehungsweise ein Fall gegeben ist, in dem es sich zwar nicht formell, aber materiell um dieselbe Sache i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG handelt (vgl. BVerfGE 109, 130 <132>), oder ein sonstiger Fall eines über § 18 Abs. 3 BVerfGG überschießenden Bezugs zu dem konkreten oben genannten Verfahren vorliegt, der eine Besorgnis der Befangenheit begründen könnte.

Ich bitte daher, dass der Senat entscheiden möge, ob die unten aufgeführten Gründe nachvollziehbaren Anlass bieten, an der Unvoreingenommenheit von mir als Richter zu zweifeln.

3. Tätigwerden in unterschiedlicher Funktion

Das BKA-Urteil stellt im Bereich des Sicherheitsrechts eine Art 'Kopernikanische Wende' dar, die der Sache nach eine Überarbeitung sämtlicher Sicherheitsgesetze auf Bundes- und Landesebene nach sich zog. Ich selbst sah, wie fast die gesamte akademische Gemeinschaft in Deutschland, die allgemeine Linie, in der das Urteil stand, und das Urteil selbst, grundsätzlich positiv, hatte aber in Einzelbereichen Zweifel an der Überzeugungskraft der Argumentation. So stellte ich etwa in meinem Vortrag auf der Deutschen Staatsrechtslehrertagung im Jahr 2021 die Notwendigkeit infrage, für die Situation der sogenannten konkretisierten Gefahr einen eigenen Begriff zu schaffen.

Aufgrund der weitreichenden Aussagen und der daraus resultierenden Folgen für die Sicherheitsgesetzgebung insgesamt bestand in Wissenschaft und Praxis ein großes Diskussions- und Beratungsbedürfnis. Zu der Interpretation der Entscheidung und ihren Folgen habe ich nach dem Urteil bis zu meiner Ernennung als Richter, wie viele der öffentlich-rechtlichen Kolleginnen und Kollegen, die auf diesem Gebiet arbeiten, in sehr unterschiedlicher Funktion Stellung genommen: als Wissenschaftler, als Lehrender, als Politikberater, als Gutachter und als Verfahrensbevollmächtigter. In diesen Äußerungen habe ich trotz ihrer großen Anzahl keine besondere pointierte und einheitliche Position bezogen. Vielmehr waren die Äußerungen stark von der jeweiligen Funktion geprägt, in der ich die Aussagen formuliert habe, und oft auch durch vorherige Abstimmung mit weiteren Personen, meist den Auftraggebern, beeinflusst. Hierzu im Einzelnen:

4. Entwurf eines Bundestagspolizeigesetzes

In der letzten Legislaturperiode (19. WP) trat die Bundestagsverwaltung mit der Bitte an mich heran, ihr bei der Formulierung eines Entwurfs für ein Bundestagspolizeigesetz zu helfen. Sie wollte nicht die Bundesregierung, insbesondere das Bundesministerium des Innern, um Hilfe bitten. Ziel war es, ein Polizeigesetz zu schaffen, das sich im Rahmen der anderen Bundespolizeigesetze bewegte und nur zu spezifischen Fragen der Bundestagsverwaltung einen eigenen Gedanken enthielt. Die erbetene Unterstützung war dabei nicht verfassungsrechtlicher, sondern einfachrechtlicher und gesetzgebungstechnischer Natur. Der Entwurf wurde von einem größeren Kreis, der aus Mitgliedern der Bundestagsverwaltung und mir bestand, vorbesprochen. Bestimmungen, die nicht spezifisch die Bundestagspolizei betrafen, wurden aus anderen Polizeigesetzen übernommen, insbesondere dem Bundespolizeigesetz sowie einem intern vorliegenden Entwurf zur Änderung des Bundespolizeigesetzes mit dem Zweck der Umsetzung des BKA-Urteils und der Umstellung des Dateiensystems beim BKA und auch dem BKAG . Den gemeinsam erarbeiteten Entwurf, um dessen vertrauliche Behandlung die Verwaltung bat, fasste ich unter meinem Namen zu einem Entwurf zusammen. § 41 des Entwurfs ist den §§ 12 , 16 und 18 BKAG beziehungsweise den Randnummern 277 ff. des BKA-Urteils nachempfunden. Er unterscheidet sich von der Regelung der §§ 16 ff. BKAG insbesondere durch die sehr unterschiedliche Aufgabenstellung der Bundestagspolizei und die fehlende zentrale Stellung bei der Schaffung eines Informationsverbundes. Befugnisnormen zum verdeckten Eingriff in informationstechnische Systeme sieht der Entwurf in der Form vor, als der Bundestagspolizei gestattet wird, das Bundeskriminalamt zu beauftragen (§ 40 Abs. 1 Nr. 2 Entwurf). Eine zusammenfassende Regelung zu den besonderen Mitteln der Datenerhebung kennt der Entwurf nicht.

Dem Entwurf lag zugleich eine an den damaligen Bundestagspräsidenten adressierte persönliche Stellungnahme von mir bei, in der ich, unabhängig von dem Inhalt des von mir konsentierten Gesetzentwurfs, von der Umsetzung des Vorhabens in dieser Form abriet, da Art. 40 Abs. 2 Satz 1 GG die Polizeigewalt nicht dem Bundestag, sondern dem Bundestagspräsidenten zuweist.

Das Vorhaben zum Erlass eines Bundestagspolizeigesetzes wurde in der letzten Legislaturperiode nicht umgesetzt. Vor wenigen Wochen, nach der ersten Senatsberatung zum oben genannten Verfassungsbeschwerdeverfahren, wurde ich von der Bundestagsverwaltung darüber informiert, dass das Vorhaben jetzt neu aufgenommen wird, der alte Entwurf überarbeitet wurde (so wurde etwa in § 41 Entwurf 'weiterverarbeiten' durch 'verarbeiten' ersetzt) und nun der Bundestagspräsidentin vorlegt werden soll. Den neuen Entwurf kenne ich im Einzelnen nicht. Sollte der Senat über §§ 16 , 18 BKAG entscheiden, könnte dies auch Auswirkungen auf die Formulierung des § 41 Entwurf haben.

5. Landesverfassungsgerichtliches Verfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof

Abgeordnete der Landtagsfraktionen von DIE LINKE und BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN des 6. Sächsischen Landtags erhoben im August 2018 eine abstrakte Normenkontrolle gegen 17 Normen des Sächsischen Polizeirechts, insbesondere des Polizeivollzugsdienstgesetzes. Der Verfahrensbevollmächtigte der Landtagsabgeordneten in dem Verfahren ist derselbe wie im hiesigen Verfassungsbeschwerdeverfahren. Seine Antragsschrift ist im Internet veröffentlicht. Angegriffen werden insbesondere die Interventionsbefugnis des Sächsischen Datenschutzbeauftragten, die Befugnis der Polizeibehörden zur Videoüberwachung, die Befugnisse des Polizeivollzugsdienstes zur Identitätskontrolle, zu Aufenthaltsanordnungen, zum unmittelbaren Zwang, auch mit besonderen Waffen, zur KFZ-Kennzeichenkontrolle, zum Einsatz technischer Mittel zur Verhütung schwerer grenzüberschreitender Kriminalität, zur Ausschreibung zur polizeilichen Beobachtung und zur gezielten Kontrolle, zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung, zum Einsatz besonderer technischer Mittel (§ 63 SächsPVDG) und von V-Leuten, zur Überwachung der Telekommunikation und Telemedien und zur Zurückstellung der Benachrichtigung. Angegriffen wird auch die Befugnis zur Datenweiterverarbeitung (§ 80 SächsPVDG) und zum Datenabgleich.

Viele der angegriffenen Normen besitzen einen inhaltlichen Kern, der sich mehr oder weniger an den Normen des BKAG orientiert, jeweils angepasst an das kompetenzielle und systematische Umfeld und an abweichende politische Entscheidungen im Einzelnen. Thematische Überschneidungen bestehen zu den im oben genannten Verfahren zum BKAG angegriffenen Bestimmung bei der Regelung zu den besonderen technischen Mitteln und der Datenverarbeitung.

Die Regelung zu den besonderen technischen Mitteln ist über weite Passagen gleich, nicht aber hinsichtlich der Bestimmung der Kontaktpersonen. Die Regelung zur Datenverarbeitung gestattet der Sächsischen Vollzugspolizei in § 80 Abs. 1 SächsPVDG personenbezogene Daten nach Maßgabe des § 79 SächsPVDG in polizeilichen Informationssystemen weiterzuverarbeiten, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist und dieses Gesetz oder andere Rechtsvorschriften keine zusätzlichen besonderen Voraussetzungen vorsehen. In Absatz 2 wird dann die Weiterverarbeitung von repressiv erhobenen Daten zu präventiven Zwecken und in Absatz 3 die Weiterverarbeitung zum Zwecke der Straftatenverhütung oder Straftatenverfolgungsvorsorge und in Absatz 4 bis 7 werden Einzelfragen geregelt. Die Normen sind dabei von vornherein auf die Aufgabenstellung des Sächsischen Polizeivollzugs bezogen (§ 2 SächsPVDG - Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, mitsamt Straftatenverhinderung und vorbeugender Bekämpfung), der anders als die präventiven Befugnisse des BKA nicht auf Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus (§ 5 BKAG ) beschränkt ist. Weiter ist verfassungsrechtlicher Maßstab nicht das Grundgesetz , sondern die sächsische Verfassung.

In diesem noch nicht abgeschlossenen Verfahren nahm ich für die Sächsische Staatsregierung vier Mal Stellung. Das Mandat legte ich kurz vor meiner Ernennung zum Richter des Bundesverfassungsgerichts nieder. Meine Stellungnahmen stellten die angegriffenen Normen jeweils als verfassungsgemäß dar. Dabei wird insbesondere der jeweilige Inhalt, der systematische Kontext und der Unterschied zu den vorausgehenden landesrechtlichen Normen dargestellt. Hinsichtlich der gesetzgeberischen Wertungen wiederholen die Stellungnahmen vor allem die in den Landtagsdrucksachen eingenommenen Positionen. Da der Verfassungsgerichtshof des Freistaates Sachsen schon zwei Mal umfangreich zum sächsischen Polizeigesetz und dabei auch ausdrücklich zu einigen der neu angegriffenen Normen entschieden hatte, nimmt der Schriftsatz auch zu der Frage der Rechtskraft landesverfassungsgerichtlicher Urteile Stellung. Wegen der Bedeutung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung der sächsischen Grundrechtsnormen spielte in den Stellungnahmen wiederholt auch die Interpretation des BKA-Urteils argumentativ eine Rolle.

Beschränkt man sich auf den Teil der Normen, die die Weitergabe und Zweckänderung im Wortlaut ähnlich wie die Passage in Randnummer 277 des BKA-Urteils und in §§ 16 , 18 BKAG betreffen, bezieht sich darauf zumindest eine Stellungnahme zu dem in der Antragsschrift wiederholt verwendeten Begriff der Datenbevorratung. Am Ende des Schriftsatzes finden sich die Bezugnahmen speziell zu § 80 SächsPVDG. Dort werden der Inhalt der Norm, die Gesetzesmotive und die Abweichungen zur Vorgängernorm dargestellt. Anschließend wird dann konkret zu der Antragsschrift vorgetragen, indem die einzelnen Argumente des Antragsstellers zurückgewiesen werden, ohne daneben noch eine zusätzliche positive Argumentationslinie zur Stützung der Verfassungsmäßigkeit zu begründen. Ein Bezug zum BKAG und dem BKA-Urteil findet sich an einer Stelle, an der dargelegt wird, weshalb der Gesetzgeber nicht, wie von den Antragsstellern vorgeschlagen, § 18 Abs. 2 BKAG übernommen hat, sondern eine eigenständige Regelung geschaffen hat.

6. Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung

Im Januar 2016 erhob ich als Verfahrensbevollmächtigter eine Verfassungsbeschwerde der Freien Demokratischen Partei e.V. (FDP), sowie einzelner Mitglieder der FDP-Fraktion des 18. Deutschen Bundestags gegen das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (sog. Vorratsdatenspeicherung). Auch dieses Mandat legte ich vor meiner Ernennung als Richter des Bundesverfassungsgerichts nieder. Nach der Verkündung des BKA-Urteils ergänzte ich damals meine Stellungnahme und erweiterte meine Argumentation insofern, als ich die neuen Argumente, die sich aus dem BKA-Urteil meiner Ansicht nach für die Verfassungsbeschwerde ziehen ließen, darstellte. Ein konkreter Bezug zu den angegriffenen Normen im oben genannten Verfassungsbeschwerdeverfahren besteht meiner Ansicht nach nicht; es bestehen aber thematische Überschneidungen.

7. Gutachten für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit (FNF)

Im Jahr 2016 erstellte ich im Auftrag der FNF ein nach wie vor im Internet einsehbares Rechtsgutachten zum Umsetzungsbedarf des BKA-Urteils mit dem Titel 'Der Umsetzungsbedarf des Bundes und der Länder aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 20.04.2016 zum BKAG ', in dem auch zu den internen Übermittlungsnormen und deren Anpassungsbedarf Stellung genommen wird. Als Resümee für den Bereich der Datenverarbeitung ist dort festgehalten, dass nach meiner Einschätzung das Bundesverfassungsgericht bei der Formulierung der Voraussetzungen für Übermittlungsbefugnisse dem Gesetzgeber entgegenkommen und seine eigene Rechtsprechung konsolidieren wollte. Weiter stelle die Entscheidung eine kontinuierliche Fortbildung der Grundlagen des verfassungsrechtlichen Datenschutzes dar und weise eine Verbindung zum informationellen Trennungsgebot auf. Das Gericht dürfe dabei vermutlich erwarten, dass alle Normen, die die Weitergabe von auf geheimen Informationseingriffen beruhenden personenbezogenen Daten regeln, nunmehr an diesen neuen Vorgaben überprüft würden. Weiter habe ich dort im Anhang ein Prüfschema für den Änderungsbedarf von Sicherheitsgesetzen entworfen und an diesem im Rahmen eines Schnelltests die fünf wichtigsten Sicherheitsgesetze des Bundes - ohne das BKAG - und die Sicherheitsgesetze der Länder Brandenburg und Baden-Württemberg gemessen. Die Regelungen zu den besonderen Mitteln der Datenerhebung sind dort wiederholt abstrakt angesprochen.

8. Darstellungen im wissenschaftlichen Kontext

Schließlich habe ich mich zu dem Änderungsbedarf und zu den nachfolgenden gesetzlichen Regelungen in verschiedenen Publikationen wissenschaftlich geäußert. Auf Anfrage der Schriftleitung der Zeitschrift für Gesetzgebung habe ich im Jahr 2016 unmittelbar nach der Veröffentlichung des BKA-Urteils einen längeren Besprechungsaufsatz verfasst, bei dem auch die hier in Rede stehenden verfassungsrechtlichen Gedanken zu Datenverarbeitungsnormen zur Sprache kamen. Vier Jahre später habe ich bei der Kommentierung von Art. 74 Abs. 1 Nr. 9a GG im Bonner Kommentar am Ende eine Darstellung des geltenden Rechts eingefügt. Zu erwähnen ist auch eine ausgesprochen ausführliche und lange Falllösung, die sich um die sogenannte 'drohende Gefahr' des Bayerischen Polizeiaufgabengesetzes dreht, die wiederum für sich in Anspruch nimmt, die Gedanken des BKA-Urteils verallgemeinert zu haben. Die Falllösung stellt ebenfalls die Probleme dar, ohne dass für eine besondere Seite in pointierter Weise Stellung genommen wird. Auf gleicher Ebene dürfte meine Zusammenfassung der Datenverarbeitungsgrundsätze einzuordnen sein, die in dem Bayerischen Polizeirechtslehrbuch, das von Hans Ullrich Gallwas gegründet und von mir und meinem Schüler Josef Lindner fortgeführt wurde, enthalten ist. Ohne besondere Schlussfolgerungen daraus zu ziehen, ist das BKA-Urteil schließlich unter anderem in der Stellungnahme des Untersuchungsausschusses 6/1 des Landtages Brandenburg vom 12. Juli 2016 sowie vor dem Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zum 'Breitscheidplatz' erwähnt.

2. Die Beschwerdeführenden und die nach § 94 Abs. 4 in Verbindung mit § 77 Nr. 1 BVerfGG Äußerungsberechtigten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

Nach Auffassung der Beschwerdeführenden spricht in einer Gesamtschau Überwiegendes gegen die Besorgnis der Befangenheit des Richters Wolff. Zwar seien einige Vorschriften des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes an den im Verfassungsbeschwerdeverfahren streitgegenständlichen Normen ausgerichtet, sodass insbesondere die §§ 79 und 80 SächsPVDG wörtliche Übereinstimmungen zu § 16 Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 1 und 5 BKAG aufwiesen. Insoweit ähnelten sich die Antragsschrift im abstrakten Normenkontrollverfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof und die Beschwerdeschrift im vorliegenden Verfahren in weitem Umfang. Gegen die Besorgnis der Befangenheit spreche indes, dass die von Richter Wolff im abstrakten Normenkontrollverfahren vertretene Sächsische Staatsregierung im vorliegenden Verfassungsbeschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben habe. Zudem unterschieden sich die Prüfungsmaßstäbe in beiden Verfahren, wobei divergierende Schutzstandards zwischen der Verfassung des Freistaates Sachsen und dem Grundgesetz nicht ausgeschlossen seien.

Die übrigen Äußerungsberechtigten haben von einer Stellungnahme abgesehen.

III.

Die von Richter Wolff angezeigten Umstände geben Anlass, einen Beschluss des Senats über die Besorgnis der Befangenheit gemäß § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 BVerfGG herbeizuführen. Zu der Prüfung von Ausschlussgründen aus § 18 Abs. 1 BVerfGG ist der Senat wegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ohnehin in jedem Stadium eines Verfahrens verpflichtet (vgl. BVerfGE 46, 34 <35 f.>; 95, 322 <330>; 152, 332 <335 Rn. 5>).

B.

Richter Wolff ist von der Mitwirkung an dem Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht kraft Gesetzes (§ 18 BVerfGG ) ausgeschlossen. Bei vernünftiger Würdigung aller Umstände (vgl. BVerfGE 148, 1 <6 Rn. 17>; 152, 332 <335 Rn. 6>; 159, 135 <141 Rn. 18>) besteht auch kein ausreichender Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln (§ 19 BVerfGG ).

I.

Richter Wolff ist in diesem Verfassungsbeschwerdeverfahren nicht kraft Gesetzes von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen (§ 18 BVerfGG ).

1. Nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist ein Richter oder eine Richterin des Bundesverfassungsgerichts von der Ausübung seines oder ihres Richteramts ausgeschlossen, wenn er oder sie in derselben Sache von Amts oder Berufs wegen tätig gewesen ist. Diese Vorschrift garantiert die subjektive Unabhängigkeit des Richters oder der Richterin und stellt die Offenheit und Unbefangenheit im Hinblick auf den zur Entscheidung anstehenden Fall sicher. Die Ausschlussregelung ist eng auszulegen (vgl. BVerfGE 140, 115 <136 f. Rn. 50 f.>; 152, 332 <335 f. Rn. 8>; 155, 357 <368 Rn. 18>; stRspr).

Das Merkmal "in derselben Sache" in § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG ist stets in einem konkreten, strikt verfahrensbezogenen Sinn zu verstehen. Es genügt dabei nicht, dass der Richter oder die Richterin in seiner oder ihrer früheren amtlichen oder beruflichen Eigenschaft in einem mit dem anhängigen verfassungsgerichtlichen Verfahren in irgendeinem Zusammenhang stehenden Verfahren tätig geworden ist. Zu einem Ausschluss kann regelmäßig lediglich eine Tätigkeit in dem verfassungsgerichtlichen Verfahren selbst oder in dem diesem unmittelbar vorausgegangenen und ihm sachlich zugeordneten Verfahren (Ausgangsverfahren) führen (vgl. BVerfGE 148, 1 <5 f. Rn. 14>; 152, 332 <336 Rn. 9>; 155, 357 <369 Rn. 19>).

Nicht als Tätigkeit "in derselben Sache" gelten die Mitwirkung im Gesetzgebungsverfahren (§ 18 Abs. 3 Nr. 1 BVerfGG ) und die Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu einer Rechtsfrage, die für das Verfahren bedeutsam sein kann (§ 18 Abs. 3 Nr. 2 BVerfGG ).

2. a) Gemessen hieran stellt die Prozessvertretung der Sächsischen Staatsregierung durch Richter Wolff im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof hinsichtlich verschiedener Vorschriften des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes (SächsPVDG; Ziffer 5 des Ersuchens) kein Tätigwerden "in derselben Sache" dar. Weder handelt es sich um eine Tätigkeit im streitgegenständlichen Verfassungsbeschwerdeverfahren noch um eine solche in einem ihm unmittelbar vorausgegangenen und sachlich zugeordneten Ausgangsverfahren. Allein der Umstand, dass die im Verfahren vor dem Sächsischen Verfassungsgericht angegriffenen Normen des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes teilweise wortgleich mit den hier angegriffenen Normen sind, begründet kein Tätigwerden "in derselben Sache".

Ein Tätigwerden "in derselben Sache" liegt schließlich auch nicht vor, soweit Richter Wolff in einem anderen Verfassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht als Prozessbevollmächtigter aufgetreten ist (Ziffer 6 des Ersuchens). Dies genügte für einen Ausschluss nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 BVerfGG selbst dann nicht, wenn dessen Gegenstand - anders als vorliegend - mit demjenigen des zur Entscheidung anstehenden Verfahrens teilweise übereinstimmte (vgl. BVerfGE 109, 130 <131>).

b) Die übrigen in dem Ersuchen unter den Ziffern 3, 4 und 7 bis 8 aufgeführten Tätigkeiten fallen - soweit sie überhaupt einen hinreichend engen Bezug zu den vorliegend streitbefangenen Normen und den maßgeblichen Rechtsfragen aufweisen - jedenfalls in den Anwendungsbereich von § 18 Abs. 3 Nr. 1 und 2 BVerfGG .

Bei dem veröffentlichten Vortrag auf der Deutschen Staatsrechtslehrertagung, den Beiträgen in juristischen Fachzeitschriften, Lehrbüchern und Kommentaren (im Einzelnen aufgeführt unter Ziffer 3 und 8 des Ersuchens) sowie dem im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit erstatteten Gutachten (Ziffer 7 des Ersuchens) handelt es sich um wissenschaftliche Äußerungen nach § 18 Abs. 3 Nr. 2 BVerfGG . Gleichermaßen gilt dies für die Stellungnahmen gegenüber den Untersuchungsausschüssen des Landtages Brandenburg sowie des Deutschen Bundestages (Ziffer 8 des Ersuchens).

Dem Anwendungsbereich des § 18 Abs. 3 BVerfGG unterfällt schließlich ebenfalls die Mitarbeit des Richters Wolff an dem Entwurf eines Bundestagspolizeigesetzes (Ziffer 4 des Ersuchens). Dabei kann letztlich offenbleiben, ob diese als Mitwirkung an einem - dann allerdings ohnehin nicht einmal dem streitgegenständlichen -Gesetzgebungsverfahren oder als Äußerung einer wissenschaftlichen Meinung zu Rechtsfragen zu werten ist. Denn in beiden Fällen ist sie von der Ausschlusswirkung eines Tätiggewesenseins in derselben Sache ausgenommen (vgl. BVerfGE 135, 248 <256 Rn. 20>).

II.

Die von Richter Wolff in seiner Erklärung angezeigten Umstände geben im Ergebnis keinen Anlass, an seiner Unvoreingenommenheit zu zweifeln. Er ist daher nicht wegen Besorgnis der Befangenheit von der Ausübung seines Richteramts ausgeschlossen.

1. a) Die Besorgnis der Befangenheit eines Richters oder einer Richterin des Bundesverfassungsgerichts nach § 19 BVerfGG setzt einen Grund voraus, der geeignet ist, Zweifel an der Unvoreingenommenheit zu rechtfertigen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter oder die Richterin tatsächlich parteilich oder befangen ist oder sich selbst für befangen hält. Entscheidend ist allein, ob bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass besteht, an der Unvoreingenommenheit zu zweifeln (vgl. BVerfGE 152, 332 <337 Rn. 15>; 156, 340 <348 f. Rn. 21>; 159, 135 <141 Rn. 18> m.w.N.).

Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn die Umstände Anlass zur Sorge geben, dass ein Richter oder eine Richterin aus persönlichen oder anderen Gründen auf eine bestimmte Rechtsauffassung schon so festgelegt ist, dass er oder sie sich gedanklich nicht mehr lösen kann oder will und entsprechend für Gegenargumente nicht mehr offen ist. Zwar ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Richterinnen und Richter des Bundesverfassungsgerichts über jene innere Unabhängigkeit und Distanz verfügen, die sie befähigen, in Unvoreingenommenheit und Objektivität zu entscheiden. Bei den Vorschriften über die Besorgnis der Befangenheit geht es aber auch darum, bereits den bösen Schein einer möglicherweise fehlenden Unvoreingenommenheit zu vermeiden (vgl. BVerfGE 152, 332 <337 f. Rn. 15>; 156, 340 <348 f. Rn. 21>; 159, 135 <141 f. Rn. 19> m.w.N.).

Danach können Zweifel an der notwendigen Objektivität und Unvoreingenommenheit insbesondere dann berechtigt sein, wenn frühere Forderungen nach einer Rechtsänderung in einer konkreten Beziehung zu einem während der Amtszeit beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren stehen (vgl. BVerfGE 148, 1 <7 f. Rn. 19>; 152, 332 <338 Rn. 17>). Auch in diesen Konstellationen ist jedoch entscheidend, ob das Verhalten den Schluss zulässt, der Richter oder die Richterin stehe einer der eigenen entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht mehr frei und unvoreingenommen gegenüber, sondern sei bereits festgelegt (vgl. BVerfGE 142, 9 <15 Rn. 18> m.w.N.; 148, 1 <9 f. Rn. 24>). Dabei kommt es für die aus der Befürchtung einer bereits vorgefassten Rechtsauffassung gespeiste berechtigte Besorgnis fehlender Unvoreingenommenheit und Offenheit auf den Eindruck der Vorfestlegung zu den im anhängigen Verfahren relevanten Rechtsfragen an (vgl. BVerfGE 152, 332 <338 f. Rn. 17> m.w.N.).

Die Sorge, dass der Richter oder die Richterin die streitigen Rechtsfragen nicht mehr offen und unbefangen beurteilen werde, kann weiterhin etwa bestehen, wenn Äußerungen zu verfassungsrechtlichen Fragen als Bevollmächtigter oder Bevollmächtigte eines an einem früheren Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht Beteiligten abgegeben wurden und der in dem früheren Verfahren verfolgte Rechtsstandpunkt auch im anhängigen Verfahren von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. BVerfGE 95, 189 <191 f.>; 101, 46 <51>; 109, 130 <132>). Prozessvertretungen können für sich genommen, auch wenn sie für das anhängige Verfahren relevante Rechtsfragen betroffen haben, wegen der auf die Wahrung der Interessen des Vertretenen ausgerichteten Rolle Zweifel an der Unvoreingenommenheit regelmäßig nicht begründen. Eine andere Bewertung kann sich aber ergeben, wenn besondere Umstände hinzutreten. Hinsichtlich dieser objektiven Umstände ist auf eine Würdigung des Einzelfalls abzustellen. Von Bedeutung ist etwa, ob die Tätigkeit die besondere Unterstützung eines auch im gegenständlichen Verfahren Beteiligten bezweckte oder ob eine zeitliche und sachliche Verklammerung zwischen der früheren Tätigkeit und dem anhängigen Verfahren besteht (vgl. BVerfGE 95, 189 <191 f.>; 101, 46 <51 f.>; 109, 130 <132>).

b) Die Besorgnis der Befangenheit im Sinne von § 19 BVerfGG kann allerdings nicht aus Gründen hergeleitet werden, die nach der ausdrücklichen Regelung in § 18 Abs. 2 und 3 BVerfGG einen Ausschluss von der Ausübung des Richteramtes nicht rechtfertigen (vgl. BVerfGE 82, 30 <38>; 135, 248 <257 Rn. 24>; 152, 332 <339 Rn. 18>; 155, 357 <371 f. Rn. 29>). Es wäre ein Wertungswiderspruch, könnte gerade wegen eines dieser Gründe ein Richter oder eine Richterin aufgrund der Besorgnis der Befangenheit von der Mitwirkung ausgeschlossen werden. Daher muss stets etwas Zusätzliches gegeben sein, das über die bloße Tatsache der Mitwirkung am Gesetzgebungsverfahren und das Äußern einer wissenschaftlichen Meinung zu einer für das jetzige Verfahren bedeutsamen Rechtsfrage hinausgeht, damit eine Besorgnis der Befangenheit nach dem dafür geltenden Maßstab als begründet erachtet werden kann (vgl. BVerfGE 82, 30 <38 f.>; 135, 248 <257 Rn. 24>; 148, 1 <8 Rn. 20>; 152, 332 <339 Rn. 18>). Diese zusätzlichen Umstände müssen eine besonders enge Beziehung des Richters oder der Richterin zu den zur verfassungsrechtlichen Prüfung anstehenden Normen in der Öffentlichkeit geschaffen haben (vgl. BVerfGE 148, 1 <8 Rn. 20>; 152, 332 <339 Rn. 18>).

c) Diese Maßstäbe finden einheitlich bei Entscheidungen über Befangenheitsgesuche nach § 19 Abs. 1 BVerfGG und bei Entscheidungen über Ersuchen nach § 19 Abs. 3 in Verbindung mit § 19 Abs. 1 BVerfGG Anwendung (vgl. BVerfGE 101, 46 <53>; 109, 130 <132>; 152, 332 <338 Rn. 16>).

2. Bei Anwendung dieser Maßstäbe bestehen hinsichtlich der von Richter Wolff dargelegten tatsächlichen Umstände weder aufgrund einzelner Aspekte noch aus deren summativer Wirkung (dazu BVerfGE 135, 248 <257 f. Rn. 26>; 152, 332 <339 Rn. 19>) ausreichende Gründe für die Besorgnis seiner Befangenheit.

a) Die Tatsache, dass Richter Wolff im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle vor dem Sächsischen Verfassungsgerichtshof als Prozessbevollmächtigter der Sächsischen Staatsregierung aufgetreten ist, ist vorliegend nicht geeignet, Zweifel an seiner Unvoreingenommenheit zu begründen. Davon gehen die Beschwerdeführenden ausweislich ihres Schriftsatzes selbst aus. Es fehlt an besonderen Umständen, die über die bloße Prozessvertretung eines im streitgegenständlichen Verfahren Äußerungsberechtigten in einem anderen Verfahren hinaus die Besorgnis rechtfertigen, dass Richter Wolff die vorliegend streitigen Rechtsfragen nicht mehr offen und unbefangen beurteilen werde.

aa) In personeller Hinsicht ist dabei zu gewichten, dass die Beschwerdeführenden im Verfassungsbeschwerdeverfahren und die Antragstellenden im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle nicht personenidentisch sind. Die Sächsische Staatsregierung hat im vorliegenden Verfahren nicht Stellung genommen und ist auch nicht nach § 94 Abs. 5 BVerfGG beigetreten. Für die Annahme, dass Richter Wolff zur Sächsischen Staatsregierung eine besondere Nähebeziehung aufweist, die über die Prozessvertretung hinausgeht, ergeben sich aus dem Ersuchen vom 31. Juli 2023 keine Anhaltspunkte.

bb) Auch eine sachliche Verklammerung zwischen dieser Tätigkeit und dem vorliegenden Verfahren lässt sich nicht feststellen, sodass es auf eine etwaige zeitliche Nähe nicht entscheidend ankommt.

Insbesondere betreffen beide Verfahren nicht - auch nicht nur teilweise - denselben Gegenstand (vgl. hierzu BVerfGE 109, 130 <132>). Allein, dass einige der zahlreichen zur Überprüfung gestellten Vorschriften des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes den vorliegend angegriffenen Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes teilweise nachgebildet sind und ebenso das Ziel verfolgen, die Anforderungen des Urteils des Ersten Senats vom 20. April 2016 zum Bundeskriminalamtgesetz (BVerfGE 141, 220 - BKA-Gesetz) umzusetzen (vgl. LT-Drucks 6/14791, S. 1, 142), ändert hieran nichts. Überdies ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren der abstrakten Normenkontrolle durch den Sächsischen Verfassungsgerichtshof am Maßstab der Verfassung des Freistaates Sachsen zu bewerten ist, während sich die Beschwerdeführenden vorliegend allein auf Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG berufen. Damit ist auch die Beurteilungsgrundlage beider Verfahren nicht identisch.

cc) Im Übrigen lassen die durch Richter Wolff für die Sächsische Staatsregierung im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle verfassten Schriftsätze eine verfassungsrechtliche Vorfestlegung für die vorliegend streitgegenständlichen Fragen nicht erkennen.

Erkennbar hat Richter Wolff im Sinne der vertretenen Sächsischen Staatsregierung argumentiert. Dies ist jedoch schon seiner Rolle als Prozessvertreter geschuldet (vgl. Rn. 24). Inhaltlich hat sich Richter Wolff aber im Wesentlichen auf die im Urteil zum Bundeskriminalamtgesetz durch das Bundesverfassungsgericht konsolidierten Maßstäbe bezogen und die im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle zur Überprüfung gestellten Normen des Sächsischen Polizeivollzugsdienstgesetzes im Lichte dieser Maßstäbe gewürdigt. Ein besonderes Eintreten etwa für ein bestimmtes verfassungsrechtliches Konzept, auf das er sich festgelegt hat, liegt seinen Schriftsätzen nicht zugrunde. Vielmehr orientieren sich die Ausführungen an einer Lesart der Maßstäbe des Senats. Allein eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den einschlägigen Fragestellungen kann für sich genommen weder als verfassungsrechtliche Vorfestlegung verstanden werden noch die Besorgnis der Befangenheit begründen.

b) Die Vertretung im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen das Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten (1 BvR 229/16) begründet bei vernünftiger Würdigung ebenfalls keinen Anschein einer derartigen Vorfestlegung. Anders als im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle für die Sächsische Staatsregierung hat Richter Wolff hier infolge seiner prozessualen Rolle auf Seiten der dortigen Beschwerdeführenden gegen die Verfassungsmäßigkeit einer Informationserhebungsbefugnis argumentiert. Auch insoweit orientieren sich seine Ausführungen indes eng an einer Auslegung der für einschlägig erachteten Passagen des Urteils des Ersten Senats zum Bundeskriminalamtgesetz , um Rückschlüsse auf die gerügte Verfassungswidrigkeit der im dortigen Verfahren zur Überprüfung stehenden Normen zu ermöglichen. Neben einer damit nicht erkennbaren Vorfestlegung ist im Übrigen auch eine sachliche Verklammerung zwischen dieser Tätigkeit und dem vorliegend maßgeblichen Verfahren nicht ersichtlich.

c) Keine Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen ferner die wissenschaftlichen Äußerungen von Richter Wolff. Diese sind nicht durch besondere zusätzliche, deutlich hinausreichende Umstände gekennzeichnet, aus denen sich der Anschein einer fehlenden Unvoreingenommenheit gegenüber den entscheidungsrelevanten Rechtsfragen ergeben könnte.

So sind die wissenschaftlichen Beiträge bereits nicht spezifisch auf das vorliegende Verfahren und dessen verfassungsrechtliche Fragen bezogen. Richter Wolff hat sich zwar in verschiedenen wissenschaftlichen Äußerungen unter anderem differenziert mit der einschlägigen Rechtsprechung des Senats, insbesondere auch den Vorgaben des Urteils zum Bundeskriminalamtgesetz , auseinandergesetzt. Dies ist für rechtswissenschaftlich Arbeitende, die sich auch mit sicherheitsrechtlichen Fragestellungen befassen, indes schwerlich vermeidbar und keineswegs ungewöhnlich. Soweit sich überhaupt inhaltliche Überschneidungen zum vorliegenden Verfahren ergeben, werden die zahlreichen Aussagen und Implikationen des Urteils des Ersten Senats zum Bundeskriminalamtgesetz überwiegend deskriptiv und systematisierend dargestellt sowie im einfach- und verfassungsrechtlichen Kontext verortet. Es finden sich sowohl zustimmende als auch kritische Aspekte, ohne eine rechtspolitische oder dezidiert verfassungsrechtliche Vorfestlegung erkennen zu lassen. Dass aber allgemein gehaltene rechtliche Überlegungen auch in einem konkreten Verfahren zur Anwendung gelangen können, ist ihnen immanent und könnte allenfalls dann zur Besorgnis der Befangenheit führen, wenn weitere Umstände in der Person des Richters oder der Richterin hinzuträten, aus denen auf eine fehlende Unvoreingenommenheit und eine Vorfestlegung zu entscheidungsrelevanten Rechtsfragen geschlossen werden könnte (vgl. BVerfGE 156, 340 <350 Rn. 25>; 159, 135 <146 Rn. 36>). Dies ist nicht der Fall. Insbesondere bezweckten die wissenschaftlichen Tätigkeiten nicht die Unterstützung eines der hiesigen Verfahrensbeteiligten (vgl. BVerfGE 95, 189 <191 f.>; 101, 46 <50 f.>) und blieben frei von Vorfestlegungen mit Blick auf die vorliegend bedeutsamen Rechtsfragen. Auch das für die Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit erstellte Gutachten erörterte lediglich die Umsetzung der durch das Urteils des Ersten Senats zum Bundeskriminalamtgesetz konsolidierten verfassungsrechtlichen Vorgaben. Eine irgendwie geartete Urheberschaft für später in Kraft getretene Normen oder die Forderung nach einer Rechtsänderung kann hieraus nicht abgeleitet werden (vgl. BVerfGE 148, 1 <7 f. Rn. 19>; 152, 332 <338 Rn. 17>).

d) Zweifel an der Objektivität des Richters Wolff sind nicht aufgrund dessen Mitwirkung am Entwurf für ein Bundestagspolizeigesetz in der 19. Legislaturperiode berechtigt. Es handelt sich nicht um eine Mitwirkung an den vorliegend streitgegenständlichen Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes . Dass der - bislang nicht umgesetzte - Entwurf des Bundestagspolizeigesetzes zum Teil inhaltsgleiche Regelungen aufweist, die mangels spezifischer Bezüge zur Bundestagspolizei dem Bundeskriminalamtgesetz nachgebildet werden sollten, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Insoweit fehlt es offensichtlich an Umständen, die eine besonders enge Beziehung des Richters zu den vorliegend zur verfassungsrechtlichen Prüfung anstehenden Vorschriften des Bundeskriminalamtgesetzes befürchten lassen oder gar zur Übernahme einer Gewährsfunktion für die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen gerade in den hier angegriffenen Punkten geführt haben könnten.

e) Auch eine Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung der konkreten Art und Weise (vgl. BVerfGE 135, 248 <257 Rn. 25>; 152, 332 <344 f. Rn. 29>) der von Richter Wolff aufgeführten Tätigkeiten vermag die Besorgnis der Befangenheit nicht zu tragen. Zwar können sich hinzutretende besondere Umstände grundsätzlich aus deren summativer Wirkung ergeben (vgl. BVerfGE 135, 248 <257 Rn. 25>; 152, 332 <339 Rn. 19>). Aber auch bei Abstellen auf das Zusammenwirken unterschiedlicher Umstände müssen diese in der Gesamtschau nachvollziehbar den Eindruck fehlender Unvoreingenommenheit gegenüber den entscheidungsrelevanten Rechtsfragen begründen.

Dies ist nicht der Fall. Die im Ersuchen aufgeführten Tätigkeiten des Richters Wolff - die allesamt zeitlich vor seiner Wahl und Ernennung zum Richter des Bundesverfassungsgerichts liegen (vgl. BVerfGE 142, 9 <14 Rn. 17>; 142, 18 <21 Rn. 14>) - sind insgesamt nicht durch Umstände gekennzeichnet, die eine Befürchtung fehlender Neutralität und Unvoreingenommenheit gegenüber den einschlägigen Rechtsfragen des anhängigen Verfahrens begründen können.

Insbesondere ist seinen wissenschaftlichen Äußerungen - wie auch den jeweiligen Prozessvertretungen - erkennbar keine Vorfestlegung zu entnehmen. Richter Wolff hat sich auch nicht ausdrücklich zur Verfassungswidrigkeit der hier angegriffenen Normen festgelegt oder auch nur geäußert, noch hat er etwa für diese eine besondere Gewährsfunktion übernommen. Dass er in der öffentlichen Wahrnehmung mit diesen Vorschriften überhaupt speziell in Verbindung gebracht wird, ist nicht erkennbar. Für ein besonderes Engagement des Richters Wolff, das ihn in der Öffentlichkeit gar als geistigen Urheber des vorliegenden Regelungskonzepts oder auch nur als vehementen, einer Änderung seiner Rechtsansicht nicht mehr offenen Verfechter der hier streitgegenständlichen Regelungen des Bundeskriminalamtgesetzes erscheinen ließe, ist ebenfalls nichts ersichtlich.