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Brandenburgisches OLG: Unterhaltsleitlinien (Stand: 01.01.2016)

Vorbemerkung

Die Leitlinien sind von Richterinnen und Richtern der Familiensenate des Brandenburgischen Oberlandesgerichts erarbeitet worden. Die Unterhaltsleitlinien sind keine verbindlichen Rechts- oder Rechtsanwendungssätze, dienen aber dem Ziel, die Rechtsprechung möglichst zu vereinheitlichen. Sie gelten ab 01.01.2016. Gegenüber den vom 1. August bis zum 31. Dezember 2015 geltenden Leitlinien ergeben sich inhaltliche Änderungen in den Nrn. 1.5, 1.6, 2.5, 13.1 und in den Anlagen I und II.

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen

Zum Bruttoeinkommen gehören alle Einkünfte und geldwerten Vorteile, z.B. Arbeitsverdienst (inklusive anteiligen Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie sonstiger Einmalleistungen, anteilig auf den Monat umgelegt), Renten und Pensionen.

1.2 Unregelmäßiges Einkommen

Höhere einmalige Zahlungen (z.B. Jubiläumszuwendungen) können auf einen längeren Zeitraum als ein Jahr verteilt werden. Abfindungen sind zur Wahrung der bisherigen Lebensverhältnisse i.d.R. auf einen angemessenen Zeitraum umzulegen.

1.3 Überstunden

Überstundenvergütungen werden dem Einkommen zugerechnet, soweit sie in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind.

In Mangelfällen erfolgt die Zurechnung unabhängig von Umfang und Berufsüblichkeit. Im Übrigen ist die Zurechnung unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach Treu und Glauben zu beurteilen.

Diese Grundsätze gelten auch für Einkünfte aus einer Nebentätigkeit.

1.4 Spesen und Auslösungen

Spesen und Auslösungen werden dem Einkommen zugerechnet, soweit dadurch eine Ersparnis eintritt oder Überschüsse verbleiben. Im Zweifel kann davon ausgegangen werden, dass eine Ersparnis eintritt oder Überschüsse verbleiben, die mit einem Drittel der Nettobeträge zu bewerten und insoweit dem Einkommen zuzurechnen sind.

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

Bei Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen ist i.d.R. von dem Gewinn dreier aufeinanderfolgender Geschäftsjahre auszugehen. Für zurückliegende Zeiträume können die in dem jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte maßgebend sein (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1532 ff. Rdnr. 23).

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen sind nach Abzug der zur Erzielung dieser Einnahmen notwendigen Ausgaben als Einkommen zu berücksichtigen. Bei schwankenden Einnahmen ist auf den Durchschnitt mehrerer Jahre abzustellen. Für zurückliegende Zeiträume können die in dem jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte maßgebend sein (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1532 ff. Rdnr. 23).

1.7 Steuererstattungen

Steuererstattungen finden i.d.R. in dem Jahr, in dem sie anfallen, Berücksichtigung, ebenso Steuernachzahlungen. Sie können für die nachfolgenden Jahre fortgeschrieben werden, wenn die Bemessungsgrundlagen im Wesentlichen unverändert geblieben sind.

Nach Auffassung des 3. Familiensenats sind Steuererstattungen oder -nachzahlungen stets in dem Jahr zu berücksichtigen, das dem Steuerjahr folgt. Bei Selbständigen setzt der 3. Familiensenat i.d.R. die für die Geschäftsjahre geschuldeten Steuern an, die der Unterhaltsberechnung zugrunde gelegt werden.

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld

Arbeitslosengeld gem. § 136 SGB III ist ebenso Einkommen wie Krankengeld.

2.2 Leistungen nach dem SGB II

Arbeitslosengeld II nach dem SGB II ist auf Seiten des Unterhaltspflichtigen Einkommen. Beim Unterhaltsberechtigten sind subsidiäre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 19 ff. SGB II kein Einkommen. Jedoch kann seine Unterhaltsforderung bei Nichtberücksichtigung solcher Leistungen in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH, FamRZ 1999, 843; FamRZ 2001, 619). Nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen.

2.3 Wohngeld

Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt (vgl. BGH, FamRZ 2012, 1201, Rdnr. 15; FamRZ 1982, 587).

2.4 BAföG

BAföG-Leistungen sind mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG als Einkommen anzusehen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden.

2.5 Elterngeld

Elterngeld ist nach Maßgabe des § 11 BEEG Einkommen.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten

Unfall- und Versorgungsrenten sind nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen unterhaltsrechtlich als Einkommen heranzuziehen. § 1610a BGB ist zu beachten.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld u.Ä.

Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen sind nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen unterhaltsrechtlich als Einkommen heranzuziehen. § 1610a BGB ist zu beachten.

2.8 Pflegegeld

Der Anteil des Pflegegeldes, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden, ist Einkommen der Pflegeperson. Bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe von § 13 Abs. 6 SGB XI (vgl. BGH, FamRZ 2006, 846).

2.9 Grundsicherung beim Verwandtenunterhalt

Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, §§ 4143 SGB XII, sind auf Seiten des Unterhaltsberechtigten nur gegenüber Eltern und Kindern Einkommen.

2.10 Sozialhilfe

Sozialhilfe nach dem SGB XII ist kein Einkommen. Bezieht der Unterhaltsberechtigte eine solche Sozialhilfe, kann seine Unterhaltsforderung in Ausnahmefällen treuwidrig sein (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843; FamRZ 2001, 619).

2.11 Unterhaltsvorschuss

Leistungen nach dem UVG sind kein Einkommen. Bezieht der Unterhaltsberechtigte Unterhaltsvorschuss, kann seine Unterhaltsforderung in Ausnahmefällen treuwidrig sein (vgl. BGH, FamRZ 1999, 843; FamRZ 2001, 619).

3. Kindergeld

Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern (vgl. auch Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers, z.B. Firmenwagen, freie Kost, kostenlose oder verbilligte Wohnung, sind Einkommen, soweit dadurch entsprechende Eigenaufwendungen erspart werden.

5. Wohnvorteil

Wohnt der Unterhaltsberechtigte oder der Unterhaltspflichtige im eigenen Haus oder in der ihm gehörenden Eigentumswohnung, so stellt der Vorteil des mietfreien Wohnens Einkommen dar. Neben dem Wohnvorteil sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Der Wohnwert errechnet sich regelmäßig unter Zugrundelegung des üblichen Entgelts für ein vergleichbares Objekt. Er kann im Einzelfall auch darunter liegen (vgl. BGH, FamRZ 1998, 899; FamRZ 2000, 950). Insbesondere beim Trennungsunterhalt kommt der volle Wohnwert regelmäßig erst dann zum Tragen, wenn nicht mehr mit einer Wiederherstellung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu rechnen ist und auch dem in der Wohnung verbliebenen Ehegatten eine Verwertung zugemutet werden kann. Das ist meist ab Zustellung des Scheidungsantrags anzunehmen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963). Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, sind abzusetzen (vgl. BGH, FamRZ 2009, 1300). Das sind insbesondere Finanzierungskosten. Hierbei sind die Kreditzinsen grundsätzlich abzugsfähig, während die Tilgung, soweit sie einseitige Vermögensbildung darstellt, unberücksichtigt bleibt, es sei denn, sie ist als zusätzliche Altersvorsorge i.S.v. Nr. 10.1 anzuerkennen (vgl. BGH, FamRZ 2008, 963).

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter sind nur Einkommen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Wird die Erwerbsobliegenheit verletzt, sind fiktive Einkünfte anzurechnen, die nach Alter, Vorbildung und beruflichem Werdegang erzielt werden können.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern und Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. Zu diesen zählen Aufwendungen für die gesetzliche Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung oder die angemessene private Kranken- und Altersvorsorge sowie die Vorsorge für den Fall der Pflegebedürftigkeit.

Grundsätzlich darf eine zusätzliche Altersversorgung betrieben werden, die unterhaltsrechtlich beim Elternunterhalt bis zu 5 % des Bruttoeinkommens (BGH, FamRZ 2006, 1511) und im Übrigen bis zu 4 % des Bruttoeinkommens (BGH, FamRZ 2005, 1817) betragen kann. Voraussetzung ist stets, dass solche Aufwendungen für die eigene Altersvorsorge tatsächlich geleistet werden (BGH, FamRZ 2007, 793).

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen

Berufsbedingte Aufwendungen sind im Rahmen des Angemessenen vom Arbeitseinkommen abzuziehen. Sie können i.d.R. mit einem Anteil von 5 % des Nettoeinkommens angesetzt werden, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung bestehen. Werden höhere Aufwendungen geltend gemacht oder liegt ein Mangelfall vor, so sind sämtliche Aufwendungen im Einzelnen darzulegen und nachzuweisen.

10.2.2 Fahrtkosten

Für berufsbedingte Fahrten, insbesondere für Fahrten zum Arbeitsplatz (Hin- und Rückfahrt), werden die Kosten einer anzuerkennenden Pkw-Benutzung grundsätzlich mit einer Kilometerpauschale von 0,30 € berücksichtigt.

10.2.3 Ausbildungsaufwand

Ausbildungsvergütungen sind vorbehaltlich Nr. 13.1 Abs. 3 um ausbildungsbedingte Kosten zu kürzen. Die Höhe der ausbildungsbedingten Kosten bestimmt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Sie kann, wenn hinreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung bestehen, mit 90 € monatlich angenommen werden.

10.3 Kinderbetreuung

Leben im Haushalt des Unterhaltspflichtigen oder des Unterhaltsberechtigten minderjährige Kinder, so kann sich das Einkommen um Betreuungskosten (vor allem Kosten für eine notwendige Fremdbetreuung) mindern. In Betracht kommen kann auch, dass auf überobligationsmäßiger Tätigkeit beruhendes Mehreinkommen ganz oder teilweise anrechnungsfrei bleibt, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen (vgl. BGH, FamRZ 2005, 1154).

Abweichend hiervon setzt der 3. Familiensenat i.d.R. vom Erwerbseinkommen einen Betreuungsbonus ab, dessen Höhe bei voller Erwerbstätigkeit dem Barunterhalt entspricht, den der zugleich betreuende Elternteil zu zahlen hätte, wenn das Kind bei dem anderen Elternteil leben würde.

10.4 Schulden

Zinsen und Tilgungsraten auf Schulden, die aus der Zeit vor Eheschließung herrühren oder während des ehelichen Zusammenlebens begründet worden sind, können, soweit angemessen, einkommensmindernd berücksichtigt werden. Den Interessen minderjähriger Kinder und volljähriger unverheirateter Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, ist stets besonders Rechnung zu tragen.

10.5 Unterhaltsleistungen

Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg vom Einkommen abzuziehen sind, ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

10.6 Vermögensbildung

Anlagen nach den Vermögensbildungsgesetzen sind – vorbehaltlich Nr. 10.1 – nicht vom Einkommen abzuziehen. Auf der anderen Seite erhöhen vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers und Sparzulagen das Einkommen nicht.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder bestimmt sich nach den Altersstufen 1 bis 3 der Tabelle in Anlage I, die mit denjenigen nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 BGB übereinstimmen. Die Tabellensätze sind identisch mit den ab 01.08.2015 geltenden Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle. Wegen des Bedarfs volljähriger Kinder vgl. Nr. 13.1.

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

In den Unterhaltsbeträgen (Tabellensätzen) sind keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge enthalten. Soweit das Kind nicht in einer Familienversicherung mitversichert ist, hat es zusätzlich Anspruch auf Zahlung der Versicherungsbeiträge. Das Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen ist in diesen Fällen vor Einstufung in die entsprechende Einkommensgruppe vorweg um diese Beiträge zu bereinigen.

11.2 Eingruppierung

Die Tabellensätze erfassen die Fälle, in denen eine Unterhaltspflicht gegenüber zwei Unterhaltsberechtigten besteht. Bei einer geringeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten kann eine Höhergruppierung auch um mehr als eine Einkommensgruppe in Betracht kommen.

Bei einer größeren Anzahl von Unterhaltsberechtigten kann eine Korrektur anhand des Bedarfskontrollbetrags erfolgen. Der Bedarfskontrollbetrag ist nicht identisch mit dem Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhaltspflichtigen und dem Unterhaltsberechtigten gewährleisten. Erreicht das dem Unterhaltspflichtigen nach Abzug aller Unterhaltslasten verbleibende bereinigte Einkommen nicht den für die Einkommensgruppe ausgewiesenen Bedarfskontrollbetrag, ist ggf. soweit herabzustufen, bis dem Unterhaltspflichtigen der entsprechende Kontrollbetrag verbleibt.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Der Betreuungsunterhalt für ein minderjähriges Kind entspricht i.d.R. dem Barunterhalt, so dass der betreuende Elternteil regelmäßig keinen Barunterhalt zu leisten braucht.

12.2 Einkommen des Kindes

Einkommen des minderjährigen Kindes, das nach Abzug ausbildungsbedingter Kosten (vgl. Nr. 10.2.3) verbleibt, ist zur Hälfte auf den Barunterhalt anzurechnen. Die andere Hälfte kommt dem betreuenden Elternteil zugute.

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Sind ausnahmsweise beide Elternteile gegenüber dem minderjährigen Kind barunterhaltspflichtig, bestimmt sich ihr Haftungsanteil nach dem Verhältnis ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen.

12.4 Zusatzbedarf

Mehrbedarf und Sonderbedarf sind in den Unterhaltsbeträgen nicht enthalten. Insoweit sind grundsätzlich beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Nr. 12.3 gilt entsprechend.

13. Volljährige Kinder

13.1 Bedarf

Der Barunterhalt volljähriger Schüler, Studenten und Auszubildender, die noch im Haushalt eines Elternteils leben, bestimmt sich nach Altersstufe 4 der Tabelle in Anlage I. Der Tabellenbetrag richtet sich nach dem zusammengerechneten Einkommen beider Elternteile. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein nach seinem Einkommen ergibt.

Dem 3. Familiensenat dient die Altersstufe 4 der Tabelle lediglich als Orientierung.

Der Bedarf nicht im Haushalt eines Elternteils lebender Kinder beträgt regelmäßig 735 € monatlich. Kosten für eine Ausbildung im üblichen Rahmen sind darin ebenso enthalten wie ein Mietanteil (Warmmiete) von bis zu 300 €. Bei guten wirtschaftlichen Verhältnissen kann eine Erhöhung des regelmäßigen Bedarfs gerechtfertigt sein, im Allgemeinen aber nicht über den doppelten Betrag hinaus.

In den Unterhaltsbeträgen sind Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie Studiengebühren nicht enthalten.

13.2 Einkommen des Kindes

Einkommen des volljährigen unterhaltsberechtigten Kindes, das nach Abzug ausbildungsbedingter Kosten (vgl. Nr. 10.2.3) verbleibt, ist auf seinen Bedarf voll anzurechnen.

13.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Gegenüber volljährigen Kindern sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig. Ihr Haftungsanteil bestimmt sich nach dem Verhältnis ihrer den jeweiligen Selbstbehalt übersteigenden Einkommen.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Das Kindergeld ist nach Maßgabe des § 1612b BGB zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden (vgl. auch Nr. 3).

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen

Der Unterhaltsanspruch des Ehegatten wird bestimmt und begrenzt durch den Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen, in den Fällen nachehelichen Unterhalts nach denjenigen bei der Scheidung. Leistet ein Ehegatte Unterhalt für ein Kind und hat dies bereits die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt (vgl. BGH, FamRZ 2012, 281, Rdnr. 27), wird das Einkommen vorab um den Kindesunterhalt, das ist der Zahlbetrag, also der Tabellenunterhalt nach Abzug von Kindergeld, gemindert, soweit sich daraus nicht ein Missverhältnis zum wechselseitigen Lebensbedarf der Beteiligten ergibt (vgl. BGH, FamRZ 1999, 367; FamRZ 2003, 363).

Wegen der Behandlung von Erwerbseinkünften des unterhaltsberechtigten Ehegatten aus einer nach Trennung oder Scheidung aufgenommenen oder ausgeweiteten Tätigkeit wird auf das Urteil des BGH vom 13.06.2001 (FamRZ 2001, 986) verwiesen.

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Der Unterhaltsbedarf des getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten beläuft sich grundsätzlich auf die Hälfte des zusammengerechneten eheprägenden bereinigten Einkommens beider Ehegatten.

Erwerbseinkünfte sind um einen Erwerbstätigenbonus von 1/7 als Anreiz zu kürzen.

Nach Auffassung des 3. Familiensenats beträgt der Erwerbstätigenbonus 1/10 vor Verminderung der Einkünfte um Kindesunterhalt, berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten usw.

Sind die eheprägenden bereinigten Einkünfte ausschließlich Erwerbseinkünfte, so führt es zu demselben rechnerischen Ergebnis, wenn der Unterhalt als Quote der Differenz der beiderseitigen bereinigten Einkünfte ermittelt wird, wegen des Erwerbstätigenbonus mit 3/7 der Differenz, nach Auffassung des 3. Familiensenats mit 45 % abzüglich der Hälfte des Kindesunterhalts sowie berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten usw.

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Haben außergewöhnlich hohe Einkommen die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, kann eine konkrete Bedarfsbemessung in Betracht kommen.

15.4 Vorsorgebedarf

Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Unterhaltsberechtigten gesondert geltend gemacht oder vom Unterhaltspflichtigen gezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen.

15.5 nicht belegt

15.6 Trennungsbedingter Mehrbedarf

Trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden.

16. Bedürftigkeit

Bedürftigkeit besteht nur, soweit der Bedarf nicht durch eigene Einkünfte des Unterhaltsberechtigten, ggf. vermindert um den Erwerbstätigenbonus (vgl. Nr. 15.2), gedeckt ist.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 bei Kindesbetreuung

Die Zumutbarkeit von Erwerbstätigkeit neben Betreuung von Kindern nach Vollendung des 3. Lebensjahres (vgl. §§ 1570 Abs. 1 Satz 1, 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB) richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

17.2 bei Trennungsunterhalt

Inwieweit in der Trennungszeit eine Erwerbsobliegenheit besteht, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils.

19. Elternunterhalt

Haben Eltern Unterhaltsansprüche gegen ihre Kinder, so sind auch Pflegebedarf und Heimkosten Teile des Unterhaltsbedarfs.

20. Lebenspartnerschaft

Der Bedarf gem. §§ 5, 12, 16 LPartG bemisst sich nach den partnerschaftlichen Lebensverhältnissen.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

Leistungsfähigkeit ist in dem Umfang gegeben, in welchem das bereinigte Einkommen, hier ohne Abzug eines Erwerbstätigenbonus, den Selbstbehalt, der dem Unterhaltspflichtigen zur Bestreitung seines eigenen Unterhalts bleiben muss, übersteigt.

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Der notwendige Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt gegenüber minderjährigen Kindern sowie gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, 1.080 €. Darin ist ein Mietanteil (Warmmiete) von etwa 380 € enthalten. Sind die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen insgesamt oder im Wesentlichen keine Erwerbseinkünfte, beträgt der Selbstbehalt 880 €.

21.3 Angemessener Selbstbehalt

21.3.1 Volljähriges Kind

Gegenüber anderen volljährigen Kindern beträgt der angemessene Selbstbehalt 1.300 €. Darin ist ein Mietanteil (Warmmiete) von etwa 480 € enthalten.

21.3.2 Elternunterhalt

Der angemessene Selbstbehalt beträgt gegenüber den Eltern des Unterhaltspflichtigen 1.800 € zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden bereinigten Einkommens. Darin ist ein Mietanteil (Warmmiete) von etwa 480 € enthalten.

21.4 Eheangemessener Selbstbehalt und Ansprüche aus § 1615l BGB

Der Selbstbehalt gegenüber dem getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten (vgl. dazu BGH, FamRZ 2006, 683) beträgt i.d.R. 1.200 € (billiger Selbstbehalt). Dieser Betrag gilt auch in den Fällen des § 1615l BGB (BGH, FamRZ 2005, 354).

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

Der Selbstbehalt kann unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch den Ehegatten gedeckt ist.

Der Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann überdies um die durch eine gemeinsame Haushaltsführung eintretende Ersparnis, höchstens jedoch bis auf sein Existenzminimum nach sozialhilferechtlichen Grundsätzen herabgesetzt werden (vgl. BGH, FamRZ 2008, 594). Die Ersparnis kann regelmäßig mit 10 % für jeden volljährigen Partner der Haushaltsgemeinschaft in Ansatz gebracht werden (vgl. BGH, FamRZ 2012, 281 Rdnr. 46).

22. Bedarf des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

Ist der Unterhaltspflichtige verheiratet, so richtet sich der Bedarf des mit ihm zusammenlebenden Ehegatten nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Bedarf kann mit Rücksicht auf das Zusammenleben niedriger anzusetzen sein.

23. nicht belegt

24. Mangelfall

24.1 Grundsatz

Reicht der Betrag, der zur Erfüllung mehrerer Unterhaltsansprüche zur Verfügung steht (Verteilungsmasse), nicht aus, um den Unterhaltsbedarf aller Unterhaltsberechtigten zu decken, so ist der den Selbstbehalt übersteigende Betrag auf die Berechtigten unter Beachtung der Rangverhältnisse zu verteilen.

24.2 Einsatzbeträge

Die Einsatzbeträge für minderjährige unverheiratete und ihnen gleichgestellte volljährige Kinder entsprechen den Tabellenbeträgen der ersten Einkommengruppe der Tabelle in Anlage I abzüglich des nach § 1612b Abs. 1 BGB zur Bedarfsdeckung zu verwendenden Kindergeldes.

24.3 Berechnung

Bei der Mangelverteilung errechnet sich der gekürzte Unterhaltsanspruch aller gleichrangigen Unterhaltsberechtigten aus dem Quotienten von Verteilungsmasse und Summe der Einsatzbeträge, multipliziert mit dem jeweiligen Einsatzbetrag.

Sonstiges

25. Rundung

Der Unterhaltsbetrag kann auf volle Euro gerundet werden.

Anlagen

i)

Unterhaltstabelle

ii)

Zahlbetragstabelle

iii)

Umrechnung dynamisierter Titel alten Rechts gem. § 36 Nr. 3 EGZPO

Anlage I: Unterhaltstabelle (Stand: 01.01.2016) in Euro

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen

Altersstufen in Jahren (§ 1612a Abs. 1 BGB)

Prozentsatz

Bedarfskontrollbetrag

0–5

6–11

12–17

ab 18

Alle Beträge in Euro

1.

 

bis

1.500

335

384

450

516

100

880/1.080

2.

1.501

1.900

352

404

473

542

105

1.180

3.

1.901

2.300

369

423

495

568

110

1.280

4.

2.301

2.700

386

442

518

594

115

1.380

5.

2.701

3.100

402

461

540

620

120

1.480

6.

3.101

3.500

429

492

576

661

128

1.580

7.

3.501

3.900

456

523

612

702

136

1.680

8.

3.901

4.300

483

553

648

744

144

1.780

9.

4.301

4.700

510

584

684

785

152

1.880

10.

4.701

5.100

536

615

720

826

160

1.980

 

 

über

5.101

nach den Umständen des Falls

 

 

120 %-Grenze, § 249 Abs. 1 FamFG

402

461

540

 

 

 

Anlage II: Zahlbetragstabelle (Stand: 01.01.2016)

in Euro

1. Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 1. und 2. Kind von je 95 €/190 €

1. und 2. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

240

289

355

326

100

2.

1.501 – 1.900

257

309

378

352

105

3.

1.901 – 2.300

274

328

400

378

110

4.

2.301 – 2.700

291

347

423

404

115

5.

2.701 – 3.100

307

366

445

430

120

6.

3.101 – 3.500

334

397

481

471

128

7.

3.501 – 3.900

361

428

517

512

136

8.

3.901 – 4.300

388

458

553

554

144

9.

4.301 – 4.700

415

489

589

595

152

10.

4.701 – 5.100

441

520

625

636

160

2. Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 3. Kind von je 98 €/196 €

3. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

237

286

352

320

100

2.

1.501 – 1.900

254

306

375

346

105

3.

1.901 – 2.300

271

325

397

372

110

4.

2.301 – 2.700

288

344

420

398

115

5.

2.701 – 3.100

304

363

442

424

120

6.

3.101 – 3.500

331

394

478

465

128

7.

3.501 – 3.900

358

425

514

506

136

8.

3.901 – 4.300

385

455

550

548

144

9.

4.301 – 4.700

412

486

586

589

152

10.

4.701 – 5.100

438

517

622

630

160

3. Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes ab dem 4. Kind von je 110,50 €/221 €

Ab 4. Kind

0–5

6–11

12–17

ab 18

%

1.

bis 1.500

224,50

273,50

339,50

295

100

2.

1.501 – 1.900

241,50

293,50

362,50

321

105

3.

1.901 – 2.300

258,50

312,50

384,50

347

110

4.

2.301 – 2.700

275,50

331,50

407,50

373

115

5.

2.701 – 3.100

291,50

350,50

429,50

399

120

6.

3.101 – 3.500

318,50

381,50

465,50

440

128

7.

3.501 – 3.900

345,50

412,50

501,50

481

136

8.

3.901 – 4.300

372,50

442,50

537,50

523

144

9.

4.301 – 4.700

399,50

473,50

573,50

564

152

10.

4.701 – 5.100

425,50

504,50

609,50

605

160

Anlage III: Umrechnung dynamisierter Titel alten Rechts gem. § 36 Nr. 3 EGZPO

Ist Kindesunterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags zu leisten, bleibt der Titel bestehen. Eine Abänderung ist nicht erforderlich. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt ein neuer Prozentsatz vom Mindestunterhalt. Dieser ist für die maßgebliche Altersstufe zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen (§ 36 Nr. 3 EGZPO; vgl. auch BGH, FamRZ 2012, 1048). Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro aufzurunden (§ 1612a Abs. 2 Satz 2 BGB). Der Zahlbetrag ergibt sich aus dem um das jeweils anteilige Kindergeld verminderten bzw. erhöhten Bedarf.

Es sind vier Fallgestaltungen zu unterscheiden (die Beispiele beziehen sich auf den ab 01.01.2008 geltenden Mindestunterhalt, da es für die Umrechnung auf diesen Zeitpunkt ankommt):

a)

Der Titel sieht die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes oder eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vor.

Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld

x 100 = Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel 1. Altersstufe

(196 € + 77 €)

x 100 = 97,8 %

279 € x 97,8 % = 272,86 €, gerundet 273 €

279 €

Zahlbetrag: 273 € – 77 € = 196 €

b)

Der Titel sieht die Hinzuziehung des hälftigen Kindergeldes vor.

Zahlbetrag – 1/2 Kindergeld

x 100 = Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel 1. Altersstufe

(273 € – 77 €)

x 100 = 70,2 %

279 € x 70,2 % = 195,85 €, gerundet 196 €

279 €

Zahlbetrag: 196 € + 77 € = 273 €

c)

Der Titel sieht die Anrechnung des vollen Kindergeldes vor.

Zahlbetrag + 1/1 Kindergeld

x 100 = Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel 2. Altersstufe

(177 € + 154 €)

x 100 = 102,7 %

322 € x 102,7 % = 330,69 €, gerundet 331€

322 €

Zahlbetrag: 331 € – 154 € = 177 €

d)

Der Titel sieht weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergeldes vor.

Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld

x 100 = Prozentsatz neu

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

Beispiel 3. Altersstufe

(329 € + 77 €)

x 100 = 111,2 %

365 € x 111,2 % = 405,88 €, gerundet 406 €

365 €

Zahlbetrag: 406 € – 77 € = 329 €.