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OLG Düsseldorf: Leitlinien zum Unterhalt (Stand: 01.09.2010)

zur Ergänzung der Düsseldorfer Tabelle, herausgegeben von den Senaten für Familiensachen des Oberlandesgerichts Düsseldorf

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1 Auszugehen ist vom Jahresbruttoeinkommen einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie sonstiger Zuwendungen, wie z.B. Tantiemen und Gewinnbeteiligungen.

1.2 Einmalige höhere Zahlungen, wie z.B. Abfindungen oder Jubiläumszuwendungen, sind auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen (i.d.R. mehrere Jahre).

1.3 Überstundenvergütungen werden i.d.R. dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufsüblich sind oder nur in geringem Umfang anfallen oder wenn der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder oder der entsprechende Unterhalt ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Volljähriger nicht gedeckt ist. Sonst ist die Anrechnung unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach Treu und Glauben zu beurteilen.

1.4 Auslösungen und Spesen sind nach den Umständen des Einzelfalls anzurechnen. Soweit solche Zuwendungen geeignet sind, laufende Lebenshaltungskosten zu ersparen, ist diese Ersparnis i.d.R. mit 1/3 des Nettobetrags zu bewerten.

1.5 Bei Selbständigen ist grundsätzlich vom durchschnittlichen Gewinn während eines längeren Zeitraums von i.d.R. mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren, möglichst den letzten drei Jahren, auszugehen.

Für die Vergangenheit sind die in dem jeweiligen Kalenderjahr erzielten Einkünfte maßgebend.

Anstatt auf den Gewinn kann ausnahmsweise auf die Entnahmen abzüglich der Einlagen abgestellt werden, wenn eine zuverlässige Gewinnermittlung nicht möglich oder der Betriebsinhaber unterhaltsrechtlich zur Verwertung seines Vermögens verpflichtet ist.

Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung AfA) können insoweit anerkannt werden, als dem steuerlich zulässigen Abzug ein tatsächlicher Wertverlust entspricht. Dies ist bei Gebäuden i.d.R. nicht der Fall. Zinsen für Kredite, mit denen die absetzbaren Wirtschaftsgüter finanziert werden, mindern den Gewinn. Wenn und soweit die Abschreibung unterhaltsrechtlich anerkannt wird, sind Tilgungsleistungen nicht zu berücksichtigen.

Steuer und Vorsorgeaufwendungen sind nach Nr. 10.1 zu berücksichtigen. Der Gewinn ist nicht um berufsbedingte Aufwendungen (Nr. 10.2.1) zu kürzen.

1.6 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden durch eine Überschussrechnung ermittelt. Dabei kann zur Ermittlung der durchschnittlichen Einkünfte auf einen Mehrjahreszeitraum abgestellt werden. Nr. 1.5 Abs. 2 gilt entsprechend. Hinsichtlich der Abschreibungen gilt Nr. 1.5.

Auch Kapitaleinkünfte sind unterhaltsrechtliches Einkommen.

1.7 Steuererstattungen sind i.d.R. in dem Jahr, in dem sie anfallen, zu berücksichtigen (In-Prinzip); bei Selbständigen kann zur Ermittlung eines repräsentativen Einkommens auf den Zeitraum der Veranlagung abgestellt werden (Für-Prinzip). Steuervorteile, die auf unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden Aufwendungen beruhen, bleiben i.d.R. außer Betracht.

1.8 Sonstige Einnahmen wie z. B. berufstypische Trinkgelder, Krankentagegeld.

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld sind Einkommen.

2.2 Arbeitslosengeld II und andere Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Arbeitslosengeld II und Sozialgeld kein Einkommen, nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen, insbesondere befristete Zuschläge § 24 SGB II, Einstiegsgeld § 29 SGB II, Entschädigung für Mehraufwendungen § 16 SGB II, Freibeträge nach § 30 SGB II. Die Geltendmachung von Unterhalt durch den Hilfeempfänger kann jedoch treuwidrig sein, wenn er infolge des Ausschlusses des Anspruchsübergangs (vgl. § 33 Abs. 2 SGB II) insbesondere für die Vergangenheit (aber allenfalls bis zur Rechtshängigkeit) durch das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld und den Unterhalt mehr als seinen Bedarf erhalten würde.

2.3 Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten abdeckt.

2.4 BAföG-Leistungen (außer Vorausleistungen) sind Einkommen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden.

2.5 Elterngeld ist Einkommen, soweit es über den Sockelbetrag von 300 EUR bzw.150 EUR bei verlängertem Bezug hinausgeht. Der Sockelbetrag sowie Erziehungsgeld sind nur dann Einkommen, wenn einer der Ausnahmefälle der §§ 11 BEEG, 9 Satz 2 BErzGG vorliegt.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten sowie Übergangsgelder aus der Unfall- bzw. Rentenversicherung sind Einkommen.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendungen sind Einkommen; bei Sozialleistungen nach § 1610a BGB wird widerlegbar vermutet, dass sie durch Aufwendungen aufgezehrt werden.

2.8 Der Anteil des an die Pflegeperson weitergeleiteten Pflegegeldes, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden, ist Einkommen. Bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nur nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 Leistungen zur Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII sind anders als beim Ehegattenunterhalt beim Verwandtenunterhalt (insbesondere Eltern- und Kindesunterhalt) als Einkommen des Beziehers zu berücksichtigen.

2.10 Sozialhilfe ist kein Einkommen; jedoch kann die Geltendmachung von Unterhalt durch den Hilfeempfänger treuwidrig sein, wenn er infolge des Ausschlusses des Anspruchsübergangs (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB XII) insbesondere für die Vergangenheit (aber allenfalls bis zur Rechtshängigkeit) durch die Sozialhilfe und den Unterhalt mehr als seinen Bedarf erhalten würde.

2.11 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind kein Einkommen.

3. Kindergeld

Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern. Kinderzulagen und Kinderzuschüsse zur Rente sind, wenn die Gewährung des staatlichen Kindergeldes entfällt (§ 65 EStG; § 270 SGB VI), in dessen Höhe wie Kindergeld, im Übrigen wie Einkommen zu behandeln (BGH, FamRZ 1981, 28, 29).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers aller Art, z.B. Firmenwagen, freie Kost und Logis, mietgünstige Wohnung, sind dem Einkommen hinzuzurechnen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln, wenn sein Wert die Belastungen übersteigt, die unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung durch die allgemeinen Grundstückskosten und -lasten, durch Annuitäten und durch sonstige nicht nach § 556 BGB umlagefähige Kosten entstehen.

Zinsen sind in diesem Zusammenhang absetzbar, Tilgungsleistungen, wenn sie nicht der einseitigen Vermögensbildung dienen, insoweit kommt allein eine Berücksichtigung unter dem Gesichtspunkt der ergänzenden Altersvorsorge in Betracht (vgl. Ziffer 10.1).

Auszugehen ist von der erzielbaren Miete (objektiver oder voller Wohnwert). Wenn es nicht möglich oder zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver oder angemessener Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur endgültigen Vermögensauseinandersetzung oder bis zum endgültigen Scheitern der Ehe, etwa bei Zustellung des Scheidungsantrags, in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Für die Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten ist ein Einkommen anzusetzen. Bei der Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen kann i.d.R. ein Betrag von 350 EUR monatlich angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkünfte aus Nebentätigkeit und unzumutbarer Erwerbstätigkeit sind im Rahmen der Billigkeit (vgl. §§ 242, 1577 Abs. 2 BGB) als Einkommen zu berücksichtigen.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Leistungen Dritter (z.B. Geldleistungen, mietfreies Wohnen) sind kein Einkommen, es sei denn, dass die Anrechnung dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Einkommen sind auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte, die sich bei gesteigerter Unterhaltspflicht gem. § 1603 Abs. 2 BGB im Rahmen der Zumutbarkeit auch aus einer Nebentätigkeit ergeben können.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen); zu den angemessenen Vorsorgeaufwendungen kann auch eine zusätzliche Altersvorsorge zählen.

Personen, die der gesetzlichen Rentenversicherung nicht unterliegen, können für ihre Altersvorsorge regelmäßig 20 % ihres Bruttoeinkommens aufwenden. Für eine zusätzliche Altersvorsorge können sie ebenso wie gesetzlich Rentenversicherte weitere 4 % (bei Elternunterhalt 5 %) ihres Bruttoeinkommens einsetzen. Ferner können bei Personen, die der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegen, 20 % des oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung liegenden Einkommens als angemessene Altersversorgung aufgewendet werden.

Steuerzahlungen und -nachzahlungen sind i.d.R. in dem Jahr, in dem sie anfallen, zu berücksichtigen (In-Prinzip). Bei Selbständigen kann auf den Zeitraum der Veranlagung abgestellt werden (Für-Prinzip). Grundsätzlich ist jeder gehalten, ihm zustehende Steuervorteile in Anspruch zu nehmen; hierzu gehört bei unstreitigem, freiwillig geleistetem oder tituliertem, aber nicht angegriffenem Unterhalt auch das Realsplitting (vgl. BGH, FamRZ 2007, 793 f.; BGH, FamRZ 2007, 882 f.; BGH, FamRZ 2007, 1303). Ob im laufenden Jahr von der Möglichkeit der Eintragung eines Freibetrages Gebrauch zu machen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

10.2.1 Für berufsbedingte Aufwendungen gilt Anm. A. 3 der Düsseldorfer Tabelle.

10.2.2 Als notwendige Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs können 0,30 € pro gefahrenem Kilometer (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG) angesetzt werden. Ab dem 31. Entfernungskilometer kommt i.d.R. eine Kürzung der Kilometerpauschale auf 0,20 € in Betracht.

10.2.3 Für die Ausbildungsvergütung eines Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, gilt Anm. A. 8 der Düsseldorfer Tabelle. Lebt das Kind im eigenen Haushalt, ist Anm. A. 3 der Düsseldorfer Tabelle anzuwenden.

10.3 Kinderbetreuung

Das Einkommen aus einer neben der Kinderbetreuung ausgeübten Erwerbstätigkeit kann um den notwendigen, konkret dargelegten Aufwand für die Betreuung des Kindes vermindert werden. Zum Aufwand für die Betreuung des Kindes zählen nicht die Kosten des Kindergartenbesuchs, diese sind Mehrbedarf des Kindes.

10.4 Schulden

Schulden können je nach den Umständen des Einzelfalls (Art, Grund und Zeitpunkt des Entstehens) das anrechenbare Einkommen vermindern. Die Abzahlung soll im Rahmen eines Tilgungsplans in angemessenen Raten erfolgen. Dabei sind die Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger gegeneinander abzuwägen. Unter Umständen besteht im Rahmen gesteigerter Unterhaltspflicht nach § 1603 Abs. 2 BGB die Obliegenheit zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens und Geltendmachung der gesetzlichen Pfändungsfreigrenzen (BGH, FamRZ 2005, 608; BGH, FamRZ 2008, 497).

10.5 nicht besetzt

10.6 Vermögensbildung

Vermögenswirksame Leistungen, die nicht unter Nr. 10.1 fallen, vermindern das Einkommen nicht. Zusatzleistungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage sind dem Bezieher zu belassen.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Kindesunterhalt ist der Düsseldorfer Tabelle unter Beachtung des Bedarfskontrollbetrags (Anm. A. 6) zu entnehmen. Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des Mindestunterhalts gem. § 1612a Abs. 1 BGB geltend gemacht werden.

11.1 In den Unterhaltsbeträgen sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren nicht enthalten.

11.2 Bei minderjährigen Kindern, die bei einem Elternteil leben, richtet sich die Eingruppierung in die Düsseldorfer Tabelle nach dem anrechenbaren Einkommen des anderen Elternteils. Der Bedarfskontrollbetrag (Anm. A. 6 der Düsseldorfer Tabelle) und Ab- oder Zuschläge (Anm. A. 1 der Düsseldorfer Tabelle) sind zu beachten.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der betreuende Elternteil braucht i.d.R. keinen Barunterhalt für das minderjährige Kind zu leisten. Eine anteilige oder alleinige Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils kommt jedoch dann in Betracht, wenn sein Einkommen bedeutend höher als das des anderen Elternteils ist und entweder dessen angemessener Bedarf (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB, Anm. A 5 II der Düsseldorfer Tabelle) bei Leistungen des Barunterhalts gefährdet ist oder die alleinige Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führt.

12.2 Das bereinigte Einkommen des Kindes, das von einem Elternteil betreut wird, wird nur teilweise, i.d.R. zur Hälfte auf den Barunterhalt angerechnet; im Übrigen kommt es dem betreuenden Elternteil zugute.

12.3 Sind, z.B. bei auswärtiger Unterbringung des Kindes, beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach Nr. 13.3 für den Gesamtbedarf.

12.4 Bei Zusatzbedarf (Kostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB.

13. Volljährige Kinder

13.1 Der Unterhalt für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, richtet sich nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Dies gilt bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auch für unverheiratete volljährige Kinder, die sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden. Ihr Bedarf bemisst sich, falls beide Eltern leistungsfähig sind, i.d.R. nach dem zusammengerechneten Einkommen ohne Höhergruppierung nach Anm. A. 1 der Düsseldorfer Tabelle. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein – unter Berücksichtigung von Anm. A. 1 der Düsseldorfer Tabelle – nach seinem Einkommen ergibt.

Für ein volljähriges Kind mit eigenem Hausstand gilt Anm. A. 7 Abs. 2 der Düsseldorfer Tabelle. Von diesem Regelbetrag kann bei entsprechender Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2 Das bereinigte Einkommen des volljährigen Kindes wird i.d.R. in vollem Umfange auf den Bedarf angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend. Zu den Einkünften des Kindes gehören auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen.

13.3 Sind beide Eltern barunterhaltspflichtig, bemisst sich die Haftungsquote nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkünfte. Diese sind vorab jeweils um den Sockelbetrag zu kürzen. Der Sockelbetrag entspricht dem angemessenen Selbstbehalt gem. Anm. A. 5 Abs. 2 der Düsseldorfer Tabelle, bei minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) jedoch dann dem notwendigen Selbstbehalt gem. Anm. A. 5 Abs. 1 der Düsseldorfer Tabelle, wenn bei einem Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts der Bedarf dieser Kinder nach der ersten Einkommensgruppe nicht sichergestellt ist..

Bei minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) sind die anrechenbaren Einkommen der Eltern außerdem wegen gleichrangiger Unterhaltspflichten und bei anderen volljährigen Kindern wegen vorrangiger Unterhaltspflichten zu kürzen.

Der Verteilungsschlüssel kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. Betreuung eines behinderten Volljährigen) wertend verändert werden.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld wird nach § 1612b BGB zur Deckung des Barbedarfs verwandt, bei minderjährigen Kindern, die von einem Elternteil betreut werden, zur Hälfte, ansonsten in voller Höhe.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Der Bedarf der Ehegatten richtet sich nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen im Unterhaltszeitraum, soweit diese als die ehelichen Lebensverhältnisse nachhaltig prägend anzusehen sind. Dabei sind spätere Änderungen des verfügbaren Einkommens der Ehegatten grundsätzlich zu berücksichtigen, unabhängig davon wann sie eingetreten sind und ob es sich um Minderungen oder Verbesserungen handelt (Wandelbarkeit der ehelichen Lebensverhältnisse). Eine Einkommensreduzierung ist dann unbeachtlich, wenn sie auf einem unterhaltsrechtlich vorwerfbaren Verhalten beruht. Beim Unterhaltsberechtigten ist zusätzlich § 1573 Abs. 4 BGB zu berücksichtigen. Unerwartete, nicht in der Ehe angelegte Steigerungen des Einkommens des Verpflichteten (insbesondere aufgrund eines Karrieresprungs) oder auf Wiederverheiratung beruhende Steuervorteile bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie dienen zum Ausgleich des hinzugetretenen Bedarfs weiterer Unterhaltsberechtigter (BGH, FamRZ 2009, 411 und FamRZ 2009, 579).

Es ist von einem Mindestbedarf auszugehen, der nicht unter dem Existenzminimum für nicht Erwerbstätige liegen darf (Anm. B V Nr. 2 der Düsseldorfer Tabelle).

Bei Berechnung des Bedarfs ist von dem anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen (Nr. 10) vorab der Kindesunterhalt – Zahlbetrag – abzuziehen. Ergänzend wird auf B. III der Düsseldorfer Tabelle Bezug genommen. Dies gilt auch für nachehelich entstandene Ansprüche auf Kindesunterhalt.

Auch Unterhalt für nachrangige volljährige Kinder ist abzusetzen, wenn der Kindesunterhalt die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt hat und den Eheleuten ein angemessener Unterhalt verbleibt.

15.2 Der Bedarf eines jeden Ehegatten ist grundsätzlich mit der Hälfte des unterhaltsrechtlich relevanten Einkommens beider Ehegatten anzusetzen.

Dem erwerbstätigen Ehegatten steht vorab ein Bonus von 1/7 seiner Erwerbseinkünfte als Arbeitsanreiz und zum Ausgleich derjenigen berufsbedingten Aufwendungen zu, die sich nicht nach objektiven Merkmalen eindeutig von den privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen.

Der Erwerbstätigenbonus ist von dem gem. Nr. 10 bereinigten Erwerbseinkommen, das zusätzlich um den Kindesunterhalt in Höhe des Zahlbetrags zu mindern ist, zu bilden.

Der Bedarf des berechtigten Ehegatten beträgt danach 3/7 der Erwerbseinkünfte des anderen Ehegatten und 4/7 der eigenen Erwerbseinkünfte sowie 1/2 der sonstigen Einkünfte beider Eheleute. Der Bedarf des Verpflichteten beträgt 4/7 der eigenen Erwerbseinkünfte und 3/7 der Erwerbseinkünfte des anderen Ehegatten sowie 1/2 des sonstigen Einkommens beider Eheleute (Quotenbedarf).

15.3 Bei sehr guten Einkommensverhältnissen der Eheleute kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht. Von sehr guten Einkommensverhältnissen kann i.d.R. ausgegangen werden, wenn das bereinigte Gesamteinkommen der Eheleute oberhalb der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle liegt.

15.4 Verlangt der Berechtigte neben dem Elementarunterhalt für Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit Vorsorgeunterhalt, den er aus seinen eigenen Einkünften nicht decken kann, sind grundsätzlich die vom Pflichtigen geschuldeten Beträge wie eigene Vorsorgeaufwendungen (Nr. 10.1) von seinem Einkommen abzuziehen.

Altersvorsorgeunterhalt wird nicht geschuldet, wenn das Existenzminimum des Berechtigten nicht gesichert ist.

Zur Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts wird zunächst ein vorläufiger Elementarunterhalt nach Nr. 15.2, 21.4 bestimmt. Einkünfte des Berechtigten, die zu keiner Altersvorsorge führen, bleiben unberücksichtigt. Hinzu kommt ein Zuschlag entsprechend der jeweils gültigen Bremer Tabelle. Von dieser Bruttobemessungsgrundlage wird mit Hilfe des jeweiligen Beitragssatzes in der gesetzlichen Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) der Vorsorgeunterhalt errechnet. Dieser wird vom bereinigten Nettoeinkommen des Verpflichteten abgezogen; auf dieser Basis wird der endgültige Elementarunterhalt errechnet.

Die zweistufige Berechnung und der Vorwegabzug des Vorsorgeunterhalts für Alter, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit können unterbleiben, wenn und soweit der Verpflichtete über nicht prägendes Einkommen verfügt, das den Mehrbedarf übersteigt, oder wenn und soweit auf den Bedarf nicht prägendes Einkommen des Berechtigten angerechnet wird (BGH, FamRZ 1999, 372).

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf kann berücksichtigt werden, wenn der Berechtigte oder der Verpflichtete über zusätzliches nicht prägendes Einkommen verfügen, das die Zahlung des nach dem prägenden Einkommen berechneten Unterhalts sowie des trennungsbedingten Mehrbedarfs erlaubt.

15.6 Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Bedarf im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhaltspflichtigen und beider Unterhaltsberechtigter zu ermitteln. Hierbei sind auf der neuen Ehe beruhende Steuervorteile sowie die frühere Ehe nicht prägende Einkommensvorteile aus einem Karrieresprung einzubeziehen. Ansprüche des neuen Partners sind nach Maßgabe der §§ 1569 f. BGB zu berücksichtigen, wobei ein Anspruch nach § 1570 Abs. 2 BGB wegen elternbezogener Gründe, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe beruhen,i.d.R. außer Betracht bleibt (BGH, FamRZ 2010, 111).

Der Anspruch des geschiedenen Ehegatten ist der Höhe nach auf den Betrag begrenzt, der sich ohne die aus der neuen Ehe des Verpflichteten erwachsenden Vorteile errechnet.

16. Bedürftigkeit

Eigenes Einkommen des Berechtigten ist auf den Bedarf (Nr. 15) anzurechnen. Erwerbseinkommen ist um 1/7 zu kürzen (Nr. 15.2).

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Bei Kindesbetreuung besteht bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres eines gemeinschaftlichen Kindes keine Erwerbsobliegenheit. Gleichwohl erzieltes Erwerbseinkommen ist überobligatorisch und nach den Umständen des Einzelfalls zu berücksichtigen (BGH, FamRZ 2009, 770; FamRZ 2009, 1124; FamRZ 2009, 1391).

Nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes kommt es bei Beurteilung der Frage, ob und inwieweit der betreuende Ehegatte bei einer bestehenden Betreuungsmöglichkeit auf eine Erwerbstätigkeit verwiesen werden kann, auf die Verhältnisse des Einzelfalls an. Bei besonderer Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und bei nicht oder nur unzureichender Fremdbetreuung (kindbezogene Gründe, § 1570 Abs. 1 Satz 2 BGB) kommt ein Unterhaltsanspruch auch nach Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes in Betracht.

Eine Erwerbstätigkeit des betreuenden Ehegatten kann auch aus Gründen der nachehelichen Solidarität ganz oder teilweise unbillig erscheinen. Hierbei sind das in der Ehe gewachsene Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestaltung der Kinderbetreuung sowie der Dauer der Ehe zu berücksichtigen (elternbezogene Gründe, § 1570 Abs. 2 BGB).

Die Erwerbsobliegenheit beurteilt sich auch danach, ob eine Erwerbstätigkeit neben der Betreuung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führen würde.

17.2 In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

18. Ansprüche nach § 1615l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er ist auch dann nicht nach dem Einkommen des Pflichtigen zu bemessen, wenn dieser mit dem betreuenden Elternteil zusammengelebt hat (BGH, FamRZ 2008, 1739; FamRZ 2010, 357). Der Bedarf, der sich auch aus einem Unterhaltsanspruch gegen einen früheren Ehegatten ergeben kann, darf das Existenzminimum für nicht Erwerbstätige (Anm. B V Nr. 2 der Düsseldorfer Tabelle) nicht unterschreiten (BGH, FamRZ 2010, 357, FamRZ 2010, 444).

Zur Frage der Berücksichtigung eigener Einkünfte, zu Abzügen und zur Erwerbsobliegenheit gelten die Ausführungen für den Ehegatten entsprechend.

19. Elternunterhalt

Der Bedarf der Eltern bemisst sich in erster Linie nach deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Mindestens muss jedoch das Existenzminimum eines Nichterwerbstätigen (Anm. B V Nr. 2 der Düsseldorfer Tabelle) sichergestellt werden. Darin sind Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthalten. Etwaiger Mehrbedarf ist zusätzlich auszugleichen.

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1 Der Unterhaltsverpflichtete ist leistungsfähig, wenn ihm der Selbstbehalt verbleibt. Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB) und dem angemessenen Selbstbehalt.

21.2 Der notwendige Selbstbehalt bemisst sich nach Anm. A. 5 Abs. 1 und B. IV der Düsseldorfer Tabelle. Er gilt gegenüber minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB).

21.3 Der angemessene Selbstbehalt gilt gegenüber volljährigen Kindern, die minderjährigen Kindern nicht gleichgestellt sind, dem Ehegatten, der Mutter oder dem Vater eines nicht ehelich geborenen Kindes gem. § 1615l BGB sowie den Eltern des Unterhaltsverpflichteten.

21.3.1 Der angemessene Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 1) beträgt nach Anm. A. 5 Abs. 2 der Düsseldorfer Tabelle 1.100 €.

21.3.2 Der angemessene Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten sowohl beim Trennungs- als auch beim nachehelichen Unterhalt und gegenüber Ansprüchen nach § 1615 BGB beträgt 1.000 €, unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht.

21.3.3 Der Selbstbehalt gegenüber Eltern beträgt gemäß D.1 der Düsseldorfer Tabelle 1.400 €.

21.4 Vorteile durch das Zusammenleben mit einem Ehegatten oder Partner können eine Herabsetzung des notwendigen Selbstbehalts rechtfertigen.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

Insoweit wird auf Anm. B. VI der Düsseldorfer Tabelle verwiesen.

23. Mangelfall

23.1 Ein Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zur Deckung seines Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche der Berechtigten nicht ausreicht. Für diesen Fall ist die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.

23.2 Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern auf den Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe nach der Düsseldorfer Tabelle nach den jeweiligen Zahlbeträgen.

24. Rundung

Der Unterhalt ist auf volle Euro zu runden.

25. Ost-West-Fälle

überholt

Anhang

Rechenbeispiel zu Nr. 15.2

a)

nur ein Ehegatte hat Einkommen:

 

Erwerbseinkommen V:

2.100 €

B (ohne Einkommen) ist wegen Krankheit erwerbsunfähig

Ehegattenunterhalt: 2.100 € x 3/7 =

900 €

b)

beide Ehegatten haben prägendes Einkommen:

Erwerbseinkommen V:

2.100 €

Erwerbseinkommen B:

1.400 €

Unterhaltsberechnung nach der Quotenbedarfsmethode (vgl. Nr. 15.2)

Der Bedarf beträgt 1.700 €,

nämlich 2.100 x 3/7 + 1.400 x 4/7.

Auf den Bedarf von 1.700 € ist das Erwerbseinkommen B von 1.400 € mit 7/7 anzurechnen.

Es bleibt ein ungedeckter Bedarf (Anspruch) von 300 €.

Verkürzte Unterhaltsberechnung in diesem Fall nach der Differenzmethode:

(2.100 – 1.400 ) x 3/7 = 300 €

c)

beide Ehegatten haben prägendes Einkommen, B hat zusätzlich nicht prägende Einkünfte (z.B. Lottogewinn, Erbschaft, nach unvorhersehbarem Karrieresprung, unzumutbares Einkommen):

prägendes Erwerbseinkommen V:

2.100 €

prägendes Erwerbseinkommen B:

1.050 €

zusätzliches nicht prägendes Zinseinkommen B:

350 €

Unterhaltsberechnung nach der Quotenbedarfsmethode (Nr. 15.2):

Bedarf B: 2.100 x 3/7 + 1.050 x 4/7 =

1.500 €

anzurechnen:

 

das prägende Erwerbseinkommen von B (1050 x 7/7 =

1.050 €

das nicht prägende Einkommen von B

350 €

Restbedarf ( = Anspruch)

100 €

Unterhaltsberechnung nach der Additionsmethode:

Bedarf B: 1/2 (2.100 € x 6/7 + 1.050 x 6/7) =

1.350 €

anzurechnen:

 

Gesamteinkommen B: 1.050 € x 6/7 + 350 =

1.250 €

Restbedarf (= Anspruch)

100 €

d)

V hat prägendes, B hat nicht prägendes Einkommen (Zinsen aus nach Scheidung angefallener Erbschaft). Bei B, nicht bei V, ist trennungsbedingter Mehrbedarf von 150 € zu berücksichtigen:

prägendes Erwerbseinkommen V:

2.100 €

nicht prägendes Zinseinkommen B:

300 €

Unterhaltsberechnung nach der Anrechnungsmethode:

 

Bedarf B: 3/7 x 2.100 =

900 €

trennungsbedingter Mehrbedarf B:

150 €

Gesamtbedarf B:

1.050 €

anzurechnen: 7/7 x 300 =

300 €

Restbedarf

750 €

V ist leistungsfähig, weil ihm mit 1.350 € mehr als sein Bedarf von (2.100 x 4/7 =) 1.200 € verbleibt.

Zu Nr. 23 Mangelfall

Wegen der Unterhaltsberechnung im Mangelfall wird auf das Rechenbeispiel in der Düsseldorfer Tabelle unter C. Bezug genommen.